BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG -
ENTWICKLUNG DER IDEE BEI JOHANNES MESSNER


IV. BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG, "STÄNDESTAAT" UND JOHANNES MESSNER (1933 - 1938)

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(Padre Alex)


1. Das Werk "Die soziale Frage" und seine ersten vier Auflagen

1.1 Einordnung und Kurzbeurteilung des Werkes

1.2 Sozialrealistisch Einführendes aus der "Sozialen Frage"

1.3 Die berufsständische Ordnung in der "Sozialen Frage"

1.3.1 Einführendes

1.3.2 Zu Gewerkschaften und anderen freien Vereinigungen

1.3.3 Berufsständische Marktwirtschaft

1.3.4 Zu Entproletarisierung und Parität

1.3.5 Zu "Ständestaat", Demokratie und Verfassung

1.4 Änderungen in der vierten Auflage

1.4.1 Stände- und Volksvertretung

1.4.2 Bestimmung des Trägers der Staatsgewalt

1.4.3 Verhältnis zum Nationalsozialismus in der unmittelbaren Sozialreform

2. Wichtige historische Anmerkungen zu Dollfuß, Messner und Schuschnigg

3. Das Dollfußbuch: Berufsständische Ordnung, "Ständestaat" und Verhältnis zu Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß

3.1 Einordnung und Vorstellung

3.2 Wie sah DDr. Meßner Engelbert Dollfuß und sein "Staatsexperiment"?

3.2.1 Der wahre Führer

3.2.2 Zu Dollfuß' Wirken am Beispiel wichtiger Ereignisse und Phasen

a) Einleitende Hinführung Messners

b) Zur "Selbstausschaltung" des Parlamentes

c) Zur Zeit nach der "Selbstausschaltung" bis zum Bürgerkrieg

d) Zum Bürgerkrieg 1934

e) Zum Entstehen der neuen Verfassung, zu Demokratie und Diktatur

3.3 Das Dollfußbuch zur berufsständischen Ordnung

3.3.1 Zentralproblem Einheit - Freiheit

3.3.2 Von Vogelsang zu Dollfuß - Treue zu "Quadragesimo anno"

3.3.3 Wirtschaft, Sozialordnung und Gewerkschaften

3.3.4 Messners Sicht von "Quadragesimo anno" - Zwischenwertung

3.4 Das Dollfußbuch zum christlichen Staat

3.4.1 Grundsätzliche Ausführungen

3.4.2 Messners Sicht der Parteien und sein Gebrauch des Seipelzitates

3.4.3 Messners bis ins Detail zustimmend gehaltene Mai-Verfassungsdarstellung

3.5 Der bessere Ausdruck: "Ständedemokratie" - keine Augenblickslösung!

Kurzexkurs: Zur Wochenschrift "Der Christliche Ständestaat"

4. Soziale Woche 1935: Internationale Konferenz über die berufständische Ordnung

4.1 Messners Verteidigung des Österreichischen Weges gegenüber exemplarischer (ausländischer) Kritik

5. Die berufsständische Ordnung anhand des wissenschaftlichen Hauptwerkes Messners (1936)

5.1 Einordnung und Vorstellung

5.2 Zu den sozial- und rechtsphilosophischen Grundlagen

5.2.1 Gesellschaft als gegliederte Einheit

5.2.2 Der Beruf - gesellschaftliches Gliederungsprinzip

5.2.3 Der Berufsstand

a) Der Begriff "Berufsstand"

b) Die doppelte Verantwortung des Standes

c) Klasse ist nicht Stand

d) Die Gliedstellung des Standes und seine Ordnungsfunktion

Kurzexkurs: "Berufsständische Ordnung ohne Berufsstände?"

e) Die ständische Gesellschaft: verhältnismäßig beständiger und gefestigter

5.2.4 "Sozialrecht": Die Eigenständigkeit und das Selbstverwaltungsrecht des Standes (Autonomie)

a) Grundsätzliches

b) Aufgaben der ständischen Selbstverwaltung

5.3 Bau- und Funktionsgesetze der berufsständischen Ordnung

5.3.1 Grundvoraussetzung: Der Berufsstand ist also Körperschaft öffentlichen Rechtes

5.3.2 Organisationsgesetze der ständischen Gesellschaft

5.3.3 Die Arten der Berufsstände und ihrer Unterverbände

a) Grundsätze für die Einteilung

b) Konkrete Vorschläge

5.3.4 Die Organisation und das Handeln der berufsständischen Körperschaften und Verbände (Parität, Gemeinschaftsvorrang und Ehrenamtlichkeit)

a) Das "Gemeinwohl" in der Praxis

b) Zur wirtschaftlichen Ständekammer

5.3.5 Das Zusammenarbeiten der Berufsstände und die wirtschaftliche Ständekammer

5.4 Berufsständische Ordnung und staatliche Ordnung

5.4.1 Staat und Einzelmensch

5.4.2 Staat und Gesellschaft: Berufsständische Ordnung ist gesellschaftliche Ordnung

5.4.3 Staat und Stand: Der autoritäre Staat im Verhältnis zur ständischen Autonomie

5.4.4 Demokratie und berufsständische Ordnung

a) Zur Kritik an der formalen Parteiendemokratie und zu den Aussagen Seipels

b) Die Verfassungsprinzipien und die wahre Demokratie

c) Zu Fragen nach einer Volks-, Stände- und Staatsvertretung im Zusammenhang mit der Staatsunmittelbarkeit, nachbarschaftlichen und ständischen Gliederung (mit Berücksichtigung der VF)

d) Der Unterschied zwischen dem Autoritäts- und Führerprinzip

e) Zwischenwertung der Haltung Messners zur Parteiendemokratie

5.4.5 Der Ständestaat bzw. Korporativstaat

a) Der Ständestaat als Identifizierung von Staat und Gesellschaft

b) Der Ständestaat des "reinen" Korporativismus

c) Der für Messner einzig legitime Gebrauch des Begriffes "Ständestaat"

5.4.6 Der Staat und die berufsständische Neuordnung der Gesellschaft (mit weiterem Österreichbezug)

5.5 Berufsständische Ordnung und wirtschaftliche Ordnung

5.5.1 Die Aufgabe der berufsständischen Ordnung auf dem Gebiet der Wirtschaft

a) Grundsätzliche Ausführungen

b) Voraussetzungen für die berufsständische Neuordnung der Wirtschaft

5.5.2 Die Grundverfassung der Wirtschaft in der berufsständischen Ordnung

5.5.3 Die Ordnung des Wettbewerbs

a) Die Verantwortung

b) Die Kontrolle

c) Die dreifache Aufgabe des geordneten Wettbewerbs

5.5.4 Grundfrage: Berufsständische Ordnung und kapitalistische Wirtschaft?

5.5.5 Die Wirtschaftspolitik in der berufsständischen Ordnung

a) Aufgabe(n) berufsständischer Wirtschaftspolitik

b) Die Träger der Wirtschaftspolitik in der berufsständischen Ordnung (Parität)

5.5.6 Preis, Zins und Lohn in der berufsständisch geordneten Wirtschaft

a) Preis

b) Zins

c) Lohn

5.6 Berufsständische Ordnung und soziale Ordnung

5.6.1 Berufsständische Ordnung gegenüber der Klassengesellschaft

5.6.2 Proletarität und die Aufgabe der Entproletarisierung

5.6.3 Die gesellschaftliche Eingliederung der Arbeiterschaft

a) Wirtschaftliche Existenzsicherung

b) Die soziale Gleichberechtigung

aa) Die paritätischen Ausschüsse

bb) Der Tarifvertrag und die Tarifgemeinschaft

cc) Zum Rechtsgedanken, Endzustand und zur überbetrieblichen Regelung

5.6.4 Die Ordnung des Arbeitsmarktes

5.6.5 Die Sozialversicherung

5.6.6 Die Sozialpolitik

5.6.7 Die Selbsthilfeorganisationen in der berufsständischen Ordnung

a) Die sozialen Selbsthilfeorganisationen (Gewerkschaften - Einheitsgewerkschaft): Stellung und verbleibende Aufgaben

b) Die wirtschaftlichen Selbsthilfeorganisationen

aa) Kartell

bb) Die Genossenschaft

5.6.8 Die soziale Ordnung im Betrieb

5.7 Berufsständische Ordnung und Volksordnung

6. Ausgewählte Kommentare zu Messners Werk "Berufständische Ordnung" vor 1938

7. Letzte Entwicklungen in der fünften Auflage der "Sozialen Frage" vor dem Einmarsch Hitlers

7.1 Einordnung und Vorstellung

7.2 Verstärkte oder neue Akzente: Dualismus, Berufsgemeinschaft, Gemeinwohlgesetz

7.2.1 Der christliche Dualismus und die Absetzung von totalitären Ideologien

7.2.2 Eingebaute Veränderungen zur berufsständischen Ordnung im allgemeinen

7.2.3 Die zusätzliche Behandlung des Gemeinwohlgesetzes

7.3 Ausdrücklicher formulierte berufsständische Elemente im Verhältnis zur wirtschaftlichen Ordnung bzw. zum Kapitalismus

7.3.1 Terminologische und andere allgemeine Auffälligkeiten

7.3.2 Weitere konkretere Einzelbeispiele

7.4 Entwicklungen in bezug zur sozialen Ordnung

7.4.1 Positive Stellung zur Einheitsgewerkschaft und zu den Gewerkschaften im allgemeinen

7.4.2 Noch mehr in Richtung Paritätsprinzip und Wirtschaftskammer

7.4.3 Der ausgebaute Siedlungsabschnitt (Leo XIII.)

7.5 Verstärkt positive Formulierungen für Österreichs Staat

7.6 Wertung der Position Messners (1938)


1. Das Werk "Die soziale Frage" und seine ersten vier Auflagen

1.1 Einordnung und Kurzbeurteilung des Werkes

Das Vorwort der ersten bis dritten unveränderten Auflage des im Okt. 1933(1) erschienenen Buches Messners datiert vom 12. Sep. 1933.(2) Vorweg kann gesagt werden, daß in bezug auf Messners Hauptdarstellung der berufsständischen Ordnung drei Jahre später (vom Vorwort gerechnet) keine wesentlichen Unterschiede zu finden sind, vielmehr 1936 einige Grundlinien und -ansätze mehr ausgefaltet, bedacht und schärfer formuliert oder aufgrund des schon länger in Gang befindlichen berufsständischen Versuches in Österreich neue Fragen behandelt wurden, und natürlich besonders zahlreich die gängige europäische "korporative" Literatur (aus Italien, Nazi-Deutschland, Rumänien, Portugal, aber auch noch ausführlicher Spann) eingearbeitet wurde. Im Hinblick darauf erfolgt daher auch die unten angeführte Behandlung der SF. Einige Unterschiede in der Entwicklung Messners von 1933 bis 1937/38 werden wir beim abschließenden Vergleich der SF 1938 mit den vorhergehenden Auflagen erkennen, vor allem durch das dazwischenliegende Hauptwerk 1936 über unsere Thematik. Zwar sollte die SF Messners mithelfen "am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, staatlichen und kulturellen Aufbauwerk dieser Zeit"(3), aber im Rahmen des Gesamtwerkes und im speziellen unter den nächsten "Aufgaben der Sozialreform"(4) war in der SF die "berufsständische Neuordnung der Gesellschaft"(5) erst mit § 3 behandelt, wobei sie sich durch das ganze Werk zog. Kann das Dollfußbuch Messners unter gehobene Populärliteratur eingeordnet werden, so liegt zwischen diesem und der wissenschaftlich (auch formal) durchkomponierten Arbeit über die berufsständische Ordnung die SF, weil das hier zunächst besprochene Werk laut Umschlaghülle der zweiten bzw. dritten Auflage 1934 "völlig gemeinverständlich geschrieben ist" und als "dem Nichtakademiker ebenso durchwegs zugänglich" bezeichnet wird.

Die Darstellung nicht unbedeutender kleiner Veränderungen von den ersten drei Auflagen zur vierten Auflage wird zuletzt erfolgen. Die ersten drei Auflagen sind also vom Vorwort her zwar nach der parlamentarischen "Selbstausschaltung", aber noch vor der Maiverfassung Österreichs geschrieben und erschienen.

1.2 Sozialrealistisch Einführendes aus der "Sozialen Frage"

Grundsätzlich war für Messner klar, daß "wie in allen Bereichen organischen Lebens, die Natur sich wohl eine Zeitlang vergewaltigen, aber nicht auf die Dauer unterdrücken läßt. Der Natur des Menschen eignet aber die Gesellschaftlichkeit, der Natur der Gesellschaft die Körperschaftlichkeit. Diese Grundkräfte gesellschaftlichen Seins drängen in jeder Gesellschaft zur Verwirklichung"(6).

Ein für allemal klar gegen einen sog. "dritten" Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus läßt sich mit Messner sagen: "Wenn wir dem Kapitalismus und Sozialismus die 'christliche Sozialreform' gegenüberstellen, und nicht ein Gesellschaftssystem, nicht eine Wirtschaftsform, die als etwas organisatorisch Fertiges der freien Konkurrenzwirtschaft des Individualismus und der zwangsgebundenen Gemeinwirtschaft des Kollektivismus vom christlichen Sittengesetz her gefordert werden könnte, so liegt der Grund gewiß nicht darin, daß es der christlichen Ethik an einem Ordnungsbild gebricht, das dem von sittlichen Kräften getragenen gesellschaftlichen Erneuerungswillen Ziel und Norm sein könnte und müßte. Wohl aber soll damit deutlich zum Ausdruck kommen, daß dieses Ordnungsbild nicht schon ein fertiges Wirtschaftssystem, eine bestimmte Staatsform usw. ergibt. Sie hat nur sittliche Normen, die ein für allemal gültig sind und die in jedem geschichtlichen Wirtschaftssystem verwirklicht sein müssen, damit es als 'geordnet' bezeichnet werden kann, aber das besondere Gepräge eines jeden ist von anderen Faktoren ganz wesentlich mitbestimmt. Gewiß ist es möglich, diese sittlichen Normen an sich und angewandt auf die Aufgaben der Sozialreform in einem Systembegriff zusammenzufassen, immer aber wird für die christliche Sozialreform der Rückgriff auf diese Normen selbst und der von ihnen geleitete Zugriff auf die jeweilige Wirklichkeit entscheidend sein für eine vom christlichen Gewissen bestimmte Haltung zur sozialen Frage und zur sozialen Reform."(7)

1.3 Die berufsständische Ordnung in der "Sozialen Frage"

1.3.1 Einführendes

Das Ordnungsbild der Wirtschaft suchte Messner natürlich in der berufsständischen Ordnung.(8) Die wirtschaftlichen Fragen würden trotz der zur Zeit der Vorwortschreibung im Vordergrund stehenden staats- und verfassungsrechtlichen Fragen bald wieder viel stärker hervortreten(9), was sich tatsächlich mindestens in seiner eigenen fünften Auflage 1938 zeigen sollte. "Überall stießen wir auf das Fehlen der gesellschaftlichen Ordnungskräfte im individualistischen Kapitalismus und sahen wir uns auf das korporativ-berufsständische Ordnungsprinzip gedrängt."(10) Für Messner bestand "zwischen Kapital und Arbeit eine echte solidarische Interessenverbundenheit"(11). Natürlich unterschied er schon in diesem Werk zwischen Klasse und Stand: "Für die Klasse ist wesentlich die Auseinandersetzung sozialer Gruppen zur Durchsetzung einer Neugestaltung der sozialen Ordnung. Für den Stand ist wesentlich die Zusammenarbeit der Berufsgruppen bei Verwirklichung des allgemeinen Wohles innerhalb einer bestehenden sozialen Ordnung. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß in dieser Zusammenarbeit die einzelnen Berufsgruppen und ihre Angehörigen auch ihre eigenen Interessen durchsetzen."(12)

Messner legte schon hier klar: "Da aber die Gesellschaft nicht nur einen wirtschaftlich-kulturellen, sondern auch einen geistig-kulturellen Sozialzweck hat, gibt es nicht nur wirtschaftliche Berufsstände, sondern alle Leistungsgemeinschaften, welche Güter im Rahmen des gesellschaftlichen Sozialzweckes erstellen, gehören in die berufsständische Ordnung."(13)

Eher allgemein wurde in der SF der Berufsstand als Zwangsgemeinschaft erklärt in dem Sinne, daß das in seinem Selbstverwaltungsbereich für alle Glieder verbindliche öffentliche Recht notwendig dazu führe, daß auch alle dem Berufsstande angehören müßten.(14) Deutlich betonte Messner die berufsständische Ordnung als "von unten"(15) organisch gewachsene. "Beruht der Berufsstand als Berufsgemeinschaft auf der freien Verwirklichung sittlicher Gemeinschaftsverpflichtungen, so erfüllt er seine Aufgabe im Gesellschaftsganzen um so mehr, je mehr die Einigung aller Angehörigen des Berufsstandes in Freiheit zustande kommt. Damit ist nicht gesagt, daß nicht wirksame Antriebe zur berufsständischen Einigung ... vom Staate ausgehen können und gewisse Rechtsgehäuse ... geschaffen werden müßten. Aber die berufsständische Ordnung nur als Zwangsorganisation errichten zu wollen, widerspricht ihrer sittlich-organischen Natur und verhindert die Verwirklichung ihres wesenhaften Zieles, die Gesellschaft zu ihrer naturgemäßen Ordnung zurückzuführen."(16)

1.3.2 Zu Gewerkschaften und anderen freien Vereinigungen

Bezüglich der Frage der Legitimität der Gewerkschaften, die Messner nie ausgeschlossen hat, lag in der SF noch nicht so ausdrücklich die Unterscheidung zwischen einer Aufbauzeit der berufsständischen Ordnung und ihrem Endstadium bzw. lebendigen Funktionieren vor. Messner sah jedoch für die Neuordnung den erst durch ihre Mithilfe möglichen verbindenden Brückenschlag zwischen den Arbeitsmarktparteien.(17) Und implizit mit dem Gedanken an eine lebendige End-Ordnung schrieb er: Sie "werden ... Aufgaben zu erfüllen haben als privatrechtliche Vereinigungen, während der Charakter der Öffentlichkeit ausschließlich den berufsständischen Vertretungskörpern zukommt." "Keine Rede also, daß die Gewerkschaften in einer berufsständischen Sozialordnung unterdrückt werden dürften."(18) Zur Frage der Einheitsgewerkschaft (ab März 1934)(19) konnte Messner damals noch nicht Stellung nehmen. Die berufsständische Ordnung schließe nicht aus, "daß die Parteien mit gegensätzlichen Interessen zur bestmöglichen Wahrnehmung ihrer Eigeninteressen sich in Interessentenverbände zusammenschließen, wie Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände. Denn es wäre falsch, anzunehmen, daß in der berufsständischen Ordnung an sich schon alle Interessengegensätze fortfallen müssen. Diese werden auch in ihr als natürlicher Ausfluß der arbeitsteiligen Beschaffung des gemeinsamen Lebens- und Kulturbedarfes vorhanden sein, nur müssen sie im Rahmen der Gemeinschaftsnorm ausgetragen werden."(20)

An derselben Stelle schrieb Messner sehr klar: "Der Zusammenschluß zu solchen freiwilligen Gesellschaften bleibt auch in der berufsständischen Ordnung ein natürliches Recht der Einzelnen."(21) "Einschränkungen der Vereinsfreiheit sind möglich, besonders in Zeiten öffentlicher Unruhen, wenn dem Staate jene Kontrolle des Vereinswesens, zu der er als Hüter des Gemeinwohles das Recht und die Pflicht hat, unmöglich wird. Ebenso liegt die Unterdrückung von Vereinen, die die Gemeinwohlordnung gefährden oder sittenwidrige Zwecke verfolgen, in der Rechtsgewalt des Staates. Abgesehen von solchen Umständen verletzt aber der Staat das Naturrecht, wenn er Vereinigungen verbietet oder ihre freie Wirksamkeit beeinträchtigt, soweit ihre Zwecke und die von ihnen angewandten Mittel nicht im Gegensatze zum Sittengesetze oder Gemeinwohle stehen."(22) "Nicht minder können für seinen Bestand und für die Erfüllung seiner Aufgaben (gemeint ist der Staat, Anm. v. Verf.) im Inneren Eingriffe in den Bereich des Eigentums, der Freiheit oder des Lebens der einzelnen notwendig sein, der gegenüber jedem einzelnen naturrechtlich geschätzt ist. Man bezeichnet die solche Eingriffe rechtfertigenden Forderungen des Gemeinwohles als Staatsnotwendigkeiten oder als Staatsräson."(23) "So viel Freiheit als möglich, so viel Bindung als notwendig. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß in der Wirklichkeit des Lebens das Verhältnis von Gesellschaft und Staat immer ein Spannungsverhältnis sein wird, in dem gesellschaftliche Freiheit und staatliche Autorität um ihre Geltung ringen werden."(24) Sehr klar sagte Messner in der SF noch, daß "der Umfang von Zwangsbindungen, die notwendig sind, um die Gemeinwohlordnung zu gewährleisten", ein Zeichen dafür seien, "wie weit eine Gesellschaft davon entfernt ist, eine christliche heißen zu dürfen."(25)

1.3.3 Berufsständische Marktwirtschaft

Für Messner war bezüglich der Wirtschaft klar: Die "von der sozialen Gerechtigkeit geforderte Sozialordnung ist keine andere als die der berufsständischen Ordnung. Das auf sie begründete Recht zur institutionellen Sicherung der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit ist das Sozialrecht"(26). "Aus der Gerechtigkeit als Formprinzip der Wirtschaft ergibt sich aber auch die Art des Zusammenwirkens der in der Gesellschaft zur Verwirklichung des wirtschaftlichen Sozialzweckes Verbundenen. Denn aus dem naturrechtlichen Wesen des Privateigentums und seiner Ordnungsfunktion, sowie aus der dem Einzelnen naturrechtlich gesicherten Freiheitssphäre, mit der die Begründung der Wirtschaft auf die Privatinitiative der Einzelnen gegeben ist, folgt ..., daß die fortgeschritten arbeitsteilige Volkswirtschaft ihren naturrechtlichen Grundlagen gemäß die Verkehrswirtschaft ist, die im geordneten Wettbewerbe vor sich geht und somit die Form der Marktwirtschaft hat. Die Verkehrswirtschaft muß aber den gesellschaftlichen Ordnungskräften unterstellt sein, so daß wir die berufsständisch gebundene Verkehrswirtschaft oder die berufsständische Marktwirtschaft als die Form der auf das christliche Naturrecht begründeten Wirtschaft bezeichnen können. In derselben kommt jener in der Natur des Menschen und der Gesellschaft selbst begründete Einklang von Freiheit und Bindung zustande, der der natürlichen Ordnung der Gerechtigkeit entspricht und daher unerläßliche Voraussetzung für die dauernde Wohlfahrt jedes Volkes ist."(27) Nur den Begriff der berufsständischen Marktwirtschaft hat Messner 1936 - 38 in den Hauptwerken nicht mehr verwendet.

1.3.4 Zu Entproletarisierung und Parität

Weitergefährt wurde in der SF unter dem § 2 über "Die Entproletarisierung" als eine der nächsten Aufgaben der Sozialreform die paritätische Dimension im berufsständischen Gedanken: Die Gegensätzlichkeit der Interessen ("Kapital" - "Arbeit") werde auf ihren richtigen Sinngehalt zurückgeführt, "der in Wahrheit nur im Rahmen des einzelnen Produktionszweiges gegeben ist, in diesem aber auch nach der Norm des berufsständischen Gemeinwohls ausgeglichen werden muß, also der Gemeinschaftsverbundenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der Volksgemeinschaft unterstellt bleibt. Es bestimmt dann aber auch nicht mehr der Arbeitsmarkt den gesellschaftlichen Ort des Arbeiters, sondern seine Zugehörigkeit zum Beruf und Berufsstand. Damit hört proletarisches Dasein als 'Schicksal', das über den Arbeiter verfügt wird, auf, er kommt zu Mitbestimmung und Mitverantwortung, da er paritätisch mit dem Unternehmer an der Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten mitzuwirken hat. Der Arbeiter ist nicht mehr fremdbestimmtes Produktions'mittel' und abhängiger Träger von Arbeitskraft, sondern mitverantwortlicher Produktions'faktor' und vollgültiges Glied der Gesellschaft. Wie die Vermögensbildung in der Hand des Arbeiters die Entproletarisierung nach der wirtschaftlichen, so ist seine berufsständische Eingliederung die Entproletarisierung nach der gesellschaftlichen Seite. Aus unserer Gedankenführung ergibt sich, daß beides tatsächlich nur zwei Seiten der einen Frage sind."(28)

1.3.5 Zu "Ständestaat", Demokratie und Verfassung

Aus dem Datum 1933/1934 als Beginn des österreichischen Experimentes heraus ist zu verstehen, warum in der SF der Begriff "Ständestaat" noch nicht in dem Sinne - wenn auch unwillig - rezipiert war, daß mit ihm auch das naturrechtliche Ordnungsmodell Messners (und schließlich mehr oder weniger jenes Dollfuß') richtig in Verbindung gesetzt werden konnte.(29) 1936 war für Messner Bedarf gegeben, sich des mehr oder weniger etablierten Begriffes "Ständestaat" anzunehmen, ihn in den Dualismus Staat - Gesellschaft einzubauen, also "dualistisch" abzugrenzen von totalitären "Ständestaaten" bzw. "Ständestaat"-Ideologien und somit auch den Begriff im rechten christlich-ethischen Sinne verwenden zu können.(30)

Interessant ist Messners Stellung schon in der SF zur Demokratie und zum Begriff einer "autoritären Demokratie": "Bleibt in der echten Demokratie das Gemeinwohl unbedingte Norm für die Staatsführung ('autoritäre Demokratie'), so ist in der formalen Demokratie die Regierung ganz an einen Mehrheitswillen gebunden, der nur zu leicht von Zufälligkeiten und Parteiegoismen bestimmt wird; und ist in der echten Demokratie das Gewicht der Stimme des einzelnen nach seiner Verantwortung abgestuft und den naturgemäßen Gliedgemeinschaften möglichst viel zur Regelung in eigener Verantwortung überlassen ('organische Demokratie'), so gelten in der formalen Demokratie alle Stimmen gleich und bleibt alles der Entscheidung durch die Stimmenmehrheit der Gesamtbürgerschaft ausgeliefert."(31) Für Messner war die Zeit "völlig von der Ideologie der Formaldemokratie beherrscht"(32).

In der SF war auch schon ein wesentlicher Punkt einer christlichen Staatsverfassung nachzulesen: "Die Verfassung des christlichen Staates wird das ausdrückliche Bekenntnis zu Gott enthalten."(33) Ebenso: "In die Freiheitsordnung des christlichen Staates gehört auch die korporative Selbstverwaltung im beruflichen Gemeinschaftsleben seines Volkes, deren Verwirklichung er durch eine ständische Ordnung der Gesellschaft grundlegen wird."(34)

1.4 Änderungen in der vierten Auflage

Wie bereits oben angeführt, gab Messner als dritte Aufgabe bzw. als dritten Paragraphen der christlichen Sozialreform die berufsständische Neuordnung der Gesellschaft an. Und bei diesem Punkt sind wir auch schon bei einer kleinen, aber höchst bedeutsamen Veränderung von den ersten drei unveränderten Auflagen der SF hin zur nur im wesentlichen unveränderten vierten Auflage mit ihrem Vorwort vom 20. Mai 1934, also knapp drei Wochen nach Messners Vorträgen bei der katholisch-sozialen Tagung zum Staatswillen Österreichs und somit nach der Maiverfassung 1934.

1.4.1 Stände- und Volksvertretung

Unter den verschiedenen Stellen(35) der vierten Auflage, an denen der "neuen Entwicklung der Dinge Rechnung zu tragen"(36) war, ragte also jene des genannten dritten Paragraphen hervor, der uns das Verhältnis Messners zum christlichen "Ständestaat" Österreich aufzeigt. Während es nämlich in den ersten drei Auflagen immerhin noch geheißen hatte: "Soll abschließend noch ein Wort gesagt werden über das Verhältnis von Ständehaus und Volkshaus, wie man die aus dem allgemeinen Wahlrecht hervorgehende Volksvertretung nennen könnte, so ist nach unseren Darlegungen klar, daß beide ihre Berechtigung haben, weil beide für verschiedene Aufgabenbereiche zuständig sind, jenes für den wirtschaftlich-sozialen, dieses für den politisch-kulturellen. Heute besteht allerdings kaum ein Zweifel, daß auch für die Wahl zum Volkshaus nicht mehr das gleiche Wahlrecht im liberalen Sinne in Frage kommt, sondern namentlich zum Beispiel Familienväter eine zweite Stimme bekommen müßten, ganz abgesehen davon, daß das Wahlalter so erhöht werden muß, daß ein einigermaßen gereiftes Urteil über die Vorgänge des öffentlichen Lebens vorausgesetzt werden kann. Das Zusammenwirken der beiden Häuser wird in jedem einzelnen Lande verschieden sein. Sicher scheint, daß schon die klare Abgrenzung der Aufgaben der beiden Häuser es mit sich bringen wird, daß in das Volkshaus nicht mehr wie bisher möglichst viel wirtschaftliche Interessenvertreter geschickt werden, sondern daß gerade bei solcher Aufgabenteilung das Volkshaus die besten Köpfe der staatlichen Gemeinschaft in sich vereinigen wird und damit auch wieder eine wahre politische Führerauslese stattfindet, die durch die liberale parlamentarische Demokratie fast völlig unterbunden war."(37), so hieß es bereits in der vierten Auflage in Hochschätzung der österreichischen Verfassung als wohl bestes praktiziertes Modell (auch in bezug auf Demokratie im Vollsinn): "Die Frage, ob neben der Ständevertretung auch eine aus dem allgemeinen Wahlrecht hervorgehende Volksvertretung Platz hat, ist dahin zu beantworten, daß unter grundsätzlichen Rücksichten eine solche keineswegs ausgeschlossen, aber auch nicht unbedingt geboten ist. Die Entscheidung darüber ist von Zweckmäßigkeitserwägungen abhängig zu machen, soferne nur den gesellschaftlichen Ordnungsgesetzen Rechnung getragen wird. Es sind ja, wie die neue österreichische Verfassung zeigt, Vertretungskörper denkbar, in deren Zusammenwirken die wahren demokratischen Prinzipien weit besser zur Geltung kommen als im liberalen Parlamentarismus (...) Auch das Zusammenwirken solcher Vertretungskörper wird in jedem einzelnen Lande verschieden sein. Sicher ist, daß auch dort, wo man an der aus der allgemeinen Wahl hervorgehenden Volksvertretung festhält, erst dann wieder eine wahre politische Führerauslese möglich sein wird, wenn von den Aufgaben der Volksvertretung davon die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen durch eine Ständevertretung abgeschaltet ist."(38) Die Unterschiede sind also erkennbar, Unsicherheiten ebenso. Die Erhöhung des Wahlalters behielt Messner bei.

1.4.2 Bestimmung des Trägers der Staatsgewalt

Ein kleiner Zusatz unter dem Abschnitt über den Staat im Rahmen der christlichen Sozialreform vom Mai 1934, der erst mit der vorher genannten Abänderung eine gewisse Bedeutung gewinnt, sei noch genannt: Während es in den ersten drei Auflagen noch eindeutig hieß: "Ist aber das Staatsvolk naturrechtlicher Träger der Staatsgewalt (was Messner annahm, Anm. v. Verf.), dann kann auch sein Wille in der Bestimmung des Gewaltinhabers und der Form der Gewaltausübung nicht ohne Verletzung des Naturrechtes umgangen werden."(39), wurde in die vierte Auflage (nach der Maiverfassung) bereits eine Bedingung eingefügt: "Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß, wenn das Volk sich seiner sittlichen Verpflichtungen im staatlichen Gemeinschaftsleben bewußt ist, sein Wille in der Bestimmung des Gewaltinhabers und der Gewaltausübung nicht ohne Verletzung des Naturrechtes umgangen werden kann, da es, wie Augustinus sagt, 'nur gerecht ist, daß ein solches Volk gesetzlich und rechtlich ermächtigt sei, sich seine Behörden selbst zu wählen, die seine Sache - denn das ist doch der Staat - verwalten sollen'."(40)

1.4.3 Verhältnis zum Nationalsozialismus in der unmittelbaren Sozialreform

Eine weitere Abänderung von den ersten drei Auflagen zur vierten Auflage der SF soll uns hier noch kurz interessieren: Im II. Teil (Sozialismus) unter dem 7. Abschnitt (Wandlungen des Sozialismus) behandelte Messner als § 12 den Nationalsozialismus, allerdings nur sein wirtschaftliches und soziales Reformprogramm gemäß Theorie, Literatur und beobachtbarer Praxis. Die ersten drei Auflagen (Vorwort 12. Sep. 1933) sahen diesbezüglich eine NS-Richtung(41) und die tatsächliche Praxis in Deutschland auf dem Weg zu einer berufsständischen Marktwirtschaft. Der Schluß lautete daher: "Ist das wirtschaftliche Ordnungsbild des Nationalsozialismus auch nur in Umrissen erkennbar, so ist doch deutlich eine weitgehende Übereinstimmung mit grundlegenden Prinzipien der christlichen Sozialreform sichtbar: die Auffassung der Volkswirtschaft als einer Gemeinschaft, die wirksame Durchsetzung der Norm des Gemeinwohles, die Hervorhebung der sittlichen Kräfte, die Anerkennung des Privateigentums, die Einschätzung der Privatinitiative, die Forderung der Einschaltung der naturgemäßen gesellschaftlichen Ordnungskräfte von Staat und Berufsgemeinschaft. Allerdings ist der totale Staat immer in Gefahr, seinen Gestaltungswillen auch in der Volkswirtschaft stärker zur Geltung zu bringen, als es die natürlichen Ordnungsgesetze gesellschaftlicher Wirtschaft ... gestatten. Sucht der Nationalsozialismus noch mehr sein wirtschaftliches Ordnungsbild auf die wahre berufsständische Idee zu begründen und in der heute zu sehr in den staatlichen Machtbereich hineingezogenen Wirtschaft die berufsständische Selbstverwaltung zur Entfaltung zu bringen, dann können Katholizismus und Nationalsozialismus eine große Strecke Weges in der unmittelbaren Wirtschafts- und Sozialreform gemeinsam gehen."(42)

In der vierten Auflage (Vorwort: 20. Mai 1934) hieß es dann nur noch: "Während die christliche Sozialreform es als wesentliche Forderung des berufsständischen Gedankens ansieht, daß die Regelung der gemeinsamen Angelegenheiten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch das gleichberechtigte Zusammenwirken beider erfolge und die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten zunächst von berufsständischen Schlichtungsinstanzen im Zuge der autonomen Selbstverwaltung erfolge, ist die nationalsozialistische Arbeitsverfassung vor allem beherrscht von dem Gedanken der Treuepflicht zwischen Führertum und Gefolgschaft, es steht somit in ihrem Mittelpunkt das Verantwortungsbewußtsein aller Beteiligten gegenüber der Volksgemeinschaft."(43) Die deutsche Entwicklung war also weitergegangen. Bei allen Analysen darf aber Messners unveränderte Einleitung nicht vergessen werden: "Wenn wir im folgenden nur das wirtschaftliche und soziale Reformprogramm des Nationalsozialismus ins Auge fassen, so soll damit die Weltanschauung, sowie die Sozial- und Rechtsphilosophie, die Gesellschafts-, Staats- und Kulturauffassung nicht verkannt werden, die sich deutlich hinter demselben abzeichnen."(44) Im III. Teil zur christlichen Sozialreform arbeitete Messner die einzelnen ideologischen Aspekte heraus.

2. Wichtige historische Anmerkungen zu Dollfuß, Messner und Schuschnigg

Am 4. Okt. 1892 wurde Engelbert Dollfuß als Bauernsohn in Texing/NÖ geboren. Bis zuletzt war sein Andenken umstritten. Beispielsweise wurde er einerseits als "Arbeitermörder" des 12. Feb. 1934 eingestuft, andererseits als "erster Widerstandskämpfer"(45) gegen Hitler hervorgehoben (Ermordung am 25. Juli 1934). Die Bedeutung des Agrarpolitikers Dollfuß ist erst jetzt wieder in Europa hervorgetreten.(46) Zum Erfolg dieser Jahre gehörten die Schaffung einer Sozialversicherung für Landarbeiter, ein weitverzweigtes Netz von landwirtschaftlichen Genossenschaften und eine ganze Reihe von Programmen, die darauf angelegt waren, den Agrarmarkt zu regeln und der österreichischen Landwirtschaft eine solide Basis zu vermitteln.

Dollfuß hat seinen Zugang zur ständischen Idee, abgesehen von den christlichsozialen Traditionen, über die Enzyklika QA gefunden, deren Sinn ihm hauptsächlich durch die führende katholisch-soziale Richtung, also auch von Johannes Messner und den Gebrüdern Schmitz, vermittelt wurde. Obwohl er sich auch eingehend mit den Lehren Spanns beschäftigt und dessen Vorlesungen gehört hatte(47), näherte er sich den Auffassungen des Heimatschutzes über eine ständische Ordnung nur schrittweise, und im letzten mehr aus praktischer Kompromißnotwendigkeit als aus theoretischer Überzeugung. Insbesondere beeindruckte ihn das oben vorgestellte Werk SF von Johannes Messner, das er auf der Eisenbahnfahrt zu einer Rede in Vorarlberg gelesen hatte.(48) Der Bundeskanzler und auch sein Nachfolger Schuschnigg zogen Messner als Berater in Fragen des berufsständischen Aufbaues heran. Auch unter dem Vorsitz Schuschniggs spielte Messner in einem monatlich zusammentretenden Kreis katholischer Sozialwissenschaftler diesbezüglich eine führende Rolle.(49) "Auf der Suche nach den Bauprinzipien und Ratgebern für die Errichtung des neuen Staates wandte sich Dollfuß nicht an die Vertreter des faschistischen Korporationenstaates, sondern neigte viel eher echten Demokraten wie Kunschak, Staud, Lugmayer, Ernst Karl Winter, Johannes Messner zu. Mit der Ausarbeitung des Entwurfs für eine Verfassung auf berufsständischer Grundlage beauftragte er den Vorarlberger Landeshauptmann Dr. Otto Ender, einen Demokraten und Föderalisten reinsten Wassers."(50)

Auch auf Messner selbst traf also zu, was er im Zusammenhang mit von Dollfuß zu fassenden Entschlüssen großer Tragweite schrieb: "Er hörte dabei die Meinung seiner Freunde, besprach sich eingehend mit ihnen, die Entscheidungen traf er bei sich allein."(51) Auch das von Messner mehrmals angeführte Gespräch wenige Tage vor der Verkündigung der Verfassung ist hier anzuführen. Am 30. Apr. 1934 vertrat Johannes Messner den Bundeskanzler in seinem Auftrag sogar persönlich auf der katholisch-sozialen Tagung des Volksbundes in Wien, um mit dem Referat "Der Staatswille des katholischen Österreich" die Interpretation seiner Gedanken zu übernehmen und gleichzeitig der Tagung seine herzlichsten Grüße zu übermitteln.(52)

Dollfuß sah grundsätzlich die berufsständische Ordnung auch nicht in einem Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie. Wie Otto Ender im Rahmen der "Sozialen Woche 1935" berichtete, wurde selbst noch im Zuge der Ausarbeitung der Maiverfassung der Plan zur Schaffung einer zweiten Kammer neben dem Bundeswirtschaftsrat diskutiert, die aus allgemeinen Wahlen hervorgehen sollte, wobei in den einzelnen Wahlkreisen an das Einmannsystem gedacht war.(53) Reichhold sieht jedoch bei der Idee der berufsständischen Ordnung auf Regierungsebene auch den erwünschten Nebenzweck, u. a. den Nationalsozialisten die parlamentarische Ebene zu entziehen.(54) Der Kanzler überschätzte jedenfalls seine Kräfte.(55)

Zum 12. Feb. 1934 soll noch mit Maximilian Liebmann angemerkt werden: Daß die revoltierenden sozialdemokratischen Schutzbündler für die Wiederzulassung des Mehrparteiensystems und die Wiedereröffnung des Parlaments kämpften, ist bis dato nicht erwiesen. Aber die Verständigungsbereitschaft selbst des genialen Ideologen des Austromarxismus, Otto Bauer, war schon so weit gediehen, daß er berufsständische Ordnung als freie berufsgenossenschaftliche Selbstverwaltung, also echte Wirtschaftsdemokratie als Ergänzung der politischen Demokratie gegen die korporativen Zwangsvorstellungen des italofaschistischen Regierungsflügels akzeptiert hätte.(56) Tatsächlich hat auch Dollfuß öffentlich die von den Sozialdemokraten gestellten unverzichtbaren Bedingungen vom 29. Jänner 1934 (allgemeines Wahlrecht, Koalitionsrecht) als solche bezeichnet, die keine Türen zuschlagen würden. Richard Bernaschek, der gegen mögliche Kompromisse stand und die Order zur Revolte gab, trat jedoch eindeutig für die Errichtung der Diktatur des Proletariates ein. "Die Regierung Dollfuß hat keinen Arbeiteraufstand, der die Wiedererrichtung der parlamentarischen Demokratie zum Ziel hatte, niedergekämpft, sondern die partielle Schutzbundrevolte"(57). Auch der radikal rechts stehende Heimwehrflügel unter Innenminister Emil Fey plante eine Provokation gegen Kompromisse. Festzuhalten ist aber heute auch, daß die Regierung Dollfuß in völliger Fehleinschätzung diese partielle Revolte als sozialdemokratischen Aufstand wertete und durch die Verhaftung der sozialdemokratischen Führung eine Solidarisierung derselben mit den Revoltierenden herbeiführte. "Unfaßbar und unverzeihlich war und ist die Blutjustiz in den Hinrichtungen einzelner Schutzbündler und der Justizmord an Münichreiter."(58) Neben der kurzfristigen Verhaftung von siebentausend Leuten war das ein Kapitalfehler, der am "Ständestaat" hängen blieb.(59) Trotzdem kommt Walter B. Simon zum Ergebnis, daß "die Menschenrechtsverletzungen unter dem autoritären Regime in Österreich in den Jahren 1933 bis 1938 - wie übrigens auch die Unterdrückungsmaßnahmen unter dem faschistischen Regime Mussolinis in Italien von 1922 bis 1940 - nicht vergleichbar mit den Menschenrechtsverletzungen unter den menschen- und kulturfeindlichen Regierungen von Hitler bis Stalin"(60) waren.

Zur Verfassung vom 1. Mai 1934 ist noch festzuhalten, daß für sie neben dem bereits genannten Otto Ender der Heimwehrminister Odo Neustädter-Stürmer und der Jurist Robert Hecht von Bedeutung waren.(61) Bei Dollfuß selbst ist eine Denkentwicklung festzustellen, ein konkretes Modell lag ihm kurz nach der "Selbstausschaltung" noch nicht vor.(62) Er bat jedoch verschiedene Persönlichkeiten, Vorschläge für eine Verfassungsreform auszuarbeiten, die jedoch mit wenigen Ausnahmen für die endgültige Verfassung nicht von großer Bedeutung werden sollten. Es wurde oben bereits auf das Beispiel der Verfassungsüberlegungen unter Führung von R. Schmitz und Beteiligung Johannes Messners hingewiesen. Das "Insistieren des Kanzlers auf einer Mehrheit der ständischen Abgeordneten im Bundestag deutet darauf hin, daß es Dollfuß persönlich ernst war mit der Realisierung einer ständischen Konzeption"(63). Ein Indiz für den stärkeren Einfluß auch der sozialrealistischen Berater Dollfuß' scheint doch die harte Verurteilung der Maiverfassung durch O. Spann zu sein: "Die Verfassung vom 1. Mai ist eine Mischung der Grundsätze von 1789 und in der Luft schwebender ständischer Einrichtungen."(64) Vergessen wird in Diskussionen oft, daß die Maiverfassung durch ein Verfassungsübergangsgesetz vom 19. Juni 1934 für die Zeit bis 1938 relativiert wurde.(65)

Der sozialdemokratisch engagierte deutsche Historiker Hans Mommsen lehnt die Bezeichnung "Faschist" für Dollfuß und "Austrofaschismus" für den "Ständestaat" ab.(66) Dollfuß wurde auch vom autoritär ausgerichteten Heimwehrführer Ernst Rüdiger v. Starhemberg unter dem Einfluß Mussolinis zur Ausrufung eines "Ständestaates" gedrängt. Nur die Heimwehren mit ihrer Heimatblock-Partei erstrebten eine Art "Austro-Faschismus".(67) "Bei aller zeitweiligen taktischen Unterstützung aus innerpolitischen Gründen sind weder Seipel noch Schober, noch Vaugoin, noch auch später Dollfuß den abenteuerlichen Plänen nach Errichtung einer Heimwehrdiktatur gefolgt. Sie hätte wesentlich anders ausgesehen als der spätere 'Ständestaat' und hätte auch die Ablehnung seitens der Mehrheit der Heimatschutzmitglieder selbst, zumal der bäuerlichen, gefunden."(68) Ich habe mich gegen den vor allem von politologischer Seite (Emmerich Tálos) aufrechterhaltenen Begriff des "Austrofaschismus" für das wohlfundierte Forschungsergebnis H. Wohnouts entschieden: "Vielmehr sollte man das Herrschaftssystem der Jahre 1934 bis 1938 als das bezeichnen, was es wirklich war: das eines innen-, außen- und wirtschaftspolitisch in einer permanenten Krise steckenden autoritären Staates, bei dem die normsetzende Gewalt zu einem Großteil in der Regierung aufgegangen war und der daher über weite Strecken den Charakter einer Regierungsdiktatur hatte."(69)

Im Gegensatz zu Dollfuß, über dessen Demokratieverständnis die Meinungen in der Literatur diametral auseinandergehen, sind sich in bezug auf den 1897 geborenen Schuschnigg heute die meisten Historiker darin einig, daß der Kanzler "weder zur Problematik des berufsständischen Aufbaus noch zu der durch die Maiverfassung etablierten Form der Bundesgesetzgebung eine besonders enge Beziehung hatte."(70) Messner bezeichnete Schuschnigg im Okt. 1934 als "Mitschöpfer des neuen Österreich" sowie als treuen Weggefährten und Vermächtnisträger Dollfuß'.(71) Auf Wunsch von Bundeskanzler Schuschnigg gab Messner dann von 1936 bis März 1938 die "Monatsschrift für Kultur und Politik" heraus. Bereits 1935 wurde Messner zum Außerordentlichen Professor für Ethik und Sozialwissenschaften nach Wien berufen. Ende Mai 1938 verlor er seine Professur und entzog sich im Juli einer drohenden Verhaftung durch Flucht in die Schweiz. Messner war noch 1938 gebeten worden, eine Erklärung für die österreichischen Bischöfe zu entwerfen, in welcher der Einmarsch Hitlers verurteilt und Protest erhoben wurde. Allerdings haben sich die Bischöfe den vorgelegten Text nicht zu eigen gemacht.(72) Im selben Jahr fand er eine Zufluchtsstätte in England.

3. Das Dollfußbuch: Berufsständische Ordnung, "Ständestaat" und Verhältnis zu Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß

3.1 Einordnung und Vorstellung

Wir können bei unserer Fragestellung auch von einem eigenen Büchlein Messners über den ermordeten Kanzler mit einem Okt. 1934 datierten Vorwort(73) ausgehen. Damit stehen wir zwei Jahre vor Messners umfassendem Werk BO, das schon mitten in die zaghafte Aufbauphase des "Ständestaates" fallen sollte. Messner war sich klar, daß nach so kurzer Zeit keine umfassende geschichtliche Darstellung oder ein eigentliches Lebensbild gelingen könne. Trotzdem wurde ihm nahegelegt, ein geistiges Gesamtbild des Schaffens des Kanzlers Dollfuß zu bieten. Der Inhalt umfaßte 14 Titel, in der Mitte stand als siebenter Titel die "Berufsständische Ordnung".(74) Messner zitierte sehr oft Dollfuß selbst.(75)

3.2 Wie sah DDr. Meßner Engelbert Dollfuß und sein "Staatsexperiment"?

3.2.1 Der wahre Führer

In einem eigenen Abschnitt widmete sich Messner dem heldenhaften Führertum Engelbert Dollfuß'(76): für Dollfuß "gehört das Führertum der geistigen Ordnung an wie die Autorität, ja in gewissem Sinne noch mehr als diese, da wahres Führertum nach seiner ganzen Überzeugung auf persönliche Bewährung, die Autorität auf die sachliche Ordnung der Natur zurückgeht. Daher war Kanzler Dollfuß ein Gegner der Gewalt. Er hätte sie in ganz anderem Maße zur Verfügung gehabt, als er sie anwandte. Und viele seiner Freunde konnten es schwer verstehen, daß er nicht in höherem Maße davon Gebrauch machte. Jedoch ihm war klar, daß Führung und Gewalt geradezu in einem Gegensatz stehen und daß die besten Kräfte nur wachgerufen sind, wenn sie der inneren Bereitschaft entspringen, zu den gewiesenen Zielen zu folgen. Nie dachte er darum an einen Kampf gegen Menschen, immer ging es ihm nur um den Sieg der Ideen, auf denen er die Zukunft seines Vaterlandes beruhend sah"(77). für Messner werde die "wahre Berufung des Führers eines Volkes immer auch an der Macht erkannt werden, mit der er sein Volk zu dem religiösen und sittlichen Wurzelgrund seiner besten Kraft zurückzurufen vermag."(78) Kanzler Dollfuß war für Messner der Führer, der nie anders als durch die Kraft der Wahrheit wirken wollte.(79) Messner glaubte sagen zu können: "Noch nie hat Österreichs Volk um einen Sohn seiner Heimat so geweint wie um Kanzler Dollfuß."(80) Und zuvor fragte er: "Wann hat die Weltgeschichte die sittliche Größe eines Staatsmannes in solcher Weise geschaut, wie in der Persönlichkeit des Kanzlers Dollfuß in diesem Kampfe um die Freiheit und die Ehre seines Vaterlandes?"(81) und "Wer vermag einen aus der Reihe der Führer, welche die Völker zu den größten ihrer Geschichte zählen, zu nennen, der so wie Kanzler Dollfuß in kaum mehr als einem Jahre zur ganzen Größe seiner Berufung aufgestiegen wäre und den entscheidenden Teil seiner Aufgabe vollendet hätte? Und dem in dieser Zeit alles zu eigen geworden wäre, was ein Volk an Liebe seinem besten Sohne zu geben hat? Denn das war das Auszeichnende seines Führertums, daß aus dieser Liebe vor allem die Gefolgschaft seines Volkes zu dem Großen und Hohen erwuchs, das es in der Gestalt des Führers, seinen Zielen und seinem Ringen sah (...) Alle wußten es auf einmal, das ist einer, der sein Leben hingibt an die große Sache des Vaterlandes, der nichts für sich will, der nur allen anderen helfen möchte, den nur seine Liebe zu Heimat und Volk treibt, der um das Höchste weiß, was allein ein Volk glücklich machen kann."(82)

3.2.2 Zu Dollfuß' Wirken am Beispiel wichtiger Ereignisse und Phasen

a) Einleitende Hinführung Messners

Messner erwähnte am Anfang das Wirken Dollfuß' in der sozialstudentischen Bewegung.(83) "Liberalismus und Sozialismus beherrschten die Hochschule fast völlig. In seinen eigenen Studien befaßt er sich mit der Genossenschaft und findet in dem deutschen und christlichen Grundgedanken derselben das Prinzip für die Überwindung der genannten beiden großen Irrlehren der Zeit und für den Aufbau einer neuen christlichen und deutschen Ordnung des sozialen Lebens."(84) So ließ Messner Dollfuß von Anfang an ausgerichtet erscheinen auf das berufsständische Aufbauwerk und die neue Verfassung. Besonders stellte Messner natürlich die Mitwirkung und Vorbereitung der berufsständischen Ordnung in der Landwirtschaft, genauer an der Errichtung der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer heraus.(85)

Immer wieder spürt der Leser des Dollfußbuches in vielen Formulierungen eine gewisse Begeisterung für den ermordeten Dollfuß.(86) Für Messner war der Kanzler auch besonders dem arbeitenden Volk zugetan.(87) Bei dem von Messner betitelten "vorgegebenen Weg" Dollfuß' stellte er den schweren Stand Österreichs heraus, als Dollfuß die Staatsführung am 20. Mai 1932 in die Hand nahm.(88) für Messner war klar: "Der Parteienstaat aber war an einen Punkt gekommen, an dem es öffentlich wurde, daß er nicht nur zur Überwindung der Volk und Staat auf das äußerste bedrohenden Not unfähig geworden, sondern daß er selbst es war, der zu einem ganz großen Teile das Elend heraufbeschworen hatte und es nun voll machen werde."(89)

Doch Messner stellte Dollfuß zusätzlich in die Jüngste christlich-soziale Tradition: "Heute weiß Österreich: Was Dr. Seipel vorausgeahnt hat, erhielt durch Dr. Dollfuß klar sichtbare Gestalt, und was Dr. Seipel vorausgearbeitet hat, wurde durch Dr. Dollfuß zur Entscheidung gebracht."(90) Österreich aber war in seinen Lebensgrundlagen bedroht. Die durch den persönlichen Einsatz Dollfuß' in Genf erreichte Anleihe zur Währungssicherung verteidigte Messner mit der Überlebensaussicht des deutschen Siedlungsstammes an der Donau und in den Alpenländern.(91) Kanzler Dollfuß habe seinem Volk das Vaterland zweimal gerettet. "Einmal dadurch, daß er es seelisch aufzurufen vermochte zu einem neuen staatlichen und nationalen Selbstbewußtsein. Und zweitens dadurch, daß er ihm die wirtschaftliche Lebensmöglichkeit sicherte."(92)

b) Zur "Selbstausschaltung" des Parlamentes

Zum Vorgehen rund um den 4. März 1933 stellte Messner dem Kanzler ein hervorragendes Zeugnis aus: "Denn wenn je ein Staatsmann jeden seiner Schritte auf dessen unbedingte Verfassungsmäßigkeit prüfte, so war es Kanzler Dollfuß." Die Anwendung des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes war für Messner verfassungsmäßig legitim, "da die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, deren Zusammenhang mit dem Weltkriege feststeht, den Staat in seinen Grundlagen bedrohten."(93) Zudem hätte die Sozialdemokratie mit Gewalt und Bürgerkrieg offen gedroht und die Nationalsozialisten Erfolge bei Gemeinde- und Landtagswahlen erzielt. Nach Erwähnung des im Okt. 1932 für Wien ergangenen Versammlungsverbotes für Kommunisten, Sozialdemokraten und Nationalsozialisten schrieb Messner: "Ein Aufatmen ging durch die Bevölkerung (...) Denn diese Regierung bewies die Kraft, mit einer Demagogie aufzuräumen, die den Staat in den Abgrund reißen mußte"(94).

Aber Messner wurde noch deutlicher: Die letzte Aktion der Sozialdemokratie hätte endgültig den (gar nicht mehr notwendigen) Beweis gebracht, "daß ein Parteienparlamentarismus, in dem eine Partei Staat und Volk noch im Augenblick größter Not schädigen, bedrohen und verraten kann, zum stärksten Hindernis einer Gesundung des auf den Tod kranken Gemeinwesens geworden war." Ein winziger Anlaß hätte den morschen Mechanismus zum Stillstande gebracht. "Der Nationalrat hatte sich am 4. März 1933 selbst ausgeschaltet, da nach der Verfassung nur der Präsident des Nationalrates während der Dauer einer Tagung desselben zu Sitzungen berufen und diese schließen kann (...) Nun konnte der Staat leben (...) war der Weg offen für eine wirkliche Staatsführung, welche sich in dem von Parteiinteressen und Parteileidenschaften beherrschten Parlamentarismus nie entfalten konnte."(95) "Schon am nächsten Tage wußte Österreichs Volk: Es hat den Führer, den es in dieser geschichtlichen Stunde braucht. Denn Kanzler Dollfuß ließ keinen Zweifel darüber, daß er die größere Freiheit der Staatsführung, die nun gegeben war, nützen wolle, um die vom Volk (sic!) schon lange geforderten Reformen durchzuführen, die indessen von der Minderheit im Parlamente immer wieder verhindert worden waren (...) es war der endliche Ausbau der Volksvertretung im Sinne des berufsständischen Gedankens, der in der Verfassung vorgesehen und zur Gesundung des Gemeinwesens von der Überwucherung durch die Parteileidenschaften dringend geboten war"(96).

c) Zur Zeit nach der "Selbstausschaltung" bis zum Bürgerkrieg

Für Messner war die Erklärung des Kanzlers von Bedeutung, daß der Opposition "nach wie vor der Weg zu einer ehrlichen Mitarbeit an der Erfüllung der Aufgaben des Gemeinwesens offen stehe" und die Oppositionsparteien daher "nur mit schlechtem Gewissen der Regierung zu unterschieben versuchten, sie beabsichtige die Aufrichtung einer Diktatur. Sie mußten ... bald erfahren, daß ... besonders die Drohungen mit dem Bürgerkrieg ... die gegenteilige Wirkung auslösten ... Denn ihr eigenes Treiben nötigte die Regierung, alle verfassungsmäßig möglichen Mittel zur Abwehr der Gefahren für den Staat und die ... ringende Wirtschaft einzusetzen. Es erging das Versammlungs- und Aufmarschverbot, die Verordnung zur Hintanhaltung staats- und volksschädlicher Mißbräuche der Pressefreiheit, zur Abwehr von Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit."(97) Alle Gegner hätten zum Endkampf gerüstet. Für Messner sah Dollfuß richtig, daß beide Hauptoppositionsgruppen über den Parlamentarismus letztlich zur Parteiendiktatur kommen wollten und für Bündnisse mit der Regierung Kompromisse auf Kosten des Vaterlandes verlangten, unterstützt durch schwerbewaffnete Parteitruppen. Dollfuß habe als Soldat klar gesehen, daß der endgültige Durchstoß die Überwindung zweier Fronten, von links und von rechts, voraussetzte.(98) Er sei den unbeirrbaren Weg zur Säuberung des Gemeinwesens gegangen, z. B. durch ein Verbot politischer Streiks und jeglicher Streiks in öffentlichen Betrieben.(99) Gegen den NS-Druck aus Deutschland notierte Messner: "Am 14. Mai, da die 40.000 von der Heimwehr durch Wien marschieren, mußten es die hartnäckigsten Leugner sehen: das neue Österreich ist auf dem Wege."(100) Messner sah sich nie mit der Spannschen Heimwehrideologie verbunden, sehr wohl sah er aber in der Heimwehr einen Pluspunkt für die Eigenständigkeit Österreichs, ebenso wie noch in weit größerem Maße in der "Vaterländischen Front".

Der Katholikentag in Wien 1933 wurde "eine einzige Offenbarung der Tatsache, daß es das katholische Österreich war, das sich in dieser Zeit weltbewegender Entscheidungen seines ganzen Wesens, seiner deutschen, wie seiner katholischen Sendung wieder bewußt geworden war. Dieses österreichische Wesen forderte eine deutsche und christliche Ordnung des öffentlichen Lebens. Und da der Führer des neuen Österreich, Kanzler Dollfuß, am 11. September auf dem Wiener Trabrennplatz unter dem unbeschreiblichen Jubel des Volkes, den deutschen, ständischen, christlichen Staat proklamierte und hernach, gefolgt von ungezählten Tausenden, die in überströmender Begeisterung ihr Bekenntnis zu Österreich und seinem Führer kundtaten, in die Stadt zog, da war es der Aufbruch eines Volkes, wie ihn die Geschichte in Jahrhunderten nur einmal sieht."(101) Messner sah keine Alternativen zum Dollfuß-Staat in dieser spezifischen Situation.

d) Zum Bürgerkrieg 1934

Ein ausdrückliches Friedensangebot Dollfuß' am 18. Jänner 1934 an ehrliche Arbeiterführer zur Mitarbeit am Neuaufbau Österreichs hätte der marxistische Parteivorstand abgelehnt. Wahnwitz und Verblendung hätten rund um den 12. Feb. 1934 und die Aushebung eines Waffenlagers des Schutzbundes in Linz einen Bürgerkrieg heraufbeschworen. Wohl aus persönlicher Kenntnis konnte Messner schreiben: "Schwer litt der Kanzler in jenen Tagen, sie gehörten zu den bittersten seines Lebens. Und sein Schmerz galt kaum weniger den Irregeführten als den Verteidigern des Vaterlandes ..., die in treuer Waffenbrüderschaft Schulter an Schulter für Österreich gekämpft hatten."(102)

Messner sah wiederum in Dollfuß den schlechthin Heiligen, selbst in der Bürgerkriegssituation: "Das Verhalten der Regierung in der Februarrevolte ist schlechthin ohne Beispiel in der Geschichte. Wohl ließ sie keinen Zweifel darüber, daß die verantwortlichen Führer der ganzen Strenge des Gesetzes überantwortet werden. Aber noch zur Zeit, da der Kampf im vollen Gange war, versprach sie den Mannschaften des Republikanischen Schutzbundes vollen Pardon, wenn sie die Waffen niederlegten. Und gleich nach der Niederringung des Aufstandes erklärte der Kanzler, daß es kein Gefühl der Rache geben dürfe, da es sich allermeist um Menschen handle, die einer jahrelangen Verhetzung und einem rücksichtslosen Terror gewissenloser Führer erlegen waren." Ohne einen Justizmord zu erwähnen, schrieb Messner, daß die Hand zur Versöhnung allen gereicht worden sei und nur die leitenden Stellungen in den Bundesbetrieben mit zuverlässigen Beamten besetzt worden seien unter Entfernung der unbelehrbaren Hetzer. "Im übrigen wurde aber gerade auf diesem Gebiete in ganz großzügiger Weise eine Politik der Versöhnung und des Friedens getrieben."(103) Messner hat also im Dollfußbuch den "Ständestaat"-Gründer in jeder Weise freigesprochen, seine Bewunderung ist herauszulesen! Der Alpdruck des Austromarxismus sei nun von Österreich gewichen. Sehr persönlich schrieb Messner: "Und wenn Kanzler Dollfuß später sagte, daß er oft und oft das Gefühl einer höheren Fügung hatte in Situationen, in denen es für ihn keine andere Erklärung gegeben hat, dann gehört dazu ganz gewiß die Befreiung Österreichs von der Vergewaltigung durch den Austromarxismus." Für Messner hätten die Sozialdemokraten "immer wieder den papierenen Schein der alten Verfassung angerufen, um jede wirkliche Reform zu verhindern"(104).

e) Zum Entstehen der neuen Verfassung, zu Demokratie und Diktatur

Die Februartage hätten für Dollfuß die endgültige Entscheidung gegen den Parteienstaat gebracht: "Mit einzigartig sicherem Gefühl für die Forderungen der geschichtlichen Stunde, aber auch mit klarer Einsicht in die Forderungen des staatlichen Gemeinschaftslebens tut jetzt Kanzler Dollfuß als erster Staatsmann Europas den Schritt über den Parteienstaat hinweg zum wahren Volksstaate, während alle die Versuche zur Überwindung des Parteiwesens in anderen Staaten zu einer Parteidiktatur führten."(105) Messner erwähnte auch, daß Schuschnigg im Mai 1933 davon gesprochen hatte, den Parteienstaat nicht durch einen Parteistaat ersetzen zu wollen. Die Führung Österreichs hätte ihre eigene Meinung über die ewigkeitswertigen, jedem Staat gesetzten Grenzen seiner Macht. Hier lag für Messner dann wissenschaftlich der Unterschied zwischen autoritärem und totalem Staat.

Dollfuß habe - so Messner weiter - nicht nur den richtigen Weg über das Parteiwesen hinaus gefunden, sondern auch die Form: "Auch diese Form ist, ganz aus der christlichen Idee der Volksgemeinschaft geboren, in der Geschichte der neuzeitlichen Staatsbewegungen ohne Vorbild. Denn sie ist weder eine Vereinigung von Parteien ... noch ... selbst eine Partei ... Kulturelle Vereinigungen, wirtschaftliche Organisationen, die Wehrverbände vereinigten sich in ihr zum Einsatz ihrer Kräfte unter Führung des Kanzlers, geleitet von dem einen Gedanken: Österreich."(106) Die "Vaterländische Front" war offensichtlich auch für Messner eine Erneuerungsbewegung für ein einiges Österreich hin zur Vollendung der Volksgemeinschaft als Trägerin des Staatsgedankens.(107) Als völlig legitim und überlebensnotwendig erachtete es Messner, daß in der "Vaterländischen Front" eine Zusammenfassung der Träger des österreichischen Staatsgedankens und zugleich die Voraussetzung für die Auslese einer Führerschicht zur vollen Kraftentfaltung des Staates gegeben sei.(108) Messner ließ nicht leiseste Kritik an der Beschränkung vieler Ämter auf VF-Leute hören.

"Die Verkündigung der neuen Verfassung am 1. Mai 1934 war der natürliche Abschluß einer Entwicklung, die aus der Erhebung eines Volkes zu den höchsten Aufgaben, die ihm seine Geschichte und sein Wesen stellen, hervorgewachsen war. Den Rechtszusammenhang der neuen mit der bisherigen Verfassung stellt der dafür erforderliche Beschluß des Nationalrates her. Dieser beschließt zugleich in einem Verfassungsgesetz, daß er am Tage nach der Verlautbarung der neuen Verfassung aufgelöst ist und seine sämtlichen Befugnisse, auch die Zuständigkeit in der Verfassungsgesetzgebung, der Regierung überträgt. So konnte der Kanzler sagen, daß die am 1. Mai in Kraft tretende Verfassung des christlich-deutschen Bundesstaates Österreich wie wenige andere Verfassungen, jedenfalls aber wie keine ihrer unmittelbaren Vorgängerinnen, fundiert ist."(109)

Immer wieder habe Dollfuß betont, daß der Kampf nie gegen die Arbeiterschaft, ihre Rechte und ihre Freiheiten ging, sondern nur gegen die marxistische Führung und deren Hetze zu Klassenkampf und Klassenhaß. Für Messner war klar: "Denn für sie war die Demokratie nur das Mittel des Klassenkampfes."(110) Die Demokratie vor dem 4. März 1933 bezeichnete Messner mit dem scharfen Wort der "Pseudodemokratie"(111), wohl ganz im Sinne Dollfuß'. Wer könnte dem Kanzler widersprechen, so fragte Messner bei folgenden Worten vom 14. Okt. 1933 in Wien: "Das Prinzip, ein Volk willkürlich in zwei Lager zu scheiden, das der Arbeitgeber und das der Arbeitnehmer, widerspricht unseren Ansichten von einer gesunden Gesellschaftsordnung und einer starken Nation. Dennoch haben wir gegen diese Grundsätze nur mit den Waffen des Geistes gekämpft; wir haben keine Tyrannei ausgeübt und ich habe viele Male die Aufgeregten beruhigt."(112)

Zum ersten Mal erwähnte Messner (im Dollfußbuch) den Begriff "Austrofaschismus": "Ihre stärkste Karte glaubte die marxistische Führung und glaubt sie auch heute noch damit auszuspielen, daß sie die sozialistische Arbeiterschaft in Österreich und das Ausland mit dem Gespenste der Diktatur, des Austrofaschismus, der Gewaltherrschaft in Schrecken zu setzten versucht. Die österreichische Staatsführung hat indessen aller Welt klar genug gezeigt, wie sie sich die staatliche Neuordnung denkt. Wenn Demokratie Freiheit der Persönlichkeit, Selbstverwaltung durch das Volk, Teilnahme aller Glieder des Gemeinwesens an dessen Gestaltung ist, dann hat das neue Österreich als einer der ersten Staaten wieder auf den Weg zur wahren Demokratie zurückgefunden, auf dem allein noch der Umschlag der parlamentarischen Parteiendemokratie in die Parteidiktatur aufgehalten wird."(113) Das Wehgeschrei der marxistischen Führer über eine Diktatur sei nur die Enttäuschung darüber gewesen, daß der marxistische Umsturzversuch von Kanzler Dollfuß rechtzeitig abgeschlagen worden sei.

Apologetisch formulierte Messner nun ganz entscheidend die einzige Möglichkeit eines Weges, wie ihn Dollfuß eingeschlagen hatte, der das klare Ziel einer neuen, wahren Demokratie vor Augen hatte, also somit Messner wohl zu jenen "Ständestaat"-Befürwortern zählte, die von einer weitgehenden berufsständischen Demokratisierung wirklich überzeugt waren: "Der 12. Februar macht einen Notstand des Staates offenbar, der der Regierung die Mittel der Abwehr vorschrieb und ihr diese so lange vorschreibt, bis der innere Gesundungsprozeß die Gifte, die der beseitigte bolschewistische Eiterherd zurückgelassen hat, aus eigener Kraft auszuscheiden vermag. Diese Gifte müßten wieder zur Bildung neuer Eiterherde führen, würden sie in den demokratischen Formen, durch die sie schon einmal zu einer unmittelbaren Bedrohung des Staates wurden, wieder wirksam werden. Besteht diese Gefahr nicht mehr, dann werden nach dem Willen des Kanzlers Dollfuß die Rechte und Freiheiten einer wahren Demokratie voll zur Geltung kommen. Es wird die Demokratie sein, in der Läge, Verleumdung, Volksverhetzung und Volksbetrug parteipolitisch unrentabel sein werden und die nicht wieder zu einer Schändung der Kultur mißbraucht werden kann. Das hat mit Diktatur nichts zu tun."(114) Da Messner Dollfuß kannte, wird er einer Idealisierung des Zieles einer wahren Demokratie beim Kanzler nicht ganz zum Opfer gefallen sein. für den Verfasser scheint es klar ersichtlich zu sein, daß Messner sowohl Dollfuß als auch Schuschnigg wenigstens grundsätzlich auf dem richtigen Weg sah. Dollfuß hätte gewußt, daß der Marxismus nicht mit äußeren Mitteln allein überwunden werden konnte, sondern nur durch eine stabile Ordnung der sozialen Gerechtigkeit.(115) Dabei spielte natürlich die historische Situation eine bedeutende Rolle. Auch von außen sei Österreich der Kampf um seine Freiheit und Unabhängigkeit aufgezwungen worden.

3.3 Das Dollfußbuch zur berufsständischen Ordnung

3.3.1 Zentralproblem Einheit - Freiheit

Ein entscheidendes Zitat muß hier angeführt werden, zeigt es doch einen bereits kurz erwähnten persönlichen Kontakt Messners zu Dollfuß und umgekehrt: "Auf die Naturgesetze des Zusammenlebens der Menschen mußte nach der Überzeugung des Kanzlers die Agrarpolitik begründet sein. Er sieht das wichtigste derselben im Genossenschaftsgedanken beschlossen. In seiner Wirtschaftspolitik tritt denn auch zuerst jenes Grundgesetz hervor, das seine ganze Politik bestimmte. Er hat es zwar nicht lehrhaft entwickelt, aber aus ihm ist die innere Einheit seiner Politik erwachsen bei aller Verstrickung seines Weges in unerhörte Schwierigkeiten. Daß diese Einheit schon so klar hervortrat ..., beweist, wie stark ihre gedankliche Grundlegung war. Er findet sie in dem obersten Gesetz alles Gemeinschaftslebens, das dem deutschrechtlichen Genossenschaftsgedanken zugrunde liegt und das in den Lehren des Christentums über die Gemeinschaftsordnung eine neue Bestätigung fand. 'Das Zentralproblem aller Ordnung des Gemeinschaftslebens ist das rechte Verhältnis von Einheit und Freiheit', so sagte er mir wenige Tage vor der Verkündigung der Verfassung 1934. Österreich sollte nach dem Willen des Kanzlers dieses rechte Verhältnis mit seiner Neuordnung des Gemeinwesens herstellen und damit zu dem Naturgesetze des Gemeinschaftslebens zurückkehren, das der Liberalismus wie der Sozialismus verleugnete, auf das aber allein eine wahre Ordnung von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat begründet werden kann. Es ist das Gesetz, daß dem einzelnen wie der Gemeinschaft Rechte zukommen, die nicht verletzt werden dürfen, wenn die gesellschaftliche Ordnung Bestand haben soll, vielmehr ihre Grundlage bilden müssen in der von der Natur des Menschen selbst gebotenen Hinordnung aufeinander. Darin ist die Freiheit der Persönlichkeit, der Familie, des Berufsstandes, der freien Vereinigungen in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit sowie die des einzelnen Staates in der Gemeinschaft der Völker begründet, aber auch die Einheit, die Ordnungsgewalt, die Autorität einer jeden übergeordneten Gemeinschaft gegenüber ihren Gliedern und den einzelnen. Schon in seiner ersten wissenschaftlichen Arbeit auf der Hochschule befaßt er sich mit dem Wesen und der gestaltenden Kraft des Genossenschaftsgedankens und erkennt in ihm das tragende Grundgesetz aller Gemeinschaftsordnung (...) Es ist für ihn der Angelpunkt, von dem aus Liberalismus und Sozialismus ... überwunden werden müssen, mit all der von ihnen verschuldeten Zerrüttung von Staat und Wirtschaft, von Volksgemeinschaft und Völkergemeinschaft. Mit diesem Gedanken vollzieht er den Durchstoß durch die folgenschweren Irrtümer eines Jahrhunderts zu den neuen geistigen Grundlagen einer Gemeinschaftsordnung, die endlich wieder ein christliches und deutsches Gesicht haben wird. In diesem Gesetze ist der berufsständische Gedanke enthalten, das heißt der Aufbau der Volksgemeinschaft nach Ständen mit Selbstverwaltungsrecht, sowie der föderative, das heißt der Aufbau des Gesamtvolkes aus seinen Stämmen unter Wahrung ihres Eigenseins und ihrer Sonderaufgaben. Daher wußte Kanzler Dollfuß, daß sein Kampf für Österreichs Unabhängigkeit zugleich um die Geltung eines grundlegenden deutschen Rechtsgedankens ging. Diesem Gesetz entsprang aber auch die Wiederbegründung der staatlichen Gemeinschaftsordnung auf die Autorität unter Wahrung aller Volksrechte."(116)

3.3.2 Von Vogelsang zu Dollfuß - Treue zu "Quadragesimo anno"

Schon zu Beginn des Kapitels über die berufsständische Ordnung stellte er unter anderem folgendes Dollfuß-Zitat an die Spitze (9. Sep. 1933 in Wien): "Wir werden ständische Formen und ständische Grundlagen, wie sie die Enzyklika 'Quadragesimo anno' uns so schön verkündet, zur Grundlage des Verfassungslebens nehmen. Wir haben den Ehrgeiz, das erste Land zu sein, das dem Ruf dieser herrlichen Enzyklika wirklich im Staatsleben Folge leistet."(117) Diesen Zitaten nachfolgend, beschrieb Messner zuerst aus seiner bekannten Sicht die Zerreißung der Volksgemeinschaft durch den fessellosen Konkurrenzkampf des "dem Liberalismus verfallenen Kapitalismus" und durch den Klassenkampfgedanken, der ja nur das Werk des Liberalismus fortgesetzt habe. "Zum Wirtschaftskampf und Klassenkampf kam aber im liberal-demokratischen Staate noch der Parteienkampf und Kulturkampf, wodurch die letzten Reste von bindenden Kräften in der Volksgemeinschaft bedroht waren."(118) Diesen Mächten, nämlich der liberalistischen Freiheitsidee und der marxistischen Klassenkampfidee, mußte von den Erweckern Österreichs zunächst der Kampf angesagt werden. "Dabei erwies es sich gerade an diesem entscheidenden Punkte sozialer Neugestaltung, daß in Österreich wie in keinem anderen Lande ein Schatz echter genossenschaftlicher Gemeinschaftsordnungen bis auf die letzten Generationen lebendig geblieben war und wie nirgends sonst an dem ständisch-korporativen Gedanken als dem wichtigsten Hebel für die Überwindung der liberalistisch-marxistischen Volkszersetzung festgehalten wurde. Von Vogelsang geht eine unmittelbare Verbindung über Schindler zu Doktor Seipel, der zur Heilung des von der Formaldemokratie zerrütteten Gemeinwesens schon fast zwei Jahre vor Erscheinen der 'Quadragesimo anno' die ständische Grundlegung einer neuen Ordnung des Gemeinwesens forderte; und von Vogelsang geht ebenso klar die Verbindung der christlichen Volksbewegung zu Lueger und Dr. Dollfuß, die es vermochten, das Volk zum Kampfe für eine Rückkehr zu den natürlichen Grundlagen einer wahren Volksgemeinschaft aufzubieten. Dieses naturgemäße Fundament der Volksgemeinschaft ist die berufsständische Ordnung."(119)

Und Messner schrieb noch deutlicher im Sinne des richtigen Verständnisses der Sozialenzyklika QA durch Dollfuß und somit Österreich: "Es hat somit seinen guten Grund, wenn Österreich sich als erstes Land in der Welt berufen gefühlt hat, an die Verwirklichung der Ideen der 'Quadragesimo anno' zu schreiten. Und die geistigen Zusammenhänge werden noch besonders klar, wenn man bedenkt, daß Dr. Seipel es war, der ... seine letzten Kräfte daran setzte, diesen Ideen durch Vorträge in Wien und in den Bundesländern den Weg zu bahnen, und daß Dr. Dollfuß, der aus der sozialen Tradition des katholischen Österreich schöpfend, schon in der Organisation der Landwirtschaft das ständische Prinzip, soweit es die Verhältnisse zuließen, zur Geltung gebracht hatte, nun die Neuordnung des Gemeinwesens auf ständischer Grundlage in die Hand nahm."(120) Messner identifizierte sich in diesem Büchlein praktisch mit jedem Schritt Dollfuß' sowie mit seiner Intention, die er schon nach der "Selbstausschaltung" des Nationalrates proklamiert hätte, nämlich eine ständische Neuordnung des Gemeinwesens in Österreich im vollen Bekenntnis, "daß für eine katholische Staatsführung nur die Richtlinien des letzten großen päpstlichen Rundschreibens über die Neuordnung der Gesellschaft maßgebend sein können"(121). Messner wies mit Dollfuß die Auffassung der Wiedererweckung geschichtlicher Formen bei der berufsständischen Ordnung und der damit verbundenen Privilegien durch eine formalistische Zünfte-Erstarrung zurück.(122) für Messner beschrieb Dollfuß in wenigen einfachen und klaren Sätzen das Wesen der berufsständischen Ordnung am 8. Mai 1933 in Salzburg: "Wer vom 'Stand' spricht und glaubt, das sei eine Unternehmerorganisation, eine neue Front der politischen Gestaltung, der mißbraucht das Wort Stand. Stand ist nicht eine Organisation nur des Unternehmertums, ist vielmehr die Organisation all derer, die diesem Berufszweig ihre ganze Existenz verdanken. Es ist klar, daß auch der Ständegedanke die Autorität des Meisters im Betriebe anerkennt, der letzten Endes das wirtschaftliche Risiko trägt. Der Ständegedanke verlangt aber auch, daß der Lehrling und der Geselle als Mitarbeiter und Menschen gewertet werden müssen, daß sie letzten Endes auch am Erfolg des Betriebes beteiligt werden. Lehrling und Geselle müssen am Bestand und am Gedeihen des Betriebes interessiert sein ... Dem Menschen muß seine Arbeitsstätte wieder sein Heim werden. Dazu ist vor allem notwendig, daß der Arbeitgeber die Verpflichtung fühlt, sich auch als Mensch so zu benehmen, daß sich seine Mitarbeiter ihm gegenüber als Menschen fühlen."(123) In sehr prägnanter Weise konnte Messner - seinen Darstellungen in der SF folgend, denen offensichtlich auch Dollfuß (in seinen Reden) mehr oder weniger gefolgt zu sein scheint - mit Berufung auf den Kanzler schreiben: "Die Verfassung selbst sollte nur die Voraussetzungen schaffen für den berufsständischen Aufbau. für diesen selbst stellt der Kanzler als Grundsätze auf: 1. Der freien Entwicklung ist möglichst Spielraum zu lassen, wenn auch dem Staate die Führung im Aufbauwerk vorbehalten bleiben muß; 2. die Berufsstände müssen organisch von unten her aufgebaut sein, damit sich eine wahre Selbstverwaltung entfalten kann; 3. vor allem aber muß eine Umstellung in der Gesinnung aller einzelnen erfolgen, wodurch erst die berufsständische Ordnung zu einer wirklichen Gemeinschaftsordnung werden kann"(124).

3.3.3 Wirtschaft, Sozialordnung und Gewerkschaften

Messner suchte seine naturrechtliche Sicht auch in bezug auf die Wirtschaftsordnung mit Dollfuß-Zitaten zu untermauern. Es sind derer so viele, daß der Eindruck entsteht, Dollfuß selbst hat mehr von der Naturrechtslehre Messners als von der universalistischen Richtung rezipiert, worauf auch die katholisch-soziale Tagung 1934 hinweisen dürfte. "Die wahre Ordnung der Wirtschaft, die durch die Naturgesetze des menschlichen Zusammenlebens gefordert ist, sieht er (Dollfuß, Anm. v. Verf.) auf die beiden Pole, die Freiheit des einzelnen und das Recht der Gemeinschaft in ihrem richtigen gegenseitigen Verhältnis begründet"(125).

Entscheidend sei dem Kanzler auch für sein berufsständisches Denken die rechte Ordnung von Einheit und Freiheit, wie sie im deutschrechtlichen Genossenschaftsgedanken vorgezeichnet sei.(126) "Die berufsständische Ordnung muß vor allem die Würde des Menschen in der Wirtschaft wiederherstellen, in ihr muß die Wirtschaft wieder dem Menschen dienen, gleichgültig, wo er in derselben steht"(127), schrieb Messner unter Berufung auf ein Dollfußwort vom 13. Okt. 1933 (Wien), in dem es u. a. hieß: Wenn "wir es nicht dazu bringen, daß der Arbeiter in seinem Betrieb sich wieder zu Hause fühlt, dann werden die formalrechtlichen Regelungen der Verfassung nur an der Oberfläche bleiben"(128). Die neue Ordnung entziehe also dem Klassenkampf den Boden. Nicht nur im Alltag des Berufslebens sollten in der berufsständischen Ordnung lt. Messner die Menschen wieder innerlich verbunden werden, sondern die ständische Verbundenheit solle auch über das Berufsleben hinaus lebendige Volksgemeinschaft erstehen lassen und namentlich dem Arbeiter die volle gesellschaftliche Geltung wiedergeben.(129) "Die lebendige Volksgemeinschaft ist somit das große Ziel der berufsständischen Neuordnung! (...) An dem Punkte soll vor allem Gemeinschaft lebendig wirksam werden, von dem die Zersetzung der Volksgemeinschaft ihren Ausgang genommen hat, im Arbeitsleben, im Berufe, in der Wirtschaft."(130) "Die berufsständische Ordnung wird ... jenes Wesen des Kapitalismus beseitigen, aus dem die Unüberwindlichkeit der Interessengegensätze zwischen Kapital und Arbeit entspringt"(131).

Zum Einheitsgewerkschaftsbund sagte Messner schon deutlich: "Nur der kann das Gesetz über die Errichtung des Gewerkschaftsbundes als Einheitsgewerkschaft mißverstehen, der glauben will, daß der todkranke Gesellschaftskörper ohne die helfende Hand des Staates gesunden kann, und der nicht sehen will, daß die in einer Einheitsgewerkschaft sich zusammenschließende Arbeiterschaft mehr bedeutet für eine entschiedene Interessenvertretung als alle gewerkschaftlichen Organisationen je zuvor. Gewiß mußte der Staat bei der Vorbereitung der berufsständischen Ordnung zunächst das Wirksamwerden der bisherigen zersetzenden Kräfte unterbinden und einen Mißbrauch demokratischer Formen in der Bestellung der Organe des Gewerkschaftsbundes hintanhalten. Aber die mit der Zusammenfassung der Gewerkschaften verbundene Stärkung der Stellung der Arbeiterschaft beweist an sich schon, wie sehr die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit das Ziel der ganzen Neuordnung ist."(132)

3.3.4 Messners Sicht von "Quadragesimo anno" - Zwischenwertung

Das spezielle Kapitel über die berufsständische Ordnung im Dollfußbuch faßte Messner zusammen: "In einem päpstlichen Rundschreiben, das dem gegenwärtigen Jahrhundert den Weg weist, ist der an der sozialen Frage sich verblutenden Welt die katholische Lehre verkündet worden 'über die gesellschaftliche Ordnung, ihre Wiederherstellung und ihre Vollendung nach dem Heilsplane der Frohbotschaft', wie es in den einleitenden Worten zu 'Quadragesimo anno' heißt. Im Mittelpunkte derselben steht der Gedanke der berufsständischen Ordnung. Das katholische Österreich hatte diesen trotz des Einbruches der liberalistischen und sozialistischen Mächte nie verloren und hatte dadurch immer befruchtend auf die soziale Gedankenwelt des gesamten Weltkatholizismus gewirkt. Nachdem es die Freiheit für eine christliche Neuordnung seines Gemeinwesens wieder erlangt hatte, mußte es seine Aufgabe darin sehen, an die Grundlegung seines Gemeinwesens durch Verwirklichung der in diesem Rundschreiben dargelegten Gesetze einer ständischen Ordnung zu gehen. Damit war ihm aber auch die Berufung zuteil geworden, der christlichen Erneuerung der Gesellschaft nach den Ideen der 'Quadragesimo anno' in der Welt den Weg zu bahnen und den Katholiken aller Länder durch die Tat zu erweisen, daß die Kirche ihre Aufgabe, Lehrerin der Völker zu sein, in unverlierbarer Jugend und ungebrochener Kraft auch im 20. Jahrhundert erfüllt. Und in der Tat, die Anteilnahme, mit der die ganze katholische Welt die Entwicklung in Österreich verfolgt, beweist, welch große Hoffnungen sie an die christliche Neuordnung seines Gemeinwesens auf der Grundlage des berufsständischen Gedankens der 'Quadragesimo anno' knüpft."(133)

Messner war sich des problematischen Erfolgsdruckes bei der Verknüpfung des österreichischen Weges mit der Sozialenzyklika QA bewußt. Er hat nicht übersehen, daß sie nur die grundsätzliche Seite einer berufsständischen Ordnung der Gesellschaft im Auge hatte. Außerdem hatte er schon in der "Sozialen Frage" geschrieben: "Die berufsständische Ordnung fällt nicht zusammen mit der staatlichen Ordnung (...) ist nicht gleichbedeutend mit ständestaatlicher Ordnung."(134) Aber Seipels eher verengende Interpretationen der Enzyklika waren innerhalb des politischen Katholizismus zu Beginn der dreißiger Jahre von solchem Gewicht, daß auch Messner bei ihnen keinen direkten Widerspruch zu QA herausstellte. Und so scheint er doch eine die Regierungen Dollfuß und Schuschnigg stützende Interpretation mitgefördert zu haben, welche heute meistens als Fehlinterpretation eingestuft wird. Daß dabei die realpolitisch motivierte Unterstützung des Vatikans für den Regierungskurs Dollfuß' eine gewisse Rolle gespielt hat, steht außer Frage.(135)

3.4 Das Dollfußbuch zum christlichen Staat

3.4.1 Grundsätzliche Ausführungen

Wie u. a. in der SF verfolgte Messner weiter das Thema des christlichen Staates(136), das uns aufgrund seines diskutierten Zusammenhangs mit der berufsständischen Ordnung näher interessieren muß. Zu diesem Zeitpunkt und mindestens bis 1938 gehörte Messner eindeutig zu jenen, die Dollfuß im Sinne seiner Worte vom 11. Sep. 1933 in Wien rechtverstanden unterstützten: "Wir wollen den sozialen, christlichen, deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage, unter starker autoritärer Führung."(137)

Für Messner war das neue Verfassungswerk voll mit den Grundsätzen der Sozialenzyklika QA.(138) Dieser Staatswille verfalle nicht in das Extrem, alle Freiheit für nichtig zu erklären. Weil er sich selbst als lebendige Gemeinschaft verstehen müsse, "gibt er seinen Bürgern auch das Recht der Mitwirkung und Mitbestimmung im Gemeinwesen, soweit es mit der Ordnung und dem Wohle des Ganzen vereinbar ist."(139) "Was ist nun der katholische Staat? Wir antworten, es ist der Staat des christlichen Naturrechtes, so wie dieses gemäß der katholischen Lehre von der Schöpfung und Erlösung zu verstehen ist."(140) Mit Klerikalismus habe er nichts zu tun. "Etwas ganz anderes ist es, daß er der Kirche das ihr vom liberalen Staate vorenthaltene Eigenrecht wieder voll einräumt, ja sich ihrer Hilfe in der Verwirklichung seiner Aufgaben versichert, im Bewußtsein, daß die religiös-sittlichen Kräfte der beste Teil seines Fundamentes sind (...) Wohl aber wird im katholischen Staate, weil sein Volk fast zur Gänze katholisch ist, der öffentliche religiöse Kult, zu dem auch der Staat kraft Naturrechtes verpflichtet ist, der der katholischen Kirche sein"(141). Nur dem könne der katholische Staatsgedanke zu klein sein, "der den Staat oder die Nation vergötzen will."(142) Aufgrund der Gemeinwohlverpflichtung des Staates verlange das katholische Verfassungsideal "den autoritären Staat".(143)

Und Messner holte entscheidend aus: "Mit der 'Maiverfassung 1934' geschieht es seit Jahrhunderten wieder zum erstenmal, daß ein Volk darangeht, in seinem Lande das Gemeinwesen unter offenem und uneingeschränktem Bekenntnis zu den Forderungen des katholischen Staatsgedankens zu ordnen. In der Geschichte des modernen Staates gibt es dafür kein Beispiel. Bewegten sich doch alle Verfassungen seit mehr als einem Jahrhundert völlig in den Geleisen der Verfassungsideen von 1789, in denen der Liberalismus endgültig zum Siege kam. Und die neueren Verfassungen, wie z. B. die des Faschismus in Italien, gingen von anderen Ideen aus, als sie in der christlichen Naturrechtslehre von Staat und Gesellschaft umschrieben sind und von den Päpsten Leo XIII. und Pius XI. in ihren Enzykliken dem Gewissen der Welt vorgehalten wurden. Zum erstenmal werden durch die neue österreichische Verfassung in einem staatlichen Gemeinwesen aus katholischem Geiste die Staatsideen des Liberalismus überwunden, zum erstenmal wird es seit den Zeiten der christlichen Hochkultur im Abendlande unternommen, staatliches Gemeinschaftsleben nach seinen Forderungen aufzubauen."(144) Im Gegensatz zu den modernen Verfassungen, die verleugneten, daß die Hoheit des Staates unter der Hoheit Gottes stehe, bekenne sich Österreichs neuer Staat - wie Messner stolz feststellte - "klar und unumwunden zu Gott als dem Ursprung seines Rechtes und seiner Gewalt. Er stellt sich somit ganz auf den Boden des christlichen Naturrechtes, so wie ein katholisches Volk dieses zu verstehen hat"(145).

Außerdem sei Dollfuß von der besonderen nationalen Mission des zweiten deutschen Staates Österreich in Unabhängigkeit überzeugt gewesen(146) - das deutsche Volkstum müßte geschätzt werden vor Vergewaltigung durch ein System, das mit seinem Streben nach Staatsallmacht und Gleichschaltung dem deutschen Wesen am tiefsten widerspreche, und so schrieb Messner: "Da der Staat des nationalsozialistischen Dritten Reiches sich immer weiter entfernt von jenem geschichtlichen Reiche der Deutschen, in dem der christliche und der deutsche Staatsgedanke zu innerer Einheit verschmolzen waren und in dem das deutsche Volk zu seiner Weltgeltung emporgestiegen war, muß Österreich aufs neue zum Hüter der christlichen Staatskultur im deutschen Volke werden"(147). Messner zitierte Dollfuß vom 27. Sep. 1933 (Genf): "Dabei bestimmen uns (Österreich und seine Regierung, Anm. v. Verf.) vor allem die Richtlinien, die Papst Pius XI. zur Lösung der sozialen Problem unserer Zeit verkündet hat."(148) und vom 15. Apr. 1934 (Graz): "Wir wollen ein Beispiel geben für den wirklich ehrlichen Versuch eines christlichen Staates."(149) Noch einmal sollte Österreich für Messner durch den Aufbau einer christlichen Ordnung Zelle der kulturellen Wiederaufrichtung des Abendlandes sein.(150)

3.4.2 Messners Sicht der Parteien und sein Gebrauch des Seipelzitates

Der Parteienparlamentarismus und die formale Demokratie würden durch die staatliche Neuordnung in Österreich überwunden. Messner klar: "An deren Stelle tritt der autoritäre Staat mit berufsständischer Gliederung des Volkes, der Staat der Volksgemeinschaft nach deutschrechtlichen Grundsätzen, die Ordnung von Gesellschaft und Staat nach den Forderungen des christlichen Naturrechtes, wie sie in 'Quadragesimo anno' neu verkündet wurden. Das bedeutet aber nur, daß der Natur ihr Recht wiedergegeben und die natürlichen Lebensgesetze des staatlichen Gemeinschaftslebens wieder gelten sollen."(151) Messner sah Dollfuß beim Weg über den Parteienstaat hinweg "in den Fußstapfen Dr. Seipels, der die bisherigen Parteien als künstliche Gebilde einer Gesellschaft bezeichnete, die ihre naturgemäße Gliederung verloren hatte. Niemand dachte damals daran, daß die Zeit zur Einlösung dieses Wortes schon so bald reif sein werde."(152)

Höchst bedeutsam ist für uns diesbezüglich das Bringen eines Referatauszuges Seipels aus dem Jahre 1931 zu QA und dem parlamentarischen Parteienstaat. Der Auszug aus dem Beitrag "Die neue Gesellschaftsordnung nach der Enzyklika 'Quadragesimo anno'"(153) ist nämlich von Messner derart (gekürzt) wiedergegeben, daß Parteien eben als künstliche Gliederungen in der österreichischen Neuordnung einen völlig unnötigen Eindruck erweckten. Damit förderte Messner mit seinem Dollfußbuch die antiparlamentarische Interpretation Seipels, die er selbst zwei Jahre später stark relativierte, indem er nämlich in seiner BO 1936 den längeren Referatauszug mit einem entsprechendem Kommentar brachte. Im Dollfußbuch war das Zitat Seipels so (Auslassungen von Messner) nachzulesen: "Trotzdem sie (die Parteien, Anm. v. Verf.) derzeit eine so große Rolle im öffentlichen Leben spielen, werden sie in der Enzyklika nicht erwähnt. Dies ist begreiflich, weil sie keine organischen Glieder der Gesellschaft sind ... (=Ê1. Auslassung, Anm. v. Verf.) Solange wir die atomisierte Gesellschaft haben, solange also zwischen dem einzelnen Menschen und dem Staate keine Zwischenglieder im Gesellschaftskörper bestehen, sind die Parteien notwendig. Die Parteienbildung ist ein Akt der Selbsthilfe der nur territorial, aber nicht ständisch miteinander verbunden lebenden Staatsbürger, die durch das allgemeine und gleiche Wahlrecht auf den Staat Einfluß nehmen sollen. Die Menschen müssen sich künstlich gliedern, weil und so lange keine andere Art, zur Geltung zu kommen, vorhanden ist ... (= 2. Auslassung, Anm. v. Verf.) Die Gefahr, daß die Parteien zum Götzen werden, indem sie sich zum Selbstzweck machen; daß sie die Verbindung mit dem Volke verlieren, sich dennoch untereinander in die Herrschaft über das Volk teilen, diese Gefahr ist jetzt noch vorhanden; sie wird aber nicht mehr in der neuen Ordnung bestehen."(154) Zwei weitere wichtige Sätze Seipels nach diesem Auszug zitierte Messner nicht.

Die entscheidenden ausgelassenen Passagen im Jubelwerk über Dollfuß im Vgl. zum wissenschaftlichen Werk 1936 lauteten bei Seipel selbst (und so 1936 bei Messner): Bei der ersten Auslassung des soeben angeführten Zitates: "Es wird nichts für und nichts gegen sie gesagt; denn sie haben mit der neuen Gesellschaftsordnung keinen inneren Zusammenhang. Daraus folgt nichts gegen die Berechtigung der Parteien."(155) Bei der zweiten Auslassung hätte es sogar geheißen: "Es wäre selbstverständlich gefährlich, die Parteien aufzugeben, bevor die Gesellschaft den Zustand der Atomisierung überwunden hat. Es wird wahrscheinlich auch in der neuen Ordnung Parteien geben, denn auch innerhalb der Stände und auf den sie alle gemeinsam berührenden Gebieten werden verschiedene Meinungen über das, was dem Gemeinwohl dient, miteinander ringen. Aber die Parteien werden in der neuen Gesellschaftsordnung nicht so überragenden Einfluß haben wie im Parteienstaat. So kann man den Staat in der extrem individualistischen Gesellschaftsordnung nennen, ohne ihm oder den Parteien Unrecht zu tun."(156) Der letzte der bereits angesprochenen zusätzlichen zwei Zitat-Sätze, die im Dollfußbuch gefehlt hatten, lautete in der BO 1936: "Wir müssen freilich all dem gegenüber eine sehr kluge und verständige Haltung einnehmen."(157)

Das Dollfußbuch allein konnte das Mißverständnis fördern, daß Messner in der berufsständischen Ordnung generell für die Parteien keinen sinnvollen Platz mehr sehen konnte bzw. daß die Parteien als Not-Zwischenglieder durch die naturrechtlich vorgezeichneten Berufsstände ersetzt würden. Erst mit der ausführlichen BO 1936 scheinen sich also die Ausführungen des Dollfußbuches zugunsten der generellen Möglichkeit des Weiterbestandes von Parteien geklärt zu haben, auch durch eine dementsprechende Interpretation des vollständigen Seipelzitates. Wir müssen aber Messner zugutehalten, daß er sich beim populären Dollfußbuch nicht unbedingt zu einer solchen Ausführlichkeit genötigt sah. Daß aber durch die Ausführungen Messners im Okt. 1934 zunächst die Parteiauflösungsmaßnahmen Dollfuß' auch in einem besseren Licht gesehen werden sollten, wird kaum bestreitbar sein.

3.4.3 Messners bis ins Detail zustimmend gehaltene Mai-Verfassungsdarstellung

Als tragende Grundlage sollten in dem neuen Staat gemäß des Kanzlers Worten vom 29. Juni 1934 (Feldkirch) Familie und Berufsgemeinschaft hervortreten: "Der Beruf, die gemeinsame Arbeit bindet die Menschen mehr als ein noch so gut gemeintes Parteiprogramm."(158) Auch bei der Staatsverfassung gehe es wieder um die rechte Ordnung von Einheit und Freiheit. "Es ist dies im Staatsleben nichts anderes als die rechte Verbindung des autoritären und des demokratischen Prinzipes. Der Staat, der seinen Aufgaben gerecht werden will, kann nur der autoritäre Staat sein, dem eine solche Machtfälle gesichert ist, daß er unter allen Umständen in der Lage ist, die Staatsnotwendigkeiten durchzusetzen und das Gemeinwohl zu wahren."(159) Und schon hier betonte Messner mit einem anschließendem Dollfußwort: "Autorität ist weder Willkür noch Diktatur, sondern sittliche Gewalt, also an die Verantwortung vor dem natürlichen Sittengesetze und geschriebenen Rechtsgesetze gebunden: 'Autorität heißt nicht Willkür, Autorität heißt geordnete Macht, heißt Führung durch verantwortungsbewußte, selbstlose, opferbereite Männer.' (Wien, 11. September 1933.)" In sehr direkter und jedem einleuchtender Weise brachte Messner als Beispiel für eine starke Verwirklichung des Autoritätsprinzips die Maiverfassung 1934.(160)

Messner stellte sich hinter die gesamte Staatsführung und die Verfassung, wohl auch hinter das Verfassungsüberleitungsgesetz. Er schrieb nämlich unterstützend weiter: "Alles, was im liberalen Parlamentarismus sich als Hemmnis einer geordneten Staatsführung erwies, ist ausgeschaltet. Abgeschafft sind die Dringlichkeitsanträge, mit denen regierungsfeindliche Parteien die ganze Arbeit der Volksvertretung lahmlegen konnten. Abgeschafft ist die Möglichkeit unbegrenzter Debattenführung, da die Bundesregierung den beratenden Körperschaften eine Frist zur Einbringung ihrer Gutachten stecken kann, so daß eine Obstruktion gegen Gesetzesvorlagen ausgeschlossen ist. Abgeschafft ist das Interpellationsrecht, das Resolutionsrecht und das Untersuchungsrecht, also die politische Kontrolle, die im parlamentarischen System immer wieder der Staatsführung in den Arm fallen konnte. Abgeschafft ist die Immunität der Mitglieder der einzelnen Körperschaften, hinter der in der parlamentarischen Demokratie die ärgsten Verbrechen gegen den Staat Schutz finden konnten. Abgeschafft ist endlich auch die Straffreiheit der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften, denn für Vergehen während der Sitzungen derselben gelten strenge Ordnungsbestimmungen, welche sogar den Verlust der Mitgliedschaft vorsehen."(161) Der Jurist Messner gab die Verfassungs- und Gesetzeslage korrekt wieder, wenn auch in eindeutiger Unterstützung.

Der Kanzler wollte aber nach der Überzeugung Messners die wahre Demokratie. Die vernünftigste Form der Teilnahme des Volkes an der Gestaltung des öffentlichen Lebens, so der Kanzler in Wien am 13. Okt. 1933, werde die beste Demokratie sein. Für Messner waren tatsächlich die Grundsätze der Demokratie in der Verfassung 1934 (allein schon) dadurch gewahrt, "daß der Bundesregierung vier Körperschaften an die Seite gegeben sind, welche über die Gesetze, die sie dem Bundestage vorlegen will, zu beraten haben."(162) "Ausgeschlossen sind jene Erscheinungen der parlamentarischen Pseudodemokratie, die dem Staatsleben in den letzten Dezennien zum Verhängnis wurden. Vor allem sind die allgemeinen Wahlen zu den gesetzgebenden Körperschaften abgeschafft, so daß für eine volkszersetzende Demagogie keine Möglichkeit mehr besteht; eine Urwahl bleibt nur noch möglich für die untersten Vertretungskörper der Berufsstände, während die nächsthöheren durch Delegation aus diesen zu bilden sind."(163) Messner billigte diesen Weg voll, obwohl für ihn ganz sicher dieser Zweckmäßigkeitsbereich nichts Unveränderliches darstellte, wie aus der SF und der BO klar hervorgeht.

Für Messner waren in der Verfassung 1934 die Freiheitsrechte so wie in allen Rechtsstaaten gesichert, beginnend mit der Gleichheit aller Bundesbürger vor dem Gesetze bis zur Glaubens- und Gewissensfreiheit, sofern diese nicht mit der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten unvereinbar wäre. "Es ist der christliche und deutsche Staatsgedanke, der ... aus innerster Verbindung von Deutschtum und Christentum geworden, das deutsche Volk zur Höhe seiner Geltung emporgeführt hat. Deutschrechtlichen Wesens ist der Einklang der Freiheitsrechte, die verbürgt werden, mit der Gemeinschaftsordnung, die ebenso gesichert ist; deutschrechtlicher Art ist die Wahrung der Volksrechte, insbesondere der Selbstverwaltung, die den Ländern und den Gemeinden sowie den Ständen gegeben wird; deutschrechtlicher Natur ist schließlich auch das Führerprinzip, das im ganzen Aufbau des Gemeinwesens zur Geltung kommt und die Verwirklichung der staatlichen Gemeinschaftsordnung sicherstellt. Christlichen Wesens ist die Hineinstellung des ganzen staatlichen Gemeinwesens in die sittliche Weltordnung; christlichem Staatsdenken entspricht die Zurückführung jeglichen Rechtes auf Gott und die Achtung jeglichen Rechtes der natürlichen Rechtsordnung; katholischem Staatswillen entspringt das Bekenntnis zu den Grundsätzen der 'Quadragesimo anno' bei der ganzen staatlichen Neuordnung Österreichs und entspringt die enge Verbindung von Staat und Kirche zu gegenseitiger Förderung ihrer Ziele."(164) Und noch klarer (im Namen der katholischen Naturrechtslehre und auch gestützt auf das päpstliche Schreiben QA) analysierte Messner: "Mit der Verfassung 1934 kehrt ein katholisches Volk wieder zu den Grundgesetzen staatlichen Gemeinschaftslebens zurück, die in die Natur des Menschen von Gottes Schöpferhand selbst eingezeichnet sind und die, wie von Christi Gebot noch besonders bekräftigt, das christliche Gewissen doppelt verpflichten."(165) Gegen alle Hoffnung sei ein katholischer Staat wiederaufgerichtet (rechtverstanden!, Anm. v. Verf.) worden. Für Messner erkannte der christliche Staat wieder im ganzen Umfange die Verpflichtung an, die sozialen Rechte der Arbeiterschaft genauso zu schätzen, wie er alles Recht schätzen müsse.

Aus der Rundfunkrede Dollfuß' vom 1. Mai 1934 zitierte Messner also: "Die christliche Grundeinstellung des gesamten Verfassungswerkes bedingt die Verankerung echtesten und besten sozialen Empfindens in der Verfassung. Dazu gehört der Einbau des arbeitenden Menschen als vollwertiges Glied seines Berufsstandes in rechtverstandener, organisch gewachsener Verbundenheit mit allen übrigen Berufsständen in die große Gemeinschaft des öffentlichen Lebens. Auch hier wollte die neue Verfassung sich nicht auf die selbstverständliche Vorsorge in den Kompetenzen des Arbeiterrechtes und des Arbeiterschutzes und der Sozialpolitik beschränken, sondern darüber hinaus durch den Geist des gesamten Verfassungswerkes in all seinen Teilen dem arbeitenden Menschen die Gewähr bieten, daß er mitschaffen und mitgestalten kann an der Entwicklung des Staates und seiner eigenen Zukunft."(166) Ein wichtiges Wort Dollfuß' vom 11. März 1934 (Wien) führte er auch noch an: "Immer aber muß ich bitten und betonen: Glauben wir nur ja nicht, daß mit der formalrechtlichen Änderung der Verfassungsparagraphen das Problem der Neugestaltung gelöst ist. Sondern bleiben wir uns bewußt, daß alles davon abhängt, ob es uns gelingt, ein wirklich ständisches Denken und das Bewußtsein gegenseitiger Verbundenheit und Gerechtigkeit lebendig zu machen."(167)

3.5 Der bessere Ausdruck: "Ständedemokratie" - keine Augenblickslösung

Im Dez. 1934 (zwei Monate nach dem Vorwort des Dollfußbuches) erläuterte Messner seine Skepsis gegenüber dem Begriff "Ständestaat": Von der beabsichtigten harmonischen Verbindung des demokratischen und autoritären Prinzips her sei Bundeskanzler Dollfuß zur Ständedemokratie gekommen, "ein Ausdruck, der wohl viel treffender wäre als der leicht mißverständliche Ausdruck Ständestaat, da dieser zu wenig die Scheidung des staatlichen und gesellschaftlichen Bereiches, wie er sich aus 'Quadragesimo anno' ergibt, hervortreten läßt."(168) Aber Messner erinnerte auch: "Schon Doktor Seipel hat die Fragwürdigkeit des Parteienstaates und der Parteiendemokratie gerade im Anschluß an 'Quadragesimo anno' sehr scharf hervorgehoben. Es ist wichtig, daran zu erinnern, weil daraus ersichtlich wird, daß die neue Form der Demokratie in Oesterreich nicht nur der augenblicklichen politischen Dynamik entsprungen ist, sondern einer sich längst vorbereitenden geistigen Entwicklung, die Dr. Dollfuß zur Entscheidung brachte."(169)

Kurzexkurs: Zur Wochenschrift "Der Christliche Ständestaat"

Es sei daran erinnert, daß der Titel der ab Nov. 1933 in Österreich erschienenen Zeitschrift "Der Christliche Ständestaat. Österreichische Wochenhefte" auf Wunsch von Bundeskanzler Dollfuß festgelegt wurde. Er ging auf eine Anregung Friedrich Funders, des Chefredakteurs der "Reichspost", zurück. Die beiden deutschen Emigranten Dietrich von Hildebrand und Klaus Dohrn fanden für ihr Zeitungsprojekt gegen den Nationalsozialismus auch deshalb bei Dollfuß Unterstützung, weil er ein Gegenblatt zu der eher gesamtdeutsch orientierten "Schöneren Zukunft" wünschte.

Der von Hildebrand als Chefredakteur durchgesetzte Dohrn erachtete aber interessanterweise "den Titel als reinen Unglücksfall, und tatsächlich stellte er eine beträchtliche Hypothek dar, zumal Ständestaatsideologie vornehmlich mit der Konzeption eines autoritären Ständestaates faschistischer Prägung des Wiener Sozialphilosophen Othmar Spann gleichgesetzt wurde. Mit dieser wollte der CS (= "Der Christliche Ständestaat. Österreichische Wochenhefte", Anm. v. Verf.) nicht in Verbindung gebracht werden und ließ es sich angelegen sein, schon in den ersten Heften den Gegensatz zu Spanns Ideologie deutlich werden zu lassen."(170) Trotz des Titels traf sich die Zeitschrift also hier mit Messners Linie. Nach einer von Ebneth zitierten Aussage von Bruno Kreisky löste der Titel auch in den Reihen der österreichischen Sozialisten Skepsis und Irreführung aus. "Als jedoch der wahre Charakter der Zeitschrift erkannt wurde, soll sie in sozialistischen Kreisen auf großes Interesse gestoßen sein, da unter den 'Modebegriff' des christlichen Ständestaates sowohl kompromißloser Antinazismus als auch demokratische Vorstellungen summiert werden konnten."(171)

4. Soziale Woche 1935: Internationale Konferenz über die berufständische Ordnung

Diese soziale Tagung (Wien) Ende Mai des Jahres 1935 hatte also die berufsständische Ordnung zum einzigen Gegenstand der Beratung. Damit wollte der Volksbund wiederum zeigen, daß er seine alte Erfahrung und seinen organisatorischen Apparat seit 1931 beinahe zur Gänze in den Dienst der Leitgedanken von QA stellte. Dem vorbereitenden Komitee für die Konferenz gehörte unter Führung des Wiener Kardinal-Erzbischofs Theodor Innitzer und des Salzburger Fürsterzbischofs Waitz neben Bürgermeister R. Schmitz u. a. natürlich Johannes Messner an.(172) Den Vorsitz bei der Konferenz selbst übernahm Staatsrat Chefred. Friedrich Funder. Ein apostolisches Segenstelegramm Kardinal Pacellis im Auftrag des Heiligen Vaters wurde ehrfürchtig entgegengenommen. Tatsächlich kamen Teilnehmer aus Belgien, aus der Tschechoslowakei, aus Frankreich, Italien (Prof. Vermeersch SJ, Rom), Jugoslawien, Liechtenstein, aus den Niederlanden, aus Polen, aus der Schweiz, aus Spanien und Ungarn.

4.1 Messners Verteidigung des österreichischen Weges gegenüber exemplarischer (ausländischer) Kritik

Wie Messner später erinnern sollte, waren sehr kritische Stimmen der Teilnehmer vertreten. Der polnische Berichterstatter beispielsweise meinte, daß die katholisch-soziale Bewegung und der Sozialrat die österreichische berufsständische Ordnung zwar mit Wohlwollen und Interesse, jedoch nicht ohne ein gewisses Mißtrauen studiert hätten. "Heute, wo allenthalben das Gespenst des totalen Staates droht, erscheint es außerordentlich gefährlich, von Staats wegen die berufständische Ordnung mit einem Schlage verwirklichen zu wollen."(173) Die Schweiz erwähnte durch ihren Vertreter nicht nur deutlich, daß ihre ständische Bewegung zwar einen Umbau der Gesellschaft, aber "nicht des Staates etwa im Sinne eines 'Ständestaates'"(174) anstrebe, sondern fiel durch ein Entschuldigungsschreiben des ferngebliebenen christlichsozialen Arbeiterbundes auf, welches Johannes Messner der Konferenz in einem seiner Referate zunächst zur Kenntnis brachte:

"Wenn uns die Teilnahme an dieser Beratung möglich gewesen wäre, so hätten wir es als Pflicht erachtet, gegenüber der österreichischen Lösung der berufständischen Ordnung die größten Bedenken zu äußern. Und dies vor allem deshalb, weil diese Lösung unter ausdrücklicher Berufung auf Quadragesimo anno in Erinnerung gerufen wird. Wir haben es tief bedauert, daß in einem katholischen Staat von einer katholischen Regierung die christlichen Gewerkschaften zertrümmert wurden (...) Wir kommen über die Bedenken umso weniger hinweg, als die neue 'berufständische Ordnung', wenigstens von der Ferne gesehen, die Züge der Diktatur und des totalen Staates trägt (...) Wie wir dieses System auffassen, denken wir zunächst und in erster Linie an die Ordnung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Der Ständestaat, wie er in Oesterreich nun vermittelst einer, vielleicht 'gemäßigten' Diktatur geschaffen werden soll, muß bei uns entschiedene Ablehnung finden (...) Damit wollen wir ... lediglich dem Gedanken Ausdruck verleihen, daß wir für uns die Freiheit beanspruchen, die berufständische Ordnung so zu fördern und zu schaffen, wie sie den Verhältnissen unseres Landes am besten entspricht"(175). Messner stellte diese Kritik als Beispiel für Kritiken ausländischer und österreichischer Katholiken vor. Darum ist seine Reaktion von besonderer Bedeutung.

Messner betonte zunächst, daß die Konferenz nicht den Zweck hätte, Österreich irgendwie als Lehrmeister vorzustellen. "Außerdem ist selbstverständlich und immer wieder betont worden, daß jedes Land seinen Weg selbst suchen muß, die berufständische Ordnung seinen besonderen Umständen entsprechend einzurichten (...) Jedes Land wird seine Form suchen müssen. Was aber die gemäßigte Diktatur angeht, so gestatten Sie mir auch dazu ein Wort. Als ich mehrere Tage vor der Verkündung der neuen Verfassung mit Dr. Dollfuß beisammen sein konnte, sagte er mit dem Nachdruck, der das Bekenntnis zu einem der tragenden Grundsätze seines ganzen staatsmännischen Denkens erkennen ließ: 'Das Zentralproblem jeder Staatspolitik ist, das rechte Verhältnis von Einheit und Freiheit zu schaffen', und dann fügte er hinzu, gleichsam die Folgerung ziehend: 'Darum können wir in Oesterreich einen Faschismus nicht brauchen.' Ich glaube klarer kann man die sozialphilosophischen, die entscheidenden Grundsätze unseres christlichen Denkens nicht formulieren. Das ist das Zentralproblem: Das rechte Verhältnis von Einheit und Freiheit."(176) Zu den christlichen Gewerkschaften zog er eine Parallele zur christlichsozialen Partei, die auch zerschlagen worden sei. "Entscheidend ist aber ... die Erreichung oder die Möglichkeit der Erreichung des Rechtszweckes. Wenn der Rechtszweck erreicht werden kann, dann sind alle Formen legitimiert vor dem Naturrecht. Das scheint mir aber bei der Einheitsgewerkschaft durchaus der Fall zu sein."(177)

Messner war letztlich im Problemkreis gefangen, daß er einerseits diese Schweizerische Position sachlich positiver darstellen hätte können, z. B. aufgrund seiner eigenen aufgezeigten Bedenken gegen den Begriff "Ständestaat", andererseits aber jegliche Vorwürfe gegen die österreichische Regierung zurückweisen mußte und wollte. Einer Rede Messners im Dez. 1935 zur berufsständischen Ordnung ordnet Alfred Klose sicher mit Recht den Titel "Ein Mahner für die Freiheitsordnung" zu. Johannes Messner führte aus, "daß der Staat Vorrang vor der Wirtschaft habe, daß er aber seine Aufgabe mit den Berufsständen teile und einiges von seiner Verantwortung an diese abgeben müsse." Auch im neuen Staat "bestehe eine Verpflichtung zur Freiheit."(178)

5. Die berufsständische Ordnung anhand des wissenschaftlichen Hauptwerkes Messners (1936)

5.1 Einordnung und Vorstellung

Das in der Zeit des "Ständestaates" erschienene wissenschaftliche Hauptwerk Messners zu unserer Thematik, nämlich "Die berufständische Ordnung", liefert wohl den wichtigsten Beitrag zu seinem Verständnis der berufsständischen Ordnung, auch in bezug auf ihr Verhältnis zur staatlichen Ordnung. Gemäß der Datierung des Vorwortes erreichen wir damit den Okt. 1936(179) als genauere Einordnung in die Beiträge Messners. Schon zuvor im Jänner und Okt. desselben Jahres publizierte Artikel(180) in seiner "Monatsschrift für Kultur und Politik" entsprachen weitgehend den Ausführungen und Ergebnissen des Buches. Darin wurde in sechs großen Kapiteln die berufsständische Ordnung u. a. ins Verhältnis zur staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung gesetzt. Messner verstand sein umfassendes Werk nicht als fertigen Bauplan oder vor allem auf ein äußeres Gerüst bezogen. Der Schwerpunkt liege vielmehr bei den Wirkgesetzen. Es handle sich um völliges Neuland für die Gesellschaftswissenschaft und -reform, es gebe kein Beispiel in der Geschichte.(181) Auch in der damaligen Praxis seien trotz vieler Bestrebungen nur erste Schritte erkennbar. Im Detail gebe es oft keine zwingenden Formen, vieles hänge von den geschichtlichen und gesellschaftlichen Umständen des einzelnen Landes ab.(182) Realistisch gesehen, gehe es nur um die Klarstellung der Ziele und das Abstecken der nächsten Wegstrecke dorthin. Das Grundziel der Gesellschaft nach dem ständischen Gedanken sei aber klar vorgezeichnet: "Die Wiederherstellung der wahren Ordnung im Verhältnis von Einzelmensch und Gemeinschaft, von kleineren Gemeinschaften und Gesamtgemeinschaft, von Gesellschaft und Staat. Aus der Masse soll wieder Volk werden, wohlgegliederte Gesellschaft, die von gefestigten Lebensordnungen getragene Gemeinschaft."(183) Messners Buch sollte offensichtlich auch der österreichischen "Staatsideologie" eine realistisch-kritische Hilfe bieten.(184)

5.2 Zu den sozial- und rechtsphilosophischen Grundlagen

5.2.1 Gesellschaft als gegliederte Einheit

Der ständische Gedanke setze eine bestimmte Auffassung von Wesen und Wert gesellschaftlichen Seins voraus. Die Gesellschaft sei eine reale Ordnungseinheit, die von Eigenzweck, -wert und -gesetz bestimmt sei. Dabei müsse "das In-und-für-sich-Sein des Einzelmenschen ... für jedes unvoreingenommene Denken feststehen."(185) Es sei eine klare Erfahrung, daß persönliche und gesellschaftliche Kultur sich gegenseitig bedingten. Die wissenschaftliche Begründung der ständischen Gliederung benötige nicht das Postulat der primären Realität für die gesellschaftliche Einheit gegen den Liberalismus. Neben der Ganzheitsbetrachtung sei die Zweckbetrachtung wesensnotwendig, um Gebilde als naturecht oder Mißwuchs beurteilen zu können. Diese Zweckbetrachtung sage, "ob das Formprinzip der gesellschaftlichen Ganzheit, das ihr innewohnende Prinzip ihrer Ordnung, mit den in den Dingen selbst angelegten Zwecken übereinstimmt."

Damit erst sei eine einwandfreie Begründung der Gliederung der gesellschaftlichen Einheit als ihre naturgemäße Artung gegeben: Die Gliederung habe ihren Grund in der Gliederung der Zwecke. "Nur so ist das wirkliche Eigensein und das unabdingbare Eigenrecht der gesellschaftlichen Gliedgemeinschaften zu erweisen, während ihr Sein, aber auch ihr Recht, als eines bloßen Teiles eines Ganzen immer fragwürdig erscheinen muß. In der Tat, das ist die Kernfrage der ständischen Ordnung: Das wesensmäßige Verhältnis der gesellschaftlichen Glieder, der Stände, zum gesellschaftlichen Ganzen, namentlich zum Staate."(186) Nur so sei auch die klare Unterscheidung von Staat und Gesellschaft in einem engeren Sinne möglich: "Staat ist die auf die Verwirklichung der Gemeinzwecke gerichtete Gemeinschaft des Staatsvolkes; Gesellschaft sind die auf die Eigenzwecke der übrigen innerstaatlichen und überstaatlichen Lebenskreise gerichteten Gemeinschaften."(187)

Für die Beurteilung der Haltung Messners zu einem totalitären Staat ist die von ihm aufgezeigte Tragweite dieser Unterscheidung zu beachten: "Der Staat ist nur zuständig, wo es sich um Gemeinzwecke handelt, im übrigen behalten die kleineren Gemeinschaften das in ihren Sonderzwecken begründete Eigensein und Eigenrecht, allerdings einbezogen und eingeordnet in die Ordnungseinheit der Gemeinzwecke. Diese scharfe Unterscheidung ... bietet aber auch allein die Handhabe, um nicht nur den Individualismus, sondern auch den Kollektivismus vollends, und zwar auch in ihren versteckten Gestalten zu überwinden. Denn damit sind ein für allemal die Grenzen für den Totalitätsanspruch sowohl des Staates wie der Gesellschaft gegenüber den Eigenrechten kleinerer Gemeinschaften grundsätzlich abgesteckt."(188)

5.2.2 Der Beruf - gesellschaftliches Gliederungsprinzip

Erst in der Gesellschaft als Einheit der durch die Erfüllung gemeinsamer Lebensaufgaben verbundenen Menschen könne das Reifen der menschlichen Persönlichkeit voll gelingen. Diese Ordnungseinheit schließe eine Verbundenheit menschlichen Wirkens und Leistens in sich. "Vermöge dieser Verbundenheit der Einzelnen bei der Verwirklichung der gesellschaftlichen Ziele ist die Gesellschaft ihrem Wesen nach Leistungsorganismus. In ihm kommt dem Einzelnen eine gliedhafte Stellung zu. Wie sein Sein, so ist sein Wirken in die Einheit dieses Organismus einbezogen und auf sie hingeordnet"(189). Die Teilnahme an der Erfüllung der gesellschaftlichen Aufgaben, die Hinordnung auf die wesenhaften Ziele der Gesellschaft und diese gliedhafte Stellung des Einzelmenschen in dem gesellschaftlichen Leistungsorganismus begründeten das Wesen des Berufes. Nicht nur die wirtschaftliche Leistungsverbundenheit begründe Beruf, sondern die gesellschaftliche Leistungsverbundenheit schlechthin. "Jede zur Erfüllung der Kulturaufgaben der Gesellschaft gehörende Leistung, sei sie mehr geistiger oder mehr wirtschaftlicher Art, begründet Beruf."(190)

Beruf sei seinem Wesen nach also gesellschaftliches Amt, schließe aber nicht die Beziehung zum Eigenbereich der einzelmenschlichen Persönlichkeit aus, weil es "die freie und willige Hingabe an eine überkommene Aufgabe und die innere Bereitschaft zum aufgetragenen Dienste ist, durch welche die Berufsarbeit für die Gemeinschaft, aber auch für den Einzelnen erst vollen Wert bekommt. Beruf ist also auch Erfüllung einzelmenschlicher Lebensaufgabe, sittliche Aufgabe des Einzelmenschen gegenüber der Gemeinschaft. Darin hat der Berufsgedanke seinen innersten Wurzelgrund, zugleich aber auch die Berufsgemeinschaft ihr stärkstes Band. Denn neben der Leistung bindet auch das Bewußtsein der Verpflichtung gegenüber dem Schöpfer, aus dessen Hand Mensch und Gesellschaft hervorgegangen sind, der Beruf wird 'Berufung'. Ohne diese Sinngebung des Berufes wird ständische Ordnung ihrer innersten Kraft entbehren."(191) Die Erfüllung der wirtschaftlichen Lebensaufgabe sei im Berufsgedanken eingeschlossen. Die erst ab dem Frühmittelalter wirksam gewordene Berufsidee weise letztlich auf die Gliederung der Gesellschaften nach Gemeinschaften der durch die berufliche Leistung geeinten, sozial gleichberechtigten Einzelnen. Diese lange Entwicklung gelte es mit der berufsständischen Ordnung zu vollenden, nämlich allen Schichten die vollen gesellschaftlichen Rechte und die ganze Geltung der menschliche würde zu sichern.(192) Auf der Gemeinsamkeit des Berufes als zugleich gesellschaftliche Leistungsaufgabe und einzelmenschliche Lebensaufgabe beruhende Gemeinschaften seien dann die naturgemäßen Gliedgemeinschaften im Leistungsorganismus der Gesellschaft.

5.2.3 Der Berufsstand

a) Der Begriff "Berufsstand" war nach Messner(193)

(1.) eine gesellschaftliche Kategorie, nicht eine staatliche, politische oder gar parteipolitische, was Folgen für das Verhältnis ständischer und staatlicher Ordnung habe.

(2.) Er sei auf der in ihrer Art nicht einengbaren Leistung im Leistungsorganismus der Gesamtgesellschaft aufgebaut.

(3.) Es komme dazu die gliedhafte Einordnung des Leistungsstandes in das organische Ganze der gesellschaftlichen Leistungsverbundenheit.

Die Leistungen des Organismus gliederten sich auf nach den Einzelzielen, aus denen das Gesamtziel der gesellschaftlichen Leistungsverbundenheit bestehe. Daraus ergäben sich die beruflichen Lebensbereiche, die sich wiederum nach den für die Teilziele nötigen besonderen Leistungen(194) gliederten. Der Begriff des Standes komme zufolge seiner gesellschaftlichen Ordnungsfunktion nur der beruflichen Leistungsgemeinschaft wie z. B. den Ärzten und dem Bekleidungsgewerbe zu. Alle, die zur Vollbringung einer dieser für die gesellschaftliche Einheit notwendigen Leistungen zusammenwirkten, bildeten eine gesellschaftliche Gliedgemeinschaft, nämlich den Stand als gliedliche Leistungsgemeinschaft oder Berufsgemeinschaft. "Weil der Stand gliedliche Leistungsgemeinschaft ist, deshalb ist er seinem Wesen nach Berufstand."(195)

Unvereinbar mit dieser Begriffsklarheit sei die Bezeichnung "Gesamtstand" z. B. für die Wirtschaft durch den Spannschen Universalismus.(196) Das Ergebnis widerspreche also sowohl der universalistischen Einengung des berufsständischen Gedankens auf das Wirtschaftsleben und der tiefgehenden Unterscheidung von ständischer und berufsständischer Ordnung als auch den italienischen Autoren und Mihail Manoilescu, welche den Berufsgedanken überhaupt als ständisches Prinzip ablehnten und in der Korporation eine Einheit von vielen "Berufsarten" sehen wollten.(197) "Der Beruf ist, neben der Nachbarschaft, auf der die territoriale Gliederung eines Staatsvolkes in Gemeinden, Kreise, Länder, beruht, das wichtigste Gliederungsprinzip der Gesamtgesellschaft; die sich nach diesem Prinzipe ausgliedernden Gemeinschaften sind die Berufstände, alle Stände sind somit Berufstände. Berufständische Ordnung ist demnach nicht nur auf die Wirtschaft beschränkt, sondern umfaßt die Gesamtgesellschaft."(198)

Gesellschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse seien völlig unvereinbar mit dem berufsständischen Gedanken, daher auch alle Hoffnungen, die berufsständische Neuordnung als Mittel zur Begründung und Festigung sozialer Machtstellungen benutzen zu können. Der Berufsstand beruhe auf der Zuordnung gesellschaftlicher Leistungen, nicht jedoch wie der Herrschaftsstand auf Vorrechten kraft politischer Aufgaben. Ebenso sei die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgemeinschaft nicht geburtsständisch zu denken, sondern jeder Berufsstand habe "als solcher 'offen'"(199) zu sein. Vielmehr sei es die einzigartige Kulturaufgabe, gesellschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse ein für allemal zu überwinden, den Grundsatz der gleichen menschlichen würde sowie des persönlichen und gesellschaftlichen Wertes jeglicher Arbeit zu verwirklichen.(200)

b) Die doppelte Verantwortung des Standes

Der beruflichen Leistungsgemeinschaft komme sowohl eine Verantwortung nach der Seite der Gesamtgesellschaft als auch nach der Seite seiner Glieder zu. Der Stand müsse in allererster Linie seine Aufgabe gegenüber der Gesamtgesellschaft, gegenüber dem Gemeinwohl(201) sehen. Die objektiv mit der Funktion der beruflichen Leistungsgemeinschaft gegebene Gesamtverantwortung begründe die Stellung, die Verpflichtung, das Recht des Standes und das wahre innere Leben der ständischen Ordnung mit.(202) Ebenso wesensmäßig sei dem Stand, sein eigenes besonderes Gemeinwohl, welches das Einzelwohl gliedhaft in sich schließe, als zweite Art gesellschaftlicher Verantwortung zu verwirklichen.

Auch die Standesehre habe als das höchste Gut des ständischen Gemeinwohles ihre doppelte Seite: einmal die Wertschätzung des Standes als Ganzes, zum anderen die Ehre, welche die Zugehörigkeit zu einem Stande seinen Gliedern verleihe. Wesentlich sei, daß die gesellschaftliche Leistung an sich Ehre verleihe. An der Standesehre hatten für Messner und fast alle ständischen Denker der Arbeiter, Unternehmer, Bibliothekar oder Universitätsprofessor ohne Unterschied(203) teil. Eine Schichtung betreffe die Stände nur durch Einordnung der Einzelleistungen nach der Ordnung der Werte.

c) Klasse ist nicht Stand

Die Klassenschichtung gehe quer durch die gliedlichen Leistungseinheiten hindurch, während die ständische Ordnung die gegensätzlichen Interessen unter das Ziel der Gemeinschaftsordnung stelle. Die Gliedhaftigkeit des Standes scheide ihn begrifflich von der Klasse. Der festen gliedhaften Verbundenheit und rechten Einordnung des Standes in die Leistungsgemeinschaft stehe das Streben der Klasse gegenüber, eine ihren Forderungen entsprechende neue Gesellschaftsgestaltung zu verwirklichen.

Die Klassengesellschaft sei ihrem ganzen Wesen nach in Unruhe, Bewegung und Umbildung. "Die Austragung von Interessengegensätzen bleibt in der ständischen Gesellschaft immer eine Frage des Wirksamwerdens der bestehenden Ordnung, die sich an der friedlichen Ausgleichung dieser Gegensätze zu bewähren hat."(204) Nicht die Gemeinsamkeit der Leistung sei also das einigende Band der Klasse, sondern die Gemeinsamkeit des Willens zur Durchsetzung von gleichgerichteten Interessen durch gesellschaftliche Neuformung.

d) Die Gliedstellung des Standes und seine Ordnungsfunktion

Durch die zwischen dem einzelnen und der Gesamtgesellschaft bestehenden gestuften Gliedgemeinschaften sollten zugleich die Gemeinwohlordnung und die Freiheitsordnung der Gesellschaft verbürgt werden.(205) Der Einzelmensch sei somit nicht der Gesamtgesellschaft und ihrem Gemeinwohl unmittelbar gegenübergestellt. Im Stande erst sehe er sich unmittelbar in eine Gemeinschaft gestellt, deren Wirklichkeit er erlebe. Der Stand verbärge die Unterordnung unter das ständische Gemeinwohl und wirke zugleich dahin, daß die Gemeinwohlordnung das Wohl seiner Glieder bedeute.

Gliedhafte Einordnung bedeute nicht ein Aufgehen im Ganzen, sondern in Freiheit und eigener Kraft Aufgaben für das gesellschaftliche Ganze zu erfüllen. "Es wäre völlig verfehlt, den Blick nur nach oben hin auf die Gemeinwohlordnung zu richten. Denn die Freiheitsordnung der Gesellschaft ist ebenso wesenhafter Teil der gesellschaftlichen Ordnung wie jene (...) Alle einseitig vom Ganzen her zwangsmäßig geordnete Gesellschaft ist genau so 'mechanistisch', wie man es mit Recht der individualistischen Gesellschaft vorgeworfen hat. Ständische Gliederung beruht darauf, daß die gliedlichen Gemeinschaften zugleich die besten Anwälte ihrer Freiheitsrechte sind und daß auch auf allen Stufen der Gliederung die Freiheitsrechte des Einzelmenschen ... ihren sicheren Schutz durch die Gemeinschaft selbst finden." Somit sei die berufsständische Ordnung nicht nur ein System von Bindungen; "es ist vielmehr ihre Aufgabe, das rechte Verhältnis von Freiheit und Bindung durch Einrichtungen herzustellen ..., die Gemeinwohl und Freiheit und zugleich ihre Hinordnung aufeinander sichern."(206)

Kurzexkurs: "Berufsständische Ordnung ohne Berufsstände?"

Johannes Messners "Monatsschrift" nahm im Juli 1937 zu dieser Frage sicher im Sinne ihres Herausgebers Stellung. Gemäß QA könne kein Zweifel bestehen, daß "die körperschaftliche Einheit der beruflichen Leistungsgemeinschaft das Primäre und die Unterteilung nach der Interessenlage in die Interessenvertretungen das Sekundäre ist. Selbstverständlich ist nach dem Gedanken der Quadragesimo anno ganz und gar darauf zu achten, daß im Aufbau der Berufstände 'der Schutz gegen Vergewaltigung' der einen wie der anderen Seite unbedingt sichergestellt werde. Die berufständischen Ausschüsse sind Organe des Berufstandes, wie jede Gemeinschaft der Organe für ihr Handeln bedarf; diese Organe sind aber nicht die Gemeinschaft, die berufständischen Ausschüsse nicht der Berufstand."(207)

e) Die ständische Gesellschaft: verhältnismäßig beständiger und gefestigter

Die individualistische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts sei gekennzeichnet durch eine immer tiefer greifende Dynamik, die schließlich den Bestand der Gesellschaft selbst bedroht hätte; "sie ging aus vom regellosen Wettbewerb, vom Klassenkampf, vom politischen Parteienkampf."

Ohne die bewegenden Kräfte der schöpferischen Freiheit des Einzelmenschen, derer keine Gesellschaft entbehren könne, bis zur Erstarrung auszuschalten, sei die ständische Gesellschaft durch eine durchgehende innere Statik ausgezeichnet. Der wahre Ständegedanke mache den alten wesenhaften Zusammenhang zwischen Ordnung und Frieden sichtbar: Die Ordnungsfunktion des Standes bewirke diese besondere Festigkeit und den Frieden, auch weil "die Teilnahme aller sozialen Gruppen am Gemeinwohle"(208) gegeben sei. Die gesicherte Geltung des Gemeinwohlgesetzes auf allen Stufen der Gemeinschaftsordnung schließe von vornherein eine übermäßige Bewegtheit aus. Die gesicherte Teilnahme des Einzelnen am Gemeinwohl, und zwar kulturell, wirtschaftlich und sozial, begründe für ihn ein festes Stehen in der ständischen Gesellschaft.

5.2.4 "Sozialrecht": Die Eigenständigkeit und das Selbstverwaltungsrecht des Standes (Autonomie)

a) Grundsätzliches

Aus der Eigenverantwortung der Glieder "ergibt sich unmittelbar, daß diese ihre gliedhafte Aufgabe gegenüber dem Ganzen in Selbstbestimmung zu leisten haben. Mit der Verantwortung der gliedlichen Leistungsgemeinschaften ist den Ständen auch ihr Eigenrecht gegeben. Gliedhaftigkeit in der Gesellschaft bedeutet somit zugleich Eigenständigkeit."(209) für Messner gehörte dieser Sachverhalt der Eigenständigkeit zum innersten Wesen der berufsständischen Ordnung. Die Berufsstände seien als Glieder des Gesellschaftskörpers selbst wieder gesellschaftliche Körper, weil sie durch eigenes gesellschaftliches Sein und eigenes Recht ausgezeichnet seien.(210)

Als Vertreter einer organischen Gesellschaftslehre setzte sich Messner hier klar von der faschistischen Theorie des Korporativismus ab, welche eigenberechtigte gesellschaftliche Zwischenglieder zwischen dem Einzelnen und dem Staat völlig ablehne. Die korporativen Verbände würden nur als Organe des Staates aufgefaßt.(211)

Das Recht entspringe der gesellschaftlichen Ganzheit, soweit diese aufgrund der Zweckordnung Ordnungseinheit sei, und es sei deshalb ganz und gar gesellschaftlicher Natur. Wo persönliche oder gesellschaftliche Lebensaufgaben vorhanden seien, da beständen auch Rechte, welche die Möglichkeit der Erfüllung derselben gewährleisteten.(212) Darauf beruhe auch das Gesetz der Einheit des Rechts: Diese Zwecke könnten nicht in Widerspruch zueinander stehen, in der Gesellschaft könne es keine gegensätzlichen Rechte ursprünglicher Art geben, aber die Rechtsbildung sei in der ständischen Gesellschaft entgegen der faschistischen Doktrin(213) naturgemäß auf mehrere gesellschaftliche Lebensbereiche verteilt und nicht nur dem Staat vorbehalten.

Genauso wichtig sei das Gesetz der Stufung des Rechtes, das den Ort der Einordnung der Selbstbestimmungsrechte bestimme nach dem Range der Zwecke. Es sei ein "Grundgesetz gesellschaftlicher Ordnung, daß die größeren Gemeinschaften gegenüber den kleineren und gegenüber dem Einzelmenschen nur Hilfsstellung haben."(214) für diesen "obersten sozialphilosophischen Grundsatz" der Sozialenzyklika QA (79)(215), das Subsidiaritätsprinzip, sei weder in der individualistischen noch in der kollektivistischen Gesellschaftsauffassung Platz. Das einer staatlichen Anerkennung nicht bedürftige Selbstverwaltungsrecht sei sodann natürlich eingegrenzt durch die Rechte der übergeordneten, nebengeordneten und der untergeordneten Gemeinschaften sowie durch die Rechte der Einzelmenschen.

Das Ausmaß der tatsächlichen Autonomie der Stände hänge vor allem "von der sittlichen Kraft und der politischen Reife eines Volkes"(216) ab. Da der Staat durch seine Gesetzgebung die Naturrechtsgesetze gemäß den gesellschaftlichen und kulturellen Umständen näher zu bestimmen und mit der Kraft seiner Rechtsordnung auszustatten habe, bedürfe auch das ständische Selbstverwaltungsrecht dieser Festlegung, Umschreibung und Abgrenzung. Je weiter diese Selbstverwaltung in der rechten Ordnung durchgebildet sei, desto eher werde Sinn und Ziel der berufsständischen Gesellschaftsreform erreicht, nämlich die naturgemäße Ordnung der Gesellschaft als Volksordnung. Wenn jedoch nur das Recht der Einheit und nicht auch der Glieder gesehen und geachtet werde, könne aus Ordnung leicht eine bloße Organisation werden - eines der gefährlichsten Mißverständnisse des berufsständischen Gedankens.(217)

Wo Gliedgemeinschaften der Gesellschaft beständen, ob das einigende Band Blut, Nachbarschaft oder Beruf sei, da trägen sie genauso wie die staatliche Gemeinschaft auch den Rechtsgrund ihrer inneren Ordnung in sich selbst. Der Rechtspositivismus habe über dem Rechte als staatlich sanktionierte Satzung vergessen, "daß das Recht seinen Ursprung in der naturgegebenen Ordnung der Gesellschaft hat und daß alles Recht auf naturgegebene Lebenszwecke hingeordnet ist."(218) Die besondere Art des Rechtes der naturgegebenen menschlichen Verbände zwischen dem öffentlichen Recht des Staates und dem staatlichen Privatrecht ließ es für Messner geboten erscheinen, mit Otto v. Gierke und der französischen Literatur von "Sozialrecht"(219) zu reden.

b) Aufgaben der ständischen Selbstverwaltung

Auch das Selbstverwaltungsrecht der Stände habe seine Stufenordnung. So stünden z. B. den höheren Verbänden Befugnisse der Leitung und Überwachung gegenüber niedrigeren Verbänden zu. "Im ganzen dabei möglichst klare und einfache Beziehungen zwischen ständischer Gesamtsatzung und Verbandsatzung, zwischen Rechtsatzung und Vollzug zu finden, gehört zu den schwierigsten ... Aufgaben der ständischen Selbstverwaltung"(220). Inhaltlich seien die Rechtsbefugnisse der ständischen öffentlich-rechtlichen Verbandspersönlichkeiten aus ihren Selbstverwaltungsaufgaben abzuleiten und gruppenmäßig einteilbar(221):

(1.) Die Aufstellung einer allgemeinen Standessatzung im Sinne der Gesamtverantwortung und -ehre. Im wirtschaftlichen Bereich werde sie aufgrund des Wettbewerbs umfangreicher sein.

(2.) Das berufsständische Bildungswesen: Nachwuchserziehung und Fortbildung.

(3.) Die ständische Sozialpolitik mit dem Ziel der Verwirklichung des ständischen Gemeinwohles (z. T. Sozialversicherung).(222)

(4.) An richterlichen Befugnissen komme den Ständen soviel zu, als die Einhaltung ihrer autonomen Standesordnung erfordere. Hier sei auch an eine schiedsrichterliche Wirksamkeit zu denken.

(5.) Eine besondere polizeiliche Gewalt insofern, "als sie in eigener Zuständigkeit die geringeren Störungen ihrer inneren Ordnung und des darauf beruhenden Friedens rasch wieder gutzumachen in der Lage sein müssen."(223)

(6.) Ein Umlagerecht: Der Stand benötige Organe und Ämter, nicht jedoch eine parasitäre Verbandsbürokratie.(224)

Im übertragenen Wirkungskreis könnte den Ständen als (7.) Aufgabe die Mitwirkung an der Veranlagung und Einhebung der Steuern zukommen, wie allgemein anerkannt sei. Ob jedoch der Staat sich von den Berufsständen Arbeit abnehmen lasse, sei - wie so oft - eine Frage der Zweckmäßigkeit.(225)

Die anderen genannten Befugnisse kämen den Ständen im eigenen Wirkungskreis zu, aber - so betonte Messner ausdrücklich(226) - nur allmählich, so wie sie in ihre Aufgabe hineinwachsen würden.

5.3 Bau- und Funktionsgesetze der berufsständischen Ordnung

5.3.1 Grundvoraussetzung: Der Berufsstand ist also Körperschaft öffentlichen Rechtes

Da der Berufsstand eine in der Natur der Gesellschaft begründete Leistungsgemeinschaft mit gesondertem Gemeinwohlzweck sei, treffe ihn der von Messner definierte Begriff der "Körperschaft öffentlichen Rechtes":

"1. Die Körperschaft öffentlichen Rechtes besitzt eine durch einen Gemeinschaftszweck bedingte Ordnungsgewalt.

2. Ordnung und Ordnungsgewalt beruhen auf eigenem Rechte der Verbandsperson.

3. Ihre Ordnung ist für alle ihre Glieder verbindlich."(227)

Die Ordnungsgewalt dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaften erstrecke sich naturgemäß nur auf die berufseigenen Angelegenheiten.(228) Zum Unterschied von ihnen bestehe privates Recht, anzuordnen, dort, wo Leistungen auf Grund besonderer vertraglicher Vereinbarung zu erbringen seien.(229) Öffentliches Recht sei Rechtsbefugnis um des Gemeinwohles willen, privates um des Einzelwohles willen. Das Bild der Rechtsordnung der berufsständischen Gesellschaft sei eine Vielheit von Gemeinschaften, die zu eigenem Rechte ihre Gemeinwohlordnung wahrnehmen. Ganz anders als in der individualistischen oder der kollektivistischen Gesellschaft, für die nur der Einzelne oder der Staat ursprünglicher Rechtsträger sei.(230) Das Gemeinschaftsrecht sei zwar öffentliches Recht, aber doch der Ordnungsgewalt des Staates unterstellt. In erster Linie habe diese einzugreifen, wenn die Verwirklichung der staatlichen Gemeinzwecke gegenüber Eigenmächtigkeiten der kleineren Gemeinschaften zu sichern sei.(231)

5.3.2 Organisationsgesetze der ständischen Gesellschaft

Diese ergäben sich zum Teil unmittelbar aus der gesellschaftlichen Leistung, der Körperschaftlichkeit und der öffentlich-rechtlichen Stellung des Standes:

(1.) Die berufsständische Ordnung müsse das ganze Staatsvolk erfassen, weil die Gesellschaft nur als Ganzes der Leistungsorganismus sei und erst dadurch "alle Einzelnen in den lebendigen Boden ursprünglicher Gemeinschaft rückverwurzelt sind und der Staat sich wieder auf eine festgefügte Gemeinschaftsordnung stützen kann."(232)

(2.) Die ständische Körperschaft der gleichen Leistungsgruppe könne nur eine einzige sein. Dies folge aus der Ordnungsfunktion des Standes. Sollte beim Aufbau ständischer Organisationen die Initiative der Berufsgenossen leitend sein - was für Messner durchaus möglich erschien - dann müßten zeitweilige Parallelorganisationen bei der weiteren Entwicklung vereinheitlicht werden.

(3.) Allgemeinverbindlichkeit der ständischen Satzungen und Maßnahmen: Dies folge ebenfalls aus der Ordnungsfunktion. Mindestens müsse dies die "Alleinbefugnis der ständischen Korporation zur gesetzlichen Vertretung der Mitglieder und das Recht der Beitragseinhebung von allen Standesmitgliedern" bedeuten. Ein Zwangsbeitritt in die Verbandskörperschaft selbst sei für den öffentlich-rechtlichen Charakter und die Ordnungsfunktion nicht notwendig.(233)

(4.) Die Beteiligung an der Leistungsgemeinschaft des Standes soll jedem Gesellschaftsglied grundsätzlich offenstehen. Neben ganz Vorübergehenden zulässigen wirklichen Ausnahmen aufgrund eines wahren Gemeinwohlerfordernisses sei dieser Grundsatz streng zu beachten, weil die Gesellschaft kein Glied ausstoßen dürfe und jeder Mensch das Recht habe, sich durch Beteiligung an der Leistungsgemeinschaft den Lebensunterhalt zu sichern. Folge einer Stände-Sperrung wäre schließlich ein Stillstand des Kulturfortschrittes.(234)

(5.) Daher könne der Einzelne grundsätzlich auch mehreren Ständen angehören, schon allein zur Fruchtbarmachung besonders vielseitiger Begabungen.(235) Entscheidend sei dabei die Leistung in mehreren Berufszweigen.

5.3.3 Die Arten der Berufsstände und ihrer Unterverbände

a) Grundsätze für die Einteilung

Die zahlreichen "allgemein verbindlichen" Aufreihungen hätten bewiesen, daß es keine eindeutig zwingende Ausgliederungsform aufgrund abstrakt-philosophischer Erwägungen gebe; das allermeiste hänge von den geschichtlichen und gesellschaftlichen Umständen des jeweiligen Landes ab.(236)

Schon bei der "groben" Gliederung der Gesellschaft nach Plato(237) herrsche keine einheitliche Meinung. Staat und Kirche jedenfalls schieden bei Messner folgerichtig als "Berufstände" aus, weil sie nicht nur Gliedgemeinschaften mit Teilzwecken innerhalb der Gesamtgesellschaft seien. "Um zu einer funktionsgerechten Einteilung der ständischen Leistungsgemeinschaften zu kommen, muß man sich an die lebendige Wirklichkeit halten."(238)

"Die körperschaftliche Organisation selbst wird sich vielmehr nach den Arten der Wertverwirklichung richten, die jeweils durch die Einzelziele und die besonderen Mittel bestimmt sind." Folgende Regeln stellte Messner für die Einteilung (der Berufsstände) auf(239):

(1.) Entscheidend für die Gliederung in Leistungsgemeinschaften sei der Lebens- und Kulturbedarf der Gesellschaft, der ja das Ziel des Zusammenwirkens aller ihrer Glieder im gesellschaftlichen Leistungsorganismus sei. Der Bedarf müsse also die herrschende Stellung in der Wirtschaft erhalten. Bei einem kulturell fortgeschrittenen Volk mit weitgehender Arbeitsteilung auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet sei überdies die Zahl der Berufsstände nicht auf eine kleine fixe Zahl eingrenzbar.(240)

(2.) Die Untergliederung des Gesamtstandes habe nach den Teilleistungen zu geschehen, die von der Erstellung des Bedarfsgutes bis zu dessen Übermittlung an den Konsumenten notwendig seien.(241)

(3.) Erst dann dürfe für die Untergliederung auch die betriebliche Organisation der Erzeugung mitbestimmend sein, was besonders die Wirtschaft betreffe.(242)

(4.) Es habe Klarheit über die Vorläufigkeit des Aufbaues zu bestehen. Besonders bei staatlicher Initiative für die berufsständische Organisierung müsse sich erst erweisen, inwieweit diese Organisationen funktionsgerecht seien.(243)

(5.) "Da die Ordnungsfunktion das Entscheidende ist, so müssen überhaupt die Organisationsformen als das Sekundäre und Abhängige anpassungsfähig und schmiegsam gehalten werden."(244) Dies gelte nicht nur für die Aufbauzeit: Organisierung habe sehr leicht eine Bürokratisierung im Gefolge und schließlich eine Verfestigung des Organisatorischen, was soziologisch aufgewiesen sei. Dies hindere nicht die Untergliederung, aber: "Die Überorganisation ist eine der größten Gefahren für die berufständische Ordnung, vor der nicht genug gewarnt werden kann."(245) Messner betonte außerdem: Bloß äußere ständische Einrichtungen könnten eine Gesundung der Gesellschaft nicht erwarten lassen.(246)

b) Konkrete Vorschläge

Die nach seinen Grundsätzen erörterten Vorschläge wollte Messner aufgrund seiner realistisch-historischen Sicht nur als "mehr allgemeine Gesichtspunkte" verstanden wissen. Trotzdem sollen sie nicht unerwähnt bleiben:(247)

* Wehrstand: Der Gliederung der Exekutive in Heer, Polizei und Gendarmerie würden gesonderte ständische Körperschaften entsprechen. Eine Besonderheit liege in seiner Leistung allein über Auftrag und Weisung der staatlichen Autorität.(248)

* Öffentliches Beamtentum: Trotz des eingeschränkten Selbstverwaltungsbereiches liege auch hier ein Berufsstand vor, denn "nicht die Gemeinschaft von Unternehmern und Angestellten macht den Stand, sondern dieser wurzelt in der Verbundenheit auf Grund der gemeinsamen Leistung."(249)

* Richterschaft: Aufgrund ihrer besonders gearteten Aufgabe und damit verbunden ihrer Unabhängigkeit sei sie nicht in den allgemeinen Berufsstand des Staatsbeamtentums einzugliedern.

* Staatsanwaltschaft(250)

* Rechtsanwälte, Notare: In den meisten Staaten seien sie bereits in ständischen Körperschaften organisiert (eigene Kammern).

* Erziehungswesen: Zu unterscheiden sei zwischen der allgemeinen Erziehung und der beruflichen Erziehung im engeren Sinne.(251) Sonderorganisationen würden gebildet: Volksschulen, Mittelschulen, Volkshochschulen usw.

* Gesundheitswesen: Die berufsständische Körperschaft der Ärzte, die bereits auf eine Geschichte zurückblicken dürfe, müsse auch die im Dienste des Staates und der verschiedenen Krankenkassen stehenden Ärzte einschließen. In enger Zusammenarbeit mit den ständischen Körperschaften der Ärzte sollten die ständischen Organisationen der Krankenhäuser, Heilanstalten, Apotheken, Drogerien und der Heilmittelerzeugung stehen.

* Wissenschaften: Auch hier liege mit den Fakultäten ein wertvoller Kern ständischer Organisation vor.(252) Neue Fragen seien durch freie Forscher und wissenschaftliche Schriftsteller gegeben.

* Schöne Künste: Bisher gebe es nur geringe Ansätze, weil die Individualität der schöpferischen Persönlichkeit in hohem Maße eigne. Eher schwierig werde eine zweckmäßige Form zu finden sein, die einer gemeinsamen Verantwortung für die Gesamtheit und dem Wohle der einzelnen Gruppen gerecht werde. Weitgehende Unterorganisation dürfte der einzige Ausweg sein.(253) Eine ständische Körperschaft brauche sicher entsprechende Verbindungen zu den Körperschaften der Verleger, der Presse, des Theaters und des Rundfunks.

* Die freien Berufe seien jedenfalls nicht als einheitlicher Stand aufzufassen, "weil die Gemeinsamkeit und Gleichartigkeit der Leistung fehlt."(254) Weitere freie Berufe: Journalisten, Volkswirte. Architekten, Bücherrevisoren, Industriekonsulenten, Patentingenieure, Landvermesser.

* Presse und Schrifttum: Diese gehörten keinem der bisher genannten Bereiche unmittelbar zu. Wiederum sei es Zweckmäßigkeitsfrage, wie die höchstes Verantwortungsbewußtsein erfordernden Presse-Tätigkeiten Schriftleiter, Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, Korrespondenz- und Nachrichtenbäros sowie die Schrifttum-Tätigkeiten Schriftsteller, Verleger, Buchhändler, Volks- oder Leihbüchereiinhaber für sich und ihre Zusammenarbeit organisiert würden.(255)

* Theater: Dieser Bereich sei so wie die beiden nachfolgenden aufgrund seiner Gesamtverantwortung in einer eigenen Körperschaft zu organisieren. Einzubeziehen seien (staatliche und private) Theaterunternehmer, Theaterdirektoren, Schauspieler, Sänger, Tänzer, technisches Personal usw. Naturgemäß bildeten sich Untergruppen (literarische Bühne, Opern- und Operettentheater, Unterhaltungstheater, Kleinkunstbühne).

* Lichtspielwesen(256)

* Rundfunk(257)

Die Bereiche Presse bis Rundfunk höben sich von den rein kulturellen Bereichen dadurch ab, daß sie zugleich wirtschaftliche Unternehmungen seien. Gerade diese Verbindung erfordere eine körperschaftliche Bindung der Verantwortung dieser Leistungsträger gegenüber der Gesamtheit.

Der Bereich Wirtschaft als Ganzes sei so wenig wie jener der "Freien Berufe" ein Berufsstand. Beide Bereiche seien nur eine zusammenfassende Bezeichnung für eine Reihe von Ständen, denen ein vom berufsständischen Gedanken her gesehen äußerliches Merkmal gemeinsam sei, nämlich beispielsweise die Notwendigkeit besonderer Fähigkeiten oder besonderer Schulung bei verhältnismäßig freierer Gestaltung des Arbeitsbetriebes. Es sei also nicht falsch, Berufsstände mit gemeinsamen Interessen gruppenweise zusammenzufassen als sog. "berufständische Hauptgruppen", um sie nicht mit den eigentlichen Ständen zu verwechseln. Messner bezog sich hier (in seinem Werk zum dritten Mal) auf den österreichischen Weg und war mit der gewählten Terminologie sehr zufrieden: "Mit Recht nennt die österreichische Gesetzgebung solche Zusammenfassungen ... 'berufständische Hauptgruppen'"(258) "und bezeichnet als solche: Land- und Forstwirtschaft; Industrie und Bergbau; Gewerbe; Handel und Verkehr; Geld-, Kredit- und Versicherungswesen; dazu kommen als außerwirtschaftliche 'Hauptgruppen' die freien Berufe und der öffentliche Dienst."(259)

* Wirtschaft mit den "Hauptgruppen": Durch ihre gegebene Leistungsaufgliederung sowie durch die Art ihrer Verbandsbildungen sei der Weg für den Aufbau eindeutig gewiesen. Es bildeten sich im 19. Jahrhundert zwar überwiegend aus Eigeninteressen "präkorporative" Gebilde, die jedoch als Gruppen und Verbände auch wirklich Ordnungsaufgaben unter dem Gesichtspunkt des Allgemeinwohles erfüllt hätten. Der Blick Messners ging hier auf die Gewerbe-, Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammern, die alle gebietsweise gegliedert und auf fachliche Gliedorganisationen aufgebaut seien. "Durch die genannten Kammern wurden außerdem vielfach zwischen den in ihnen vereinigten Wirtschaftsgruppen Interessenausgleiche zustande gebracht, welche dem Staate die wirtschaftspolitischen Aufgaben in hohem Maße erleichterten. Die Stände und der Staat selbst werden auch weiterhin solcher Organe der Zusammenarbeit nicht entbehren können."(260) Als Beispiele für wirkliche Berufsstände nannte Messner bei der "berufständischen Hauptgruppe" Industrie Textilindustrie, Elektroindustrie, Maschinenbauindustrie usw.

Eine Gesamtordnung der Volkswirtschaft sei aber unmöglich zu erreichen, wollte man allen selbständigen Unterverbänden ein unbeschränktes Selbstverwaltungsrecht zubilligen. Gewiß könnten sie Regelungen der ausschließlich nur sie berührenden Fragen vornehmen, aber nur im Einverständnis mit dem Gesamtstande und seiner Kontrolle. Der Berufsstand sei der eigentliche Träger der berufsständischen Selbstverwaltung.(261) darüberhinaus sei klar, daß die Selbstverwaltung der Berufsstände unter Kontrolle des Staates stehe.

5.3.4 Die Organisation und das Handeln der berufsständischen Körperschaften und Verbände (Parität, Gemeinschaftsvorrang und Ehrenamtlichkeit)

Als Voraussetzung für das Handeln als Verbandspersönlichkeit sei die Organisation die Regelung der Zugehörigkeit und der Unterstellung der Glieder unter die Ordnungsgewalt der berufsständischen Körperschaft. Wichtige Grundsätze für die Bestellung der Organe bezüglich der Willensbildung bzw. der Vollziehung dieses Willens seien:(262)

(1.) Weder die Bildung noch das Wirken dieser Organe könne auf dem einfachen Mehrheitsprinzip beruhen, weil sonst eher die Interessen der überzähligen Gruppe im Vordergrund stünden.(263) Es komme nicht auf die Zahl derer an, die beim Zustandekommen der Leistungen zusammenwirkten, sondern auf die Leistung und Teilleistung.

(2.) "Alle Gruppen, die durch Interessengemeinsamkeit in der berufständischen Gemeinschaft sich verbunden wissen, müssen an der Regelung der gesamten Fragen, die das berufständische oder das allgemeine Wohl betreffen, auch nach dieser Interessenlagerung an der ständischen Willensbildung ihren Anteil haben."(264) Realistisch trug Messner der Tatsache Rechnung, daß mit der arbeitsteiligen Wirtschaft Interessengegensätze notwendig verbunden seien, sowie der Forderung, daß diese Interessengegensätze nach Recht und Gerechtigkeit ausgeglichen werden müßten.(265)

(3.) Wenn es sich um Fragen handle, die im Bereiche des berufsständischen Gemeinwohles zwei Gruppen in gleicher Weise betreffen würden, seien diese dabei auch völlig gleichberechtigt. Am wichtigsten sei hier natürlich der Gesamtarbeitsvertrag. "Der Grundsatz der Gleichberechtigung oder der Parität folgt somit aus dem Wesen der berufständischen Gemeinschaft und ihrer Ordnungsfunktion in der Gesellschaft. Dabei wird die Art der Teilleistung nach Abhängigkeit oder Unabhängigkeit nebensächlich (...) Mit diesem Gedanken der sozialen Gleichberechtigung in der berufständischen Gemeinschaft erhält der gesellschaftliche Gleichheitsgedanke erst seinen wahren Sinn gegenüber der individualistischen Gleichheitsidee, die die Gesellschaft vergewaltigt, und gegenüber der kollektivistischen, die den Einzelmenschen vergewaltigt."(266) Wir dürfen hier einen wesentlichen berufsständischen Gedanken Messners sehen, der tatsächlich in der österreichischen "Sozialpartnerschaft" weiterlebt.

Messner zweifelte an der Zweckdienlichkeit zentraler Kammern. Kammertage, also Vollversammlungen sämtlicher Delegierter eines Standes, müßten zur Vermeidung eines bürokratischen Zentralismus Gehängen. Kammern, welche entsprechend der territorialen Gliederung jeweils nur für einen Teil des Staatsgebietes zuständig seien, sicherten zudem eher das Föderativprinzip, von dem das ständische ja ein Teil sei. Urwahlen wollte Messner nur in der untersten Kammerebene stattfinden lassen; die übergeordneten würden im Sinne einer gewissen Führerauslese durch die unteren Kammern beschickt. Genaue Fragen nach der Mitgliederanzahl für die einzelnen Kammern verwies Messner wiederum in die Erfahrung.(267)

Obwohl die Verbandsbildung nach der gemeinsamen Interessenlage innerhalb des einzelnen Berufsstandes Behelfe werde bieten können für die richtige Zusammensetzung der Kammern, so dürfe jedoch keinesfalls diese Verbandsbildung als berufsständische Untergliederung aufgefaßt werden, weil diese Gemeinsamkeit der Interessen immer auch eine Gegensätzlichkeit zu anderen Interessen einschlösse. Messner glaubte durchaus an die mögliche Realisation "seiner" berufsständischen Ordnung und er wußte auch um die Zeit des Überganges, die sich in Österreichs "Ständestaat" erst anbahnte: "Die berufständische Gemeinschaft ist aber diesen (den Interessengegensätzen, Anm. v. Verf.) gegenüber das erste, und zwar sowohl in der Ordnung des Seins wie des Handelns. In Anlehnung an die bisherige 'syndikalistische' Zusammenarbeit von Arbeiter- und Unternehmerorganisation werden diese noch viel zu sehr als die eigentlich tragenden 'Säulen' berufständischer Verbundenheit angesehen. Gewiß kommt ihnen in der Zeit des Überganges auf lange hin große Bedeutung zu. Aber wenn einmal die ständischen Organe voll funktionsfähig und berufständische Ordnung innerlich lebendig geworden sind, dann muß auch der unbedingte Vorrang der berufständischen Gemeinschaft, ganz anders als es heute schon möglich ist, hervortreten."(268)

Vor einer doppelten Gefahr bezüglich der Kammerämter als ausführenden Organen im Dienste der berufsständischen Körperschaften warnte Messner mit Nachdruck:(269) Die Entstehung eines zu großen berufsständischen Beamtentums und die zu große Selbständigkeit desselben. - Berufsständische Ordnung habe besonders auf wirtschaftlichem Gebiet nichts mit Büroherrschaft oder Sekretärswirtschaft zu tun. Bürokratisierung wäre wieder nicht wirkliche Selbstverwaltung, sondern weitgehende Entrechtung der Unterverbände und der Einzelnen. Als begrenztes Mittel empfahl Messner einen großen Anteil an Ehrenamtlichkeit. Neben einer kleinen Anzahl von festbesoldeten Beamten solle es nur Zeitvergütungen und Aufwandsentschädigungen geben. Es wäre "geradezu das Gegenteil von dem, was die berufständische Neuordnung der Gesellschaft ihrem ganzen Sinne nach wirken soll, wenn die staatliche Bürokratie in dem durch die Desorganisation der Gesellschaft bedingten Ausmaße bestehen bliebe und nun neben sie eine ständische Bürokratie treten würde, die ja nach dem soziologischen Gesetze ... selbst auch wieder darauf aus sein wird, ihren Rechts- und Machtbereich auszudehnen."(270) Darum müsse sofort mit der Einrichtung und Ausweitung der berufsständischen Selbstverwaltung Zug um Zug die staatliche Verwaltungsreform einhergehen.(271)

5.3.5 Das gemeinwohlorientierte Zusammenarbeiten der Berufsstände und die wirtschaftliche Ständekammer

a) Das "Gemeinwohl" in der Praxis

Den sachlichen Gemeinwohlerfordernissen vor den Gruppeninteressen Geltung zu verschaffen, sei eine der wesentlichen Aufgaben der berufsständischen Ordnung.(272) Als eines der wichtigsten Lebensgesetze gebiete die Gesamtverantwortung der einzelnen Stände denselben, ihr Sonderwohl dem Gemeinwohl unterzuordnen. Das schwache Bewußtsein dieser Gemeinwohlverpflichtungen bewirke die Gefahr, die berufsständischen Organisationen zu einem Mittel der Förderung individualistischer Gruppeninteressen zu machen, sodaß schließlich an die Stelle der Interessengegensätze der Klassen, "die sich im offenen Kampfe nicht mehr auswirken können"(273), der Machtkampf der Interessengegensätze der Berufsstände träten.

Zwei allein verfügbare Mittel zur Gewährleistung der vom Gemeinwohl gebotenen Zusammenarbeit nannte Messner:

(1.) In den Berufsständen müßten Gemeinsinn, Gesamtverantwortung und Standesehre so lebendig werden, daß sie aus eigenem ihren Gemeinwohlverpflichtungen entsprächen.

(2.) "Außerdem aber hat der Staat ... mit starker Hand die Berufstände unter das Gemeinwohl zu beugen und ihre Bestrebungen den Forderungen des Ganzen einzuordnen.

Der staatlichen Autorität ihre volle Hoheit und Macht wieder zu geben, muß ja Folgewirkung der berufständischen Gesellschaftsreform sein. Die Gesellschaftsordnung, welcher der berufständische Gedanke angehört, fordert daher auch den autoritären Staat."(274)

b) Zur wirtschaftlichen Ständekammer

Die Organe für die Zusammenarbeit der Stände seien zuerst die gemeinsamen Vertretungskörper und ihre Ausschüsse. Die wirtschaftlichen Berufsstände seien gemäß der bisherigen Entwicklung in einer Gesamtkammer zusammenzufassen. Einem wirtschaftlichen Ständerat bzw. einer wirtschaftlichen Ständekammer aber, welche alle wirtschaftlichen Berufsstände zusammenfasse, könnte nur beratende Funktion zufallen, weil gesamtvolkswirtschaftliche Fragen die ganze staatliche Lebensgemeinschaft angingen und solche Räte und Kammern außerdem entgegen der Auffassung Heinrichs(275) nicht Träger der berufsständischen Selbstverwaltung seien.(276)

Als eigentliche Crux der berufsständischen Gesellschaftsordnung stellte sich die Festlegung der Vertretungszahl der einzelnen Berufsstände in den obersten Vertretungskörpern dar. Messner zu Manoilescus Feststellung der unausweichlichen Willkürlichkeit: "Jedenfalls ist sicher, daß diese Willkürlichkeit keine größere ist als jene, nach der sich die Zahl der auf die Parteien entfallenden Mandate bei der Verhältniswahl in der parlamentarischen Parteiendemokratie richtet, wenn man bedenkt, wieviel dabei von der Wahl der Schlagworte, der Werbetechnik und dem Stand der Parteikasse usw. abhängt."(277)

Die Zahl der Berufsangehörigen sei aber bei der Entsendung mitbestimmend, weil das Gesamtwohl immer auch Wohl der einzelnen Gruppenmitglieder sein müsse. Wenn dann im Gemeinwohl die objektive Bestimmtheit der Gesellschaft durch ihre Zwecke und die gegenseitige Bezogenheit von Gesamtzwecken und Sonderzwecken zu sehen sei, dann seien Maßstäbe von hinlänglicher Bestimmtheit für die Zusammensetzung gegeben. "Da das Gemeinwohl eine objektive Größe ist und deshalb die Gesamtverantwortung der einzelnen Berufstände gegenüber dem Gemeinwohl nach der ihnen für die Gesamtheit obliegenden Leistung und dem ihnen angehörigen Volksteil bemessen ist, sind ihm selbst die entscheidenden Richtpunkte für die Zusammensetzung der obersten Vertretungskörper zu entnehmen."

Der verbleibende Rest von Unbestimmtheit des genannten Beschickungsmaßstabes sei auf alle Fälle leichter erträglich als "die Zufälligkeit der Mehrheitsverhältnisse in den entarteten Formen der Demokratie". Diese Mehrheitsverhältnisse hätten in den berufsständischen Vertretungskörpern auch deshalb ein viel geringeres Gewicht, weil für die dort zu treffenden Entscheidungen die vom Gemeinwohl abhängigen sachlichen Notwendigkeiten den Ausschlag geben sollten, und zwar auf das gesellschaftliche Ganze wie auf den einzelnen Berufsstand hin gesehen. "Das ist nun viel weniger eine Frage der Abstimmung als vielmehr der genauen Überlegung und Beratung (...) Dies wäre ja die Aufgabe der Parlamente gewesen: in dem für und Wider der Meinungen das zu finden, was dem Gemeinwohl aufs beste entspricht. Die auf der Verhältniswahl beruhenden demokratischen Vertretungssysteme haben indessen zufolge der Herrschaft der bloßen Zahl allzu leicht den Parteiinteressen das Übergewicht gegenüber den allgemeinen Interessen gegeben."(278)

Bei der Erkenntnis der sachlichen Notwendigkeiten seien jedoch sachverständigere berufsständische Vertreter noch nicht sachlicher als gute Parlamentarier. Messner verwies einfach auf das Mittel Nr. 2:" Aber die mit der berufständischen Gesellschaftsordnung verbundene Stärkung der Staatsautorität muß eine solche sein, daß sie unter allen Umständen den Gemeinwohlforderungen Geltung zu verschaffen vermag; auch kommt ... diesen ständischen Vertretungskörpern ja nur beratende Stimme zu."(279) Trotzdem würden oft genug auch Abstimmungen in den berufsständischen Kammern entscheiden, weil beispielsweise der Gesamtvertretung der wirtschaftlichen Berufsstände Gutachten über Gesetzesanträge oder wirtschaftspolitische Maßnahmen vorzulegen seien. Abweichende Minoritätsvoten könnten von einem solchen beratenden Ständerat der Mehrheitsmeinung beigeschlossen werden.

Entscheidend war für Messner eine Führerauslese in den einzelnen berufsständischen Verbänden, durch welche die Besten des Berufs an die entsprechenden Stellen entsandt würden. Diese Auslese müsse einen doppelten Gesichtspunkt berücksichtigen: die berufliche Tüchtigkeit (Sachkenntnis) und das echt ständische Denken.(280)

5.4 Berufsständische Ordnung und staatliche Ordnung

5.4.1 Staat und Einzelmensch

Mit der Verwirklichung des Staates seien die notwendigen Voraussetzungen zur Erfüllung der Lebens- und Kulturaufgaben seiner Glieder gegeben. Dieser vollkommenen Gemeinschaft im irdischen Bereich sei es eigen, "daß durch sie alle Lebenszwecke, die das menschliche Sein bestimmen, die notwendige Förderung erfahren, seien sie Lebensinhalte der Einzelmenschen oder der untergeordneten Gemeinschaften; ihr ist es deshalb aber auch eigen, daß alle anderen Sonderzwecke der einzelmenschlichen oder gemeinschaftsgebundenen Lebensbereiche ihrem Gesamtzwecke zugeordnet bleiben müssen, soweit die Verwirklichung dieses Gesamtzweckes Voraussetzung der Verwirklichung jener Sonderzwecke ist, so daß also Gemeinwohl vor Einzelwohl geht."

Trotz dieser umfassenden Geltung des Staatszweckes sei es falsch, von einer Totalität des Staates zu sprechen. "Denn der Staat hat nur Macht, soweit der Staatszweck selbst reicht."(281) Der Staat sei nichts ohne den Einzelmenschen, der Einzelmensch nicht Vollmensch ohne den Staat. Daher sei der Staat für sich nicht alles, seien aber auch Staat und Einzelmensch nicht identisch und fielen öffentlicher und privater Bereich nicht zusammen. Damit Sein und Wohl des Ganzen und seiner Glieder aufs beste verbürgt seien, müsse das auf beiden Seiten gegebene Eigenleben in Wechselwirkung gewahrt sein. "Ein Staat, der diese Wechselwirkung, seine Hinordnung auf die kleineren Gemeinschaften und auf die Einzelmenschen sowie seine Abhängigkeit von ihnen verneint und mit dem Totalitätsanspruch sich zum allein gültigen Werte machen will, der schneidet sich selbst die Lebenswurzel ab."(282)

Diese naturrechtliche "Begrenzung" der staatlichen Ordnung hielt Messner gegen die totalitär-faschistische Formel der "Identifizierung von Individuum und Staat" fest, welche die Abwertung der individuellen Lebenszwecke bewirke und die Anerkennung ursprünglicher und unbedingter Rechte des Individuums ausschließe.(283) Der Staat sei nur über dem Einzelmenschen, soweit Gemeinwohl vor Einzelwohl gehe, jedoch nicht, soweit sein Sein und Wesen selbst in den Einzelmenschen wurzle, die in ihm zur Gemeinschaft würden. Der Einzelmensch als in sich und für sich seiende geistige Person sei zwar dem Staat zugeordnet und eingeordnet, aber Sein und Wesen, Sinn und Wert, Zweck und Ziel des Einzelmenschen gingen nicht im Staat auf.

Beide, Staat und Einzelmensch, hätten daher ihr eigenes Sein, ihren Eigenwert und ihren Eigenzweck und trotz der gegenseitigen Bezogenheit ihre Selbständigkeit. Beide nämlich stünden in einer Gesamtordnung, die jedem von ihnen seinen Platz zuweise, keinem von beiden aber gestatte, sich selbst zu dieser Gesamtordnung zu machen. Das Prinzip der Totalität sei genauso falsch wie das Prinzip der Autonomie des Individuums in der Lehre des Liberalismus.(284) Weil aber die staatliche Gemeinschaft darin ihren Grund und Ursprung habe, daß die Einzelmenschen in der Erfüllung ihrer Lebensaufgaben zusammenwirken müßten, um ihnen voll und ganz nachkommen zu können, sei sie - wie jede Gemeinschaft - dem Prinzip der Subsidiarität unterstellt, also nur dort zuständig, wo die Einzelmenschen und die untergeordneten Gemeinschaften mit ihren Kräften nicht hinreichten zur Erfüllung ihrer naturgegebenen Aufgaben. Dies werte den Staat nicht ab, sondern sichere seine inneren Lebenskräfte. Das Eigensein und Eigenleben seiner Glieder müsse nämlich verbürgt sein, damit die staatliche Gesamtgemeinschaft selbst lebensmächtig und wirkkräftig sei. Gerade weil die staatliche Lebensgemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip Voraussetzung und Vollendung der ganzen Kultur sei, sei der Staat selbst Kulturwert höchsten Ranges.(285)

5.4.2 Staat und Gesellschaft: Berufsständische Ordnung ist gesellschaftliche Ordnung

Die berufsständische Ordnung betreffe zwar den Staat sehr wesentlich, aber nur mittelbar. Sie gebe der Gesellschaft die naturgemäße Ordnung und schaffe damit die Voraussetzung, daß der Staat den ihm zukommenden Aufgaben voll und ganz gerecht werden könne. Im Unterschied zum faschistischen Korporativismus, dessen Wesen als "Identifizierung der Gesellschaft mit dem Staate"(286) bezeichnet werden könne, seien Staat und Gesellschaft zwar durch die Einheitsordnung verbunden und aufeinander hingeordnet, jedoch verschieden.(287) Diese Unterscheidung von Gesellschaft und Staat mit Zuweisung von Eigenrechten an die eigenständigen gesellschaftlichen Gemeinschaftsordnungen habe nichts zu tun mit dem liberalistischen Aufstand der Gesellschaft gegen den Staat.

Für Messner war jedoch ersichtlich, daß die Natur der Gesellschaft bald selbst zur Organisation gedrängt habe. Es wären schließlich die von der Schrankenlosigkeit betroffenen Individuen selbst gewesen, welche gleichsam in diesen Organisationen Schutz vor ihrer Freiheit suchten. Diese organisierten Gruppen wären sich auch einzelner Aufgaben gegenüber der Gesamtgesellschaft bewußt geworden, sodaß also die gesellschaftliche Natur sich wiederum nicht vollständig vergewaltigen ließ. "Ganz überwiegend aber blieben die so entstandenen Verbände auf politischem (Parteien), wirtschaftlichem (Kartelle) und sozialem (Gewerkschaften) Gebiete die 'Gesellschaft', die ihre Interessen zum mindesten ohne Rücksicht auf den Staat wahrnahm, vielfach aber auch im offenen Gegensatz zum Staate und seinem Wohle." Im individualistisch definierten, beinahe staatsfreien Raum der gesamten Gesellschaft hätten sich so Konkurrenzkampf, Klassenkampf und Parteienkampf entwickelt. Statt daß der Staat die Gesellschaft auf das Wohl des Ganzen hingelenkt hätte, wäre er selbst zum Spielball der gesellschaftlichen Gruppierungen der Interessen geworden.

Die berufsständische Ordnung sollte die Voraussetzungen für die Beseitigung eines solchen Aufstandes der Gesellschaft wider den Staat bieten. Aus naturrechtlicher Sicht gab Messner als Weg dorthin weiter an: "Dies dadurch, daß sie die Rechtsgrenzen zwischen Staat und Gesellschaft aber auch in der Gesellschaft selbst klar absteckt, dem Staate wieder gibt, was des Staates ist, die gesellschaftlichen Rechte aber dort neu wirksam macht, wo sie der naturgemäßen Ordnung der Gesellschaft gemäß wirksam sein müssen. Sie ist somit ihrem ganzen Wesen nach gerichtet auf die Ausschaltung von Rechtsansprüchen jener Gruppen, die auf der schrankenlosen Freiheit ... begründet sind. Alle diese Gruppen unterstellt sie, soweit sie überhaupt Berechtigung haben, den wahren Gemeinschaftsordnungen der Gesellschaft und damit zugleich der staatlichen Gesamtordnung. Nicht mehr Interessengegensätze bestimmen dann das Bild der Gesellschaft, sondern Lebensnotwendigkeiten des Gesellschaftsganzen, das Gemeinwohl."(288)

Berufsständische Ordnung sei also gesellschaftliche Ordnung, nicht in erster Linie staatliche. In ihr seien nach dem Subsidiaritätsprinzip ursprüngliche Rechte gegeben, die nicht vom Staat verliehen seien, "Gemeinschaftsrechte, die vor aller staatlichen Anerkennung Geltung haben, weil es naturgegebene Rechte sind. Es sind dies die Eigenrechte des Berufstandes, in denen seine Autonomie begründet ist. In diesem Sinne sind die Berufstände vor dem Staat, in dem gleichen Sinne, in dem auch die Familie vor dem Staate ist. Dieses vorstaatliche Sein der Rechte der Berufstände bezieht sich nicht auf ihr zeitliches Sein, sondern gilt sozial- und rechtsphilosophisch ... Aber gerade in dem ... vorstaatlichen Sein des Rechtes der Berufstände liegt ... gegenüber dem Totalitätsanspruch des Staates das ursprüngliche Recht der Berufstände auf Selbstverwaltung, ein Recht, das der Staat achten muß und für dessen Verwirklichung zu sorgen er verpflichtet ist."(289)

Entscheidend ergab sich daher für Messner neuerlich: "Weil nämlich den Ständen ein Eigenrecht zukommt, sind sie nicht schlechtweg Organe des Staates. Wohl aber kommt es dem Staate auch gegenüber diesem Eigenrechte der Stände wie gegenüber jedem natürlichen Rechte, zu, es den Kulturumständen entsprechend zu umschreiben sowie seinen Inhalt im einzelnen zu bestimmen und auf das Staatsganze hinzuordnen."(290)

5.4.3 Staat und Stand: Der autoritäre Staat im Verhältnis zur ständischen Autonomie

Im Staat würden alle Einzelnen und alle Gliedgemeinschaften verbunden. Je mehr sie alle Anteil hätten am staatlichen Gemeinwesen, um so lebenskräftiger sei die staatliche Gemeinschaft verwirklicht. Diese Gemeinschaft brauche Organe zur Aufgabenerfüllung, welche jedoch nicht der Staat selbst seien. Angesichts der problematischen Spannschen Bezeichnung des Staates als "Höchststand" betonte Messner, daß "Souveränität" nur dem Staat als dem Träger der Ordnungsgewalt über das staatliche Gesamtvolk und als Träger der Staatshoheit zukomme. Dem Berufsstande komme eine solche Herrschaftsgewalt nicht zu, und so könne nur von seiner "Autonomie" gesprochen werden.(291) Wehrmacht und Beamtenstand seien nicht der Staat und auch nicht der "Stand" Staat, der über den anderen stehe, wiewohl ihre hohe Verantwortung bekanntlich einen Berufsstand eigener Art begründeten, der im Auftrag der gesamtgesellschaftlichen Lebensgemeinschaft seine besondere Leistung vollbringe.

Der Staat sei seiner Idee nach Sache des gesamten Staatsvolkes, "Lebensgemeinschaft aller Stände"(292) und nicht nur einer Führerschicht. Die staatliche Ordnungsgewalt wurzle in der naturgebotenen Ordnung der staatlichen Lebensgemeinschaft. Die Führerschichte gehe durch das ganze Staatsvolk und alle Berufsstände hindurch, sei also kein gesonderter Stand.

Messners Sicht war klar: "Der autoritäre Staat ist nicht totaler Staat." natürlich klingt dies in unseren Ohren als apologetischer Satz für den "Ständestaat". Eher werden wir darin die wissenschaftlich gesicherte, tiefe Überzeugung Messners für den grundsätzlich richtigen Weg Dollfuß' erblicken dürfen. "Mit dem Staate verfielen auch die tragenden Ordnungen der Gesellschaft den zersetzenden Auswirkungen des individualistischen Dogmas. Gleichzeitig sah sich aber der Staat gezwungen, um der Bedrohung der Gesellschaft in ihren Grundlagen zu begegnen, nacheinander die Aufgaben zu übernehmen, die den verschiedenen kleineren Lebensgemeinschaften in der naturgemäß geordneten Gesellschaft obliegen." Die einzelnen Interessengruppen hätten dazu beigetragen, "daß das staatliche Gemeinwesen weithin zum Ausdruck des Kräfteverhältnisses von Gruppeninteressen wurde. In der Tat 'läßt sich die gewaltige Wendung als Teil einer dialektischen Entwicklung konstruieren, die in Stadien verläuft: Vom absoluten Staat des 17. und 18. Jahrhunderts über den neutralen Staat des 19. Jahrhunderts zum totalen Staat der Identität von Staat und Gesellschaft' (Carl Schmitt)."

Für Messner war offensichtlich, daß der totale Staat im Sinne der Identität von Staat und Gesellschaft ebensoweit von der naturgebotenen Ordnung abliege wie der neutrale Staat. "Das Ziel der nächsten Zukunft ist: Die Gesellschaft wieder von der staatlichen Totalität zu entbinden und ihre ursprünglichen, naturgemäßen Ordnungen wieder lebendig und wirksam zu machen. Dazu ist die staatliche Ordnungsgewalt, die Staatsführung, zunächst aus der Verstrickung in das gesellschaftliche Interessengemenge zu befreien und mit ganzer Machtfälle auszustatten, daß sie unter allen Umständen in der Lage ist, den Forderungen des Gemeinwohles, so wie es ihre Aufgabe ist, Geltung zu verschaffen. Das ist der Sinn des 'autoritären' Staates gegenüber dem 'totalen' Staat: Dieser erkennt grundsätzlich keine Grenzen der Staatsgewalt an, der autoritäre Staat sieht sich bei aller Machtfälle, die ihm eignet, an das Gemeinwohl gebunden und seinen Herrschaftsbereich durch dieses begrenzt."(293)

Der faschistischen Staatstheorie nach solle die Überwucherung des Staates durch die Gesellschaft dadurch beseitigt werden, daß der Staat die Gesellschaft vollständig mit seinem Willen durchdringe. Dazu solle die korporative Organisation der Wirtschaft das vorrangige Mittel sein. "Die Korporationen können deshalb auch nur Organe des Staates sein, mit denen er die Identifizierung von Gesellschaft und Staat vollzieht. Es werden darum auch naturgegebene Eigenrechte der Korporation nicht anerkannt, sie haben Rechte ganz und gar nur kraft staatlicher Verleihung. Darüber läßt die italienische Gesetzgebung und die faschistische Korporationstheorie keinen Zweifel."(294) Messner sah hingegen die Durchsetzung des autoritären Prinzips, das ja in der Natur des Staates zuinnerst begründet sei, gerade im Sinne der christlich-ethischen Staatsauffassung.(295)

Messner war "nach aller geschichtlichen Erfahrung ... mit berufständischer Ordnung" überzeugt, daß der Staat schon deshalb einer mit aller Machtfälle ausgestatteten Autorität bedürfe, "damit nun nicht auf neue Weise die Gesellschaft, d. h. die auf sich gestellten Stände sich des Staates bemächtigen und ihn zum bloßen Vollzugsorgan ihrer Interessenausgleiche herabwürdigen. Die Berufstände selbst unter die staatliche Gemeinwohlordnung zu beugen, namentlich die nach Zahl und Wirtschaftsmacht stärkeren ... das ist die Aufgabe des Staates, um derentwillen seine Autorität in ihrer ganzen Kraft wirksam sein muß. Denn der Staat ist es, der die Eigentätigkeit der Berufstände nach den Erfordernissen des Gemeinwohles der staatlichen Lebensgemeinschaft zu lenken hat."(296)

Wir stehen vor der Problematik, daß die Beugung im letzten also als katholische Soziallehre von oben in einem gewissen unsicheren Rest-Raum diktatorisches System werden könnte, weil ja das Gemeinwohl auch nicht hundertprozentig konkret erkennbar ist. Die Grundlinien der berufsständischen Ordnung des Staatsvolkes gehörten für Messner jedenfalls notwendig der Staatsverfassung selbst an, weil durch diese die gesellschaftliche Gesamtordnung geschaffen werde, der sich auch Sein, Art und Wirken der Berufstände einfügen müsse.(297)

Aber autoritärer Staat und Subsidiarität hießen für Messner noch mehr: Der Staat habe auch das Recht, die Gliedgemeinschaft in ihrer Tätigkeit zu überwachen, um jederzeit in der Lage zu sein, das Abgehen von den Gemeinwohlerfordernissen zu verhindern und auch mit entsprechenden Mitteln auf die Erfüllung der Gemeinwohlaufgaben hinzuwirken. für den autoritären Staat stützte sich Messner indirekt auf QA 80. Die Stelle bezeichne die ausschließlich in die Zuständigkeit des Staates fallenden Aufgaben als "Leitung, Überwachung, Nachdruck und Zügelung je nach Umstand und Erfordernis."(298) Der Staat müsse im Falle des völligen Versagens einer berufsständischen Körperschaft die berufsständischen Ordnungsfunktionen selbst übernehmen, "aber immer muß es dabei seine Sorge sein, dahin zu wirken, daß sie wieder in den eigenen Wirkungsbereich der Berufstände überführt werden können." Die Autonomie der Stände erfahre somit eine klare Begrenzung: ihr Eigenrecht bestehe nur eingeordnet in die rechtliche Ordnung des Ganzen, ihre Selbstbestimmung sei der staatlichen Autorität gemäß dem Gesetze des staatlichen Gemeinwohles unterstellt. "Berufständische Ordnung ist damit zwar ... vorstaatlich, sie ist aber ebenso unterstaatlich."(299)

5.4.4 Demokratie und berufsständische Ordnung

In Wahrheit könne das Verhältnis von Volk und Staat, Volksrechten und Staatsgewalt, ständischer Selbstverwaltung und staatlicher Hoheit, demokratischem und autoritärem Prinzip unschwer geklärt werden, wenn man der Natur des Staates ihr Recht lasse und an dem Grundsatz festhalte, "daß Gemeinschaftsrechte überall dort bestehen, wo Gemeinschaftsaufgaben zu erfüllen sind"(300), und daß der Staat die Gemeinschaftsordnung des ganzen Staatsvolkes sei. "Dann ist die Autorität, die Herrschaftsmacht, die Souveränität der staatlichen Ordnungsgewalt leicht zu begründen, da sie in der Ordnungseinheit der Gesamtgemeinschaft des Staatsvolkes gegeben ist; aber ebenso unabweislich ist das demokratische Prinzip der Mitverantwortung und Mitbestimmung des Staatsvolkes an seinem Gemeinwesen gegeben, da erst seine Verwirklichung wahre und lebendige Gemeinschaft bedeutet, die der Staat seiner Natur nach sein soll."(301)

a) Zur Kritik an der formalen Parteiendemokratie und zu den Aussagen Seipels

Die 1936 fast selbstverständliche Infragestellung der Demokratie sei in Hinblick auf eine bestimmte Form zu sehen, wie sie in einigen Ländern leitend gewesen wäre. Hauptkennzeichen dieser kritisierten Form sei, daß die Staatsgewalt nur als Mittel und Ausdruck des "Allgemeinwillens" gelte, daß also der Mehrheitswille für die Willensbildung schlechthin entscheidend sei. Schon in der Einleitung stellte Messner bei der individualistischen Staatstheorie die Gefahr fest, daß der "Allgemeinwille" bloße Resultante der Einzelwillen bleibe und mehrheitsmäßig zur Geltung gebracht werde "durch die parlamentarische Parteiendemokratie"(302), ohne auf ein übergeordnetes Gemeinwohl ausgerichtet zu sein. Dieses auf dem Gedanken einer Volkssouveränität aufbauende Bild der Demokratie habe sich "als Zerrbild wahrer Demokratie"(303) erwiesen.

Die Volksrechte wurden für Messner dabei auf das allgemeine Wahlrecht beschränkt. Obwohl sich die Prinzipien der individualistischen Demokratie nicht in allen Staaten gleich ausgewirkt hätten, urteilte er mit Härte (die Jahre 1918 bis 1933 in Österreich indirekt mitansprechend): "An die Stelle des angenommenen gleichen Rechtes aller Bürger trat die Herrschaft der Parteien, die sich gegenüber dem Wähler souverän dünkten. Die Machtinteressen von Parteien ließen eine wirkliche Mitbestimmung des Volkes nicht wirksam werden." Diese Demokratieform sei Scheindemokratie, die letztlich auch die Erfüllung der wesentlichen staatlichen Aufgaben unmöglich gemacht habe. "überall aber, wo der demokratisch Gedanke durch die Parteienherrschaft entwürdigt wurde, mußte es schließlich zur 'Krise der Demokratie' kommen".

Diese Entartungserscheinungen seien aber nicht das Ende des wahren Gehaltes des Gedankens der Demokratie. In guter naturrechtlicher Tradition stellte Messner fest: "Denn genau so wenig wie die Entartung der Monarchie zur Tyrannis für die Wertung des monarchischen Prinzips bedeutet, so wenig kann die Ausartung der Demokratie zu ihrer völligen Verwerfung Anlaß sein. Man darf ja nicht übersehen, daß die Parteiengruppierungen in der parlamentarischen Demokratie Ersatzbildungen waren für die fehlenden organischen Glieder im Gesellschaftskörper."(304) An dieser Stelle zitierte und interpretierte Messner den verstorbenen Bundeskanzler Seipel, der weder die parlamentarische Demokratie noch das Parteienwesen im Widerspruch zum berufsständischen Gedanken gesehen hätte, "so sehr er die Notwendigkeit ihrer Neuformung im Zuge der Gesellschaftsreform hervorhob und so sicher er die Ausschaltung der parlamentarischen Parteiendemokratie in Österreich, die zur Entwürdigung des demokratischen Gedankens geworden war, gutgeheißen hätte."(305) Messner sah Seipel nicht als angriffswürdigen Antidemokraten. Falls in einem Volk die Voraussetzungen dafür gegeben seien, sei die Verbindung von parlamentarischer Demokratie und berufsständischer Ordnung bei Seipel offen.(306) Dies war mit größter Sicherheit die Position Messners selbst: Parlamentarismus nicht (unbedingt) ausschließen, aber die Zweckmäßigkeit angesichts konkreter Umstände berücksichtigen.

Die Parteien müßten also auch Rücksicht nehmen auf das staatliche Gemeinwohl und nicht bloß auf ihre Sonderinteressen. Die Gesellschaftsreform im Zeichen des berufsständischen Gedankens erfordere die Sicherung demokratischer Einrichtungen gegen Ausartungen und somit die Befreiung des Staates aus dem Verfallensein an die Parteienherrschaft. Die faschistische Staatstheorie jedoch werte den Begriff "Demokratie" ab zur Durchdringung des Gesamtvolkes mit dem Willen der Staatsführung(307), während in Messners Konzeption Demokratie in der ursprünglichen Bedeutung Mitbestimmung und Mitverantwortung des Volkes in seinem staatlichen Gemeinwesen bleibe. Einseitigkeiten in dieser Frage seien meistens durch die politischen Verhältnisse bedingt. Deshalb stellte Messner klar den wahren Gehalt der verschiedenen Verfassungsprinzipien heraus.

b) Die Verfassungsprinzipien und die wahre Demokratie

Das monarchische Prinzip hebe Aufgabe und Stellung der staatlichen Ordnungsgewalt der Autorität hervor. In der Durchführung dieses autoritären Prinzips in der Staatsverfassung bleibe ein Spielraum, welcher der Eigenart eines jeden Volkes freigegeben sei. "Er bewegt sich zwischen folgenden Grenzlinien: Die Staatsführung darf in der Erfüllung ihrer wesenhaften Aufgaben nicht durch Machenschaften verantwortungsloser Parteien verhindert werden können, sie darf aber auch nicht eine 'totale' Gewalt ohne Rücksicht auf andere naturgegebene gesellschaftliche Rechte beanspruchen."(308) Das aristokratische Prinzip besage in seinem eigentlichen Gehalt, daß in jedem geordneten und gefestigten Staatswesen eine Führerschicht vorhanden sein müsse, die in besonderer Weise Trägerin des Staatsgedankens und Verfechterin der staatlichen Ideale sei.

Ausnahmsweise mit Spann hielt Messner prinzipiell fest, daß die Staatssouveränität nicht aus der Volkssouveränität abgeleitet werden könne. Der Staat sei aber die Lebensform der Volksgemeinschaft, "an der alle mitverantwortend und mitbestimmend Anteil zu haben berufen sind, und zwar um so mehr, je mehr das Gesamtvolk sich den Lebens- und Kulturaufgaben bewußt zuwendet, für deren Erfüllung die staatliche Gemeinschaft die Voraussetzungen zu schaffen hat. Auf einer früheren Stufe der Kultur mag ein Volk mehr rein monarchisch oder aristokratisch ... regiert worden sein; ein kulturell fortgeschrittenes Volk wird an der Gestaltung des Gemeinwesens Anteil haben wollen, da diese für die Möglichkeit der rechten Erfüllung seiner Lebens- und Kulturaufgaben von entscheidender Bedeutung ist. Und es hat ein Recht darauf, weil der Staat ja in Wahrheit 'seine Sache' (Augustin) ist ... Ablehnung der 'Volkssouveränität' bedeutet also durchaus nicht den absoluten Führerstaat."(309)

Beim demokratischen Prinzip setze also der Staat als wirkliche Gemeinschaft das Wirksamwerden der Mitverantwortung seiner Glieder voraus, insbesondere bei kulturell fortgeschrittenen Völkern. Auch "macht, solange Menschen die staatliche Ordnungsgewalt innehaben, die Möglichkeit des Irrtums und des Mißbrauchs eine Kontrolle der Staatsgewalt notwendig; lauter Rechte, die einem Volke nur ausnahmsweise und vorübergehend in Zeiten notwendiger staatlicher Reformen genommen werden können." Sofern Messner überhaupt beim österreichischen Weg das Volk in einer solchen "rechtlosen" Situation sah, ließe sich diese letzte Anmerkung für die Ausschaltung des Parlamentes usw. zur Zeit einer Reform verwenden. Bei einer solchen Interpretation entsprach es Messners Auffassung aber auch, daß in Österreich längerfristig die (neuen) Mitbestimmungs- und Kontrollstrukturen (wieder)hergestellt werden müßten.

In einer sehr wesentlichen theoretischen Frage trat Messner (im Geiste mit Dollfuß vereint, Anm. v. Verf.) klar gegen Spann auf. "Daß demokratisches Verfassungsprinzip und berufständische Ordnung unvereinbar seien, kann man nur behaupten, wenn man den Staat auf verhältnismäßig kleine Menschenkreise, die Träger des Staatsideales und somit auf die staatliche 'Aristokratie' ... beschränkt und diese Schicht als Stand neben die anderen Stände stellt. Sobald man aber der Natur des Staates gerecht wird, ihn als Gemeinschaftsordnung des Staatsvolkes versteht, das mitverantwortlich und mitbestimmend diese Ordnung zu verwirklichen hat, dann ist offensichtlich ..., daß nicht nur ein Gegensatz zwischen Demokratie und berufständischer Ordnung nicht besteht, sondern daß diese geradezu die Voraussetzungen zu schaffen hat, auf daß eine solche Mitverantwortung und Mitbestimmung, nicht mehr beirrt und gestört durch die Desorganisation der Gesellschaft, in gehöriger Weise wirksam wird. Denn nichts anderes als die Mitverantwortung und Mitbestimmung im staatlichen Gemeinwesen ist die wahre Demokratie. Sie bedeutet in diesem Sinne in der Tat die Geltung ursprünglicher Volksrechte."(310)

Völlig verfehlt sei es auch, die öffentliche Gewalt aus den Rechten der Stände abzuleiten. Genauso wenig hätte sie auf die vertraglichen Vereinbarungen der Individuen begründet werden können. Gegen Manoilescu sagte Messner, daß diese Staatstheorie, die den Staat aus den Ständen ableite, ebenso wie die unversalistische verkenne, daß "der Staat die Gesamtgemeinschaft des Staatsvolkes und daß die Ordnungseinheit des Staatsvolkes die Wurzel der Staatsgewalt ist."(311) Darauf beruhe aber Hoheit, Autorität und Aufgabe des Staates gegenüber den Ständen. Von dieser wesenhaften Begründung der Staatsgewalt auf die Gemeinschaftseinheit des Staatsvolkes sei zu unterscheiden die Ausübung der Staatsgewalt und die Bestimmung derer, welche die Aufgaben der Staatsführung zu erfüllen haben. Es sei dann jedoch mehr eine Zweckmäßigkeitsfrage als eine Grundsatzfrage, wie weit die berufsständischen Körperschaften zur staatlichen Willensbildung heranzuziehen seien (was Messner für möglich hielt).

"Nach dem Dargelegten ist es klar, daß die Demokratie weder im Namen der ständischen Ordnung verworfen werden kann, noch daß die Demokratie einfachhin mit der ständischen Selbstverwaltung gleichgesetzt werden darf. Die in der berufständischen Ordnung wurzelnden Selbstverwaltungsrechte bilden einen Teil der demokratischen Verfassung eines Gemeinwesens. Etwas anderes ist die Teilnahme des Staatsvolkes an der Gestaltung und Verwaltung seines staatlichen Gemeinwesens. Nebensächlich ist es, ob die Teilnahme durch Vertretungskörper erfolgt, die unmittelbar zu diesem Zwecke gewählt werden oder vermittels ständischer Vertretungskörper, ... wenn nur für alle Staatsglieder die Möglichkeit der Mitverantwortung und Mitbestimmung am staatlichen Gemeinwesen gegeben ist."(312) Diese Möglichkeit "und nichts anderes ist die Demokratie in ihrem überzeitlichen Sinne"(313).

c) Zu Fragen nach einer Volks-, Stände- und Staatsvertretung im Zusammenhang mit der Staatsunmittelbarkeit, nachbarschaftlichen und ständischen Gliederung (mit Berücksichtigung der VF)

Bei solchen Erörterungen werde zu sehr außer acht gelassen, daß der Einzelmensch im Berufsstande nicht aufgehe, sondern daß er auch staatsunmittelbar sei, weil der Staat eine wesentlich von der Gesamtheit der Stände verschiedene, mit besonderen Aufgaben betraute, übergeordnete Gemeinschaft sei. "In der Tat gliedert sich ja auch das Staatsvolk nicht nur nach Ständen (beruflich), sondern auch und noch ursprünglicher nach Nachbarschaftsverbänden (territorial). Nicht die allgemeine, gleiche und direkte Wahl in die Volksvertretung ist allerdings der notwendige Ausdruck dieser Staatsunmittelbarkeit und der damit gegebenen 'politischen' Rechte. Denn gerade in der parlamentarischen Parteiendemokratie mit der direkten Wahl haben die Parteien schließlich das Volk im Namen der Demokratie entrechtet. Entscheidend ist, daß der Einzelne auch Anteil hat am staatlichen Gemeinwesen und nicht nur an der ständischen Selbstverwaltung (...) Wie den politischen Kräften in diesem Sinne im Staate Raum gegeben wird, ist allerdings nicht allgemein zu umschreiben. Diese Staatsunmittelbarkeit wird ihren Ausdruck finden können nicht nur in dem Raum, der den politischen Kräften in der Volksvertretung gegeben werden muß und in Einrichtungen wie der Volksbefragung, sondern auch in Vereinigungen und politischen Bewegungen, die die Wünsche des Volkes zur Staatsführung leiten, wie sie den Willen der Staatsführung ins Volk zu leiten haben."(314) Grundsätzlich hielt Messner fest: "der Regierung muß, ihrer ganzen Aufgabe entsprechend, eine so große Unabhängigkeit von den Zufälligkeiten parlamentarischer Mehrheitsbeschlüsse gesichert werden, daß die Kontinuität der Staatsführung verbürgt ist."(315)

Für Messner eröffnete die von der österreichischen Verfassung 1934 geschaffene Regelung "in zweckdienlicher Weise einem Zusammenwirken ständischer und politischer Kräfte Möglichkeiten ... zumal die Einflußnahme der 'Vaterländischen Front' als der Trägerin des Staatsgedankens und der politischen Willensbildung ... vorgesehen ist."(316) In einem anderen Beitrag dachte Messner zur selben Zeit schon an eine weitere Entwicklung der VF, er thematisierte in seiner "Monatsschrift" eine Wahl des Führerrates der VF: "Welche Bedeutung einer Wahl in einem späteren Zeitpunkt der Entwicklung im Sinne der Herstellung wichtiger Kontakte gerade im autoritären Staate zukäme, ist leicht zu ersehen." Für Messner sollte die VF selbst nicht ständisch aufgebaut sein, weil sie die Kontrolle der politischen Eignung der Kandidaten für die Organe der staatlichen Willensbildung vollziehe, "deren Beschickung zum großen Teil durch die Stände erfolgt." Andernfalls müßte die Folge "eine Verengung des Raumes für die eigentlich politischen Kräfte"(317) sein. Er schloß eine spätere Gruppierung dieser Kräfte nach Gesinnungsgemeinschaften in der VF nicht aus. Aber auch diese Überlegungen galten eher dem "Endstadium" und weniger der "Zeit des Überganges".(318)

Während die unversalistische Schule Spanns eine Beteiligung der Stände an der staatlichen Willensbildung überhaupt ablehne, lasse der "reine Korporativismus" Manoilescus die staatliche Willensbildung ausschließlich durch die Stände erfolgen. Mit Brauweiler wandte sich Messner gegen Manoilescus Ideologie(319) der staatlichen Willensbildung nur durch ein korporatives Parlament: "Strikte abzulehnen ist der Gedanke, die jetzigen Parteien durch 'berufständische' Parteien oder das politische Parlament durch ein 'berufständisches' Parlament zu ersetzen (...) Eine ständische Vertretung hat ihre Aufgabe in der Vertretung der ständischen Rechte, sie kann nicht die Aufgabe haben und ist für sie ganz ungeeignet, den Staatswillen zu bilden." "Schwere Bedenken sprechen auch dagegen, die staatliche Organ- und Willensbildung ausschließlich auf eine ständische Volksvertretung zu begründen, weil den politischen, staatsgestaltenden Kräften zu wenig Wirkraum geboten und außerdem das Staatswohl durch das Hin und Her ständischer Interessengegensätzlichkeiten gefährdet wäre."(320)

Der innerste Sinn berufsständischer Ordnung sei aber, den Einzelmenschen vermittels Gliedgemeinschaften in die Gesamtgemeinschaft einzufügen. Die organische Gesellschaftslehre habe den Staat ja vorwiegend als eine Einheit von Familien, Gemeinden und Ständen umschrieben und nicht so sehr als Einheit von Einzelmenschen. "Demnach erscheint es unbestreitbar, daß die Stände, die alle eine Gesamtverantwortung gegenüber dem Wohle des Ganzen zu tragen haben, auch körperschaftlich zu Mitwirkung an der staatlichen Willensbildung berufen sind, so vor allem bei der Bestellung der Organe der staatlichen Willensbildung (Gesetzgebung) und des staatlichen Handelns (Regierung), wozu noch Kontrollrechte hinsichtlich der Verwendung der Steuern kommen (Finanzkontrolle) müssen. - Beides gilt es hiemit zu beachten, wenn die staatliche Willensbildung der Natur des Staates als der Lebensform wirklicher Gemeinschaft des Staatsvolkes entsprechen soll: die Staatsunmittelbarkeit des Einzelbürgers, aber auch die nachbarschaftliche und ständische Gliederung des Staatsvolkes."(321) Einen "reinen" Ständestaat gab es für Messner nicht.

Für Messner war klar, "daß die Ausgestaltung der Vertretungskörper für die staatliche Willensbildung und die Art der Durchführung dieser Willensbildung sehr vielfältig sein kann."(322) Diese Zweckmäßigkeitsfragen hingen weithin von der staatlichen Entwicklung und der politischen Reife, aber auch von der freien Entscheidung eines Volkes ab. Wichtiger als die äußere Form der einzelnen Organe sei aber die Art des Zusammenwirkens dieser Organe, also des Staatsoberhauptes, der Regierung und der Vertretungskörper. In Ländern mit funktionsgerechten demokratischen Einrichtungen könne daher bei berufsständischer Gesellschaftsreform neben das aus allgemeiner Wahl hervorgehende Volkshaus ein Ständehaus treten, das von den Ständen durch Delegierung beschickt werde, obwohl Messner für die Abgrenzung der Zuständigkeiten und das Zusammenwirken dieser beiden Vertretungskörper nicht geringe Schwierigkeiten sah.

Maßnahmen, die das ganze Staatsvolk berührten, dürften zu ihrem Zustandekommen nicht Volksteile ausschließen. Wo aber Maßnahmen nur einzelne Berufsstände beträfen, da fielen sie unmittelbar in deren Selbstverwaltungsbereich, so daß die ständischen und legislativen Gesamtvertretungen nicht bemüht zu werden brauchten. Dies alles ergab für Messner, "daß es auf die rechte Verteilung der Aufgaben der Gesetzgebung und der Beratung ankommt."

Die Aufteilung der Gesetzgebung auf zwei Kammern, von denen jede das Gesamtvolk vertreten solle, stelle eine Doppelgleisigkeit dar, und die Zuweisung der Gesetzgebung auf besonderen Gebieten an einzelne Sonderkammern komme ebenso nicht in Frage, weil die Gesetzgebung Sache des ganzen Volkes sei. "Nicht das Volk bedarf, um mit Constantin Frantz zu reden, einer doppelten Vertretung, sondern der Staat selbst ist es, seine Ordnung, seine Notwendigkeiten ... welche einer Vertretung neben der des Volkes, bedürfen, deren Mitglieder in besonderer Weise die sittlichen und sachlichen Voraussetzungen in sich tragen, um für die Forderungen des staatlichen Gemeinwesens gegenüber allen Schlappheiten und Gegensätzlichkeiten im Volke einzustehen."(323) Messner strich heraus, wie sehr die österreichische Verfassung 1934 von ähnlichen Ideen bei der Errichtung des Staatsrates geleitet gewesen sei, wenn dieser auch nur beratende Stellung habe.(324)

d) Der Unterschied zwischen dem Autoritäts- und Führerprinzip

Für Messner wurzelte die gesellschaftliche Herrschaftsgewalt, die Autorität, in der objektiven, auf das Gemeinwohl gerichteten Ordnung der gesellschaftlichen Gebilde; sie sei Macht, Menschen um des Gemeinwohles willen durch Gesetz zu verpflichten. Dagegen beruhe das Führerprinzip auf der persönlichen Bewährung eines Menschen, die ihm eine Vorrangstellung im Gemeinwesen sichere. Die Auffassung Spanns von der Gesellschaft als Geistwirklichkeit lasse die scharfe Unterscheidung zwischen Autoritäts- und Führerprinzip nicht zu. Messner allein schon wegen des Begriffes "Führerprinzip" als "Austrofaschisten" oder ähnlich einzustufen, verwehren seine weiteren naturrechtlichen Überlegungen: "Diese Unterscheidung von Führerprinzip und Autoritätsprinzip ist sehr wohl vereinbar mit der Überzeugung, daß immer und besonders in der gegenwärtigen Kulturkrise Persönlichkeiten, Führer, notwendig sind, die den Menschen die Augen offen halten oder wieder öffnen für die wahren Werte und ihr Herz dafür entzünden und diesen Werten in der Gestaltung des öffentlichen Lebens die ihnen zukommende Geltung verschaffen. Die angegebene Unterscheidung läßt aber auch klar erkennen, daß jegliches wahre Führertum den natürlichen Ordnungsgesetzen der Gesellschaft unterstellt bleibt und nur soweit echtes Führertum ist, als es seine 'Werttafeln' damit in Übereinstimmung hält."(325) "Führertum ... ist die auszeichnende Kraft, die Werte zu sehen, die das staatliche Gemeinwesen in der jeweiligen Stunde seiner Geschichte zur höchsten Entfaltung bringt, aber auch das Staatsvolk aufzurufen, diese Werte zu erkennen und die Wege zu ihrer Verwirklichung zu gehen." Dabei dürfe nicht übersehen werden, daß die Träger der Staatsgewalt nicht notwendig der Führerschichte "entstammen müssen, setzen doch Regieren und Führersein ganz verschiedene Eigenschaften voraus. Glücklich allerdings das Volk, in dem sie in einem Manne zusammentreffen, aber wehe dem Volke, das einem Herrscher untertan, der staatliche Autorität oder das persönliche Führertum nur durch Usurpation erlangt hat ohne wahre Berufung!"(326) Daß Bundeskanzler Dollfuß dem Ideal des Führertums für Messner sehr nahegekommen ist, dürfen wir mit großer Gewißheit vor allem aufgrund des 1935 publizierten Dollfußbuches annehmen.

e) Zwischenwertung der Haltung Messners zur Parteiendemokratie

Ein durch das begeisterungserweckende Dollfußbuch nicht völlig ausgeschlossenes Mißverständnis, daß Messner nämlich nur für den Ersatz der parlamentarischen Parteiendemokratie durch die Selbstverwaltung der Stände eingetreten sei, ist hier eindeutig geklärt. Was man Messner höchstens vorwerfen könnte, liegt darin, daß er die Frage "Parlament und/oder Ständekammer" für die Verwirklichung einer abgesicherten Demokratie als Nebensächlichkeit abtat und insofern nach der "Selbstausschaltung" nicht in den "Widerstand" ging oder die Wiedererrichtung des österreichischen Parlamentes nicht aktiv förderte, weil er in der Dollfuß-Regierung, ihren Plänen, besonders jenen des Kanzlers und schließlich auch in der Maiverfassung 1934 eine bessere, ja wahre Demokratie(327) gesichert sah, und zwar durch lebendig-demokratische Berufsgemeinschaften von unten her. Im Zeitkontext ist der Vorwurf eines "Austrofaschismus" oder gar "Faschismus" gegen Messner nicht haltbar, weil er sich ganz klar, noch dazu gegen eine im österreichischen "Ständestaat" mitbestimmende Richtung (Spann), für die demokratische Möglichkeit der Mitverantwortung und Mitbestimmung aller Staatsglieder einsetzte und sehr wahrscheinlich in diese Richtung auch Dollfuß beriet. Damit stand Messner gegen Heimwehrtendenzen eines eindeutig totalitären Staates ohne demokratisches Prinzip, gegen den Spannschen Universalismus und gegen die gängige faschistische Staatslehre. Totalitäre Tendenzen im "Ständestaat", die vor allem von den Heimwehrkreisen usw. ausgegangen sind, hat vielmehr der Spannsche Universalismus mit seinem System gestützt.

5.4.5 Der Ständestaat bzw. Korporativstaat

Die Ausführungen zu dieser Thematik verwendete Messner schon kurz zuvor in seiner "Monatsschrift" (Okt. 1936) für den Beitrag "Zur österreichischen Staatsideologie". In diesem Beitrag zeigte sich das nie aufgegebene Minimum seiner Kritik am Begriff "Ständestaat": "Der Ausdruck Ständestaat oder Korporativstaat darf nicht ohne Vorbehalt gebraucht werden (...) Nicht umsonst meidet ihn die österreichische Verfassung 1934 und sagt, jede Mißdeutung ausschließend: 'Der Bundesstaat ist ständisch geordnet.'"(328) Auch die österreichischen Bischöfe dürften Messner dabei gefolgt sein. In einer Kundgebung war nur vom "Staate der berufständischen Neuordnung"(329) die Rede. Eine Spannung erkennt man jedoch bei Messner selbst, weil er im letzten Satz seines genannten Beitrages vom "Gesicht des Ständestaates österreichischer Prägung"(330) sprach, also die Möglichkeit des Begriffes 1936 nicht völlig ausschließen wollte. Der Ausdruck könne nämlich - so Messner dann auch in seinem Buch BO 1936 - eine dreifache Bedeutung haben, deren jede eine grundsätzlich andere folgenreiche Stellungnahme zum Verhältnis Staat - Stände einschließe:(331)

a) Daß Staat und Gesellschaft, Staat und Individuum identifiziert würden und die Stände nur Organe des Staates seien zur völligen Beherrschung der Gesellschaft.

b) Daß die Gesellschaft die alleinige Trägerin von Recht sei und der Staat ganz nur in ihren ständischen, korporativen Leistungsverbänden wurzle.

c) Daß zwar die Eigenbereiche von staatlicher und gesellschaftlicher (berufsständischer) Ordnung auseinandergehalten, aber die wesenhaften Beziehungen beider durch das Zusammenwirken staatlicher und ständischer Einrichtungen zur Geltung gebracht würden.

Ad a) Der Ständestaat als Identifizierung von Staat und Gesellschaft

Im ersten Fall mache sich der Korporativstaat die Totalitätsforderung gegenüber der Gesellschaft zu eigen. Es werde nicht die gegenseitige Zuordnung von Staat und Einzelmensch, von Autorität und Freiheit zur Grundlage der neuen Ordnung genommen. Daß der Staatsgedanke selbst mit der nationalen Sinngebung, die ihm nicht wesensmäßig eigne, versehen werde, komme zum Totalitätsanspruch hinzu. Hier nahm Messner gegen Mussolini(332) und die nationalsozialistische Staatstheorie Stellung. Messner hielt gegen sie fest, daß der Staat nicht nur Organisation, sondern naturgegebene Ordnung der Gesamtgemeinschaft sei und daß er nicht nur Mittel sei, sondern Eigenwert besitze. Die organische Staatslehre, auch die christliche, habe als Zweck des Staates stets die Sicherung der Freiheit nach außen und der Ordnung im Innern sowie die Verwirklichung des Gemeinwohls des Staatsvolkes angesehen. Demgegenüber werde bei den NS-Theoretikern Koellreutter und Bülow der wesenhafte hohe Wert des Staates nicht in ihm selbst gesucht und so Idee und Wert des Gemeinwohls einem Werte und Ziele unterstellt, dem der Staat ausschließlich dienstbar sein solle.(333) Die ständische und korporative Organisation der Gesellschaft werde also das Mittel für den Staat, um die Gesellschaft, das Volk, die Nation auf die Ziele der Staatsführung hinzulenken. Die ständischen Organisationen seien also nicht so sehr von inneren Kräften belebte Gemeinschaftsordnungen als auf bestimmte Ziele abgestellte Organisationen in der Hand des Staates. Wenn sich trotzdem Ansätze der korporativen Selbstverwaltung entwickelten (z. B. in Italien), liege dies vielmehr an der Ablehnung gegenüber zu starren, vorgefaßten Ideologien und einem offenen Blick für die Wirklichkeit.

Ad b) Der Ständestaat des "reinen" Korporativismus

Bei der zweiten Auffassung werde der Schwerpunkt ganz auf die andere Seite des Spannungsgegensatzes von Staat und Gesellschaft verlegt. "Geht nach der eben dargelegten Auffassung die Gesellschaft im Staate auf, so geht nach der jetzt in Frage stehenden der Staat in der Gesellschaft auf. Es ist die Auffassung des 'reinen Korporativismus', welcher die korporative Verfassung der Gesellschaft verselbständigt und den Staat als etwas daraus Abgeleitetes ansieht."(334) Auch für diese gegensätzliche Position seien gedankliche Hilfskonstruktionen notwendig, um der Wirklichkeit wenigstens scheinbar gerecht zu werden. Alles Recht ruhe nach ihr bei den Ständen, welche die souveränen und autonomen Leistungsträger der Gesellschaftseinheit seien, und die Staatsgewalt besitze keinen Rechtsgrund, der von dem der Korporationen verschieden wäre. Der Staat als "Überkorporation" sei eigentlich nur der äußere Rahmen für die einheitliche Erfüllung der den Korporationen eigenen nationalen Funktionen(335). Diese Auffassung verleugne also wiederum das Wesen und die Hoheit des Staates, die in der Gesamtgemeinschaft des Staatsvolkes und in der damit gegebenen Ordnungsaufgabe gelegen sei. Dieser Entwertung des "Politischen" entspreche die von der gleichen Lehre vertretene Verlegung der ganzen staatlichen Willensbildung in eine nur auf die Stände begründete Volksvertretung. Letztlich bestehe die Gefahr, daß in einem solchen Korporativstaat die in den Ständen organisierten Interessenmächte den Staat beherrschten und so eine bedenkliche Auswirkung der liberalistischen Staatsentwertung fortsetzten.

Ad c) Der für Messner einzig legitime Gebrauch des Begriffes "Ständestaat"

Die dritte Auffassung stellte Messner als eigene vor. "In ihr wird dem Staate die ganze Hoheit und Machtfälle gesichert, die ihm zufolge seiner Natur und seiner Aufgabe zukommt, in ihr wird aber auch der Tatsache entsprochen, daß die staatliche Gesamtgemeinschaft nicht allein die unmittelbare Einheit von Individuen ist, sondern daß sie zugleich die Einheit naturwüchsiger Gemeinschaften, der Familien, der nachbarschaftlichen und beruflichen Gemeinschaften ist, die im Staate ihre Gesamtordnung erhalten. Dieser Auffassung kommt es darauf an, mit dem Ausdruck Ständestaat zu sagen, daß nur eine geordnete Gesellschaft Grundlage für einen naturgemäß erfaßten, seiner Hoheit und seiner Machtstellung sicheren Staat sein kann, also eine Gesellschaft, die in allen ihren Lebensordnungen gefestigt ist, eine Gesellschaft, in der die Volksordnung lebendige Wirklichkeit ist. Diese Idee und Wirklichkeit des Ständestaates nimmt für den Staat die ganze, in seiner hohen Aufgabe wurzelnde Autorität in Anspruch und verbürgt sie verfassungsmäßig. Sie verbürgt und sichert aber auch die Eigenrechte und Selbstverwaltung der Gemeinschaften, in denen sich die Volksordnung aufbaut. Stehen diese grundsätzlichen Dinge fest, so ist es eine Zweckmäßigkeitsfrage, wie das Zusammenwirken von Staatsführung und Volksvertretung, von Staatsgewalt und ständisch aufgebauten Kammern am besten geregelt wird"(336).

Bezüglich des Ständestaates interpretierte Messner QA äußerst klar im Dollfuß-Sinn bzw. 1934-Verfassung-Sinn: "Der Staat mit berufständischer Ordnung im Sinne von 'Quadragesimo anno' ist der Staat, der, aus der Umklammerung durch den wirtschaftlichen Interessenstreit und durch die gesellschaftlichen Mächte befreit, in voller Hoheit und Kraft der Sorge um das Gemeinwohl obliegen kann, also der autoritäre Staat; zugleich der Staat, dessen Staatsvolk, in berufliche Leistungsgemeinschaften als Selbstverwaltungskörper gegliedert, gesellschaftliche Aufgaben selbstverantwortlich im Rahmen der Gemeinwohlordnung erfüllt."(337) Messner legitimierte also mit anderen die christliche Auffassung des Ständestaates in Österreich mit der Intention von QA. Damit trifft Messner so wie andere ein eventueller Vorwurf der Überinterpretation klar. Gleich nach seiner QA-Interpretation schrieb er von der österreichischen Verfassung: "In der österreichischen Verfassung 1934 ist das Prinzip des autoritären Staates mit dem der ständischen Gliederung verbunden. Diese ist in der Verfassung selbst allerdings nur in den Grundzügen umschrieben".(338)

Messner formulierte in seinem Werk BO nie eine explizite Kritik am "Ständestaat" Österreich oder an der Verfassung. Er blieb somit seinem zur Begeisterung anspornenden Dollfußbuch treu.(339) Er sah diesen Staat jedenfalls noch im Anfang und in der Zeit des Überganges, der noch lange Zeit bis zum unbedingten Vorrang der berufsständischen Gemeinschaft vor den Interessengruppen, also zur vollen Funktionsfähigkeit der ständischen Organe und der innerlichen Lebendigkeit der ganzen Ordnung benötigen würde.(340)

5.4.6 Der Staat und die berufsständische Neuordnung der Gesellschaft (mit weiterem Österreichbezug)

"Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft ist einer der entscheidenden Ansatzpunkte für richtiges berufständisches Denken."(341) In Österreich gelte grundsätzlich, daß die berufsständische Ordnung von den gesellschaftlichen Kräften selbst getragen sein müsse und daß eine wirkliche Gesellschaftsreform - möglichst an das bestehende Verbandwesen anknüpfend - dieses im Sinne des berufsständischen Gedankens organisch fortbilden solle. Dem Staat werde indessen aufgrund seiner Gemeinwohlverpflichtung die Aufgabe zuerkannt, "bestimmend einzugreifen, die gesellschaftliche Neugestaltung zu leiten und auch die organisatorischen Grundlagen der gesellschaftlichen Reform zu schaffen."(342)

"Geht man von der auf wesenhafte Naturforderungen zurückgehenden Staats- und Gesellschaftslehre aus, so kann es grundsätzlich nicht zweifelhaft sein, 1. daß Staatsinitiative und Privatinitiative bei der berufsständischen Neuordnung der Gesellschaft zusammenwirken müssen; 2. daß das Ausmaß der staatlichen Initiative und die Erfolgsaussichten einer mehr auf die Privatinitiative gestützten Reformbewegung ganz weitgehend von den Umständen des einzelnen Landes abhängig sind; 3. daß es grundsätzlich, wenn die Gesundungskräfte des Gesellschaftskörpers aus sich zu schwach sind oder durch machtpolitische Bestrebungen einer oder einzelner Gruppen im Staate behindert werden, durchaus in dem Aufgabenbereich der Staatsgewalt gelegen ist, daß sie die berufständische Neuordnung von sich aus in die Wege leitet, wenn nur die wahren Ziele klar im Auge behalten und das ganze Werk der Gesellschaftsreform ihnen unterstellt bleibt, nämlich die Wiedererweckung der naturgebotenen Gemeinschaftsordnungen und der naturgegebenen Gemeinschaftsrechte im Gesellschaftskörper. Der Staat hat das Recht zu solch weitgehender Initiative, weil die naturgemäße Ordnung der Gesellschaft eine unerläßliche Voraussetzung für eine volle und dauerhafte Verwirklichung des Gemeinwohles ist, ... 4. daß ein wirklicher Totalitätsanspruch des Staates gegenüber der Gesellschaft deren Reform im Sinne des berufständischen Gedankens ausschließt."(343)

Messner wurde noch deutlicher im Sinne des österreichischen Weges. Der Staat werde die Rolle des Arztes übernehmen müssen, weil doch die Eigenkräfte des Gesellschaftskörpers durch die 100 Jahre wirkende individualistisch-kollektivistische Zersetzung so geschwächt seien, daß ohne nachhaltige Einwirkung des Staates auf eine Gesundung des Gesellschaftskörpers im Sinne der berufsständischen Neuordnung nicht gehofft werden könne. "Dabei kann es wohl vorkommen, daß der Staat vorübergehend sogar zu Maßnahmen greifen muß, welche als Einschränkung naturgegebener Rechte erscheinen, wie etwa des Rechtes der freien Vereinigung, wenn diese zur Erreichung notwendiger organisatorischer Ziele notwendig ist. Er hat die Befugnis dazu, soweit es das Wirksamwerden der innersten gesellschaftlichen Ordnungskräfte und der echten Gemeinschaftsrechte erfordert und soweit die Erreichung des Rechtszweckes jener eingeschränkten Rechte, z. B. des Koalitionsrechtes, auf anderem Wege gesichert ist (...) Weitgehende Eingriffe können für ihn geboten und gerechtfertigt sein, wenn er sich nur über Ziel und Weg im klaren ist angesichts des wesenhaften Verhältnisses von Staat und Gesellschaft und der Ordnung, die für beide bestimmend ist."(344) Messner gab sich hier "staatsinterventionistisch".

Diesbezüglich wies Messner sogar eine Kritik an der veränderten portugiesischen Verfassung als unberechtigt zurück(345), in der es dem Staat oblag, die Korporationen im Rahmen des Gesetzes zu bevollmächtigen sowie ihre Bildung zu veranlassen und anzuregen. Pereira dos Santos hatte nämlich gemeint, daß das Abhängigmachen der Korporationen von der Bevollmächtigung durch den Staat, noch mehr aber die Einschränkung ihrer Tätigkeit auf den gesetzlichen Rahmen dem natürlichen Recht der Einzelnen auf freie Vereinigung zu erlaubten Zwecken widerspreche. Messner wehrte diese Kritik sicher auch ab, weil sich ähnliche Bestimmungen in der österreichischen Verfassung fanden, wie er selber feststellte.(346) Diese lege die ständischen Hauptgruppen (Art. 48) fest und bestimme nämlich, daß "den Berufständen durch Gesetz die Selbstverwaltung ihrer berufseigenen Angelegenheiten unter der Aufsicht des Staates ermöglicht wird." (Art. 32). für Messner übersahen die Einwände dos Santos', "daß die Entartung der Gesellschaft der nachhelfenden, ja formenden Hand des Staates nicht entbehren kann, wenn sie zu ihrer naturgemäßen Gemeinschaftsordnung zurückfinden soll, zumal die individualistischen Gegenkräfte noch überstark sind."(347)

5.5 Berufsständische Ordnung und wirtschaftliche Ordnung

5.5.1 Die Aufgabe der berufsständischen Ordnung auf dem Gebiet der Wirtschaft

a) Grundsätzliche Ausführungen

Berufsständische Ordnung sei gesellschaftliche Ordnung, also wiederum nicht unmittelbar Wirtschaftsordnung. Selbstverständlich komme ihr ein wesentlicher Anteil an der Aufgabe zu, "der kapitalistischen Wirtschaftsweise die rechte Ordnung zu geben" (vgl. QA 101). Es sei aber falsch, die berufsständische Ordnung nur auf die Wirtschaft beschränken oder in ihr vor allem ein Wirtschaftssystem sehen zu wollen. Die Neuordnung bedeute indessen insofern auch wirtschaftliche Ordnung, als die gesellschaftlichen Ordnungskräfte, die in ihr ruhten, auch der Ordnung der Wirtschaft zugute kämen.

"Berufständische Ordnung schließt kein Wirtschaftssystem ein, ... weil sie verschiedenen Wirtschaftsweisen die rechte Ordnung geben kann." Noch klarer sagte Messner gegen Romantizismus und einen "dritten" Weg: "Nur wenn man sich über diese grundlegenden Sachverhalte klar ist, wird man der Gefahr entgehen, sich in die Nachahmung geschichtlicher Formen ständischen Lebens auf dem Gebiete der Wirtschaft zu verlieren, aber auch der Gefahr, zu sehr nur ideologisch neue Systeme 'korporativer Wirtschaft' konstruieren zu wollen."(348)

Es sei von höchster Wichtigkeit, daß die Wirtschaft ihrer naturgemäßen Ordnung zugeführt werde, weil durch die Wirtschaft die zerstörenden Kräfte des Individualismus im ganzen Gesellschaftskörper am stärksten wirksam geworden seien. "Zu einem Gutteil war die tiefgehend soziale Unruhe des 19. und 20. Jahrhunderts eine Auswirkung der die Gesellschaft immer aufs neue aufwühlenden individualistischen Marktmechanik (...) Es wird also auch die Wirtschaft sein müssen, der gegenüber die berufständische Ordnung ihre gesellschaftliche Ordnungskraft vor allem wird bewähren müssen."(349) Messner sprach sich ganz klar gegen jene "sozialreformerischen" Bestrebungen aus, die mehr ein Transponieren der sozialistischen Kapitalismuskritik in die Terminologie eines falsch verstandenen Korporativismus seien als eine Überwindung der individualistisch-kollektivistischen Doktrinen.(350)

b) Voraussetzungen für die berufsständische Neuordnung der Wirtschaft

Die grundlegenden Voraussetzungen für die Neuordnung der Wirtschaft im Sinne der berufsständischen Ordnung waren laut Messner:(351)

(1.) Volkswirtschaft sei die Wirtschaft des staatlich geeinten Volkes unter dem Gesetze des Gemeinwohls (der sozialen Gerechtigkeit):

Daß die soziale Gerechtigkeit das Ordnungsprinzip der gesellschaftlichen Wirtschaft sein müsse, sei neben der Forderung der berufsständischen Neuordnung der beherrschende Gedanke von QA. für das päpstliche Rundschreiben sei aber auch die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit bestimmendes Ziel der berufständischen Gesellschaftsordnung, wie aus den Überlegungen über das "regulative Prinzip der Wirtschaft" (QA 88) klar hervorgehe.(352)

(2.) Dem Staat eigne ein Primat gegenüber der Wirtschaft:

Gebe auch die Norm des Gemeinwohls nicht das genaue Ausmaß des einzelnen Staatseingriffes an, da ja dabei immer nach menschlichem Ermessen vorgegangen werde müsse, so sei es doch eine objektive Norm, welche nach der Seite der Intervention wie der Nichtintervention Grenzen eindeutig abstecke, wenn auch dazwischen, wie in allen Fragen der Verwirklichung der Gerechtigkeit in der Gesellschaft, ein Spielraum von ziemlich großer Spannweite bleibe. Wo jedoch diese objektive Norm nicht anerkannt werde, bleibe alles dem subjektiven Ermessen der Staatsführung anheimgestellt.(353) Gerade einer kollektivistischen Entwicklung aber solle die berufsständische Ordnung vorbeugen, denn der Primat des Staates finde seine Grenzen an den Eigenrechten der beruflichen Gemeinschaften.

(3.) Berufsständische Ordnung sei ebensowohl Freiheitsordnung wie Gemeinwohlordnung:

"Das Verhältnis von Freiheit und Bindung im Wirtschaftsleben, auf dessen rechte Ordnung alles ankommt, ist kein starres."(354) Es sei darum falsch, die berufsständische Ordnung der Wirtschaft nur als ein System von Bindungen aufzufassen. Das Naturrecht jedoch erkläre seiner wahren Idee nach auf allen Gebieten des menschlichen und gesellschaftlichen Lebens und auch auf dem wirtschaftlichen ein ganz großes Ausmaß von Freiheitsrechten für unverletzlich. "Denn das Gemeinwohl selbst setzt die Wirksamkeit eines wohlgehüteten Bereiches der Freiheit voraus, und zwar gerade im Wirtschaftsleben, da die Gemeinschaft schließlich keine anderen Hände hat als die der Einzelnen und da das Wohl der Gemeinschaft dann am besten bestellt ist, wenn sich diese Hände regen können, ja regen müssen. In der Tat, es wird bald notwendig sein, nicht nur auf dem Gebiete des Staatslebens, sondern auch des Wirtschaftslebens mit größtem Nachdruck an das Grundgesetz gesellschaftlichen Lebens zu erinnern, daß die staatliche Kraftentfaltung wie die wirtschaftliche Volkswohlfahrt an die Wahrung der Freiheitsrechte im ganzen Bereiche gesellschaftlichen Lebens gebunden ist und daß es in diesem Sinne für den Staat sowohl wie für den Einzelmenschen im Wirtschaftsleben eine Verpflichtung zur Freiheit gibt, mag diese auch oft mit Schwierigkeiten und Opfern verbunden sein."(355) Messner betonte hier seinen Text mit dem äußerst seltenen Fettdruck! Hier zeigte sich seine sozialrealistische Sicht gegen viele korporative Strömungen auch in Österreich. "Zu den Freiheitsrechten des Einzelnen und zu den natürlichen Anlagen des Menschen, aber auch zu den natürlichen Antrieben des wirtschaftlichen und sozialen Fortschrittes gehört auch das Gewinnstreben."

(4.) Entscheidend für eine wahre Ordnung der Wirtschaft seien die berufsständischen Ordnungsfunktionen:

Diese machten das eigentliche Leben des Ständewesens aus, nicht die Organisation, die das Mittel zur Erfüllung dieser Ordnungsfunktionen sei. Diese Ordnungsfunktionen seien nach dem Subsidiaritätsprinzip sowohl die Einordnung der ständischen Gruppeninteressen in das Gemeinwohl der Gesamtgesellschaft wie die Wahrung des Freiheitsbereiches der Einzelnen und der Gemeinschaften.

(5.) Berufsständische Ordnung der Wirtschaft sei nicht möglich ohne berufsständischen Gemeinsinn:

Die Forderung nach der Voranstellung des Gemeinwohls vor das Einzelinteresse bestehe in allen Formen berufsständischer und korporativer Bestrebungen, wenn ihr auch verschiedene Ausdeutungen gegeben würden.(356)

5.5.2 Die Grundverfassung der Wirtschaft in der berufsständischen Ordnung

Die berufsständische Ordnung stehe auch auf dem Gebiet der Volkswirtschaft im Dienste der Idee der Gemeinwohlgerechtigkeit. "Denn die Gemeinwohlgerechtigkeit ist, wie Quadragesimo anno (88) sich ausdrückt, das 'regulative Prinzip' (directivum oeconomiae principium); die soziale Gerechtigkeit ist das Ordnungsprinzip der Volkswirtschaft, sie bestimmt die Grundverfassung der volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft."(357) Die bezeichnete Aufgabe der berufsständischen Ordnung bedeute vor allem, sie müsse die Gemeinwohlverpflichtungen des Einzelnen durch geeignete Einrichtungen wirksam machen, indem sie diese rechtlich umschreibe (Schaffung von Verantwortung) und die Erfüllung im weiteren überwache (Schaffung von Kontrolle). In QA sei das Mittel der Ordnung des Wettbewerbs auch in der doppelten Art von Einrichtungen gesehen, eben in der Festlegung von Verantwortlichkeit und wirksamer Kontrolle.(358)

Der Gedanke der Leistung werde unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit in doppelter Hinsicht bestimmend. Erstens verpflichte die Gemeinwohlgerechtigkeit zu der bestmöglichen Leistung gegenüber der Gemeinschaft, zweitens berechtige sie auch zu dem Anteil an dem wirtschaftlichen Ertrag der Zusammenarbeit in der volkswirtschaftlichen Leistungsgemeinschaft, welcher der Leistung entspreche. Der so in den Mittelpunkt berufständisch verfaßter Wirtschaft tretende Leistungsgedanke widerspreche der vom bloßen privatwirtschaftlichen Rentabilitätsprinzip bestimmten Form der Konkurrenzwirtschaft(359) und ebenso der Form der organisierten Wirtschaft, die dem gleichen Rentabilitätsprinzip in monopolistischer Marktbeherrschung (vgl. QA 106: "Vermachtung der Wirtschaft") nachstrebe.

Zum Wesen berufsständischer Wirtschaftsverfassung gehöre es nämlich, daß der sozialen Gerechtigkeit dahin Genüge geschehe, "daß erstens alle möglichst nach ihrer Leistungsfähigkeit in die volkswirtschaftliche Leistungsgemeinschaft einbezogen werden (Recht zur Arbeit), daß zweitens die für die Lebens- und Kulturaufgaben der Gesamtgemeinschaft erforderlichen Leistungen nach Art und Umfang verbürgt sind durch die Gesamtverantwortung der Berufstände, daß aber auch drittens die Leistung, womit die Berufstände, ihre Gruppen und ihre Einzelglieder zur Erstellung des Sozialproduktes mitwirken, für ihr Einkommen aus dem Ertrage dieser Zusammenarbeit allein bestimmend ist (...) wenn die Gerechtigkeit das Formprinzip der Volkswirtschaft ist, dann ist die Leistungsidee ihr Wertungsprinzip: beide sind aber eins, nur von verschiedenen Gesichtspunkten aus gesehen."(360)

Aus der Leistungsidee folge notwendig der Leistungswettbewerb als bewegende Kraft der Wirtschaft. "Deshalb hat berufständische Ordnung nichts zu tun mit staatlicher oder ständischer Planwirtschaft. Denn die staatlichen oder ständischen Ordnungsgewalten sind keinesfalls zu wirtschaftlicher Initiative berufen, sondern nur zur Regelung und Überwachung des Wirtschaftslebens nach den Forderungen des ständischen Gemeinwohles."(361) Die Art der Subsidiarität einer Tätigkeit des Staates bei Eisenbahn, Post und Telegraph, welche die Kräfte der Privatinitiative übersteigen würden, sei offensichtlich. Ansonsten sollte die freie genossenschaftliche Selbsthilfe viele Aufgaben erfüllen helfen. "Daher ist Wirtschaftsführung grundsätzlich ... Sache der Einzelnen."(362) Die berufsständischen Körperschaften selbst seien nicht als Wirtschaftsträger zu denken. Gegen die Universalisten hielt Messner mit A. Weber fest, daß "der Erfolg ... doch in erster Linie von den einzelnen Unternehmungen aller Wirtschaftszweige"(363) abhänge.

"Die naturgemäße Verfassung der auf das Privateigentum begründeten arbeitsteiligen Volkswirtschaft ist der Wettbewerb." Der Leistungswettbewerb als Wesensbestandteil einer berufsständisch verfaßten Volkswirtschaft ergebe sich schon daraus, daß diese ebensosehr Freiheitsordnung wie Gemeinwohlordnung sei. Die wahre Freiheitsordnung habe zu verbärgen, daß der Einzelne seine ganzen Kräfte einsetzen könne, um die bestmögliche Deckung seiner Lebens- und Kulturbedürfnisse in der gesellschaftlichen Wirtschaft bei Einhaltung der Gemeinwohlnorm zu erzielen. "Das und nichts anderes ist der Wettbewerb im Wirtschaftsleben. Diese Grundsätze über Leistung und Einkommen gelten ebenso vom Arbeitereinkommen wie vom Unternehmereinkommen." Es sei richtig, gegenüber jeglichen Spielarten des kollektivistischen Sozialismus den Wesenszug der naturgemäß geordneten Volkswirtschaft darin zu sehen, daß diese auf dem Privateigentum und auf der Privatinitiative beruhe. Eine gesellschaftliche Wirtschaft unter solchen rechtlichen Voraussetzungen könne nur als Wettbewerb vor sich gehen, "da die Einzelnen dann im Tauschverkehr durch Güte und Umfang ihrer Leistungen Gewinn und Einkommenserhöhungen zu erzielen berechtigt sind."(364)

Ebenso sei der Leistungswettbewerb in der Gemeinwohlordnung begründet. Die der volkswirtschaftlichen Zusammenarbeit entstammende wirtschaftliche Wohlfahrt hänge nicht nur von der Hinordnung der Einzelleistungen auf das Ganze ab, sondern in den Leistungen müsse auch nach Art und Größe das Beste geboten werden, was möglich sei. "Man darf also nicht nur auf die Ordnung an sich sehen, die das Gemeinwohl gebietet, sondern auch auf ihren Inhalt, auf das Ausmaß der wirtschaftlichen und sozialen Wohlfahrt." Die vom Gemeinwohl her also erforderlichen besten Leistungen erfolgten gemäß Erfahrung der Menschheit nicht über staatlichen Befehl. "Um des Gemeinwohles, um des wirtschaftlichen und sozialen Fortschrittes willen muß somit der Wettbewerb als bewegende Kraft der Wirtschaft bestehen, muß Regsamkeit und Rührigkeit im Wirtschaftsleben durch den Wettbewerb erzwungen werden. Er ist ebenso in der Gemeinwohlordnung wie in der Freiheitsordnung der Gesellschaft begründet."(365)

5.5.3 Die Ordnung des Wettbewerbs

Die Unterkapitel der Wettbewerbsthematik behandelte Messner sehr ausführlich, weil es sich um eine schwierige und vieldiskutierte Materie handelte.(366)

Der geordnete Wettbewerb sei also wesenhafter Bestandteil einer naturgemäßen Verfassung der arbeitsteiligen Volkswirtschaft. Die Wie-Frage sei allerdings eine der schwierigsten der Nationalökonomie und der Wirtschaftsgesetzgebung. Die berufsständische Ordnung habe sowohl für die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zu sorgen als auch für dessen Bindung an die Gemeinwohlnorm. "Daher hat der berufständische Gedanke an sich ganz und gar nichts gemein mit dem Planwirtschaftsgedanken. An sich! Daß er heute vielfach planwirtschaftlich mißdeutet wird, das ist allerdings richtig. Es ist dies die große Gefahr für den berufständischen Gedanken, gegen die sich das vorliegende Buch mit ganzer Kraft wendet."(367) Der Wettbewerb bedürfe der gesellschaftlichen Ordnungskräfte, damit er seine wirtschaftliche Ordnungsfunktion gesichert entfalten könne. "Beseitigung des Wettbewerbes ist nicht Ordnung des Wettbewerbes." Im Gegensatz zur schrankenlosen Freiheit mußte für Messner zunächst der Grundsatz der Verantwortung des Einzelnen vor dem Gemeinwohle auch in der Wirtschaft und im Wettbewerb gelten, "diese Verantwortung daher im Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht gesetzlich festgelegt werden, ohne daß die Kräfte des Wettbewerbes dadurch gelähmt werden. Damit muß die zureichende Kontrolle verbunden sein, ... die rasch, zuverlässig und billig arbeitet und zugleich in das Wirtschaftsleben nicht mehr als notwendig eindringt."(368)

a) Die Verantwortung

Die ganze Erfahrung mit den Gesetzen gegen den unlauteren Wettbewerb bezeuge nämlich ein Doppeltes: einmal, daß ein allgemeines Wettbewerbsrecht nur eine Rahmenregelung bieten könne, die die wichtigsten Tatbestände unlauteren Wettbewerbs umschreibe, aber nicht vorsichtig genug gehalten werden könne, wenn sie nicht den echten Leistungswettbewerb selbst behindern solle; außerdem aber sei anerkannt, daß diese Rahmengesetzgebung der Ergänzung durch ihre Fortbildung auf die Sonderverhältnisse im Wettbewerb in den verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft sowie durch eine Rechtsprechung bedürfe, die im Einzelfall das Recht nach den im Gemeinwohl gegebenen Gesichtspunkten im Geiste des Gesetzgebers zu finden vermöge.

Diese beiden Erfahrungstatsachen wiesen für Messner ganz offensichtlich auf die soziale Ordnungsfunktion berufsständischer Organe hin, also auf gesellschaftliche Zwischenglieder, die zwischen dem Staat und dem Individuum stünden. Sie würden die besonderen Verhältnisse ihres Bereiches kennen und darum zu ihrer Regelung im Sinne des allgemeinen und berufsständischen Gemeinwohles besonders befähigt sein.

Gerade die berufständische Ordnung biete besondere Voraussetzungen für eine auf privatwirtschaftlicher Preiswahrheit und volkswirtschaftlicher Preisrichtigkeit begründete Rechtsprechung. Dies seien die beiden Maßstäbe wirklicher Wettbewerbsordnung, welche auch entscheidend seien für die Wirksamkeit der Verantwortung im Wirtschaftsleben. "Dem Staate standen in der individualistischen Gesellschaft vielleicht für besonders schwierige Lagen keine anderen wirksamen Mittel der Wettbewerbsregelung zur Verfügung als die ganz groben der Preisbindungen, der Mindestpreisfestsetzungen, der weitgehenden Wettbewerbsdrosselung. Die Berufstände haben dagegen zu zeigen, daß die wesenseigenen Formen der Wettbewerbsregelung ... wirklich Verantwortung aufzurufen und wirksam zu machen vermögen. ... nur soweit die berufständischen Formen der Wettbewerbsregelung dies vermögen und nicht zur Zwangsjacke für die Wirtschaft zu greifen brauchen, werden sie ihrer Aufgabe wirklich gerecht."(369) Hohe Anforderungen formulierte Messner hier. Gerade in der berufsständischen Ordnung werde "eine Rahmenregelung hinreichen, die der Schiedsgerichtsbarkeit berufständischer Organe Handhaben zur Wahrung der vom Gemeinwohl gebotenen Ordnung bietet, aber gerade im Interesse des Gemeinwohls selbst den Wettbewerb den möglichen Spielraum sichert."(370)

"Gesamtverantwortung und Gesamtehre sind es ja, die das ganze Mark der berufständischen Ordnungskräfte ausmachen, aus ihnen muß daher auch in erster Linie die berufständische Ordnung der Wirtschaft leben und vor allem die Ordnung des Wettbewerbes."(371) Erst die berufsständische Ordnung schaffe die Voraussetzungen, sie voll wirksam zu machen. Denn für sie würden Berufsehre und Standesbewußtsein für die ganze öffentliche Meinung in Stand und Volk bestimmend sein entgegen dem grundsätzlichen moralischen Indifferentismus des Individualismus. In den neuwerdenden Gemeinschaftsbereichen würden deshalb schon mit der beginnenden Selbstverwaltung der Berufsstände die sittlichen Maßstäbe eine besondere Geltung erlangen müssen.(372) Messner war an dieser Stelle wiederum sehr optimistisch, was den Erfolg des Aufbauwerkes anlangte, auch wenn er für die Erziehung zu Berufs- und Standesbewußtsein die Zeit einer Generation ansetzte.

Doch die Aufgabe werde unterstützt vom gleichzeitig damit einhergehenden Ausbau der berufsständischen Einrichtungen, "wodurch institutionelle Staudämme gegen das Durchbrechen verantwortungslosen Interessengeistes und hemmungslosen Amoralismus geschaffen werden. Wenn berufständische Ordnung nichts anderes vermöchte als durch institutionelle Sicherungen die Wirksamkeit des Gesetzes der Grenzmoral auszuschließen ... dann wäre die wichtigste Voraussetzung für eine Ordnung des Wettbewerbes schon gegeben. Gewiß werden auch die besten Einrichtungen ohne die entsprechende Gesinnung schließlich versagen, aber das eine vermögen sie bestimmt: den Wurzelgrund einzuhegen für das Wachstum eines wirksamen Bewußtseins der Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft und der Verantwortung vor deren geschriebenen und ungeschriebenen Rechte. Kommt dazu eine sorgfältige und nachhaltige Erziehung zu einem solchen Standes- und Gemeinschaftsethos von Jugend auf ... aber auch in der Fortbildung der Erwachsenen, dann werden die Einrichtungen des Wirtschafts- und Wettbewerbsrechtes staatlicher und berufständischer Art mehr und mehr mit innerem Leben erfüllt. werden (...) Die öffentliche Meinung selbst muß eine solche sein, daß sie zum unerbittlichen Richter und Rächer jeglicher Verstöße gegen die Lauterkeit des Wettbewerbes wird (...) Man sei überzeugt, daß ein solches ungeschriebenes Wettbewerbsrecht viel wirksamer ist als jedes geschriebene, sei es noch so vollkommen."(373)

b) Die Kontrolle

Das Schwergewicht berufständischer Wirksamkeit werde in der geeigneten Kontrolle liegen, in einer sicheren und wirksamen Überwachung der Erfüllung der Verantwortungsverpflichtungen, die durch das allgemein Wirtschaftsrecht, die Gemeinwohlnorm und die guten Sitten begründet seien. "Gerade weil durch eine solche Kontrolle der Begriff der guten Sitten voll rechtswirksam wird, kann in der berufständischen Ordnung auf eine funktionswidrige rechtliche Engmaschigkeit des Wirtschaftsrechtes verzichtet werden."(374) Der besondere Vorzug einer berufsständischen Kontrolle sei, daß sie aus einer gemeinschaftsgebundenen Gesamtverantwortung heraus erfolge und deshalb Maßstäbe vorfinde, die mindestens ebenso stark in dem ungeschriebenen Rechte der von der Berufsgemeinschaft getragenen Wettbewerbsmoral gegeben seien als in den gerade auf diesem Gebiet immer unzulänglichen formalrechtlichen Begriffsbestimmungen.(375) "Nichts wäre für die Volkswohlfahrt gefährlicher und auf die Dauer dem berufständischen Gedanken selbst nachteiliger als eine polizeiliche Reglementierung der Wirtschaft."(376) Die Lehren der Geschichte waren für Messner eindeutig: "Im ständischen Bereiche muß ein Weg zur Ordnung des Wettbewerbes gefunden werden, der ebensoweit entfernt ist von einer Reglementierung des Marktes wie von der der individualistischen Wirtschaft vorgeworfenen Anarchie des Marktes." Die Reglementierungsgefahr und damit verbundene Zerstörung des guten Rufes des berufsständischen Gedankens (oder rechtverstandenen "Ständestaates"!, Anm. v. Verf.) werde nur vermieden, "wenn die Verantwortungspflichten und Kontrollmaßnahmen durch berufständische Einrichtungen in solcher Weise wirksam gemacht werden, daß die größtmögliche Freiheit des Wettbewerbes im Rahmen einer von den Berufständen getragenen und durch ihre Organe gesicherten Wirtschaftsmoral gewährleistet ist."(377)

Der Berufsstand trage die Gesamtverantwortung für Art und Umfang der Leistung, die seine Glieder in ihrer Gesamtheit für die Gesellschaft zu erbringen hätten. Er sei deshalb auch erstzuständig für die Kontrolle des Wettbewerbs, in dem seine Gesamtleistung zustande komme. Zwei gleich wichtige Aufgaben habe die Kontrolle des Wettbewerbs: Sie habe erstens die Unlauterkeit des Wettbewerbs und zweitens seine Unterbindung abzuwehren.

"Wie bei allen ständischen Aufgaben, die die Interessen eines Standes, aber auch Interessen anderer ständischer Gruppen oder der Allgemeinheit berühren, müssen auch bei der Wettbewerbskontrolle jene ständischen Gruppen und nicht zuletzt die Konsumenten - denn auf die Bedarfsdeckung, auf den Konsum, auf die Befriedigung der Verbraucher ist ja schließlich die ganze Wirtschaft gerichtet - mitwirken."(378) In den einzelnen Fällen (Delikten) müßte ein berufsständischer Kontrollausschuß befaßt werden, der "gebildet ist aus Vertretern aller an der zu treffenden Regelung interessierten ständischen Verbände sowie der Verbraucherverbände."(379) Diese Art der Zusammensetzung verbärge nicht nur den Konsumentenschutz, sondern auch den Konkurrentenschutz. Der Realist Messner vergaß nicht, daß die Zeit "dabei nach jeder Hinsicht Lehrmeisterin" sein werde, "da ja gerade auf diesem Gebiete erst Erfahrungen im Zuge des allmählichen Ausbaues der ständischen Einrichtungen gemacht werden müssen."(380)

Durch diese ganze Art berufsständischer Wettbewerbskontrolle werde ein Doppeltes erreicht: "Der Staat wird durch sein Wirtschaftsrecht nach wie vor die allgemeinen Grundlagen festlegen, aber für alle Einzelheiten, namentlich für die Gestaltung der Preise, muß die Wirtschaft selbst die Verantwortung übernehmen."(381) "Das hat allerdings zur Voraussetzung, daß die Aufgaben, aber auch das Verfahren der berufständischen Wettbewerbskontrolle so eingerichtet sind, daß deren Organe sich ihrer Verantwortung nicht leicht entziehen können"(382).

Messner sah in seinen genaueren Vorstellungen auch den Vorteil, daß die Beurteilung der Rechts- und Sittengemäßheit einzelner Fälle nicht mehr ordentlichen Gerichten zustehe, die auf diesem Gebiet zu einem guten Teil versagt hätten, weil die Schwierigkeit der Beurteilung der oft verwickelten Wettbewerbsfragen eine besondere Einsicht in den wirtschaftlichen Sachverhalt erfordere. Neben den berufsständischen Organen der Wettbewerbskontrolle könnten Ehrengerichte eine sehr segensvolle Tätigkeit entfalten, die ausschließlich durch Unternehmer besetzt wären.(383)

c) Die dreifache Aufgabe des geordneten Wettbewerbs

"1. Durch ihn wird das Rationalprinzip in der Volkswirtschaft verwirklicht, das heißt die beste Bedarfsdeckung mit den vorgegebenen Gütern und Arbeitskräften gewährleistet".

"2. Der Wettbewerb ist das sicherste Mittel zur Verwirklichung der Preisgerechtigkeit, weil in der geordneten Konkurrenz alle Bestimmgründe, die für den Wert der Wirtschaftsgüter nach der Seite des subjektiven Nutzens wie der der objektiven Kosten ausschlaggebend sind, wirksam werden können."

"3. Der Wettbewerb ist der unnachgiebige Antrieb des wirtschaftlichen Fortschrittes" und bewirke dadurch höheren Gewinn für den besseren Produzenten (sowohl quantitative als auch qualitative Konkurrenz).(384)

5.5.4 Grundfrage: Berufsständische Ordnung und kapitalistische Wirtschaft?

An Hand seiner dargelegten Grundlinien berufsständischer Wirtschaftsverfassung war für Messner die Frage leicht zu entscheiden, in welchem Verhältnis Korporativismus und Kapitalismus stünden. "Zunächst sei noch einmal daran erinnert, daß berufständische Ordnung in erster Linie ebensowenig ein Wirtschaftssystem ist, wie sie ein Staatssystem ist. Sie ist gesellschaftlicher Natur, beinhaltet gesellschaftliche Ordnungsaufgaben und hat sich an all den möglichen und tatsächlichen Wirtschaftssystemen zu bewähren, mögen diese vorwiegend agrarischer, handwerklicher oder kapitalistischer Art sein."(385)

Im übrigen hänge alles von der Fassung des Kapitalismusbegriffes ab. "Sieht man mit K. Marx den Kapitalismus als gesellschaftliches Gewaltverhältnis auf Grund des Privateigentums an, dann ist selbstverständlich ... dieses Gewaltverhältnis zu beseitigen. Gehen aber die sozialen Schäden der kapitalistischen Wirtschaft auf die individualistische Entartung einer Wirtschaftsweise zurück, in der das private Kapitaleigentum und das Lohnverhältnis bestimmend sind, dann ist es klar, daß die Gesellschaftsreform im Sinne des berufständischen Gedankens dieser Wirtschaftsweise nur 'die rechte Ordnung geben' (Quadragesimo anno 101) muß."(386)

Dies werde noch klarer, wenn man nicht vom soziologischen, sondern vom ökonomischen Begriff des Kapitalismus ausgehe. "Diesem zufolge ist der Kapitalismus die unmittelbar vom Kapitalsinteresse, also vom Eigentumsinteresse bewegte gesellschaftliche Wirtschaft. Daraus ergibt sich für die Gesellschaftsreform die doppelte Frage: ob eine solche Stellung des Kapitalsinteresses als bewegende Kraft der gesellschaftlichen Wirtschaft zur Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Wohlfahrt eines wachsenden Volkes erforderlich ist und ob das Kapitalsinteresse bei einer solchen Stellung dem Sozialzwecke der Wirtschaft, dem wirtschaftlichen Gemeinwohl, eingeordnet werden kann." über die Bedeutung des Kapitalsinteresses als bewegende Kraft der Wirtschaft gebe die Leistung des Kapitalismus im neunzehnten Jahrhundert Aufschluß; von der Antwort auf die zweite Frage hänge es aber entscheidend ab, wieweit der Kapitalismus für eine Sozialreform überhaupt zugänglich sei.

Bei der Beantwortung dieser Frage müsse ein Doppeltes unterschieden werden: Die soziale Vormachtstellung des Kapitals und seine wirtschaftliche Vormachtstellung. Vom berufsständischen Gedanken her sei es zu bejahen, daß das Zusammenwirken von Kapital und Arbeit so geordnet werden könne, daß die dienende Stellung des Kapitals in der volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft gesichert und seine soziale Vormachtstellung ausgeschlossen sei. "Denn die berufständische Ordnung besitzt Mittel, das Verhältnis von Kapital und Arbeit, von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so zu ordnen, daß in der Zusammenarbeit beider die soziale Abhängigkeit der Arbeit beseitigt und Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichberechtigt die aus der Arbeitsverbundenheit ('Lohnarbeitsverhältnis') entspringenden Verhältnisse regeln, womit an die Stelle des 'Gewaltverhältnisses' das 'Rechtsverhältnis' zur Geltung gebracht wird."(387)

Außer der sozialen Vormachtstellung stehe die wirtschaftliche Vormachtstellung des Kapitals zur Frage. Durch die Kapitalismuskritik sei immer wieder hervorgehoben worden, daß in der individualistischen Konkurrenzwirtschaft der kapitalskräftigere Unternehmer schon allein durch seine Kapitalmacht einen Vorsprung vor den übrigen Konkurrenten hätte. "Tatsächlich konnte auch ein Wettbewerb, wie sich ihn die klassische Nationalökonomie dachte, nur bestehen, wenn eine Gleichmäßigkeit der Wettbewerbsbedingungen bestand. In der Tat: die Theorie der klassischen Nationalökonomie schreit geradezu nach Ordnungskräften für den Wettbewerb, die jenes Maß von Gleichmäßigkeit der Wettbewerbsbedingungen verbärgen, das für seinen Bestand und seine Funktionsfähigkeit unerläßlich ist. Es sind dies die Ordnungskräfte der berufständischen Ordnung. Fehlen sie, so muß das freie Spiel der Kräfte notwendig in die Herrschaft des Stärkeren ... einmünden. Unsere Frage läuft somit darauf hinaus, ob berufständische Ordnung den Wettbewerb so zu ordnen vermag, daß er trotz der Ungleichheit der Kapitalskraft verschiedener Unternehmungen aufrecht bleibt und daß jede echte Leistung auch gegenüber dem Wettbewerbe der kapitalstärkeren Unternehmung bestehen kann. Nun ist aber eingehend gezeigt worden, daß es der besondere Vorzug der recht verstandenen berufständischen Ordnung ist, die Mittel zu besitzen, mit denen allein die Ordnung und Sicherung des Wettbewerbes gewährleistet werden kann. Auch diese Frage ist also zu bejahen. Von der berufständisch geordneten Konkurrenz gilt nicht mehr das Wort Proudhons über die individualistische Konkurrenzwirtschaft: 'Die Konkurrenz tötet die Konkurrenz', nämlich durch ihren Umschlag in die monopolistische Herrschaft der Stärkeren."(388) "Die Aufgabe der berufständischen Ordnung, die wesenseigenen Antriebskräfte der Wirtschaft zu erhalten und wieder freizumachen, kann nicht wichtig genug genommen werden. Denn daran, wieweit sie diese Aufgaben zu erfüllen vermag, wird gemessen werden, was berufständisch geordnete Wirtschaft im Vergleiche zur individualistisch entfesselten Wirtschaft zu leisten vermag."(389)

Die Leistungen der Wirtschaft des neunzehnten Jahrhunderts hätten erkauft werden müssen um den Preis alles dessen, was wir als soziale Frage bezeichneten, "um den Preis tiefgehender Entartung unserer Kultur durch den beherrschenden Primat des Wirtschaftsgedankens."(390) Doch sei bei der Kapitalismuskritik zwischen Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden. Unter Beachtung allein wirtschaftlicher Überlegungen könnten einige Behauptungen nicht bestehen, angesichts der einzigartigen Leistungen der Wirtschaft im neunzehnten Jahrhundert (Verdoppelung der Bevölkerung unter gleichzeitiger Verdoppelung des durchschnittlichen Einkommen und mindestens Verdoppelung des Volksvermögens). Gehe man jedoch vom Kulturgedanken aus, sei es unzweifelhaft, daß die Erfolge um den Preis von Nebenwirkungen erkauft worden seien, die vor dem Kulturgewissen nicht verantwortet werden könnten.(391) Die Kapitalismuskritik sei stets auch darauf hinausgelaufen, daß die inneren Widerspräche des kapitalistischen Wirtschaftssystems nicht die volle Entfaltung der produktiven Kräfte zugelassen hätten.(392) Eine wahre Ordnung der Wirtschaft müsse sich demnach an der Leistung der Wirtschaft erweisen.

Sehr scharf sprach sich der Sozialrealist Messner gegen die in manchen Schriften über den Korporativismus geäußerten drei Imperative der nationalwirtschaftlichen Eigenversorgung, der Organisation und der Dekapitalisation aus. "Dazu ist zu sagen: 1. Der Wirtschaftsnationalismus ist offensichtlich ein Kind des Individualismus. Er kann darum nicht zum Ausgangspunkt einer Neuordnung gemacht werden, die den Individualismus überwinden soll. 2. Organisation an sich ist nicht Ordnung, sie trägt vielmehr, wenn sie vorwiegend Mittel in der Hand gesellschaftlicher Zentren ist, mögen diese der Staat oder die Stände sein, kollektivistische Tendenzen in sich. 3. Dekapitalisation, Rückbildung von Kapital und Kapitalrente, muß zu Wirtschaftsschrumpfung führen. Wie sollen die Massen von Arbeitslosen wieder in den Wirtschaftsprozeß eingegliedert werden und wie sollen für den Bevölkerungsnachwuchs, den Europa und seine Völker fördern müssen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen geschaffen werden, wenn die Dekapitalisation zur Losung gemacht wird? Nein! Die berufständische Ordnung ist nicht eine Einrichtung zur Liquidierung des wirtschaftlichen Zusammenbruches Europas unter Stabilisierung der gegenwärtigen Verhältnisse ..., sondern bedeutet eine Neuordnung von Grund auf, die dieses Unglück endgültig überwinden soll."(393) Nur "die scharfe und klare Ziehung der Grenzlinien wird die berufständische Ordnung im Wirtschaftsleben wirklich befähigen, ihrer historischen Aufgabe gerecht zu werden: den kollektivistischen Sozialismus abzuwehren und den individualistischen Liberalismus endgültig zu überwinden."(394)

5.5.5 Die Wirtschaftspolitik in der berufsständischen Ordnung

Die Grundsätze der berufsständischen Wirtschaftspolitik ergäben sich durch einfache Schlußfolgerungen aus den Darlegungen über die Wirtschaft und die Wettbewerbsordnung in der berufsständischen Gesellschaft.

Die Ordnung des Wettbewerbs bedeute im Vergleich zur freien Konkurrenz zweifellos eine Zügelung des Wettbewerbs. "Tatsächlich hatte die Wirtschaft die volle von der sittlichen Kulturnorm unabhängige Eigengesetzlichkeit für sich beansprucht." Die Unterstellung der Wirtschaft unter den Kulturgedanken, worin ja das Wesen ihrer Ordnung bestehe, werde verhindern, daß die wirtschaftliche Entwicklung sich überschlage. Zügelung heiße jedoch nicht Beeinträchtigung der wahren wirtschaftlichen Kultur und des echten wirtschaftlichen Fortschrittes.

Die genannte Beruhigung werde eine verhältnismäßige Stabilität der Preise und somit eine erhöhte Sicherheit der Wirtschaftsführung bringen(395), ohne irgendwie in zünftlerische Wirtschaftspolitik zu verfallen.

a) Aufgabe(n) berufsständischer Wirtschaftspolitik

Messner nannte zunächst:

(1.) die Sorge für die notwendige Übersichtlichkeit des Marktes;

(2.) die Durchsichtigkeit der Wettbewerbsformen;

(3.) bei unmittelbar notwendigen wirtschaftspolitischen Eingriffen in die Wettbewerbsverhältnisse sich (wie jede Wirtschaftspolitik) der Mittel zu bedienen, die auf das Wirksamwerden der dem Wettbewerb selbst eigenen Kräfte abzielten, was nichts anderes bedeute, "als daß sie den Wettbewerb selbst in die Lage versetzt, seine naturgemäße Wirksamkeit zu entfalten: der besten Leistung den höchsten Erfolg zu sichern."(396)

Realistisch gegen bequemen Romantizismus hielt Messner entscheidend fest: "Wahre berufständische Wirtschaftspolitik wird sich ... hüten, einfach den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und etwa durch gesetzliche Festlegung der zulässigen Unternehmungs- und Betriebsgrößen, der Verwendung von Maschinen, der Belegschaftszahl auf die Gleichmäßigkeit der Konkurrenzbedingungen hinzuwirken, wie wir es aus der zünftlerischen Wirtschaftspolitik des Mittelalters kennen. Daß Forderungen solcher Art im Zusammenhang mit dem berufständischen Gedanken immer wieder erhoben werden beweist nur, daß man es sich mit der berufständischen Ordnung zu bequem macht und sich darüber hinwegtäuscht, daß sie für unsere Zeit eine Aufgabe bedeutet, die ohne Beispiel in der Geschichte ist. für eine Wirtschaftspolitik, die mit naturgemäßen und darum allein auf die Dauer erfolgversprechenden Mitteln arbeitet, gibt es nur zwei Wege: Es können die schwächeren Unternehmungen so gestärkt werden, daß sie der Übermacht der stärkeren gewachsen sind oder es können die ihre Übermacht ausnützenden Unternehmungen zur Einordnung in die für alle erträglichen Wettbewerbsverhältnisse verhalten werden. Im ersten Falle kann an steuerliche Erleichterungen für die Schwächeren gedacht werden, vor allem aber an die Möglichkeiten der Selbsthilfe, wie sie das Genossenschaftswesen in vielfältigen Formen ausgebildet hat und noch mehr auf dem Boden der berufständischen Ordnung zu entfalten vermag. Im zweiten Falle werden Unternehmen, die ihre Übermacht in unlauterem Wettbewerb ausnützen, mit den Mitteln der Wettbewerbskontrolle in die Schranken gewiesen werden. Dabei können auch einmal vorübergehende Bindungen am Platze sein, die den schwächeren Unternehmungen eine gewisse Schonfrist ... sichern ..., bis durch Kräftigung der anderen Unternehmungen die Gleichmäßigkeit der Konkurrenzbedingungen wieder hergestellt ist."(397) "Dem ganzen Sinn berufständischer Ordnung würde es widersprechen, Elendskatastrophen hereinbrechen zu lassen, wie sie etwas die Einführung des mechanischen Webstuhles unter den Handwerkern zur Folge hatte. Aber ganze gewiß würde es ebenso ... widersprechen, wollte man dem technischen Fortschritt in der Wirtschaft nicht voll und ganz den Raum zugestehen, den der Kulturgedanke selbst fordert."(398) "Keinesfalls aber darf übersehen werden, daß die wahre Idee des Gemeinwohls selbst den Fortschritt einschließt und daß das Gemeinwohl somit dynamischer Natur ist." "Auch in Zukunft und auch in der berufständischen Ordnung wird der wirtschaftliche und soziale Fortschritt mit Schwierigkeiten erkauft werden müssen, die unvermeidlich sind, wenn man nicht auf diesen Fortschritt überhaupt verzichten will."(399)

Der Fall der Investitionskontrolle war für Messner nur ein Spezialfall der berufsständischen Wettbewerbskontrolle. Außerdem meinte er: Der "Kleinbetrieb verdient dort, wo er die gleiche Leistungsfähigkeit besitzt wie der Großbetrieb, den Vorzug schon aus dem Grunde, weil dadurch eine größere Zahl selbständiger Existenzen ermöglicht wird, was einer gesunden Verfassung des Gesellschaftskörpers im Sinne des berufständischen Gedankens entspricht. Im übrigen haben die Maßnahmen berufständischer Investitionspolitik, der Förderung oder Begrenzung von Investitionen der privaten Unternehmungen jeweils alle dafür in Frage kommenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen, so zum Beispiel die augenblickliche Lage des Arbeitsmarktes, die Lage des Kapitalmarktes, nicht minder aber die Entwicklung des Weltmarktes wie die des Binnenmarktes für den fraglichen Wirtschaftszweig. Je nach dem Zusammentreffen der einzelnen Umstände werden auch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Investitionskontrolle verschieden sein, sowohl nach der Art wie nach der Befristung."(400)

"Nicht Abschaffung des Kapitalmarktes durch planwirtschaftliche Kapitallenkung macht ... die berufständische Kreditpolitik aus, sondern seine Durchordnung nach den Forderungen von Verantwortung und Kontrolle."(401) Ein wichtiges Ziel der Sozialreform sei es, die beherrschende Stellung des anonymen Finanzkapitals zu beseitigen und das Kapital in die seiner ganzen Natur entsprechend dienende Stellung zu bringen. "Diese dienende Stellung selbst darf nicht beeinträchtigt werden durch Absperrung der Kanäle, durch die es sich den volkswirtschaftlich besten Anlagen zuwendet. würde dies nicht beachtet, so würde bald der Kapitalstrom und damit 'das Lebenselement der Wirtschaft' (Quadragesimo anno 106) selbst zum Versiegen gebracht."(402) So blieb Messner auch dabei Realist: "Gewiß ist die Aufbringung des Kapitalbedarfes der kleinen Unternehmungen aus dem Ertrag die Regel und durchaus unbedenklich, aber wenn man schon eine Investitionskontrolle in der Großindustrie für wünschenswert hält, muß man sich klar darüber sein, daß es keine bessere Kontrolle gibt als die des Zinses, der für die auf dem Kapitalmarkte zu Investitionen aufgenommenen Beträge wieder herausgewirtschaftet werden muß und daher die Kapitalverwendung in die Richtung der volkswirtschaftlich besten Ergiebigkeit drängt. - Wie für alle wirtschaftliche Tätigkeit, so hat demnach auch für die Kapitalpolitik zu gelten, daß das Kapital sich zunächst aus eigenem Antriebe auf seine Aufgaben und seine Verantwortung in der Volkswirtschaft zu besinnen und sich dem Kreislauf der Wirtschaft und den für diesen maßgebenden Zielen einzufügen hat; weiters, daß alle Kapitalpolitik, sei sie staatlich oder ständisch gedacht, nur den Sinn haben kann, diese Einordnung zu fördern und zu verbärgen."(403) Keinen Platz habe Freibeutertum, aber die "befruchtende Wirkung des Kapitals ist nur gewährleistet, wenn der die gesamte Volkswirtschaft umfassende Kapitalmarkt seine Aufgabe erfüllen kann und nicht künstliche Hemmnisse aufgerichtet werden."(404)

Die Aufgabe eines berufsständisch geordneten arbeitsteilig organisierten Bank- und Kreditwesens sei eine doppelte: es habe die notwendigen "Umspannungen" zu vollziehen, die den Kapitalstrom aus dem allgemeinen Kapitalmarkt in die den einzelnen Wirtschaftsbereichen entsprechende Form bringe, aber es habe auch die notwendigen "Widerstände" einzuschalten gegenüber der Dynamik des Kapitalmarktes und ihren schädigenden Auswirkungen auf die von besonderen Voraussetzungen abhängigen und an besondere gesellschaftliche Aufgaben gebundenen einzelnen Wirtschaftsbereiche. "Keinesfalls aber darf die berufständische oder staatliche Einflußnahme auf die Kreditlenkung die Zuteilung von Krediten im Einzelfalle ... betreffen, sondern sie darf nur die großen Linien abstecken, die für die Kreditpolitik maßgebend sein sollen."(405)

"Gibt man sich über die eigentlichen Ursachen der Krise in der kapitalistischen Wirtschaft keiner Täuschung hin, dann darf man auch nicht bestreiten, daß sie einer jeden Wirtschaft eignen, die mit Produktionsmitteln arbeitet, in denen größere Mengen von Kapital und Arbeit aufgespeichert sind, also auch der staatskapitalistischen und der staatssozialistischen Planwirtschaft." "Ganz gewiß aber werden bei geordneter Wettbewerbsfreiheit die Fehler der Wirtschaftsplanung rascher und sicherer beseitigt als bei staatlicher Planwirtschaft, und zwar schon deshalb, weil eine staatliche Wirtschaftsbürokratie nicht so leicht Fehler eingesteht und rückgängig macht, während dies der Wettbewerb seiner ganzen Natur nach erzwingt. Nicht besser stünde es um eine berufständische Planwirtschaft, in der den Berufständen und ihren Kammerämtern weitergehende Vollmachten der Einschränkung der Wettbewerbsfreiheit einschließlich der privaten Investitionstätigkeit eignen, als ihnen solche ... aus volkswirtschaftlichen Gründen zukommen können. - Die Ordnung des Wettbewerbes im vorgezeigten Sinne wird wichtigstes Mittel der Konjunkturpolitik in der berufständischen Ordnung sein. Denn nur dann wird die Konjunkturpolitik ihrer doppelten Aufgabe gerecht: Fehlentwicklungen und Rückschläge nach Möglichkeit hintanzuhalten, aber auch die Voraussetzungen einer Erweiterung und Verbilligung der Bedarfsdeckung und damit des wirtschaftlichen und sozialen Fortschrittes zu verbärgen."(406) "Das entscheidende Mittel wird die Ausschaltung der Auswirkungen eines individualistisch verstandenen Kapitalsinteresses sein, und zwar durch dessen Bindung an eine Wettbewerbsordnung ..., die die Einhaltung der Gemeinschaftsverpflichtungen im ganzen Umkreise der volkswirtschaftlichen Zusammenarbeit gewährleistet."(407)

b) Die Träger der Wirtschaftspolitik in der berufsständischen Ordnung (Parität)

Entgegen sozialistischer Vorschläge würden Betriebsführung und Unternehmensleitung auch in der berufsständischen Ordnung in der Hand des Unternehmers liegen. Es könne allerdings auch nicht fraglich sein, daß der Arbeiterschaft eine wirkliche Mitbestimmung in der Volkswirtschaft zukommen müsse, da die Wirtschaft ebenso ihr Schicksal sei. Die Existenz des Arbeiters stünde nicht minder auf dem Spiel wie die des Unternehmers.

Messner stellte Grundsätze für die den Arbeitern in der Wirtschaft zukommende Mitverantwortung und Mitbestimmung auf: Der Unternehmer und die Unternehmungsleitung seien in ihren Dispositionen frei innerhalb der Schranken des Gemeinwohles und der vom Hüter des Gemeinwohls festgelegten wirtschaftspolitischen Richtlinien. Die Arbeiterschaft sei dagegen berufen, mitzuwirken in der Sicherung aller jener Bindungen, die aus der sozialen Gerechtigkeit ... erfließen würden; "in dieser Hinsicht wird die Aufgabe der berufständischen Organe und der darin paritätisch mitwirkenden Arbeiterschaft vor allem die Kontrolle der Einhaltung dieser Bindungen durch die Arbeitgeber betreffen in der Weise, wie es bereits bezüglich der Kontrolle des Wettbewerbes gezeigt wurde."(408)

Dazu komme die Mitverantwortung und Mitbestimmung der Arbeiterschaft in der Festlegung der Richtlinien der Wirtschaftspolitik; sie kämen in Weisungen und Regelungen zum Ausdruck, die unter Mitwirkung der Berufsstände vom Staat getroffen würden. "Die Mitwirkung der Berufstände erfolgt dabei vornehmlich in dem obersten Vertretungskörper der wirtschaftlichen Berufstände. Dessen paritätische Zusammensetzung braucht kein Anlaß zur Befürchtung zu sein, daß die Arbeiterschaft klassenmäßig gegen die Unternehmerinteressen stehe oder daß gar das Mehrheitsprinzip einseitig im Sinne der Klassenschichtung bestimmend für die Wirtschaftspolitik werde. Denn die Arbeitervertreter des einzelnen Berufstandes können dabei gar nicht nach Klasseninteressen entscheiden, da sie ihr Schicksal viel zu sehr an das des Berufsstandes im ganzen gebunden sehen werden. Diese solidarische Verbundenheit von Unternehmer und Arbeiter wird sichtbarster Ausdruck der ganz anderen Schaltung der Interessen in der berufständischen Ordnung sein: nicht mehr der klassenmäßige Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird das Bild der Volkswirtschaft bestimmen, sondern die Interessengemeinsamkeit von Unternehmer und Arbeiterschaft der ständischen Gruppen, eine Interessengemeinsamkeit, die allerdings auch ihrerseits vom Bewußtsein der solidarischen Verbundenheit aller Stände in der Verwirklichung des Gemeinwohls geleitet sein muß."(409)

5.5.6 Preis, Zins und Lohn in der berufsständisch geordneten Wirtschaft

Das rechte Verhältnis von Sonderinteresse und Gemeininteresse mache es unzweifelhaft, daß die Erreichung des Sozialzweckes der Volkswirtschaft von der Weite des Spielraumes abhänge, den das Einzelinteresse in einer Gemeinschaftsordnung habe. In diesem Spielraum müsse sich die Leistung des Einzelnen zum Besten für die Gesamtheit entfalten können. "Alles, was diese Leistung anspornt und fördert, dient zugleich der Gesamtheit. Alles, was diese Leistung hemmt und abbindet, schädigt die Gesamtheit selbst. Nichts anderes als dies wäre die Folgewirkung eines jeden starren oder auch nur zu wenig beweglichen Systems von Preisen und Löhnen (...) man muß sich freimachen von dem sehr weit verbreiteten Irrtum, daß dies (die Frage der Verteilung, Anm. v. Verf.) die einzige oder auch nur die erstwichtige Seite der sozialen Gerechtigkeit sei. Denn soziale Gerechtigkeit in der gesellschaftlichen Wirtschaft bedeutet ebensosehr, ja vor allem anderen, Leistung für die Gemeinschaft und bedeutet weiters, daß jegliches Einkommen auf eine entsprechende Leistung, jeder Verdienst auf einen entsprechenden Dienst bezogen sei."(410)

a) Preis

Das Preisgefüge einer Volkswirtschaft sei nur dann in Ordnung, wenn es die beste Bedarfsversorgung des Gesamtvolkes mit den gegebenen Mitteln gewährleiste. Die Preispolitik müsse ganz und gar darauf gerichtet sein, "allen Kräften die ihnen zukommende Geltung in der Weise zu verschaffen, wie es der ganzen Natur volkswirtschaftlicher Zusammenarbeit zur Deckung des Lebens- und Kulturbedarfes entspricht." Es ergab sich für Messner zwingend, daß "für das Zustandekommen der volkswirtschaftlich richtigen Preise und Preisrelationen ein richtig funktionierender Wettbewerb das sicherste Mittel ist." Bezüglich des Preises und seiner Bildung in der berufsständischen Ordnung gebe es nur eine bekannte Antwort: "Herstellung und Sicherung der Wettbewerbsfreiheit im Rahmen der Gemeinwohlordnung"(411).

Als Mittel berufsständischer Preispolitik könnten also nur indirekte Eingriffe in das Preisgefüge dienen. "Unmittelbare Eingriffe in das Preisgefüge ziehen meist die Notwendigkeit weiterer Eingriffe nach sich, während als Norm zu gelten hat, daß jene wirtschaftspolitische Maßnahme die beste ist, welche die selbstregulierenden Kräfte der Wirtschaft wirksam werden läßt, so daß weitere Eingriffe unnötig sind."(412) "Gewiß haben die Berufstände und ihre Organe an der Findung der richtigen Preise mitzuwirken. Nur muß man sich völlig von der Vorstellung frei machen, daß Preisfindung und Preisfestsetzung das gleiche sei."(413)

b) Zins

Der Zins sei nichts anderes als ein Preis für Kapitalnutzung. Die schon entwickelten Grundsätze richtiger Preispolitik seien also anzuwenden. "Der Weg der Zinsgestaltung in der berufständischen Ordnung ist ... durch die wesensmäßigen Zusammenhänge wie durch die tatsächliche Erfahrung klar vorgezeichnet: Die Einrichtung von Kreditinstituten, welche das Kapitalangebot in der Volkswirtschaft den einzelnen Wirtschaftsbereichen mit Rücksicht auf die besondere Art ihres Kapitalbedarfes, also der Nachfrage, zuleiten."(414)

c) Lohn

"Auch in der Lohnfrage besteht in der berufständischen Ordnung keine andere Aufgabe, als den volkswirtschaftlich richtigen Lohn zur Geltung zu bringen."(415) Dies sei "der Lohn, der die höchste Produktivität der gesellschaftlichen Wirtschaft im Sinne der besten Bedarfsdeckung des Gesamtvolkes ermöglicht. Deshalb muß auch der Lohn den Preisgesetzen folgen. Als Preis für die Arbeitsleistung hat der richtige Lohn die Aufgabe, immer wieder auf jene beste Kombination von Arbeit, Natur und Kapital hinzuwirken, die die Voraussetzung für die volle Erreichung des Gemeinzweckes der Volkswirtschaft ist. Auch vom Lohn gilt genau das, was schon vom Preis und Zins dargelegt wurde: Er kann nicht nach Wunschprogrammen festgesetzt werden, sondern er muß aus den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkte abgelesen werden, wenn dem Gesamtinteresse Genüge geschehen, die möglichste volkswirtschaftliche Produktivität gesichert und das Beste an Volkswohlstand auf Grund der einer Volkswirtschaft zur Verfügung stehenden Rohstoffe, Kapitalsvorräte und Arbeitskräfte erreicht werden soll. - Auch in der Frage der Lohngestaltung ist es daher die erste Aufgabe der Berufstände, an der Findung des volkswirtschaftlich richtigen Lohnes mitzuwirken."(416)

Die gewerkschaftlichen Lohnkämpfe hätten zwar unmittelbare Erfolge für die Arbeiterschaft zu erlangen vermocht, aber die eigentliche Bedeutung der Gewerkschaftsbewegung der letzten Dezennien lag für Messner "in ihren Bemühungen, den Arbeitsmarkt zu organisieren, ihn übersichtlich zu machen, einer einseitigen Arbeitsmarktpolitik der Arbeitgeber zu begegnen, großen Teilen der Arbeiterschaft die Freiheit ihres Handelns auf dem Arbeitsmarkte zu sichern, die volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte für die von der Arbeiterschaft einzuschlagende Arbeitsmarktpolitik durchzusetzen, die Möglichkeiten einer Lohnsteigerung bei wachsendem Sozialprodukt auszunutzen (...) Es steht aber heute auch fest, daß dort, wo diese Grenzen überschritten wurden, einzelne Gewerkschaften durch ihre Lohnpolitik zwar Erfolge zu erzielen vermochten, jedoch nur auf Kosten anderer Gruppen der Arbeiterschaft ... - Gerade wenn das Schwergewicht auf den Produktivitätsgedanken zu legen ist, dann muß als volkswirtschaftlich richtiger Lohn der Soziallohn bezeichnet werden. Das ist der Anteil am Ertrag der Volkswirtschaft, welcher der Leistung entspricht, mit der die Arbeit zum Zustandekommen des Ertrages der volkswirtschaftlichen Zusammenarbeit beiträgt. Dieses Lohngesetz folgt schon daraus, daß der berufständische Gedanke von der Gesellschaft als einem Leistungsorganismus ausgeht und daß nach ihm die berufliche Leistungsgemeinschaft sozialer Ordnungsträger ist. Und es ist nur eine weitere Schlußfolgerung aus diesem Gedanken, daß der Soziallohn in der berufständisch geordneten Wirtschaft an sich der Familienlohn ist."(417) Es "folgt, daß die Lohnfrage vielmehr eine Frage der rechten Ordnung der gesellschaftlichen Wirtschaft ist als eine Frage der bloßen Verteilung des Sozialproduktes"(418).

Die wichtigste Schlußfolgerung war für Messner: "In der berufständischen Wirtschaftspolitik, in der der Arbeiterschaft paritätisch Mitverantwortung und Mitbestimmung zukommt, hat die Arbeiterschaft ihre ganze Kraft einzusetzen, um jene Ordnung der Wirtschaft herbeizuführen, die ihr den Soziallohn ... gewährleistet. Gerade die Arbeiterschaft wird darum darauf bedacht sein müssen, daß die Volkswirtschaft für den Einsatz und die Entfaltung aller Kräfte offen gehalten wird, weil nur dadurch die Gewähr gegeben ist, daß die zur Leistung bereite Arbeitskraft den ihr zukommenden Platz findet, daß sie aber auch den ihr gebührenden Anteil am Ertrage des Zusammenwirkens aller Leistungen in der volkswirtschaftlichen Leistungsverbundenheit erhalte. Dieses Offenhalten der Volkswirtschaft für jede Leistung ist aber nichts anderes als die Sicherung des Wettbewerbes und seiner Ordnung, wie sie früher ausführlich dargelegt wurde."(419) "Das Leistungsprinzip entspricht ... der ausgleichenden wie der sozialen Gerechtigkeit und macht die wesenhafte innere Verbindung der beiden Arten der Gerechtigkeit im Blickfeld der volkswirtschaftlichen Zusammenarbeit scharf sichtbar." "Daß der Arbeiter mit und innerhalb seiner beruflichen Leistungsgemeinschaft, des Berufstandes, zu seinem Anteil an der materiellen Wohlfahrt gelange, ist nicht Sache der Zurechnung seines Lohnes auf seine Einzelleistung, sondern seines Verbundenseins mit der Leistungsgemeinschaft, die ihrerseits wieder die Verantwortung dafür trägt, daß jedes ihrer Glieder seine Leistung in der rechten Weise erbringe."(420)

Standesgemäß sei der Lohn, der den Arbeiter am Gemeinwohl so teilnehmen lasse, daß er mit seinem Unterhalt, gemessen an der Höhe der wirtschaftlichen Wohlfahrt eines Volkes und an der Leistung der Berufsgemeinschaft, der er angehöre, zufrieden sein könne. "Dies ist nicht so sehr Sache des subjektiven Gefühles als der objektiven Ordnung, der zufolge 'Volkswohlstand' die Eingliederung und Eingemeinschaftung aller Gruppen des Volkes in die Gesellschaft, in ihren wirtschaftlichen Wohlstand und in ihre allgemeine Kultur bedeutet ... Gerade diese Ordnung herzustellen, ist das Um und Auf des berufständischen Gedankens." "Daß der 'standesgemäße Unterhalt' als Maß für die Lohngestaltung keine fest bestimmte Größe ist, braucht wohl nicht besonders betont zu werden. Auch der volkswirtschaftlich richtige und gerechte Preis ist nicht eine auf Heller und Pfennig bestimmbare Größe. Das hat schon die Scholastik gewußt, da sie den höchsten, mittleren und mindesten Preis unterschied und alle als gerecht bezeichnete, also in der Preisgerechtigkeit nur Ober- und Untergrenzen festlegen wollte in der richtigen Einsicht in die ständige Bewegtheit des Marktes und des sich auf ihm auswirkenden Leistungswettbewerbes."(421)

5.6 Berufsständische Ordnung und soziale Ordnung

5.6.1 Berufsständische Ordnung gegenüber der Klassengesellschaft

Die berufsständische Ordnung als soziales Ordnungssystem sei es nicht allein, welche die Lösung der sozialen Frage und darin vor allem der Arbeiterfrage bewältigen solle. Die Neubegründung und Neuformung des Gemeinschaftslebens müsse viel tiefer und umfassender sein. "Es müssen in der ganzen Gesellschaft die ihr naturgemäßen sozialen Ordnungskräfte wieder wirksam werden und ihr die naturgemäße Gemeinschaftsverfassung zurückgeben." Die Arbeiterfrage sei selbst nur Auswirkung einer tiefergehenden Zersetzung der Gesellschaft. Diese Wunde im Gesellschaftskörper könne selbst nur geheilt werden, wenn ihre eigentlichen Ursachen beseitigt würden. "Dieses Erstursächliche ist die Entbindung der Gesellschaft von den gemeinschaftsformenden Kräften, das Erstwichtige daher die Wiedereinschaltung dieser Kräfte durch ein Ordnungssystem, in dem die Wirksamkeit dieser Kräfte institutionell gesichert ist. Darauf ist die berufständische Ordnung gerichtet."(422)

"Da ... der Arbeitsmarkt nicht in ein System von sozialen Ordnungskräften eingespannt war, mußte der auf ihm wirksame Interessengegensatz für das ganze Verhältnis von Kapital und Arbeit in der Gesellschaft bestimmend werden."(423) "Der sich und seinen Kräften ganz überlassene, in keine wesenhafte gesellschaftliche Ordnung eingebettete Arbeitsmarkt entwickelt auf diese Weise gesellschaftsorganisatorische Kräfte, deren Wirkung die Klassengesellschaft ist." Freilich hätte diese Dynamik des Arbeitsmarktes nie zu solch weittragenden Wirkungen kommen können, wenn nicht gesellschaftspolitische Theorien die zersetzenden Kräfte der neuen gesellschaftlichen Wirklichkeit endgültig zum Siege gebracht hätten. Die Wirkung der Klassenkampfideologie von Marx könne in dieser Hinsicht gar nicht überschätzt werden. Denn der Wandel der Selbsthilfeorganisationen der Arbeiterschaft sei nicht zu übersehen: "Zuerst waren es Vereinigungen der Arbeiter, um dem Einzelnen Rückhalt und Stärkung zu bieten auf dem Arbeitsmarkte, auf dem er allein der Übermacht des Kapitals nicht gewachsen war, später wird das Interesse der Gruppe ausschlaggebend, ihm verbindet sich der Machtgedanke und diesem dann der Wille zur Neugestaltung der Gesellschaft nach dem Interesse dieser Gruppe, das kein anderes als sein eigenes anerkennt. Damit war die Diktatur des Proletariates zum Sinn des Klassenkampfes geworden, aber auch die Gesellschaft in ihrem Grunde bedroht."(424)

"Klassengesellschaft und Klassenkampf bedeuten somit: die wirtschaftlichen Interessengegensätze und die gesellschaftlichen Spannungen sind nicht mehr den Kräften der Gemeinschaftsordnung ('soziale Gerechtigkeit') und der Gemeinschaftsverbundenheit ('soziale Liebe') unterstellt. Damit war allmählich der gemeinsame Nenner verlorengegangen, von dem aus noch ein Ausgleich möglich gewesen wäre. Aber nicht nur, daß die elementaren Gemeinschaftsbindungen, wie Volk und Staat, aufgehört hatten, eine einigende Wirkung zu üben: das Ideal der Volksgemeinschaft wurde bewußt einem Internationalismus proletarischen Wollens geopfert, der Staat selbst, dieser tragende Grund der Volksgemeinschaft, wurde zu einem Mittel für den Klassenkampf herabgewürdigt, und zwar für den Klassenkampf von beiden Seiten. für beides bot die parlamentarische Parteiendemokratie die Handhabe (...) seinem ganzen Ursprung und Ziele nach wurde in diesem Kampfe nicht mehr danach gefragt, was nach dem Recht die eine oder andere Seite für sich fordern konnte, sondern nur, was sie auf Grund ihrer Macht durchzusetzen vermochte (...) Ein Zweifaches ist somit das Ziel der berufsständischen Ordnung gegenüber der Klassengesellschaft: zunächst muß dem Rechte seine Ordnungsfunktion wieder gegeben werden, es müssen also die Interessengegensätze auf den Ausgleich im Rechtsgedanken verpflichtet werden. Weiters muß die Gemeinschaftsverbundenheit im Arbeitsleben wieder wirksam werden, es müssen also die gegensätzlichen Interessen zur Unterordnung unter das ständische und staatliche Gemeinwohl gehalten sein. Diese beiden Bindungen wieder herzustellen, zu sichern und dadurch die Arbeitsmarktmechanik in ihren zentrifugalen Kräften unwirksam zu machen, ist Aufgabe der berufständischen Ordnung im wirtschaftlich-sozialen Bereiche."(425)

5.6.2 Proletarität und die Aufgabe der Entproletarisierung

Drei Kennzeichen seien es vor allem, in denen sich das Schicksal der Proletarität des Arbeiters in der Gesellschaft gezeigt habe:

"1. Das Wichtigste ist das Fehlen der festen Eingliederung der Arbeiterschaft in die Gesellschaft."(426) "darüber kann allerdings ein Zweifel nicht bestehen: in erster Linie ist der Arbeiter für sein Schicksal selbst verantwortlich; der Gesellschaft obliegt eine Mitverantwortung nur insoweit, als sie die Voraussetzungen zu schaffen hat, daß er in Verbindung mit ihr sein Schicksal so gestalten kann, wie es seine menschliche würde und seine natürlichen Verpflichtungen von ihm fordern. In diesem Sinne bedeutet Gemeinschaft Mitverantwortung für ihre Glieder, feste Einbezogenheit in ihren Lebensbereich, gesicherte Teilnahme an ihrem Gemeinwohle. Daher hat sie dem Einzelnen Standfestigkeit in ihren Lebensordnungen, festen 'Stand' zu geben."(427)

"2. In diesem Tatbestande ist zugleich ein weiteres Merkmal der Proletarität eingeschlossen: die wirtschaftliche Existenzunsicherheit."(428)

"3. Als drittes Merkmal der Proletarität kommt zu den beiden genannten die soziale Abhängigkeit hinzu."(429)

"Die Proletarität war das Schicksal des überwiegenden Teiles der Lohnarbeiterschaft in der individualistisch-kapitalistischen Wirtschaft. Die Entproletarisierung der Arbeiterschaft ist die Aufgabe der berufständischen Gesellschaftsreform im sozialen Bereich."(430)

5.6.3 Die gesellschaftliche Eingliederung der Arbeiterschaft

Gemeinschaft(431) solle wieder werden in dem Bereiche der Gesellschaft, wo die Menschen den größten Teil ihres Lebens zusammen verbrächten und wo die gegensätzlichen Interessen am stärksten zerspaltend wirkten, im beruflichen Alltag, durch den berufsständischen Gedanken. "Durch die Gemeinschaftsbindungen, die das Wesen der berufständischen Ordnung ausmachen, soll er (der Arbeiter, Anm. v. Verf.) fest mit der Volksgemeinschaft verbunden werden. Dadurch, daß die Gemeinschaftsverpflichtungen der Gesellschaft durch die berufständischen Einrichtungen institutionell wirksam gemacht werden, wird der Arbeiter wieder unter die Mitverantwortung der Gesellschaft gestellt, zunächst der Gemeinschaft, der er unmittelbar angehört, des Standes, damit aber auch der Gesamtgesellschaft. In den beruflichen Gemeinschaften, in welche Alltag, Arbeit, Sorge und Erfolg seines Berufslebens durch die berufständische Ordnung einbezogen werden, wird für ihn, allen sozialistischen Träumereien des 19. Jahrhunderts entgegen, die Gemeinschaft bewußte und erlebte Wirklichkeit."(432)

"Jede Berufsarbeit ist gesellschaftliche Leistung, sie muß daher als gesellschaftliche Funktion gewertet werden, ihr Träger daher auch unter Mitverantwortung der Gesamtgesellschaft stehen. Dies in einem doppelten Sinne: Einmal so, daß er sich in die Gesamtaufgabe des einzelnen Berufstandes einreiht ...; zum zweiten aber (...) daß sich der Berufstand auch für das Schicksal seiner Arbeiterschaft verantwortlich wissen muß." "Gemeinwohl" besage denn auch nichts anderes als die Schaffung aller jener Voraussetzungen durch die Gesellschaft, die es dem Einzelnen ermöglichten, seine Lebensaufgaben zu erfüllen. "Die einzelnen Gruppen, also auch die Arbeiterschaft, müssen die wirkliche ... Möglichkeit haben, zu ihrem Teil an den materiellen und kulturellen Gütern zu kommen, die aus dem Zusammenwirken aller im gesellschaftlichen Leistungsorganismus erfließen."(433) "Das Wirksamwerden dieser Mitverantwortung der Gesellschaft und namentlich der Berufstände für ihre Glieder und somit vor allem auch für die Arbeiterschaft beruht ... auf geistigen und gesellschaftlichen Voraussetzungen. Die geistigen Voraussetzungen betreffen die Erfüllung der Gesellschaft mit Gemeinschaftsdenken, mit dem Bewußtsein unabdingbarer Verpflichtungen der sozialen Gerechtigkeit. Dieser Forderung ist erst dann Genüge geschehen, wenn die ganze öffentliche Meinung davon durchdrungen ist, so daß in ihr die Mitverantwortung der Gesellschaft für das Schicksal der Arbeiterschaft ein so geschärftes Organ erhält, daß es ... als nimmer schweigendes Gewissen mahnt und drängt, bis dem Arbeiter die Stellung des vollberechtigten Gliedes in der Gesellschaft gegeben ist ... Das, was an Voraussetzungen für diese Geborgenheit notwendig ist, gehört dem wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bereiche an: es ist die wirtschaftliche Existenzsicherung, die soziale Gleichberechtigung, die Vollbürgerschaft in Gemeinwesen und Volksordnung."(434)

a) Wirtschaftliche Existenzsicherung

Die Existenzsicherung der Lohnarbeiterschaft müsse vor allem erfolgen durch Arbeitsmarktpolitik (1.) und Lohnpolitik (2.). Im "Sinne der wirtschaftlichen Existenzsicherung der Arbeiterschaft und der Vermögensbildung in ihrer Hand gilt es, jene Spanne auszunützen, die zwischen den beiden Grenzen liegt, durch die volkswirtschaftliche Produktivität, die an ökonomische Gesetze gebunden ist, und auf der anderen Seite durch die Möglichkeiten produktivitätsfördernder Antriebe der Lohnpolitik gegeben sind (...) Den zwischen den bezeichneten beiden Grenzen liegenden Spielraum für die Existenzsicherung des Arbeiters auszunützen, ist die Aufgabe der Lohnpolitik in der berufständischen Ordnung, die der Arbeiterschaft das Mehr an Einkommen zuleiten soll, das ihr auf Grund von Gemeinwohl- und Leistungsprinzip gebührt."(435)

Messner meinte, daß die Steigerung des Lohneinkommens nicht so sehr auf Umschichtung des bestehenden Volkseinkommens als auf die rechte Verteilung des neuen, zusätzlichen Volkseinkommens gerichtet sein werde können. Dabei stützte er sich auch auf QA 61. Die universalistische Schule Spanns verkenne, daß die Lohngestaltung gemäß dem immer neu zu verwirklichenden "regulativen Prinzip" der sozialen Gerechtigkeit einer ständigen Dynamik unterliege; ihre Lohntheorie sei von einer unverkennbaren Statik beherrscht, die schon in der Ablehnung des Leistungsprinzips gelegen sei. Die Lohnpolitik nach dem rechtverstandenen berufsständischen Gedanken sei ebenso weit entfernt von kollektivistischer Gleichmacherei der Besitz- und Einkommensverhältnisse, wie von der individualistischen Interesselosigkeit für das Schicksal des Arbeiters. Auch begebe sie sich nicht in die Gefahr, alle ärmer zu machen dadurch, daß nur den Reichen genommen werde; sie sei vielmehr auf eine Steigerung des Volkseinkommens und damit des Volkswohlstandes und auf eine damit verbundene größere Ausgeglichenheit der Einkommens- und Besitzverhältnisse gerichtet durch Hebung und Sicherung des Einkommens der Lohnarbeiterschaft. Eine wichtige Teilfrage in diesem Zusammenhange sei die Existenzsicherung der Familienerhalter.

Zur wirtschaftlichen Existenzsicherung führte Messner auch die Siedlungspolitik (3.) an: In jeder Hinsicht aussichtsreicher sei jener Weg, "der der Arbeiterschaft den Zugang zur Vermögensbildung erschließt, der Erwerb von Bodeneigentum in der Form der Siedlung, und zwar vor allem der Nebenerwerbssiedlung." Es müsse also ein Weg gesucht werden, der dem Arbeiter soweit die Selbstversorgung ermögliche, als er nicht durch Eingliederung in die volkswirtschaftliche Arbeitsteilung und Arbeitsverbundenheit zu dem kommen könne, was er zur Befriedigung seiner Lebens- und Kulturbedürfnisse brauche. "Dieser Weg kann nur der der Ansiedlung eines größeren Teiles der Arbeiterschaft sein, so daß er in die Lage versetzt wird, wenigstens den Wohn- und Nahrungsbedarf auf seinem Siedlungsboden zu decken."(436) Der von Leo XIII. vorgeschlagene Weg sei also anerkannt: die größere Ausgeglichenheit der Sozialverfassung durch Verbreiterung der Schicht der Besitzenden, die volkswirtschaftlichen Vorteile infolge der Ausnützung von sonst unbeschäftigten Arbeitskräften, der Zuwachs an Verbundenheit des Volkes mit seiner Heimat. Bei der diesbezüglichen notwendigen Planung der berufsständischen Zusammenarbeit unter Führung des Staates würden große Aufgaben erwachsen. Die Siedlungspolitik im Rahmen dieser Gesamtplanung werde aber auch einen Teil der den einzelnen Berufsständen obliegenden Sozialpolitik bilden müssen, wenn diese über die von der Krise der staatlichen Sozialpolitik gezeigten Grenzen ihrer bisherigen Art hinauskommen wolle.

"Der Weg zur Erhöhung des Arbeitseinkommens besteht nur zum geringeren Teil in unmittelbaren Lohnerhöhungen, zum überwiegenden in einem Sinken der Preise bei steigender Produktivität der Volkswirtschaft, die eine Erhöhung des Reallohnes bedeutet. Jede Lohnpolitik in der berufständischen Ordnung, die diesem Gesetz zuwiderhandelt, müßte ihr Ziel: Steigerung und Sicherung des Arbeitseinkommens verfehlen."(437) Damit sprach Messner noch die Wirtschaftspolitik (4.) an.

b) Die soziale Gleichberechtigung

"Das Lohnverhältnis ... in das gesellschaftliche Ordnungssystem der sozialen Gerechtigkeit hineinzuheben ist schon deshalb Gebot des berufständischen Gedankens, weil gerade das Lohnverhältnis dem Kapital eine Übermacht gibt, die nur im Rechtsgedanken endgültig überwunden werden kann. Gewiß wird auch in der berufständischen Ordnung das Arbeitsverhältnis Gegenstand freier Vereinbarung sein. für diese Vereinbarung sind jedoch Einrichtungen zu schaffen, die für beide Vertragsparteien die Gleichberechtigung gewährleisten. Dem Prinzipe der Parität für die Regelung des Arbeitsverhältnisses im ganzen Ausmaße Geltung zu verschaffen, ist die Aufgabe. - Dieses Prinzip muß auf allen drei Stufen gelten, auf denen Rechtsverhältnisse im Arbeitsbereiche geschaffen, geklärt oder gesichert werden müssen, also schon beim Abschluß des Tarifvertrages, dann bei der Überwachung der Einhaltung der vereinbarten Arbeitsbedingungen und schließlich bei der Austragung von Arbeitsstreitigkeiten. - Der Grundsatz der Gleichberechtigung ... in der Regelung des Arbeitsverhältnisses besagt, daß die Arbeitsordnung und die Arbeitsbedingungen weder einseitig vom Unternehmer vorgeschrieben ('Herr im Hause'), noch daß sie einseitig von der Belegschaft auf Grund des Mehrheitsprinzipes festgesetzt ('Betriebsdemokratie'), sondern daß sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Recht und Gerechtigkeit vereinbart werden. - Diese Gleichberechtigung bezieht sich also nur auf die aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Fragen, nicht auf die Betriebsführung. Denn für diese ist entscheidend, daß die Arbeit nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eingesetzt wird (...) Ebensowenig hat die Arbeiterschaft mitzuentscheiden über die Unternehmensführung selbst, über Produktionsplan und Geschäftsführung, die ausschließlich Sache des Verfügungsberechtigten ist. Ein gemeinschädlicher oder unsozialer Gebrauch dieser Verfügungsgewalt ist vor einem anderen Forum zur Rechenschaft zu ziehen als vor dem, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsame Angelegenheiten gleichberechtigt zu regeln haben."(438)

aa) Die paritätischen Ausschüsse

Die Organe zur paritätischen Regelung des Arbeitsverhältnisses seien die berufsständischen Ausschüsse. "Ihr paritätischer Wesenszug ist vor allem dadurch zu verwirklichen, daß sie gleichmäßig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern beschickt werden ohne Rücksicht auf die Zahl derer, welche von den Mitgliedern dieser Ausschüsse vertreten werden; es haben in ihnen die Arbeitgeber nicht mehr Vertreter als die Arbeitnehmer."(439)

Die Art der Beschickung könne man sich verschieden denken. Nach der ganzen bisherigen Entwicklung und den davon bestimmten Möglichkeiten eines organischen Überganges zu den berufständischen Einrichtungen sei es das Nächstliegende, daß die bestehenden Verbände auf Unternehmer- und Arbeiterseite die Ausschußmitglieder delegierten.(440) Da aber die Berufung der Vertreter in die Kammern der einzelnen Berufsstände durch die Wahl erfolge, und zwar durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so ließ sich für Messner auch denken, daß aus dem Kreise der so Gewählten die Mitglieder der berufsständischen Ausschüsse genommen oder auch Listen für die Bestellung der berufsständischen Ausschüsse gleichzeitig gewählt würden. "In einer schon weiter fortentwickelten berufständischen Ordnung, in der die berufständischen Kammern ihre Kammerämter besitzen, deren Beamte, einverständlich von beiden Seiten bestellt, ihre Aufgaben wirklich im Sinne der paritätischen Regelung des Arbeitsverhältnisses auffassen, müßten im Kammeramt Listen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern aufliegen, aus denen es die berufständischen Ausschüsse zur Vorbereitung der Tarifverträge und zur Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten unter Bedachtnahme auf die Wünsche von beiden Streitteilen bestellt. Im übrigen wird die zweckdienliche Beschickung der berufständischen Ausschüsse sehr verschiedenartige Formen annehmen können, soferne nur ihre Wirksamkeit im Sinne des Grundsatzes der Parität gesichert ist."(441)

für den Beschluß der Arbeitssatzung oder die Schiedssprüche durch die paritätischen Ausschüsse sei eine qualifizierte Stimmenmehrheit in der Weise erforderlich, daß auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite je die Hälfte der Vertreter zustimmen müßten. "Vorderhand ist ja die Regelung des Arbeitsverhältnisses in der Form des Tarifvertrages durch die berufständischen Ausschüsse nicht möglich, sondern nur durch die Vereinigungen der Arbeiter und die Verbände der Unternehmer. Denn der Abschluß des Tarifvertrages hat zur Voraussetzung, daß auf seiten der Arbeitgeber und auf seiten der Arbeitnehmer Vereinigungen bestehen, ... welche zum Abschluß eines Tarifvertrages für eine größere Gruppe von Berufsangehörigen kraft deren Zugehörigkeit zu der tarifschließenden Vereinigung bevollmächtigt sind. Den berufständischen Ausschüssen kommt vorderhand lediglich die Vorbereitung der Tarifverträge zu."(442)

bb) Der Tarifvertrag und die Tarifgemeinschaft

"Neben der Arbeitsordnung, soweit sie nicht durch das allgemeine Arbeitsrecht geregelt ist, der Arbeitszeit und der Urlaubsregelung wird der Inhalt des Gesamtarbeitsvertrages vor allem die Lohnfrage und die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten sein. Die Schlichtung soll durch tarifvertragliche Vereinbarung festgelegt werden, durch die staatliche Sozialpolitik nur subsidiär, also für den Fall, daß solche Vereinbarungen nicht bestehen oder sich nicht bewähren. Denn eine vereinbarte Schiedsgerichtsbarkeit bewirkt eine Verstärkung der Selbstverantwortung, wie sie der berufständische Gedanke erfordert. Was aber die Lohnfrage, in der sich die Interessengegensätze am schärfsten begegnen, angeht, so ist vorzusorgen, daß ein Zustandekommen des Tarifvertrages möglichst gesichert wird."(443)

"Die wirtschaftlichen und sozialen Fehlwirkungen des Tarifvertrages, die sich in Ländern mit starken Organisationen auf beiden Seiten des Arbeitsmarktes gezeigt haben, wird der Tarifvertrag in der berufständischen Ordnung, wenn die paritätischen Ausschüsse ihrer Aufgabe entsprechen, leicht zu vermeiden vermögen. Diese Fehlwirkungen ergaben sich aus der sogenannten Tarifstarrheit. Solange der Tarifvertragsabschluß zugleich immer eine Machtfrage für die beteiligten Organisationen war und sich im Gefolge davon das örtliche und zeitliche Ausmaß der von einem Tarifvertrag betroffenen Arbeitsverhältnisse immer mehr ausweitete, war es unvermeidlich, daß der Tarifvertrag zu wenig die Verschiedenheit der Lebensverhältnisse in den einzelnen Landesteilen berücksichtigte; daß die Tarifverträge oft zu wenig auf die Wandlungen des Wirtschaftsablaufes abgestellt waren und bei plötzlichen Rückschlägen Schwierigkeiten für die Aufrechterhaltung der Betriebe brachten. Die Folgen waren für die Arbeiter selbst auch bedenklich, da eine solche Unelastizität der Tarifverhältnisse den Abbau von Arbeitern ... zur Folge hatte. Beiderlei Gefahren wird die berufständische Ordnung ausschließen. Denn sie wird den Tarifvertrag auch der territorialen Gliederung anpassen, die ihre Baugesetze fordern und in den territorialen berufständischen Körperschaften nach Ländern, Kreisen, Provinzen die Tarifgemeinschaften bilden; außerdem entspricht es dem berufständischen Gedanken, daß in den Tarifverträgen die berufständischen Ausschüsse mit den Aufgaben der Tarifämter betraut werden, die in den sogenannten Tarifgemeinschaften schon in der bisherigen Entwicklung vereinzelt bestanden. Daraus ergibt sich die Möglichkeit der Anpassung der Tarife an die territorialen Verhältnisse sowie an den Konjunkturverlauf, die allerdings nicht nur zugunsten der Arbeitgeber erfolgen darf, sondern auch in der aufsteigenden Konjunktur zugunsten der Arbeiter wirksam werden muß."(444) Der berufsständischen Ordnung sei die schon vielfach gängige Allgemeinverbindlichkeit des Gesamtvertrages innerhalb der angegebenen Grenzen wesenseigen. Ansonsten wäre für Messner die Befriedung der Gesellschaft durch eine im sozialen Rechtsgedanken wurzelnde Regelung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen.

Die berufsständische Ordnung dränge also ihrem ganzen Sinn nach auf die Fortbildung des Tarifvertrages zur Tarifgemeinschaft. Messner als Realist wußte um die Stadien auf dem Wege dorthin bei gleichzeitig greifender Gesinnungsreform: Der erste Schritt werde die tarifvertragliche Vorsorge möglichst für alle Fälle sein, in denen Regelungen gemeinsamer Angelegenheiten notwendig würden. Das bedeute vor allem die Aufnahme der Schiedsklausel in den Tarifvertrag, welche eine Vereinbarung enthalte über die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten allgemeiner Art, über die Erneuerung des Tarifvertrages und über seine Anpassung an wesentliche Änderungen des Wirtschaftsverlaufes.(445)

Ein letzter Schritt zur Tarifgemeinschaft würde allerdings unmittelbar in den Berufsstand als Berufsgemeinschaft hinüberführen, es würde "das Schwergewicht der Regelung des Arbeitsverhältnisses und der Arbeitsbedingungen in den Aufgabenbereich des Berufstandes als solchen fallen: sie würde dann nicht mehr in der Form einer vertraglichen Vereinbarung von 'syndikalen' Verbänden erfolgen, sondern durch Beschluß der paritätischen berufständischen Ausschüsse selbst. Das würde nicht zur Folge haben, daß die Fachverbände auf der Seite der Arbeiter und der Unternehmer ihre Existenzberechtigung verlieren würden, wohl aber würden sich ihre Aufgaben zum Teil ändern."(446)

cc) Zum Rechtsgedanken, Endzustand und zur überbetrieblichen Regelung

"Rechtlich besteht der Unterschied zwischen Gesamtarbeitsvertrag und berufsgemeinschaftlicher Satzung zur Regelung des Arbeitsverhältnisses darin, daß diese im ersten Falle auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages erfolgt, dagegen im zweiten Falle durch öffentlich-rechtliche Satzung. Es darf allerdings nicht außer acht gelassen werden, daß auch die im Tarifvertrag geschaffene Arbeitsnorm die Kraft öffentlich-rechtlicher Geltung zu erlangen vermochte und daß auch insoferne schon der Übergang zur Bildung eigentlichen Sozialrechtes eingeleitet war." Messner unterschied also klar zwischen Fragen der nächsten Entwicklung, die hier eher im Vordergrund standen, und einem (tatsächlich so genannten!) Endzustand: "Sobald diese Einrichtungen (die berufsständischen, Anm. v. Verf.) bestehen und sich als funktionsfähig erwiesen haben, werden die Sondervereinigungen auf beiden Seiten zurücktreten, es wird dann die sozialrechtliche Arbeitssatzung der ständischen Gemeinschaft das erstbestimmende sein. Im folgenden ist indessen noch nicht dieser Endzustand zu erörtern, sondern es sind die Fragen der nächsten Entwicklung zu besprechen."(447)

"Die Schlichtung hat zwei verschiedene Aufgaben: eine Einigung in den Gesamtvertragsverhandlungen herbeizuführen, wenn dies dem berufständischen Ausschuß nicht gelingt; und Arbeitsstreitigkeiten zu schlichten, wenn über die Beurteilung eines Sachverhaltes auf Grund eines abgeschlossenen Gesamtvertrages keine Einigung unter den Parteien zu erzielen ist. Man übersehe nicht, daß in beiden Fällen ein Güteverfahren und ein Streitverfahren möglich ist. Gerade im Sinne des berufständischen Gedankens verdient die freie Verständigung vor dem richterlichen Urteil immer den Vorzug. Aber der berufständische Gedanke selbst fordert auch als Mittel zur Verwirklichung des Rechtsgedankens im wirtschaftlich-sozialen Bereich Einrichtungen zur Austragung von Interessengegensätzen im Rechtsstreitverfahren, wenn das Güteverfahren nicht zum Ziele fährt. Die Erfahrung hat erwiesen, daß in achtzig von hundert Fällen dem Güteverfahren der Erfolg beschieden ist."(448)

In offensichtlicher Gewöhnung an den Dollfuß-Schuschnigg-Staat und in Blick auf den Endzustand sagte Messner deutlich: "Alle diese Aufgaben der paritätischen Ausschüsse und ihre subsidiäre Erfüllung durch den Staat bedeuten die Unterstellung der Interessengegensätze unter den Rechtsgedanken. Seine Verwirklichung läßt eine andere Möglichkeit des Ausgleiches der Interessengegensätze zwischen Kapital und Arbeit, namentlich ihre Austragung im Machtkampfe der organisierten Arbeitsmarktparteien, nicht zu. Aussperrung und Streik, die bisherigen äußersten Mittel des Klassenkampfes von oben und unten, sind mit dem voll entfalteten berufständischen Gedanken unvereinbar."(449)

"Aus der Stellung des Rechtsgedankens in der berufständischen Ordnung ergibt sich, daß es überbetriebliche Organe sein müssen, die sein Wirksamwerden bei der Regelung des Lohnarbeitsverhältnisses zu verbärgen haben. Schon die besondere Art des Arbeitsvertrages verlangt gesellschaftliche Sicherungen, daß jene Rechtsverpflichtungen erfüllt werden, die in ihm, weil durch die Persönlichkeitswürde des Arbeiters bedingt, stets mitgegeben sind, ohne ausdrücklich vereinbart zu sein, für deren Einhaltung aber die Gesellschaft, und zwar zuerst die ständischen Gemeinschaften mitverantwortlich sind. Des weiteren ist es das Prinzip der Parität, das überbetriebliche Organe und so die Beseitigung jener Gefahren wirtschaftlicher und sozialer Abhängigkeit fordert, die sich für den Lohnarbeiter daraus ergeben, daß Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsführung auf das Privateigentum begründet sind, da das gleichberechtigte Zusammenwirken der Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Regelung der beide gemeinsam berührenden, aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Fragen nur gesichert ist, wenn diese Regelung aus dem Bereiche der Herrschaftsgewalt im Betriebe herausgehoben ist. Und endlich ist die überbetriebliche Regelung für die berufständische Ordnung deshalb wesentlich, weil der Ort des Berufstandes wesensmäßig zwischen der Gesamtgemeinschaft und dem Einzelunternehmer ist und weil er seiner ganzen Aufgabe nach in diesem Bereich die Gemeinschaftsordnung zu verwirklichen hat, die durch die berufliche Leistungsverbundenheit gefordert ist."(450)

5.6.4 Die Ordnung des Arbeitsmarktes

In einer wichtigen Passage erkennen wir doch den feinen Unterschied der Messnerschen Konzeption beim Vergleich mit faschistischen "Von-oben-Modellen" - eine bloße Ausschaltung der Interessengegensätze lehnte Messner ab: "Vom Arbeitsmarkte ging die Dynamik aus, welche die Gesellschaft unserer Staaten ... in Bewegung versetzte, immer mehr an den beiden Gegenpolen der Klassengegensätze massierte und zur machtmäßigen Auseinandersetzung trieb. Die Arbeitsmarktmechanik in diesen ihren Auswirkungen von der Gesellschaft abzuschalten, ist eine der unmittelbarsten Aufgaben der berufständischen Ordnung. Nicht ihre Aufgabe allein. Denn auch die staatliche Ordnungsgewalt wird gerade auf diesem Gebiete regelnd einzugreifen haben. Ja wir sehen heute in mehreren Staaten eine Ausschaltung klassenkämpferischer Auseinandersetzungen durch staatliche Maßnahmen, ohne daß berufständische Einrichtungen schon wirksam geworden wären. Freilich darf nicht übersehen werden, daß eine Heilung der sozialen Schäden, die den Klassenkampf zur Folge hatten, von der Wurzel her gar nicht anders als im berufständischen Bereiche endgültig erfolgen kann, weil es der Rechtsgedanke ist, der dort seine ausgleichende und versöhnende Wirkung ausüben muß, wo die Gegensätze unmittelbar einander gegenüberstehen. Es soll aber durchaus nicht verkannt werden, daß eine den wirtschaftlichen und sozialen Bereich überhöhende Gemeinschaftsidee auch die Klassengegensätze auf einige Zeit hin zu überbrücken vermag. Auch muß das Bewußtsein der Gemeinschaftsverbundenheit und der Gemeinschaftsverpflichtung notwendig zur Rechtsidee hinzukommen, wenn die vom Arbeitsmarkte ausgehenden Gefahren der Klassenspaltung voll überwunden werden sollen. Jedenfalls aber wird die Gemeinschaftsidee, sei sie nun stärker national, staatlich oder sozial geprägt, die Auseinandersetzung der Interessengegensätze in die Grenzen einer übergeordneten und verpflichtenden Einheit weisen. Gewiß aber ist es mit einer bloßen Unterdrückung der Klassenauseinandersetzungen nicht getan, die Interessengegensätze müssen nach Recht und Gerechtigkeit ausgeglichen werden. Die Einrichtungen dafür zu schaffen, ist in erster Linie Aufgabe der berufständischen Ordnung."(451) "Die Ordnung des Arbeitsmarktes kann natürlich nicht seine Beseitigung bedeuten (...) Denn dem Arbeitsmarkte kommt eine höchst wichtige Funktion für die Sicherung der wirtschaftlichen Wohlfahrt und des sozialen Fortschrittes zu, die er nur erfüllen kann, wenn ihm das Maß der inneren Dynamik erhalten bleibt, das mit der Gemeinwohlordnung vereinbar ist. Auch auf dem Arbeitsmarkte kommt es somit darauf an, das rechte Verhältnis von Freiheit und Ordnung herzustellen (...) Alles, was zu Formen berufständischer und staatlicher Planwirtschaft drängt, müßte schließlich auch auf Kosten der Freiheit des Arbeiters gehen."(452)

"Ein Mittel der Arbeitsmarktpolitik von außerordentlich weittragender und sicherer Wirkung hat die Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit mehr und mehr in den Vordergrund der Erörterung gerückt: (...) die Nebenerwerbssiedlung ..., durch die der Arbeitsmarkt von einem immerhin erheblichen Teil des überschüssigen Arbeitsangebotes ... allmählich entlastet werden könnte (...) Der Mann, der mit seiner Familie sich auf einer Siedlerstelle das Notwendige selbst beschaffen kann, ist nicht mehr gezwungen, auf jede Lohnbedingung des Unternehmers einzugehen."(453)

Immer wieder sprach Messner von Fernzielen berufständischer und staatlicher Arbeitsmarktpolitik. Wiederum mit Brauer sagte er sehr klar: "Ausgangspunkt für die Verwirklichung der berufständischen Gemeinschaftsleistung ist die Arbeitsgemeinschaft von Unternehmern und Arbeitern, die bei der gemeinsamen Pflege des Nachwuchses beginnt. Von hier aus läßt sich zu allem anderen unschwer und ohne Sprunghaftigkeit, vielmehr ganz allmählich überleiten. Man soll sich also von dem Gedanken befreien, als ob etwa ein fertiges korporatives System mit einem Schlage hingestellt werden könnte. Das würde der Grundidee völlig widersprechen, denn in der Grundidee ist der Berufstand natürliches und ursprüngliches Wachstum."(454) Habe also der Arbeitsmarkt erst einmal die unerläßliche Eingrenzung seiner Dynamik erfahren, dann werde berufsständische Arbeitsmarktpolitik von der Angebot- wie von der Nachfrageseite her ihre engeren Aufgaben unschwer zu bewältigen vermögen. Von der Angebotseite her sei es vor allem die Nachwuchserziehung, die in den ständischen Berufskreisen zu den wichtigsten Bereichen ihrer Selbstverwaltung gehöre, sowohl was die Heranbildung der notwendigen Arbeitskräfte als was die ganze geistige Grundlegung der berufsständischen Ordnung betreffe.

Die Nachwuchserziehung stehe in engster Verbindung mit der arbeitsmarktpolitischen Aufgabe, die den Berufsständen von der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes gestellt werde. "Dem Berufstande obliegt also in erster Linie die Obsorge für die ihm angehörenden Arbeiter; dem Staate kommen auch in dieser Hinsicht nur subsidiäre Aufgaben zu (...) Aber schon das Versagen der bisherigen Art der Sozialpolitik zeigt, daß vom Staat verlangt wurde, was er nicht zu leisten vermag, und zwar um so weniger, je stärker sich die Schwierigkeiten vermehren."(455) Die Voraussetzungen zu schaffen, daß alle seine Glieder Arbeit und standesgemäßen Unterhalt haben, sei vor allem Aufgabe des Berufsstandes. Zu ihrer Erfüllung werde die berufsständische Anlage der Sozialversicherung wichtige Dienste tun.

5.6.5 Die Sozialversicherung

Darin, daß zur Obsorge für die Existenzsicherung der Arbeiterschaft des industriellen Berufskreises dieser selbst in erster Linie verpflichtet werden solle, sehe Karl v. Vogelsang, der Vorkämpfer einer christlich-ständischen Neuordnung der Gesellschaft in Österreich, eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Überwindung der der kapitalistischen Wirtschaft eigenen Arbeitslosigkeit und ihrer Arbeiterfrage überhaupt, sowie einer neuen ständischen Gemeinschaftsordnung.(456)

Die Ordnung des Arbeitsmarktes im Sinne der berufsständischen Prinzipien werde ja nicht verhindern können, daß bestimmte Auswirkungen entständen, welche die Existenzsicherung des Arbeiters bedrohten. Gemäß der berufsständischen Neuordnung müsse auch die "segensreiche" Sozialversicherung ganz nach ökonomischen Gesichtspunkten konstruiert sein, wenn sie ihren Zweck wirklich erfüllen solle. Dabei gelte der Grundsatz: "Gleiches Risiko bedingt gleiche Prämie, gleiche Prämie bedingt gleiche Leistung. Daraus ergibt sich eine Differenzierung der Sozialversicherung nach Berufen, weil damit dem Prinzip der Prämiengleichheit bei Risikogleichheit am besten entsprochen wird; es ergibt sich aber auch die Selbstverwaltung der Sozialversicherung durch die Berufe (...) Die Berufstände müssen somit die Träger der Sozialversicherung sein, allerdings zu Risikoverbänden auf Grund gemeinsamer Risken zusammengeschlossen und in einem Gesamtverbande geeinigt, der die mit dem volkswirtschaftlichen Konjunkturverlauf verbundenen Risken ausgleicht."(457) Die Prämienhöhe werde also vom Berufsrisiko und von der Lohnhöhe abhängen.

5.6.6 Die Sozialpolitik

"Die Aufgabe, auch jenen gesellschaftlichen Gruppen ihren Anteil am Gemeinwohle zu verschaffen, die durch die Fehlentwicklungen der gesellschaftlichen Ordnung ihn aus eigener Kraft nicht zu erreichen vermögen, macht das Wesen der Sozialpolitik aus. Daraus ergibt sich, daß in einer wohlgegliederten Gesellschaft alle Gemeinschaftsbereiche zu ihrem Teile an dieser Aufgabe mitzuwirken haben. Nur im individualistischen Rechtsstaate mußte ... diese Aufgabe ausschließlich dem Staate zufallen". In der berufsständischen Gesellschaft gehe deshalb ein großer Teil der notgedrungen vom Staat übernommenen sozialpolitischen Aufgaben in den Bereich der berufsständischen Selbstverwaltung über.

"Ein beträchtlicher Teil sozialpolitischer Aufgaben wird allerdings immer dem Staate obliegen. Es sind jene, die über den einzelständischen Bereich hinausgehen, so eine allgemeine Regelung des Arbeiterschutzes ..., der Sonn- und Feiertagsruhe, der Frauen- und Kinderarbeit, der Höchstarbeitszeit." Noch lange würden beim Lohnschutz in die staatliche Zuständigkeit fallen u. a. die Sicherung der tariflichen Lohnsätze, die Bestimmung des Ausmaßes des zulässigen Naturallohnes und der Stellung der Lohnforderungen im Konkursfall; das Kündigungsrecht, seine Fristen und seine Schranken sowie der Heimarbeiterschutz. "All dies wird Inhalt einer allgemeinen Ordnung der Arbeit sein müssen, die vom Staate geschaffen und deren Einhaltung von ihm auch verbürgt wird. Bei der Kontrolle ihrer Einhaltung kann er sich allerdings in weitgehendem Maße berufständischer Organe bedienen, wenn nur für ein Rechtsverfahren Vorsorge getroffen ist, in dem solche, die sich geschädigt sehen, ihr Recht sichern können."(458)

Vor allem sei dem berufsständischen Bereiche die Schaffung der ständischen Arbeitsordnung, die sich der allgemeinen staatlichen Arbeitsordnung anzupassen habe, vorbehalten. Darin werde der Arbeiterschutz, namentlich der Gesundheitsschutz, aber auch die Gestaltung von Lohn, Arbeitszeit und der übrigen Arbeitsbedingungen im Hinblick auf die besonderen beruflichen Arbeitsverhältnisse zu regeln sein. "Diese sozialpolitischen Aufgaben können durch die berufständischen Ausschüsse, sobald diese in Funktion treten, fortlaufend übernommen werden (...) Ein Hauptgebiet berufständischer Sozialpolitik ist weiters die Sozialversicherung in ihren verschiedenen Abteilungen. Zu den sozialpolitischen Aufgaben der Berufstände gehört ferner die Kontrolle der Durchführung der Gesamtarbeitsverträge, die Gewerbepolizei, außerdem der Arbeitsnachweis, die Berufsberatung, die Berufsumschulung, schließlich das Lehrlingswesen, die berufliche Fortbildung. Dazu kommt die Verwaltung der besonderen Wohlfahrtseinrichtungen, die der einzelne Stand schafft."(459) Die berufsständische Sozialpolitik könne also den besonderen Erfordernissen des einzelnen Berufskreises viel weitergehend Rechnung tragen als die allgemeine Sozialpolitik.

"Von größter grundsätzlicher Tragweite ist die Neuartigkeit des aus der berufständischen Sozialpolitik hervorgehenden Arbeitsrechtes. Es wird Sozialrecht im eigentlichen Sinn des Wortes sein".(460) Das Arbeitsrecht der staatlichen Sozialpolitik in seiner Gesamtheit konnte für Messner nur in einem übertragenen Sinne als Sozialrecht bezeichnet werden.(461)

5.6.7 Die Selbsthilfeorganisationen in der berufsständischen Ordnung

Manche hätten gefragt, ob in der berufsständischen Ordnung noch Selbsthilfeorganisationen notwendig bzw. berechtigt seien. "In Wahrheit hat auch die berufständische Gemeinschaftsordnung nur eine Hilfsstellung. Sie ist daher an das Subsidiaritätsprinzip gebunden, nach welchem ihr erst dann Aufgaben zukommen, wenn die Einzelnen und die unmittelbar zuständigen Lebenskreise mit ihren Kräften den ihnen obliegenden Aufgaben, also auch den wirtschaftlichen Aufgaben, nicht gewachsen sind."(462)

Auch in Zusammenhang mit QA 87 sei völlig klar: "Die Selbsthilfeorganisationen haben auch in der berufständischen Ordnung ihre Berechtigung und ihr Recht, sie sind indessen der Kontrolle der berufständischen Organe wie auch des Staates auf ihre Tätigkeit hin, soweit sie das Gemeinwohl berührt, unterworfen." Es gab für Messner kein ärgeres Mißverständnis, als daß die berufsständische Ordnung als Fürsorgeinstitution aufzufassen sei, die durch planwirtschaftlich-organisatorische Mittel dem Einzelnen Sorge, Arbeit und Ringen in der Erfüllung seiner Lebensaufgaben abzunehmen habe. "Die berufständische Ordnung hat nur die frei sich entfaltende wirtschaftliche Tätigkeit in der Ordnung des Gemeinwohles zu halten durch Organe, die nicht von vornherein jedes freie Leben unterdrücken, sondern nur die Schädigung des Gemeininteresses rasch und sicher abwehren."(463) "Nur der kann den Selbsthilfeorganisationen die Berechtigung in der berufständischen Ordnung absprechen, der ... verkennt, daß in der Gemeinschaftsordnung das Eigeninteresse durchaus seinen Platz und sein Recht behält. Der Mensch ist eben nicht nur Gemeinschaftswesen, sondern auch Einzelwesen. Ja er hat Lebensaufgaben, einschließlich der wirtschaftlichen, für die die Gemeinschaft immer nur eine Hilfsstellung haben kann. Dies ist bekanntlich einer der Gründe, warum die christliche Naturrechtslehre mit solcher Unbeugsamkeit am Privateigentum als Grundlage einer natürlichen Ordnung des Wirtschaftslebens festhält. Wenn aber die Sonderinteressen des Einzelnen, allerdings hingeordnet auf die Allgemeininteressen der Gemeinschaft, ihr eigenes Recht haben, dann schließt dieses Recht auch die Selbsthilfeorganisationen ein".(464)

a) Die sozialen Selbsthilfeorganisationen (Gewerkschaften - Einheitsgewerkschaft): Stellung und verbleibende Aufgaben

"In keiner anderen Frage trat lange Zeit hindurch die ausschließende Gegensätzlichkeit der Meinungen über die Gestalt der berufständischen Ordnung stärker hervor als in der Gewerkschaftsfrage."(465) "Richtig ist, daß die Gewerkschaften nicht Wesensbestandteil einer vollkommen durchgebildeten berufständischen Ordnung sind, richtig ist aber auch, daß die gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter beim Umbau der Gesellschaft im Sinne des berufständischen Gedankens wichtige Dienste tun können; es kann aber auch an der Existenzberechtigung von Gewerkschaften in der berufständischen Ordnung kein Zweifel bestehen."(466)

"Die halb öffentlich-rechtliche Stellung, die den Gewerkschaften bei der Schaffung der tariflichen Arbeitsnorm gleichsam in Stellvertretung der fehlenden ständischen Berufskörperschaften vielfach zukam, wird mit dem Wirksamwerden dieser Körperschaften zurücktreten. Vereinigungen privater Art zur Wahrung gemeinsamer wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Interessen und Aufgaben schließt die berufständische Ordnung in keiner Weise aus, wenn sich diese Vereinigungen der ... Gemeinwohlordnung des Ganzen einfügen. Das naturrechtlich begründete Recht der freien Vereinigung erfährt durch den berufständischen Gedanken keine Beeinträchtigung. Rechtsstellung und Aufgabenbereich der Gewerkschaften werden aber in der berufständischen Ordnung eine Änderung erfahren. Aber auch da ist zu unterscheiden zwischen der fortgeschrittenen berufständischen Neugestaltung der Gesellschaft, in der die ständischen sozialen Ordnungsfunktionen sich schon bewähren, und der erst am Beginne ihrer Entwicklung stehenden, in der noch kaum Ansätze für eine ständische soziale Rechts- und Friedenssicherung vorhanden sind. Fest steht grundsätzlich jedenfalls, daß an sich öffentlich-rechtliche Stellung nur den berufständischen Körperschaften zukommt und nicht den gewerkschaftlichen Verbänden. Damit wird allerdings nicht ausgeschlossen, daß den Gewerkschaften eine öffentlich-rechtliche Stellung für eine Übergangszeit gegeben werde, in der ohne gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterschaft nicht nur die Bildung der berufständischen Organe, sondern auch die Erstellung einer Tarifnorm (Arbeitssatzung) und ihre einheitliche Durchführung nur schwer möglich oder überhaupt unmöglich wäre."(467)

Ohne Bedenken legitimierte Messner den "Ständestaat"-Weg einer allein zulässigen Einheitsgewerkschaft: "Eine solche Regelung des Gewerkschaftswesens für eine Übergangszeit scheint unumgänglich, wenn man der Frage nachgeht, wie in der berufständischen Ordnung mehrere nebeneinander bestehende Richtungsgewerkschaften zusammenwirken sollen, das heißt Gewerkschaften mit verschiedener weltanschaulich-politischer Einstellung ihres Programmes, und zwar namentlich in Ländern mit parlamentarisch-demokratischer Gestaltung des öffentlichen Lebens. Daß organisatorisch eine Form der Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerkschaften einer Berufsgruppe für ihr Wirken in der berufständischen Ordnung gefunden werden muß, steht außer Zweifel (...) Schließlich kann aber auch eine Regelung zweckmäßig sein, die überhaupt nur eine Einheitsgewerkschaft zuläßt und diese mit den erwähnten Rechten (Beschickung der berufsständischen Ausschüsse, Anm. v. Verf.) betraut. Es ist die Regelung, die zuerst in Italien und dann in Österreich getroffen wurde."(468) "Gegen die Regelung in Form der Einheitsgewerkschaft ist ein grundsätzliches Bedenken erhoben worden: das Recht der freien Vereinigung, das Koalitionsrecht, um das die Arbeiterschaft jahrzehntelang einen opfervollen Kampf geführt hat und das zweifellos als natürliches Recht bezeichnet werden muß, sei unterdrückt. Der Einwand geht fehl. Denn zunächst ist doch klar, daß das Hineintragen weltanschaulich-politischer Programme in die Gewerkschaftsbewegung, die ihrem Wesen nach auf die wirtschaftlich-soziale Interessenvertretung der Arbeiterschaft gerichtet ist, an sich schon fragwürdig ist und nicht mit Berufung auf das Naturrecht verteidigt werden kann. Außerdem ist aber gerade für die naturrechtliche Betrachtung der Koalitionsfreiheit der Rechtszweck entscheidend. Die Verwirklichung des Rechtszweckes der Gewerkschaft als Vereinigung zur wirtschaftlichen und sozialen Interessenvertretung der Arbeiterschaft ist aber in einer Einheitsgewerkschaft nicht nur nicht bedroht, sie wird vielmehr gefördert, da naturgemäß der Zusammenschluß aller Arbeiter in einer Einheitsorganisation mehr ausrichtet in der Wahrung der Rechte der Arbeiterschaft, als wenn diese in Richtungsgewerkschaften aufgespalten ist. Dies besonders in den Ländern, wo der Weltanschauungskampf Formen annahm, die dem eigentlichen Zwecke der gewerkschaftlichen Vereinigungen abträglich war. Am wenigsten aber dürfen jene gegen den Gedanken der Einheitsgewerkschaft im Namen der Koalitionsfreiheit Stellung nehmen, die selbst für die marxistisch-sozialistischen Gewerkschaftsverbände Monopolrechte beanspruchen und in ihrer Verfechtung auch vor Terror nicht zurückschreckten. Was der Arbeiterschaft aber nach den Forderungen des Naturrechtes stets bewahrt bleiben muß, ist das Recht der freien Vereinigung zu religiösen und kulturellen Zwecken."(469)

"Es besteht somit eine Vielfalt von Möglichkeiten der Regelung des Gewerkschaftswesens, soferne nur die Verwirklichung des Rechtszweckes des freien Vereinigungsrechtes und die Erfordernisse des öffentlichen Wohles gewahrt sind. Daher ist auch in dieser Frage ein Spielraum gegeben, innerhalb dessen in jedem Lande entsprechend seiner ganzen Entwicklung und der in ihm bestehenden Verhältnisse nach Zweckmäßigkeitsrücksichten entschieden werden kann. - Die Gründe dafür, daß auch noch in der fortgeschrittenen berufständischen Ordnung Gewerkschaftsorganisationen ihre Existenzberechtigung haben, sind mehrfache und an den Aufgaben der gewerkschaftlichen Selbsthilfe der Arbeiterschaft leicht abzulesen. Was zunächst die Interessenvertretung, also die Aufgabe der Gewerkschaften auf dem Arbeitsmarkt angeht, so bleibt sie, wenn auch gewandelt bestehen, wenn die überbetrieblichen Sicherungen der sozialen Gleichberechtigung des Arbeiters durch die berufständischen Einrichtungen gegeben sind. Denn wenn die Arbeiterschaft in den paritätischen Ausschüssen ihren Aufgaben voll gerecht werden will, dann braucht sie Selbsthilfeorganisationen, welche die Voraussetzungen erstellen, daß die Arbeitervertreter erfolgreich die Interessen und Rechte der Arbeiterschaft zur Geltung bringen können. Das gilt ... fast noch mehr für jene, die in den Ausschüssen wirken, die sich mit den Aufgaben der berufständischen Wirtschaftspolitik befassen ... für die Erfüllung dieser Aufgaben müssen den Arbeitervertretern Behelfe zur Verfügung stehen, die nur in Büros erarbeitet werden können (...) Zur Führung dieser Büros sind aber Mittel notwendig, die von den Arbeitern nur mit vereinten Kräften aufgebracht werden können, also durch gewerkschaftliche Selbsthilfeorganisationen. Auch die einzelne Gewerkschaft für sich wird zu schwach sein; die Gewerkschaften werden vielmehr gerade ihrer eigentlichen Aufgabe in der berufständischen Ordnung nur in einer Vereinigung genügen können, die zwar die Selbständigkeit der einzelnen Gewerkschaften und ihre Mitwirkung bei der Selbstverwaltung der berufständischen Gemeinschaften unangetastet läßt, die aber doch die notwendige Sammlung der Kräfte für die der Arbeiterschaft in der berufständischen Ordnung obliegenden Aufgaben der Mitverantwortung und Mitbestimmung der Wirtschaft- und Sozialpolitik sichert."(470)

Außer der Interessenvertretung hätten die Gewerkschaften auch Aufgaben der gegenseitigen Hilfe. "Sie selbst werden es vor allem in der Hand haben, die Arbeiterschaft mit Vertrauen zur berufständischen Ordnung zu erfüllen und zu dem für diese unerläßlichen Geist zu erziehen. Die Voraussetzung dafür ist, daß die Gewerkschaften selbst den sie in der Vergangenheit zum großen Teil beherrschenden Kampfgeist überwinden und den der genossenschaftlichen Selbsthilfe für ihr Wirken zur Richtschnur nehmen. - Wir kommen damit gegenüber den Gewerkschaften zur gleichen Zukunftsperspektive wie gegenüber den Kartellen: beide sind Selbsthilfeorganisationen, beide entstammen zunächst fast ausschließlich der individualistischen Marktmechanik, die letzteren dem Warenmarkte, die ersteren dem Arbeitsmarkte, beide werden durch die berufständische Neuordnung auf den Weg einer eigentlichen genossenschaftlichen Entwicklung gedrängt, die aber nicht nur dem Selbsthilfegedanken, sondern ebenso dem berufständischen Gedanken im Innersten entspricht."(471)

b) Die wirtschaftlichen Selbsthilfeorganisationen

aa) Kartell

Der "Gefahr der Überorganisation entgeht man nur, wenn man berufständische und andere Organisationen genau scheidet, für die berufständischen möglichste Einfachheit fordert, die nichtständischen Organisationen, wie die Kartelle, eindeutig auf den ihnen verbleibenden Platz als freie private Verbände verweist und der Ordnung des Wettbewerbes das Hauptaugenmerk zuwendet."(472) Während zur Zeit Messners vielfach die Ansicht hervortrat, daß die Kartelle in der berufsständischen Ordnung überhaupt keinen Platz hätten, waren zuvor die Meinungen dahin gegangen, daß die Kartelle selbst schon Organisationen wenigstens "präkorporativer" Art seien und nur einer Fortbildung nach dem berufsständischen Gedanken hin bedurft hätten. "In Wahrheit hat aber die Kartellorganisation mit dem berufständischen Gedanken nichts zu tun. Gewiß hatte das Kartell, jedoch nur im geringsten Teile seiner Wirksamkeit, einzelne Aufgaben der Marktregelung in der Rolle einer Ersatzorganisation für die fehlenden berufständischen Organe übernommen. Mehr aber nicht."(473) Die damaligen Schwierigkeiten in der Wirtschaft hätten zur Versuchung berufsständisch gesicherter Kartellbindungen geführt. Aber das Kartell sei stets in ganz hohem Maße dazu geneigt, dem Gruppenegoismus Raum zu geben, was dem berufsständischen Gemeinschaftsgeist noch mehr entgegenstände als der Egoismus der Einzelinteressen in der freien Konkurrenz. Auch hier merkte Messner an, daß "die Erstarrung der Wirtschaft in monopolistischen, kartellmäßigen Bindungen eine der größten Gefahren ist, die von seiten eines falsch verstandenen Korporativismus drohen"(474).

Das Kartell sei also in seinen Zielen und Mitteln mehr auf das Einzel- und Gruppeninteresse gerichtet als auf das Gemeininteresse ständischer und allgemein volkswirtschaftlicher Art. Außerdem sei es ausschließlich Unternehmerorganisation. Drittens aber "ist das Kartell eine Vereinigung privatrechtlicher Natur zur Regelung von Marktverhältnissen im Interesse der Vertragsschließenden, während der berufständische Verband öffentlich-rechtlicher Art ist mit dem Zwecke der Wahrung der öffentlichen Interessen, und zwar jener der Berufsgemeinschaft wie jener der Allgemeinheit." Kartellfreiheit als (logische Folge des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit unter Kontrolle) bedeute einerseits Freiheit zum Abschluß, aber ebenso die Freiheit im Abschluß von Kartellen, also auch den Ausschluß eines Zwanges zu einer Kartellvereinbarung. "Da die Kartelle Vereinigungen zur Marktregelung sind unter Einschränkung des freien Wettbewerbes, so ist die Kontrolle der Kartelle keine andere als die zur Ordnung des Wettbewerbes gebotene Kontrolle durch die Stände und durch den Staat"(475).

Im Gesamtbereich der Volkswirtschaft mit geordnetem Wettbewerb werde aber das Kartell nur noch in besonderen Umständen notwendig sein, sei es bei umstürzenden technischen Neuerungen oder Weltmarktdruck. Das Kartell werde dann aber auch seinem besonderen Zweck entsprechen: Vorübergehende Selbsthilfeorganisation zur Marktregelung zu sein. Es werde dann mehr als vorläufige Schutzmaßnahme anzusehen sein, die darauf angelegt sein müsse, sich selbst überflüssig zu machen im Sinne eines sich voll auswirkenden Leistungswettbewerbs. Durch einen solchen Wandel des Kartellgedankens wäre ihr Ziel "dann nicht mehr einfachhin Sicherung der Unternehmerrente für die schon bestehenden Unternehmungen, sondern die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Gruppe und besonders der schwächeren und konkurrenzgefährdeten Unternehmungen im Interesse des Volkswohlstandes."(476)

bb) Die Genossenschaft

Die Genossenschaft sei einem dem berufsständischen Gedanken verwandten Grunde entsprungen. Dieser Grund sei die naturgemäße Ordnung des menschlichen Gemeinschaftslebens mit seiner vielfältigen Gliederung in Verbände, in denen jeweils ein Kreis von Menschen zur Erfüllung gemeinsamer Lebensaufgaben zusammengeschlossen sei.

Die Unterschiede waren für Messner aber streng festzuhalten: Der Berufsstand sei ein die ganze berufliche Leistungsgemeinschaft umfassender Verband mit allgemeinen Ordnungsaufgaben; die Genossenschaft sei ein Zweckverband mit besonderen wirtschaftlichen und sozialen Zielen. Der Berufstand sei dementsprechend wesenhaft öffentlich-rechtlicher Verband, dessen Regelungen für alle der beruflichen Leistungsgemeinschaft Angehörigen verbindlich seien, ob sie sich ihm oder einem seiner Teilverbände angeschlossen hätten oder nicht(477); die Genossenschaft sei insoferne privatrechtlicher Natur, als sie verbindliche Regelungen nur für ihre Glieder treffen könne, für deren Zugehörigkeit zur Genossenschaft eine ausdrückliche Willenserklärung Voraussetzung sei.

"Vor allem aber unterscheiden sich Berufstand und Genossenschaft dadurch, daß der Berufstand Ordnungsverband ist, der allgemeine gesellschaftliche Ordnungsaufgaben zu erfüllen hat, während die Genossenschaft Wirtschaftsverband ist und in diesem Sinne eine Unternehmung, und zwar Handelsbetrieb (Konsumgenossenschaft, Absatzgenossenschaft) oder Wirtschaftsbetrieb, der den Genossenschaftsmitgliedern Hilfe verschiedener Art für ihre Unternehmen gewährt (Produktivgenossenschaft)."(478) Für Messner gab es "eine ganz zuverlässige Regel für die Beurteilung der Frage, inwieweit die Tätigkeit der Konsumgenossenschaften berechtigt ist: Sie ist es in dem ganzen Ausmaße, als sie die Konsumenten besser und billiger zu bedienen vermögen."(479)

Bei der organisatorischen Eingliederung in die berufsständische Ordnung müsse man auch bei den Genossenschaften verschiedener Art von ihrer gesellschaftlichen Leistung ausgehen. Demnach könnten die Konsumgenossenschaften nur der berufsständischen Hauptgruppe Handel, die Kreditgenossenschaften der Hauptgruppe des Bank- und Finanzwesens, die Produktiv- und Absatzgenossenschaften in der Landwirtschaft der Hauptgruppe Landwirtschaft und die Produktiv- und Absatzgenossenschaften des Handwerks der Hauptgruppe Handwerk eingegliedert werden. "Innerhalb dieser Hauptgruppen müssen sie eine eigene Gruppe bilden und dürfen nicht mit anderen berufständischen Körperschaften verkoppelt werden. Ihre örtlichen Unternehmungen müssen indessen eng mit den ständischen Körperschaften der gleichen Fachgruppen zusammenarbeiten zu einträchtiger Regelung der Angelegenheiten, die beide berühren." Messner schloß sich bei seiner Einordnung der Genossenschaften in die berufsständische Ordnung dem österreichischen Modell an. "In Österreich sind die Genossenschaften je nach dem Zweig ihrer wirtschaftlichen Betätigung in die einzelnen berufständischen Hauptgruppen eingegliedert, wo sie eigene Fachverbände bilden. Unter den acht Fachverbänden des Finanzbundes ist einer der Kreditgenossenschaftenverband; die Bauspargenossenschaften dagegen gehören einem anderen Fachverband des Finanzbundes, dem der Bausparunternehmungen, an. für die Konsumvereine ist die Bildung einer Bundesgilde im Handelsbund gesetzlich vorgeschrieben."(480) Auch in dieser Frage kam es für Messner weniger auf die organisatorische Gestaltung als auf die Regelung der Zusammenarbeit und das berufsständische Denken an.

5.6.8 Die soziale Ordnung im Betrieb

"Es wäre verwunderlich genug, wenn ... die Betriebsräte wirkliche Gemeinschaftsorgane der betrieblichen ... Arbeitsgemeinschaft zu werden vermocht hätten. Denn es fehlte die große Berufsgemeinschaft, durch welche die Aufgaben und das Wirken der Betriebsgemeinschaft in das Ganze eines sozialen Ordnungssystems einbezogen gewesen wäre. Aber das Bestreben der Sozialpolitik, im Betriebe selbst Organe zu schaffen, um eine vom Gemeinschaftsgedanken getragene Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Betriebe zu erreichen, war richtig und bildet neben vielen anderen Bestrebungen einen Beweis dafür, wie sehr sich die Sozialreform immer wieder auf den beruflichen Gemeinschaftsgedanken hin gedrängt sah, so sehr auch die ganze Wirtschafts- und Sozialverfassung des Individualismus die geschaffenen Einrichtungen mit den ihr eigenen Kräften durchwirkte. - Schon die Erfahrungstatsachen lassen deutlich erkennen, daß die Berufsgemeinschaften im Betriebe nicht im eigentlichen Sinne die Zellen einer berufständischen Gesellschaftsordnung sein können."

Grundsätzlich mußte dazu für Messner gesagt werden: Wäre die berufliche Gemeinschaft im Betriebe allein und zuerst zuständig für die Regelung der Arbeitsbedingungen, dann würden sich weitgehende Unterschiede im einzelnen Wirtschaftszweig ergeben, die wirtschaftlich und sozial unerträglich wären. "Außerdem erfordert der ganze Sinn der berufständischen Ordnung als der Gliederung nach gesellschaftlichen Leistungsgemeinschaften, ... daß das Schwergewicht der Ordnungsfunktion bei der beruflichen Gesamtgemeinschaft, also beim Berufstande liegt und nicht beim einzelnen Betriebe und daß dieser in allen wesentlichen Verhältnissen der öffentlich-rechtlichen Ordnung der beruflichen Gesamtgemeinschaft unterstellt ist. Und schließlich, was nicht minder wichtig erscheint: dadurch, daß der Ausgleich der naturnotwendig immer neu entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Gegensätzlichkeiten aus der Sphäre des Einzelbetriebes herausgehoben und in den Zuständigkeitsbereich des Berufstandes verlegt ist, werden die wichtigsten Voraussetzungen dafür geschaffen, daß überhaupt im Betriebe der Gemeinschaftsgedanke Fuß fassen kann und nicht immer wieder durch die aus diesen Gegensätzlichkeiten erwachsenden Spannung verdrängt wird ... Ergebnis: Die betriebliche Leistungsgemeinschaft kann nicht Zelle des berufständischen Aufbaues sein, sondern das Lebendigwerden des Gemeinschaftsgedankens im Betriebe setzt berufständische Gemeinschaft und die Einbeziehung des Einzelunternehmens in deren überbetriebliche Ordnung voraus."(481)

Organ der Berufsgemeinschaft im Betriebe müsse ein Ausschuß sein, in welchem der Unternehmer und Vertreter der Arbeiter und Angestellten zur Regelung der das Arbeitsverhältnis im Betriebe betreffenden Fragen zusammenwirkten.(482) Das Entscheidende bleibe der die betriebliche Zusammenarbeit formende Gemeinschaftsgeist selbst. äußere Einrichtungen allein würden seine Wirksamkeit nie voll zu verbärgen vermögen. Von christlichen Sozialreformern sei stets in der Verwirklichung des Treuegedankens die wichtigste Voraussetzung für die Lösung der sozialen Frage im Betriebe gesehen worden.

1936 wurde also offensichtlich die Sicht des Betriebes als eine der "ursprünglichsten zellenhaften Einheiten"(483) zusätzlich unter einem anderen Aspekt beleuchtet, allerdings nur dergestalt, daß die betriebliche Leistungsgemeinschaft nicht Zelle des berufsständischen Aufbaues sein könne, nicht jedoch in Hinblick auf das dortige unmittelbarste Erleben der Gemeinschaftsverbundenheit für den Einzelnen.(484) Wir lesen 1938 weiterhin: "Die Verbundenheit der in einem Betriebe in leitender und abhängiger Arbeit Zusammenwirkenden oder der Angehörigen des Handwerks oder Handels an einem Orte ist viel enger als die des gesamten Berufsstandes in einem großen Lande. Diese untersten Leistungsgemeinschaften sind darum auch die ursprünglichsten zellenhaften Einheiten, aus denen der Berufsstand aufwachsen muß."(485)

5.7 Berufsständische Ordnung und Volksordnung

Die berufsständische Ordnung sei Teil der Volksordnung. An die Stelle der sich in kleineren und größeren Gemeinschaftskreisen aufbauenden Volksgemeinschaft sei jedoch in der jüngsten Geschichte weithin der ständig wachsende Kampf von Interessentenhaufen getreten. Vor allem an der wirtschaftlich-sozialen Bruchlinie der Volksordnung, von der im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung die stärksten zerreißenden Kräfte herkamen, solle die berufsständische Ordnung wieder die Gemeinschaftskräfte wirksam machen.

Im Berufsleben werde und wirke vor allem das Volkstum, wenn es vom Gemeinschaftsgedanken getragen sei. "Volkstum ist ja auch nichts anderes als die Fälle dessen, was in einem Volke an gestaltenden, in seinen Gemeinschaftskreisen sich auswirkenden Kräften lebendig ist und in den vielfältigen Formen seines Gemeinschaftslebens dauernden Ausdruck erhält. Die Volksordnung sichert den naturgemäßen Lebensgemeinschaften den Raum, der für die Entfaltung seiner schöpferischen Kräfte notwendig ist. Lebendiges Volkstum hat eine gesunde Volksordnung zur Voraussetzung. Wahre berufständische Ordnung als besonders wichtiger Teil der Volksordnung wird daher zu einem guten Teil die Quellen des Volkstums wieder eröffnen, die in der Entwicklung der neuzeitlichen Gesellschaft verschüttet worden sind."(486) Es sei an die Einbettung der Familienehre in die Standesehre und auch an die wirtschaftliche Existenzsicherung der Familie durch eine wahre ständische Gesellschaftsreform zu denken. "Die ständische Gemeinschaftsordnung werde des weiteren das ganze Volk fester an seine Lebenskreise binden, mit der Ordnung der Gesellschaft auch ihren Frieden begründen und damit den Nährboden bilden für eine Fortschritt und Beharrung in rechter Weise verbindende Entfaltung der gesellschaftlichen Kultur. Daher ist ständische Gesellschaftsordnung zugleich auch Wurzelboden jenes wahren Konservativismus, der sich den echten Kulturwerten und den naturgebotenen Ordnungen des Lebens von Volk, Staat und Gesellschaft verpflichtet weiß."

"Volksordnung ist ja nichts anderes als die Verwurzelung aller Glieder des Staatsvolkes in den naturgegebenen Gemeinschaften der Familie, der Nachbarschaft, des Berufes, in denen sich in vielfältigem Stufenbau ein mit reichem Innenleben ausgestatteter Organismus aufbaut, von der Familie als Zelle angefangen bis zum Staate als Lebensform der Volksgemeinschaft. Von der anderen Seite gesehen bedeutet Volksordnung, daß das Staatsvolk sich aufgliedert und ausgliedert in die ganze Fälle von Gemeinschaften, wie es die Natur will mit all den gemeinschaftsformenden Aufgaben, die in den Lebenszwecken des Menschen eingeschlossen sind und bei deren Erfüllung er auf die Hilfe einer Gemeinschaft angewiesen ist. Die berufständische Gliederung des Volkes soll die gemeinschaftsformenden Kräfte im ganzen Volkskörper von der beruflichen Leistungsverbundenheit her wirksam machen, in der es seine Lebens- und Kulturaufgaben erfüllt. Der Anteil wahrer berufständischer Ordnung an dem Aufbau der neu zu erstrebenden Volksgemeinschaft kann darum nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nicht ohne guten Grund hat darum die vom christlich-deutschen Rechtsdenken ausgehende Gesellschaftslehre die Berufstände, die alle Glieder des Volkes in deren feste Ordnung einbeziehen, ihnen aber zugleich Heimatrecht in der Volksgemeinschaft sichern, Volksstände genannt."(487)

6. Ausgewählte Kommentare zu Messners Werk "Berufständische Ordnung" vor 1938

Wie der "Monatsschrift für Kultur und Politik" im Feb. 1937 zu entnehmen ist, erregte das Hauptwerk Messners rege Diskussionen bei Industrie und Arbeiterschaft, was den Autor angesichts einer eher enttäuschenden Stille um das berufsständische Aufbauwerk freute.(488) "Aber für die Situation als solche scheint jedenfalls kennzeichnend, wie sehr ein solches Gespräch noch zwischen den Klassenfronten erfolgt und sich noch nicht auf berufständischem Boden bewegt, und wie sehr noch die Sorge um die geistigen und organisatorischen Requisiten der Klassengesellschaft dieses Gespräch bestimmt."(489)

Ein Beitrag beispielsweise im Organ der Christlichen Arbeiterbewegung warf Messner vor, daß er zwar "demokratische Einsichten" hätte, aber daraus nicht die notwendige Konsequenz einer "scharfen Zurückweisung der Diktatur" ziehe.(490) Die Antwort in der Monatsschrift Messners war eindeutig: "Wer ist da eigentlich gemeint? Doch nicht Österreich? Jedenfalls können wir auch in dieser Sache die 'Österreichische Arbeiterzeitung' beruhigen. Denn fast gleichzeitig mit ihrem Aufsatz erschien das 'Central-Blatt and Social Justice', das Organ der katholisch-sozialen Bewegung Nordamerikas, das gerade auf die Ausführungen des Buches, soweit sie über die Demokratie handeln, Bezug nimmt und sie mit hoher Befriedigung zitiert gegenüber den Bestrebungen von Gegnern des korporativen Systems, die dieses 'als eine Todsände gegen die Demokratie' bezeichnen. Müssen wir denn wirklich demokratischer sein als die Amerikaner?"(491) Mit Berücksichtigung der Studien Pelinkas ist jedoch in den Grundlinien bezüglich der "wahren Demokratie" zwischen der Christlichen Arbeiterbewegung insgesamt und Messner kaum ein Unterschied festzustellen.

Diesbezüglich darf nicht vergessen werden, daß Johannes Messners "Monatsschrift" für Reformvorschläge ausreichend Platz bot, besonders in der Endphase des "Ständestaates". So waren die Verfassungsänderungsvorschläge des mit einem demokratischen Ruf ausgestatteten O. Ender bemerkenswert.(492) Ender betonte die exklusive Zuständigkeit der christlichen Soziallehre als geistiges Fundament der Verfassung(493), was Johannes Messners Vorstellungen voll entsprach. Der Alt-Bundesminister für Verfassung und Verwaltungsreform hatte außerdem schon am 13. Nov. 1936 zur BO 1936 geäußert: "Was Dollfuß im großen Bilde geschaut, was er instinktiv empfunden und den Grundsätzen nach verfassungsrechtlich niedergelegt hat, das erfaßt Meßner mit wissenschaftlicher Gründlichkeit; er stellt es klar heraus und, was dankenswert ist, er zeigt praktische Wege zur Verwirklichung. Das Buch erscheint zur rechten Zeit."(494)

In der Aprilnummer (1937) der "Monatsschrift", welche gegenüber den seit Juli 1936 feststellbaren Tendenzen ausrief "Befriedung nicht nur nach rechts!", stellte der spätere prominente neoliberale Ökonom Wilhelm Röpke Betrachtungen zu Messners Hauptwerk an. Zunächst sprach er von einer notwendigen Reform, "die weit mehr ist als ein bloßer wirtschaftstechnischer Umbau."(495) Die Schwierigkeit dabei bestehe im Abstandhalten sowohl nach der Seite eines problemlosen Konservativismus und als auch eines lebensgefährlichen Jakobinertums der Reform. Die Diskussion müsse von den "Totallösungen" wegführen. Darin sei nun die BO 1936 Messners "ein überaus wertvoller Beitrag zur Lösung der gekennzeichneten Aufgabe, geschrieben von einem der Berufensten, der tiefe philosophische und soziologische Bildung mit dem Blick des erfahrenen Sozialethikers und mit intimer Kenntnis des Wirtschaftslebens und seiner Gesetze verbindet."(496)

Einer der Hauptvorzüge des Buches liege im Vermeiden unbekümmerter Gesellschaftskonstruktionen mit Zirkel und Lineal auf dem vorsichtig zu beschreitenden Gebiet der berufsständischen Ordnung. Messner betone die Notwendigkeit eines "autoritären, das heißt über den Interessenten stehenden und sich kraftvoll durchsetzenden Staates, wobei die politische Verfassung dieses Staates zunächst als eine offene Frage behandelt werden kann."(497) Aber immer bleibe, was Messner wisse, die Gefahr des Abrutschens vom schmalen Grat des recht verstandenen berufsständischen Staates "in den Abgrund des totalen Staates oder in die Wolfsschlucht der Interessentenanarchie."(498) Schließlich findet Röpke großes Lob für die Behandlung der wirtschaftlichen Neuordnung, die er mit Absicht "getrennt vom dornigen Problem des Korporativismus"(499) erörterte. Außerdem sprach sich Röpke für die "Wiederbelebung der Arbeitswürde und des Berufsgedankens"(500) aus. Mit dem unverdächtigen Zeitgenossen Röpke kann also die bereits aufgezeigte demokratische Abgrenzung Messners von einem Faschismus italienischer Prägung als nochmals bezeugt gelten.

7. Letzte Entwicklungen in der fünften Auflage der "Sozialen Frage" vor dem Einmarsch Hitlers

7.1 Einordnung und Vorstellung

Schließlich liegt uns aus der Zwischenkriegszeit (abschließend) noch die fünfte Auflage Messners seiner SF vor, mit ihrem Vorwort vom Dez. 1937. Darin wurden Erweiterungen, die hauptsächlich den III. Teil, nämlich die christliche Sozialreform betrafen, begründet mit der "Behandlung der neuen Theorien auf sozial- und rechtsphilosophischem sowie auf gesellschafts- und staatspolitischem Gebiete."(501) Auf den ersten Blick fällt auf, daß der Nationalsozialismus zum Teil allgemeiner angesprochen wird.(502) Dies ist im Vergleich zur vierten Auflage 1934 gesagt; wir wollen nämlich anhand eines solchen Vergleiches erforschen, wieweit die vierte Auflage der SF in Zusammenhang mit dem Hauptwerk Messners zu unserer Thematik (BO 1936) und den österreichischen Erfahrungen verändert bzw. erweitert wurde.

So kann allgemein gesagt werden, daß in der neuen Auflage der SF mehr als zehnmal ein ausdrücklicher Verweis auf Messners BO 1936 mit genauer Seitenanzahl erfolgte und offensichtlich zweimal ein Generalverweis auf das ganze Buch. Messner baute den noch mehr durchdachten berufsständischen Gedanken konkreter in die SF ein.

Im Teil über die berufsständische Ordnung im 4. Abschnitt ("Die Gesellschaft.") der christlichen Sozialreform begann es wieder mit § 9 "Die berufsständische Ordnung." Zu Beginn der seit 1934 relativ wenig geänderten, eher noch wegen der BO 1936 gekürzten Passagen erfolgte beispielsweise der erste Generalverweis auf sein Hauptwerk zu unserer Thematik: "Nur die wichtigsten Begriffe und Prinzipien, die die berufsständische Ordnung betreffen, können im folgenden dargelegt werden. für das übrige sei auf das ausführliche Werk des Verfassers über 'Die berufständische Ordnung' verwiesen."(503)

Ein Generalverweis auf Messners Werk "Die berufständische Ordnung" fand sich natürlich im § 3 über "Die berufsständische Neuordnung der Gesellschaft."(504) Während Messner jedoch 1934 zusätzlich zur beibehaltenen Feststellung, daß es ganz ausgeschlossen sei, ein allgemeingültiges Schema berufsständischer Ordnung zu entwerfen, schrieb: "Deshalb ziehen wir es lieber vor, den Weg zu einer berufsständischen Neuordnung abzustecken, als das gute Dutzend solcher Schemata um ein weiteres zu vermehren."(505), fehlte dieser Satz 1938, vielleicht weil Messner sein eigenes Werk BO 1936, daß zwar auch nicht dem Mißverständnis eines möglichen allgemeinverbindlichen Schemas verfallen wollte, damit (unbeabsichtigt) irgendwie mitangesprochen hätte.

7.2 Verstärkte oder neue Akzente: Dualismus, Berufsgemeinschaft, Gemeinwohlgesetz

7.2.1 Der christliche Dualismus und die Absetzung von totalitären Ideologien

Immer klarer betonte Messner, von seiner BO 1936 herkommend und gegen Universalismus und Individualismus gerichtet, den allgemein durchzuhaltenden christlichen Dualismus, besonders in der christlichen Gesellschaftslehre: "Beiden, dem Einzelmenschen und der Gesellschaft, kommt wahres Sein zu, wenn auch nicht ein gleichartiges; ein wirkliches, wenn auch nicht gleich selbständiges; ein ursprüngliches, naturnotwendiges, wenn auch ontologisch verschiedenes. Die Sozialphilosophie und Gesellschaftslehre kann daher nur dualistisch sein, d. h. sie kann nicht anders als streng darauf bedacht sein, in jeglicher Hinsicht beiden Realitäten ... gerecht zu werden. Dieser Dualismus allein findet aber auch den Zugang zur vollen Wirklichkeit, wie es Aufgabe der Wissenschaft ist, namentlich einer Wissenschaft, deren Erkenntnisse Grundlage des Handelns, der Gestaltung der Gesellschaft und ihrer Ordnungen sein müssen, wovon wieder das Wohl der Gesellschaft und ihrer Glieder abhängt. Dieser Dualismus von Gemeinschaft und Einzelmensch im Ansatzpunkt der christlichen Sozialphilosophie wiederholt sich, nicht ohne tieferen Zusammenhang damit, an anderen entscheidenden Stellen, z. B. im Dualismus von Gesellschaft und Staat; ein Dualismus steht übrigens ausstrahlend auf die ganze Gesellschaftslehre, auch am Ausgangspunkt der christlichen Philosophie: der Dualismus von Gott und Welt und der von Leib und (geistiger) Seele."(506)

Im § 15 über "Gesellschaft und Staat" haben wir dann auch die klarere Betonung des Prinzips des Dualismus von Staat und Gesellschaft: "Die Scheidung und Abgrenzung der beiderseitigen Rechtsbereiche, in denen auf Seiten des Staates wie der Gesellschaft ursprüngliche Rechte und Rechtspflichten gegeben sind, bringt das Prinzip des Dualismus von Staat und Gesellschaft zum Ausdruck, das nichts anderes ist als eine Anwendungsform des Subsidiaritätsprinzips"(507). Auch in den § 5 "Der Umfang der Staatsgewalt" baute Messner den Dualismus-Unterschied ein: Der totale Staat "leugnet den Dualismus von Staat und Gesellschaft, also das Bestehen von ursprünglichen, nicht vom Staate stammenden Rechten der Einzelmenschen und der übrigen natürlichen Gemeinschaften; er will anderseits das Staatsvolk uneingeschränkt auf die von der Staatsführung vorgegebenen Zielsetzungen ausrichten, mit ihnen 'gleichschalten'"(508). Beim § 5 "Die Ordnung der Gesellschaft: der Ursprung des Rechtes" setzte sich Messner so wie bei fast allen Teilen der philosophisch-weltanschaulichen Grundlagen kritisch mit der völkischen Gesellschaftslehre, dem Universalismus und den faschistischen und völkischen Identitäts-Ideologien auseinander.(509) Es wurde also in diesen Teilen (4. Abschnitt "Die Gesellschaft" und 5. Abschnitt "Der Staat") wiederum die kritische Behandlung Spanns, der völkischen Gesellschaftslehre usw. ausgebaut. So stellte Messner den Einfluß der Philosophie Hegels auf den Spannschen Universalismus und auch die damaligen totalitären Staatsauffassungen fest.(510)

7.2.2 Eingebaute Veränderungen zur berufsständischen Ordnung im allgemeinen

Beim wichtigen § 14 "Der Aufbau der Gesellschaft"(511) war bedeutend klarer die berufsständische Ordnung eingebaut, und wurden überhaupt die gesellschaftlichen Bauprinzipien stärker hervorgehoben. Ganz leicht erkennen wir auch schon die Tendenz Messners, von der häufigeren Bezeichnung Berufsstand auf Berufsgemeinschaft überzugehen. So hieß es in der fünften Auflage der SF: "Da ist zunächst die Familie mit dem Angewiesensein der Kinder auf die Eltern sowie der Eltern auf die Kinder; die Familien sind wieder zusammengeschlossen in der Stammesgemeinschaft; die räumliche Verbundenheit in der Nachbarschaft bildet die Ortsgemeinschaft (Gemeinde), der gemeinsame wirtschaftliche Lebensbereich die Berufsgemeinschaft (Berufsstand) (...) Demnach baut sich die Gesamtgesellschaft in einer Stufenfolge von kleineren und größeren Gemeinschaften auf. - Die wichtigsten gesellschaftlichen Bauprinzipien sind, wenn man von der Familie als 'Zelle des Staates' absieht, das nachbarschaftliche (territoriale) und das berufliche (korporative). Beide Aufbauprinzipien können auch als Gliederungsprinzipien der Gesellschaft bezeichnet werden, denen zufolge sich die Gesamtgesellschaft in Gliedgemeinschaften ausgliedert. Nur die Sicht ist beide Male verschieden: der Blickpunkt ist das eine Mal bei den Gliedgemeinschaften, das andere Mal bei der Gesamtgesellschaft."(512)

Und gewissermaßen in Richtung der Nachkriegswerke Messners kam in demselben Paragraphen auch neu hinzu: "Nicht immer werden sich die genannten Bauprinzipien mit gleicher Klarheit ausprägen können, nie werden sie aber ganz ihre gestaltende Kraft verlieren. Denn die Natur selbst ist es, die ihnen Geltung verschafft. Deshalb finden wir z. B. in der individualistischen Gesellschaft Ersatzgebilde für die Stände in der Vielheit wirtschaftlicher Verbandsbildungen."(513)

Im 3. Abschnitt (Wirtschaft) der christlichen Sozialreform unter dem beibehaltenen § 6 "Beruf, Berufsgemeinschaft, Berufsstand"(514) betonte Messner im Vgl. zu 1934 zusätzlich und klar abgrenzend: "Die christliche Berufsidee läßt klar erkennen, daß auch innerhalb des Berufsstandes die Berufe durchaus verschieden sind, also etwa der Beruf des Unternehmers ein durchaus anderer ist als der des ungelernten Arbeiters, daß daher auch die Berufspflichten verschiedener Art sind. Wie stark in diesem Sinne der Berufsgedanke für das religiös-sittliche Leben des Menschen bestimmend wird, ergibt sich daraus, daß etwa die katholische Kirche die Arbeiterschaft in Arbeitervereinen und die Unternehmer in Unternehmervereinen als Berufsvereine mit religiös-kulturellen Bildungszielen zusammengeschlossen sehen will, um die religiös-sittliche Bildung auf den Berufsgedanken als den das Leben des Menschen bestimmenden zu begründen. Die kulturellen 'Standesorganisationen' sind unmittelbar nur auf die persönliche Bildung des Einzelnen aus dem Berufsgedanken gerichtet, während der Berufsstand eine gesellschaftliche Ordnungsfunktion hat, so daß sie scharf unterschieden werden müssen."(515) Dem ansonsten Kontinuität wahrenden Paragraphen wurde natürlich der Verweis auf entsprechende Stellen der BO 1936 angehängt.(516)

Auch der § 12 "Der Aufbau des Berufsstandes" wurde stark gekürzt. Dabei ist der Wegfall einer Passage zum möglichst zwangsfreien Aufbauwerk auffällig.(517) Messner hatte sich allerdings in den ersten Auflagen der SF auch kurz ausdrücklich gegen eine von Rechts wegen festgelegte Klassenschichtung der Gesellschaft bei einer Ständeverfassung ausgesprochen, die Arbeiter wie Angestellte und Unternehmertum je für sich in Verbände zusammenschließe.(518)

Und beim § 11 über "Die Autonomie des Berufsstandes", der wieder gekürzt erschien, war auffällig der Wegfall des Satzes "Diese (alle Glieder des Berufsstandes, Anm. v. Verf.) gehören denn auch alle dem Berufsstande notwendig an, so daß der Berufsstand in diesem Sinne in der Tat eine Zwangsgemeinschaft ist."(519) nach der beibehaltenen Auffassung, daß das in ihrem Selbstverwaltungsbereiche öffentliche Recht für alle Glieder des Berufsstandes verbindlich sei. Man wird hier die Rezeption seiner in der BO 1936 geäußerten Auffassung sehen müssen, daß nämlich eine Zwangsmitgliedschaft in die äußere öffentlich-rechtliche Korporation (des Standes) im engeren Sinne nicht notwendig sei, solange eben trotzdem das öffentliche Recht des Berufsstandes für alle betroffenen Glieder Verbindlichkeit behalte.

Beim wegen des Generalverweises ebenfalls etwas kürzer dargestellten § 10 "Der Berufsstand" grenzte Messner sich zusätzlich (im Vgl. zu 1934) vom Irrtum ab, daß die im Mittelalter weit durchgebildete Ständeordnung "eine berufsständische gewesen sei. W. Schwer hat gezeigt, daß die Ständeordnung des Mittelalters zwar Teile berufsständischer Gestaltung aufweist, daß sie im ganzen aber herrschaftsständischer Natur war."(520) Und beim gekürzten § 13 über "Die gesellschaftliche Ordnungsfunktion des Berufsstandes" betonte Messner durch Sperrung: "Dadurch, daß die berufsständische Ordnung die rechte Ordnung von Freiheit und Bindung zu gewährleisten hat, wird sie in gleicher Weise zum Bollwerk gegenüber Individualismus und Sozialismus in allen seinen Spielarten."(521)

7.2.3 Die zusätzliche Behandlung des Gemeinwohlgesetzes

Besonders weitläufig ausgebaut wurde auch die Thematik "Gemeinwohl"(522) mit einer weiteren Kritik am Totalitarismus. Messner setzte einen zusätzlichen Paragraphen, nämlich § 13 "Das Gesetz des Gemeinwohles" in die philosophisch-weltanschaulichen Grundlagen hinein(523), in dem wir noch eine weitere Passage zu der uns interessierenden Thematik der autoritären Einengung der Freiheitsbereiche der Gesellschaftsglieder finden: "Es ist die gesellschaftliche Ordnungsgewalt, welche das für sie geltende Gemeinwohlgesetz in seinen einzelnen und besonderen Verpflichtungen zu umschreiben hat, weil nicht nur der Einsatz der Mittel zur Verwirklichung des Gemeinwohles nicht genau bestimmt ist, sondern weil auch die Abgrenzung der einzelnen Wertbereiche des gesellschaftlichen und einzelmenschlichen Lebens gegeneinander zum Teil durch die jeweiligen Umstände bedingt ist. Es ist z. B. Aufgabe der Autorität, darüber zu entscheiden, wie weit in einem bestimmten Augenblick das Wohl des Ganzen eine Einengung des Freiheitsbereiches der Gesellschaftsglieder erforderlich macht, ob etwa für das Vereinigungsrecht nur die Grenzen des Sittengesetzes maßgebend sein sollen (sic!) oder ob andere durch den augenblicklichen Zustand des Gesellschaftslebens bedingte Schranken notwendig sind. Die Autorität ist aber durch das Gemeinwohlgesetz selbst gebunden, da sie nur das verpflichtend festlegen kann, was die objektive Gemeinwohlordnung ... verlangt und daher in ihrer Entscheidung dem Gemeinwohlgesetz selbst verpflichtet bleibt."(524)

7.3 Ausdrücklicher formulierte berufsständische Elemente im Verhältnis zur wirtschaftlichen Ordnung bzw. zum Kapitalismus

7.3.1 Terminologische und andere allgemeine Auffälligkeiten

Terminologisch interessant ist für uns, daß Messner Verkehrswirtschaft, Tauschwirtschaft und Marktwirtschaft gleichsetzte.(525) Trotzdem dürfte er 1937/38 für die auf das christliche Naturrecht begründete Wirtschaftsform statt des Begriffes "berufsständische Marktwirtschaft"(526) mit Vorzug den Begriff "berufsständisch gebundene Verkehrswirtschaft"(527) verwendet haben.

Weiters bemerkenswert ist bei aller Kontinuität, daß Messner an einer Stelle nicht mehr von einer Möglichkeit schrieb, sondern von einem sicheren Eintreten: "Es ist eine große Anzahl von beruflichen Verbandsbildungen gegeben, die zu einem guten Teile berufsständische Elemente schon in sich tragen oder auf berufsständische Ordnungsgebilde hinweisen. An diese ist in erster Linie anzuknüpfen, ist doch die moderne Volkswirtschaft ein so komplizierter Organismus, daß überstürzte und gewaltsame organisatorische Umbildungen die materielle und soziale Kultur außerordentlich gefährden müssen."(528)

Selbst eine unscheinbar andere Wortwahl deutete auf Messners größere Sicherheit bezüglich des korporativ-berufsständisches Ordnungsprinzips hin. 1934 hieß es genau: "überall stießen wir auf das Fehlen der gesellschaftlichen Ordnungskräfte im individualistischen Kapitalismus und sahen wir uns auf das korporativ-berufsständische Ordnungsprinzip gedrängt."(529) Das Wort "gedrängt" hatte eher "subjektiven" Klang, während es 1938 "hingewiesen"(530) hieß, was nach Meinung des Verfassers einen mehr "objektiven" Klang hatte. In üblicher Weise erfolgte ein sachlich passender Verweis auf Messners BO 1936.(531)

Es zeigte sich vor allem das Denken Messners von 1934 bis 1938 in bezug auf die Wirtschaftsfragen. So lautete es an einer zentralen Stelle in der SF nach der Passage: "Schon rein ökonomisch gesehen, ist daher das Verhältnis von Kapital und Arbeit seiner wahren Natur nach das eines Verbundenseins zu einem gemeinsamen Zwecke."(532) nicht mehr nur "Freilich erweist sich der ökonomische Sachverhalt unmittelbar als gesellschaftlicher, da immer, wo Menschen zu einem gemeinsamen Ziele verbunden sind, auch die Gesetze gesellschaftlicher Ordnung Geltung erlangen, denen sich der Mensch beugen muß."(533), sondern (auch): "Darin erweist sich der ökonomische Sachverhalt unmittelbar als gesellschaftlicher und müssen daher auch Sicherungen gesellschaftlicher (berufsständischer) Art bestehen, die der Gemeinwohlordnung und dem Rechtsgedanken wirksam Geltung verschaffen."(534)

7.3.2 Weitere konkretere Einzelbeispiele

Schon kurz danach war wieder ein Schritt in Richtung "mehr" berufsständische Ordnung erkennbar. Während es in der vierten Auflage noch geheißen hatte: "In Wahrheit ... folgt aber ebenso aus der sozialen Natur des Eigentums, daß die Eigentumsordnung eine solche sein muß, daß der Zweck des Eigentums, allen Menschen ihren Teil an den Erdengütern zukommen zu lassen, erfüllt wird. Dafür zu sorgen, daß diese Eigentumsordnung diesem Zwecke entspreche, ist Aufgabe der gesellschaftlichen Autorität, besonders des Staates."(535), so hieß nun die verpflichtende Folgerung aus der sozialen Natur des Eigentums etwas modifiziert, "daß die Forderungen der Gerechtigkeit entsprechende Verteilung dieses Ertrages durch gesellschaftliche Einrichtungen im Sinne des berufsständischen Gedankens gewährleistet ist."(536)

Bei der gesamten Behandlung des Kapitalismus (I. Teil) baute Messner natürlich das umfassende Werk zur berufsständischen Ordnung ein. Es hieß an einer Stelle, konkreter auf den berufsständischen Gedanken hin: "Als Mittel der Krisenmilderung sind vor allem zu nennen: Kontrolle der Investitionen sowie Kontrolle der Kreditpolitik und im ganzen eine Regelung des Wettbewerbes. Sie könnten allerdings nur in der rechten Weise von berufsständischen Organen durchgeführt die notwendige Elastizität besitzen (vgl. Meßner, Die berufständische Ordnung, 140 - 157)."(537) Weiters hieß es in Zusammenhang mit Rückverweis auf die BO 1936 neu, daß sich der berufsständische Gedanke an der Ordnung des Wettbewerbs zu bewähren habe.(538) Auch unter den wirtschaftspolitischen Aufgaben gab es zur Betonung der Aufrechterhaltung eines geordneten Wettbewerbs einen Verweis: "(vgl. zu dieser grundlegenden Frage des Verhältnisses von Wirtschaftsverfassung und berufsständischer Ordnung Meßner, Die berufständische Ordnung, S. 91 - 186)"(539).

Im Dez. 1937 hatte Messner (von der BO 1936 her) auch schon klarere Vorschläge beim Bankwesen. So hieß es nicht mehr allgemein: "Eine berufsständische Organisation des Bankwesens wird das Verantwortungsbewußtsein gerade in diesem Bereiche zu pflegen und für die Erfüllung der Gemeinswohlverpflichtungen durch eine entsprechende Kontrolle zu sorgen haben."(540), sondern: "Außerdem ist an eine beratende Mitwirkung der Berufsstände an der Festlegung der Richtlinien der Kreditpolitik in der Volkswirtschaft zu denken, sei es, daß solche Aufgaben dem Finanzausschuß des obersten berufsständischen Vertretungskörpers zugewiesen werden, sei es, daß ein eigener berufsständischer Ausschuß mit solch beratender Stellung bei der Zentralnotenbank eingerichtet wird."(541)

Unter dem 7. Abschnitt "Die Wandlungen des Kapitalismus", genauer unter § 2 "Die Kartelle", schrieb Messner konkreter als in der vierten Auflage 1934 ("Ordnungsbild der Wirtschaft ... in der berufsständischen Ordnung"(542)): "Grundsatz kann ... nur sein: Wettbewerbsfreiheit und Kartellfreiheit, aber beides unter Kontrolle der Berufsstände und des Staates, wobei das Zusammenwirken ständischer und staatlicher Organe verschiedenartig geregelt sein kann."(543) natürlich hieß es abschließend "über die Kartellkontrolle, die ein Sonderfall der Wettbewerbskontrolle ist, und über das Kartell in der berufsständisch geordneten Wirtschaft vgl. Meßner, Die berufständische Ordnung, S. 159 - 164."(544)

Im nachfolgenden § 7 "Wettbewerb, Wettbewerbsfreiheit, Wettbewerbsordnung"(545) zeigte sich einmal mehr (von seiner BO 1936 her) das Durchreflektieren Messners der Wettbewerbskontrolle in Verbindung und durch die Berufsstände (berufsständischen Ausschüsse), hier hat er sein Werk mit den zentralen Worten "Verantwortung" und "Kontrolle" in die SF eingebaut.(546) Er hat also bereits 1934 Geschriebenes mit dem zusätzlichen Arbeiten aus 1936 übersichtlich verbunden und ihm Wichtiges neu herausgestellt.

Auch bei anderen Paragraphen wurde natürlich die BO 1936 eingebaut, so z. B. auch bei § 9 "Die Preisgerechtigkeit."(547) Hier zeigten sich auch die uns bereits bekannten weiteren Forschungen Messners. Als betonter neuer Satz stand eher zu Beginn des Paragraphen: "Die scholastische Preislehre setzt ... den Wettbewerb voraus."(548) und in der Mitte seiner Darlegungen: Der "geordnete Wettbewerb ist das zuverlässigste Mittel zur Verwirklichung der Preisgerechtigkeit."(549) Messner schrieb weiter: "Die ständische Einflußnahme hat in Wahrheit nicht die Preisfestsetzung zur Aufgabe, sondern sich nur mit der Kontrolle der Preise vermittels der berufsständischen Ausschüsse zu befassen und zu prüfen, ob z. B. die als Schleuderpreis angefochtenen Preise eines Gewerbetreibenden oder eines Industriellen den Anforderungen der Preisgerechtigkeit entsprechen, d. h. ob der Gewerbetreibende nach Erfüllung seiner sozialen, seiner Steuer- und Kreditverpflichtungen bei dem erstellten niedrigen Preise bestehen kann; kann er dies, dann kann seiner niedrigen Preiserstellung gerechterweise kein Hindernis entgegengestellt werden." Die genaueren Verfahrensvorschläge hatte Messner in seinem Buch BO 1936 gemacht, aus dem er in die SF 1938 Zusammenfassungen einbaute. Und ebenso neu (im Vgl. zu 1934) schrieb Messner (knapp vor Schluß): "Aus all dem über die Preisgerechtigkeit Dargelegten ist zu ersehen, welche Bewandtnis es mit dem zufolge der Tradition der ganzen katholischen Sozialethik geltenden Prinzip hat, daß die tatsächlichen Marktpreise die gerechten Preise sind und dafür gehalten werden dürfen, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Diese Annahme geht, wie die Preislehre der Scholastik überhaupt, davon aus, daß für den richtigen Wettbewerb Vorsorge getroffen ist und daß die berufenen Organe, nämlich Stände und Staat, die notwendige Kontrolle der Preisgestaltung ausüben. Soweit diese Kontrolle fehlt und der Wettbewerb in seiner Funktion unterbunden ist, muß die allgemeine Gültigkeit dieses Prinzips fraglich werden."(550)

7.4 Entwicklungen in bezug zur sozialen Ordnung

7.4.1 Positive Stellung zur Einheitsgewerkschaft und zu den Gewerkschaften im allgemeinen

Inhaltlich weitergedacht wurde (im 4. Abschnitt/"Die Gesellschaft" im Kapitalismus) unter § 11 über "Die Bewegung des Proletariates." Während nämlich in der vierten Auflage 1934 die Wirksamkeit nach Richtung und Methoden einer monopolistischen "Arbeitsfront" (NS-Deutschland) genauso wie "eine Zusammenfassung der Gewerkschaften ('Einheitsgewerkschaft') im Zuge der berufsständisch-korporativen Neuordnung der Gesellschaft" als "noch nicht ersichtlich"(551) erklärt worden war, ließ Messner zwar die Nicht-Beurteilung einer "Arbeitsfront" weiter unverändert, erklärte aber sehr klar in offensichtlich positiver Anlehnung an die österreichischen Erfahrungen: "Dort, wo eine Zusammenfassung der Gewerkschaften ('Einheitsgewerkschaft') im Zuge der berufsständisch-korporativen Neuordnung der Gesellschaft erfolgte, sind zwar die Formen für die Durchsetzung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeiterschaft, soweit sie dem Klassenkampfwillen als solchem zugehören, ausgeschlossen, jedoch die Vereinheitlichung des Gewerkschaftswesens kann an sich für die Durchsetzung dieser Interessen nur von Vorteil sein, wenn die Einheitsgewerkschaft die dazu notwendigen Rechte besitzt und die dafür notwendigen Organe ('berufsständische Ausschüsse') vorhanden sind."(552) Messner verwies zum Abschluß des § 11 noch auf seine BO 1936, 186 - 240.(553)

Weiter unter den Wandlungen des Kapitalismus, genauer unter § 5 über "Die Gewerkschaften", erkennen wir ebenfalls leichte Entwicklungen Messners 1934 - 1938. Zunächst fiel die Erwähnung, daß die Gewerkschaften einmal halböffentlich-rechtlich anerkannt gewesen seien, weg.(554) Stehen blieb jedenfalls, daß die Gewerkschaften alle verbleibenden Aufgaben nur noch als privatrechtliche Vereinigungen zu erfüllen haben würden.(555) Interessant ist aber diesbezüglich noch eine winzige Wortänderung: Hatte es nämlich 1934 in der vierten Auflage noch geheißen: "Dazu kommen die Aufgaben der Gewerkschaften im Rahmen der berufsständischen Neuordnung der Gesellschaft, da ohne ihre Mithilfe der wirklich verbindende Brückenschlag zwischen den Arbeitsmarktparteien nicht gelingen kann."(556), hieß es 1938: "Ohne die Mithilfe der Gewerkschaften wird der wirklich verbindende Brückenschlag zwischen den Arbeitsmarktparteien kaum gelingen können."(557) Dazu folgten noch zwei Verweise auf Messners Hauptwerk.(558)

7.4.2 Noch mehr in Richtung Paritätsprinzip und Wirtschaftskammer

Im § 11 wurde außerdem der Begriff "paritätisch" schon dreimal ausdrücklich genannt(559). Zur Autonomie des Berufsstandes sei zitiert die alte (1934) und neue Teile (1936) enthaltende 1938-Passage: "für die Selbstverwaltung des Berufszweiges hat das Gesetz zu gelten, daß die gemeinsamen Angelegenheiten gemeinsam geregelt werden müssen. Das bedeutet, daß alle Glieder des Berufsstandes paritätisch an dieser Regelung teilhaben und nicht ein Teil sich eine Herrschaftsmacht über den anderen anmaßen darf (...) Berufsständische Ausschüsse, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichberechtigt (paritätisch) zusammenwirken zur Regelung des Arbeitsverhältnisses, Schiedsgerichte berufsständisch-paritätischer Art, und schließlich (subsidiär) die staatliche Schlichtung sollen wieder den Rechtsgedanken in der Regelung des Arbeitsverhältnisses zur Geltung bringen, während in der Klassengesellschaft der Machtgedanke beherrschend war (...) es wäre völlig falsch, anzunehmen, daß in der berufsständischen Ordnung an sich schon alle Interessengegensätze fortfallen müssen. Diese werden auch in ihr als natürlicher Ausfluß der arbeitsteiligen Beschaffung des gemeinsamen Lebens- und Kulturbedarfes vorhanden sein, nur müssen sie im Rahmen der Gemeinschaftsnorm ausgetragen werden."(560) Eine kleine Wortänderung wäre dabei noch zu berichten. 1934 hatte es noch geheißen: "Denn es wäre auch falsch, anzunehmen ..."(561) Es sind also 1938 die weiteren Forschungen Messners eingeflossen, insbesondere jene aus dem Jahre 1936, mit einigen klareren Kompetenzzuteilungen, mit der weiteren Betonung der Parität und stärkeren Hervorhebung des Rechtsgedankens.

Wichtig und neu in der SF Messners war dann: "über ihren Eigenbereich hinaus haben die Berufsstände gemeinsam (z. B. in einer Wirtschaftskammer, die aus Handelskammer und Arbeiterkammer gebildet werden kann) die Grundlinien der staatlichen Wirtschaftspolitik zu beraten und an die Regierung Anträge zu stellen."(562)

Auf die zarte Entwicklung in Österreich und auf weitere Forschungen Messners (1936) sind wohl Wortveränderungen wie folgende zwei zurückzuführen: Sozialpolitisch sei noch "ein sehr großer Teil der heutigen Sozialpolitik"(563) in die berufsständische Selbstverwaltung zu überführen, während 1934 noch stand "der allergrößte Teil"(564). Ebenso hieß es 1938 nur noch, daß "zum Teil auch die Sozialversicherung" in die berufsständische Selbstverwaltung übergehen müsse, während es 1934 noch einfach geheißen hatte: "vor allem aber die Sozialversicherung"(565).

7.4.3 Der ausgebaute Siedlungsabschnitt (Leo XIII.)

Besonders interessant war bei den nächsten Aufgaben der Sozialreform der § 4 "Die Siedlung."(566) Dieser Paragraph wurde nämlich von Messner ausgebaut durch ausdrückliche Behandlung von RN und der prophetischen Intention Leos XIII., die hervorgehoben wurde. Diese längere Behandlung rührte auch von der BO 1936, auf die Messner bezüglich der Nebenerwerbssiedlung verweisen konnte. Messner sagte neu und Leo XIII. korporativ interpretierend: "Erst die Krise der Sozialpolitik und vor allem die allen Anstrengungen trotzende Massenarbeitslosigkeit der Nachkriegszeit öffnete die Augen dafür, daß Leo XIII. recht hatte, wenn er die Nebenerwerbssiedlung (vgl. I. 3. § 3. u. Meßner, Die berufständische Ordnung, 204 f., 221 ff.) neben der korporativen Neuordnung der Gesellschaft als wichtigstes Mittel einer wirklichen, an die Wurzel des Übels greifenden Sozialreform und ganz besonders als Mittel zur Entproletarisierung bezeichnete. Die berufständische Ordnung soll den Arbeiter, der der gesellschaftlichen Entwurzelung, der Proletarisierung verfallen ist, wieder in die Gesellschaft 'eingemeinden' (...) Die Siedlung des Arbeiters soll ihm gesicherte wirtschaftliche Existenzgrundlagen gewähren (...) Die berufsständische Ordnung kann zunächst nur Fehlschaltungen, die aus der Arbeitsmarktmechanik hervorgehen, beseitigen und die gemeinschaftswidrige Wirkung der Interessengegensätze im Arbeitsverhältnis ausschalten. Die gesicherte Festigkeit empfängt die Volksordnung erst durch die Wiederverbindung der im Volkskörper in Bewegung geratenen Schichten mit dem Boden. Erst dann werde, wie Leo XIII. hervorhebt, ein gesundes Selbstinteresse, diese natürlichste und stärkste Klammer, den Arbeiter zum Vollglied der Wirtschaft seines Volks, der 'Volkswirtschaft', machen"(567). Kurz zuvor beim 7. Abschnitt "Nächste Aufgaben der Sozialreform" wurde man unter § 2 über "Die Entproletarisierung" ebenso auf Messners Werk BO 1936(568) verwiesen.

7.5 Verstärkt positive Formulierungen für Österreichs Staat

Im § 5 kam die schon 1936 wichtige Unterscheidung des autoritären vom totalen Staat hinzu: "Vom totalen Staat muß der autoritäre Staat genauestens unterschieden werden als der Staat, in dem die Staatsautorität durch die Verfassung mit solchen Machtbefugnissen ausgestattet ist, daß sie unter allen Umständen die Gemeinwohlerfordernisse durchzusetzen vermag, jedoch so, daß die gesellschaftlichen Rechte verfassungsmäßig verbürgt bleiben. Es ist die Schwäche der parlamentarischen Parteidemokratie und vielfach die Ursache schwerer Schädigungen der darauf begründeten Staaten, daß die Regierungen von Parlamentsmehrheiten abhängen, bei deren Bildung die Parteiinteressen und nicht die Staatsinteressen den Ausschlag geben. Die vor der Gemeinwohlnorm verantwortliche Staatsführung muß aber Befugnisse in solchem Umfang besitzen, daß sie ihrer Verpflichtung auch gegenüber den Bestrebungen solcher Interessenmächte nachkommen kann. Der Staat, der die Staatsgewalt verfassungsmäßig mit den in diesem Sinne notwendigen Machtbefugnissen ausstattet, ist der autoritäre Staat. Er ist demnach durchaus vereinbar mit der Demokratie, die dem Volk ein Mitbestimmungsrecht in der Gestaltung seines Gemeinwesens verfassungsmäßig verbürgt. Die Form der Mitbestimmung ist nebensächlich, wenn nur ein wirkliches Mitbestimmungsrecht besteht. Die Demokratie muß nicht die Form der Parteiendemokratie, sie kann auch die einer Ständedemokratie haben, d. h. die Wahlen in die legislativen Körperschaften brauchen nicht auf Grund von Parteiengruppierungen erfolgen, sie können auch vermittels berufsständischer Körperschaften vor sich gehen. Der autoritäre Staat unterscheidet sich demnach in seiner Rechtsauffassung und Rechtsgestaltung wesentlich vom totalen Staate, denn er erkennt Rechte in der Gesellschaft an, die unabhängig von ihm gegeben sind und die er zu achten und zu schätzen hat. Mit dem Hinweis auf die tiefere Begründung des Geltungsanspruches einer solchen auf das objektive Recht begründeten Rechtsordnung spricht die Präambel der österreichischen Verfassung 1934 von Gott, 'von dem alles Recht ausgeht'."(569) Weiterhin grenzte Messner die für ihn bekanntlich in den "gesellschaftlichen Bereich" gehörende berufsständische Ordnung vom falschverstandenen Begriff des faschistischen oder nationalsozialistischen "Ständestaates" ab.(570) Messner stand also auch 1938 klar auf dem Boden des für ihn rechtmäßigen und naturrechtlich am besten zu begründenden österreichischen Weges. Er traute dem österreichischen "Ständestaat" wohl auch die (kommende) ständische Demokratieform zu. Damit wäre das Reden von einem "Notstand" insofern falsch, als die Verfassung und alles naturrechtlich Begründete beibehalten und höchstens im Sinne der voll funktionierenden ständischen Demokratie und des demokratischen Prinzips (weiter) ausgebaut werden sollte, spätestens nach der historisch überwundenen Krise (die nie mehr überwunden wurde).

Im § 3 der berufsständischen Neuordnung wurde die oben bereits behandelte, von der ersten bis dritten Auflage der SF zur vierten Auflage 1934 verglichene Passage über "Ständevertretung und Volksvertretung" gekürzt, weiter verändert bzw. klarer gebracht: Nun hieß es nach dem Nichtausschließen sowie Nicht-Gebotensein einer aus dem allgemeinen Wahlrecht hervorgehenden Volksvertretung neben einer Ständevertretung: "Die Entscheidung darüber ist weitgehend von den Umständen (Hervorh. v. Verf., neu) abhängig zu machen, soferne nur den gesellschaftlichen Ordnungsgesetzen Rechnung getragen wird. Wie die neue österreichische Verfassung zeigt, sind Vertretungskörper denkbar, die aus den Berufsständen hervorgehen und in denen die wahren demokratischen Prinzipien voll zur Geltung kommen."(571) "Zweckmäßigkeitserwägungen" wurden also durch "Umstände" ersetzt, und noch klarer sagte Messner, daß bezüglich der neuen österreichischen Verfassung mit ihren vorgesehenen Vertretungskörpern nicht nur (mehr) "in deren Zusammenwirken die wahren demokratischen Prinzipien weit besser zur Geltung kommen als im liberalen Parlamentarismus"(572), sondern "in denen die wahren demokratischen Prinzipien voll zur Geltung kommen."

Interessant war diesbezüglich noch das genauere Weiterformulieren Messners bei einer Stelle, die wir ebenfalls schon als verändert von der ersten bis dritten Auflage zur vierten Auflage 1934 entdeckten. Von genaueren Bedingungen abhängig gemacht, hieß es nun: "Es kann allerdings kein Zweifel darüber bestehen, daß die naturrechtlichen Grundsätze über den Träger der Staatsgewalt in ihrer Anwendung auf die geschichtlichen Umstände 'Volksrechte' in dem Sinne begründen, daß ein Volk auf hoher Kulturstufe (Hervorh. v. Verf., inhaltlich neu), auf der es sich seiner sittlichen Verpflichtungen im staatlichen Gemeinschaftsleben bewußt ist und diese erfüllt (Hervorh. v. Verf., inhaltlich neu), ein Recht auf die Mitbestimmung der Gestaltung seines staatlichen Gemeinwesens hat (...) Wie sehr jedoch (ab hier alles neu, Anm. v. Verf.) die Anwendung der allgemeinen Naturrechtssätze in dieser Hinsicht durch die Umstände bedingt ist und welche weit auseinanderliegende Verschiedenheiten in der staatlichen Gewaltausübung sich daraus ergeben können, sagt Augustinus (De libero arbitrio, 1. 6. 14) mit dem ihm eigenen Sinn für die Wirklichkeit: 'Wenn ein Volk Selbstzucht besitzt und selber der eifernde Anwalt des allgemeinen Wohls ist, so daß jedermann dem öffentlichen Interesse vor dem privaten den Vorzug gibt, ist es dann nicht gerecht, daß ein solches Volk durch das Gesetz bevollmächtigt wird, sich seine Behörde selbst zu erwählen, die seine Sache - denn das ist doch der Staat - verwalten sollen? ... Wenn aber dieses Volk entartet, so daß es seine privaten Interessen den öffentlichen voranstellt, sich seine Stimmen abkaufen, sich von ehrgeizigen Menschen bestechen läßt und die Herrschaft über sich gewissenlosen Männern überantwortet, ist es dann nicht gleichfalls recht, daß ein tüchtiger und angesehener Mann diesem Volke die Gewalt, Ämter zu verleihen, nimmt und die Herrschaft wenigen guten Männern oder nur einem einzigen anheimgibt?'"(573) Gleich danach an derselben Stelle entlarvte Messner den gefährlichen Subjektivismus eines "Führerstaates" der völkischen Gesellschaftslehre.(574) Beim § 11 über "Die gesellschaftliche Ordnungsgewalt: die Autorität" sah er sich genötigt, die vierte Auflage 1934 zu ergänzen mit der schon 1935 enthaltenen und historisch wichtigen Passage über den Unterschied von Autorität und Führertum, der also bereits aus dem Dollfußbuch und der BO 1936 bekannt ist.(575)

Im § 5 "Der Umfang der Staatsgewalt" fiel eine Passage weg, nach folgender Feststellung, die sowohl 1934 als auch 1938 aufschien: "Dadurch ergibt sich für die Staatsgewalt ein Bereich freier Entscheidung, wobei der einzelne seinen Gehorsam im Einzelfalle nicht von seiner Zustimmung zur Richtigkeit der Maßnahmen des Staates abhängig machen darf."(576) 1938 hieß es aber dann - sicherlich auch wegen des oben behandelten neuen § 13 zum Gemeinwohlgesetz - nicht mehr weiter: "Allerdings darf das vom Gemeinwohle Gebotene auch nicht nach den Idealen von einzelnen Schichten, Parteien und Gruppen beurteilt werden und auf Grund dessen ein 'staatlicher Notstand' zur Begründung für Eingriffe in die natürlichen und verfassungsmäßigen Rechte angenommen werden. Denn Gemeinwohl ist das Wohl des Staatsganzen, darf also nicht mit den Zwecken einzelner Gruppen identifiziert werden. In Wahrheit hat denn auch die Staatsgewalt dort kein Recht mehr, wo sie sich zu dem Gemeinwohle in diesem Sinne in Widerspruch setzt. Daher 'muß grundsätzlich anerkannt werden, daß, wenn Fürstenabsolutismus oder Mehrheitswillkür durch Mißbrauch der Staatsgewalt das Gemeinwohl offensichtlich und dauernd verletzten, dem Volke als Ganzem in Notwehr das Recht zum Widerstande zukommt (...)' (Ebers). Im besonderen Falle wird es allerdings sehr schwer zu entscheiden sein, wann dieses Recht und die Pflicht eintritt, namentlich wenn aller Voraussicht nach im Falle des Widerstandes noch größere Übel drohen."(577)

7.6 Wertung der Position Messners (1938)

In die Zukunft wies bei Messner die realistische Erkenntnis, daß sich u. a. das berufliche (korporative) Aufbau- bzw. Gliederungsprinzip nicht immer mit gleicher Klarheit ausprägen werde. Der Gemeinwohlordnung und dem Rechtsgedanken auf dem Gebiet der Wirtschaft durch Sicherungen gesellschaftlicher Art wirksam Geltung zu verschaffen, war eine wesentliche Forderung Messners, die sich aus seinen intensiven Forschungen ergab. Dazu kam noch ein für Österreich auch nach 1945 wichtiges Prinzip der berufsständischen Ordnung, nämlich das Paritätsprinzip.(578) Dieses bedeutete bei Messner nie Entmachtung oder neue Unterdrückung der zahlenmäßig starken Arbeiterschaft, sondern bei gemeinsamen Angelegenheiten vielmehr zuverlässige Vermeidung jeder Herrschaftsmacht über den anderen. Messner engagierte sich damals selbst stark für die Arbeiterfrage in der Katholischen Aktion.(579) Die Enttäuschung über den mangelnden sozialen Fortschritt im "Ständestaat" konnte einer Denkschrift (15. März 1937) des Sozial-Wirtschaftlichen Instituts innerhalb der Katholischen Aktion abgelesen werden: "Was den berufsständischen Aufbau anlangt, wird die klare Aufzeigung und Durchführung der Schritte zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit und der Entproletarisierung weitgehend vermißt." Kaum fänden sich organisatorische Taten, nur rechtliche Normen und keine Wendung zum Berufsethos.(580)

Den Rechtsgedanken in der Austragung (und nicht Unterdrückung!) der Interessengegensätze sollten nach Messner berufsständische Ausschüsse, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Regelung des Arbeitsverhältnisses gleichberechtigt zusammenwirkten, Schiedsgerichte berufsständisch-paritätischer Art und dem Gesetz der Subsidiarität entsprechende staatliche Schlichtung realistisch stützen, sicher auch im Sinne einer "sozialen Demokratie" im Alltag.

Für Messner erschöpfte sich aber Demokratie nie bei den eigenen Standesangelegenheiten. "Entscheidend ist, daß der Einzelne auch mitbestimmend Anteil hat am staatlichen Gemeinwesen und nicht nur an der ständischen Selbstverwaltung"(581). Im großen Rahmen legte er sich nicht genau fest; je nach Umständen sollte Parteiendemokratie und/oder Ständedemokratie den Vorzug erhalten. Jedenfalls bevorzugte Messner im Vgl. zum Ausdruck "Ständestaat" den der "Ständedemokratie". Der ständisch zu ordnende Bundesstaat Österreich war für ihn aber nicht nur wegen der Notlage eine politische Option, sondern auch wegen der nicht völlig unberechtigt erhofften Möglichkeit, daß der neue Staat schon nach wenigen Jahren wirklich den Namen "Ständedemokratie" verdienen würde. Am "Papier" der österreichischen Verfassung kamen jedoch für Messner schon 1938 die wahren demokratischen Prinzipien voll zur Geltung.

Messner stand also einerseits loyal auf dem Boden des österreichischen Staates, ließ aber andererseits eine universalistische oder faschistische "Totalkürzung" des demokratischen Prinzips nie gelten - Elemente der demokratischen Entwicklung von unten, ja ein Mitbestimmungsrecht des Volkes in der Gestaltung seines Gemeinwesens war mit seinem Verständnis eines autoritären und eben nicht totalen Staates vereinbar. Dieses organisatorisch nicht festgelegte Mitbestimmungsrecht war für ihn "Demokratie in ihrem überzeitlichen Sinne"(582).


ANMERKUNGEN

  1. Vgl. den Vorabdruck eines Teils der SF: ders., Die berufsständische Ordnung, in: "Volkswohl". Katholische Monatsschrift für Volksbildung, Kultur- und Gesellschaftsreform, XXV. Jg., Nr. 1 (Okt. 1933) 1 - 6; 1 hieß es, daß das Werk "des bekannten Sozialpolitikers der Wiener Universität" "in diesen Tagen" erscheinen werde.

  2. Ders. (SF 2/3-1934) V; einen Tag zuvor hielt Bundeskanzler Dollfuß die auch für Messner beeindruckende, österreichbewußte und auch ständisch geprägte Trabrennplatz-Rede, vgl. ders., Dollfuß, Innsbruck - Wien - München, 1935, 41, und in dieser Arbeit IV. 3.2.2 c).

  3. Ebd. (Vorwort).

  4. A. a. O., 634 (= Titel des 7. Abschnittes im III. Teil "Die christliche Sozialreform" mit fünf Paragraphen).

  5. A. a. O., 640; § 1 behandelte die Überwindung der Arbeitslosigkeit, § 2 die Entproletarisierung, § 4 die Siedlung und § 5 die Abwehr des Volkstodes.

  6. A. a. O., 218.

  7. A. a. O., 425.

  8. A. a. O., 222.

  9. A. a. O., V (Vorwort).

  10. A. a. O., 139.

  11. A. a. O., 146; vgl. auch 103 - 110.

  12. A. a. O., 148; 235 schrieb Messner, die Entwicklung des Kapitalismus mit seinen Wandlungen "blieb aber wieder nicht ohne Einfluß auf die Gewerkschaften selbst. Sie lernten, wenigstens in einer ziemlich breiten Führerschicht, sehen, daß das von ihnen vertretene Arbeiterinteresse mit dem wirtschaftlichen Interesse des Unternehmertums weitgehend parallel geht, jedenfalls aber mit dem volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse verbunden ist. Ihre Stellung gab ihnen aber auch bestimmenden Einfluß genug auf das Ganze, so daß Brauer mit Recht sagen kann, daß sie immer mehr zu 'Organen der Volkswirtschaft' wurden."

  13. A. a. O., 568.

  14. A. a. O., 572. Wie wir noch bei Meßner (BO 1936) 35 bzw. in dieser Arbeit (IV. 5.3.2) sehen werden, verlangte er nicht den ausdrücklichen Beitritt in die berufsständische Körperschaft, falls die Allgemeinverbindlichkeit der ständischen Maßnahmen u. a. gewahrt bleibe.

  15. A. a. O., 575; vgl. Dollfuß-Rede zum 1. Mai 1934: "Dabei ist die Neu- und Umbildung der Stände nicht bereits durch die Verfassung in ein enges Bett gezwängt, sondern es ist der freien Entwicklung und dem naturgegebenen Aufbau von unten herauf bei den Berufsständen weitgehend Raum gegeben." Zit. nach dem Unterrichtsbuch "Ich bin ein Österreicher!", Wien 1935, 79.

  16. A. a. O., 575 f; diese Passage ist in der SF 5/1938 weggefallen.

  17. A. a. O., 236.

  18. A. a. O., 237.

  19. Vgl. Pelinka (1972) 95 ff.

  20. Meßner (2/31934) 574, Herv. v. Verf.; manchmal konnte sich der Verf. nicht des Eindruckes erwehren, daß Messner hier eine kleine Spur realistischer schrieb als 1936 (mitten im "Ständestaat"), allerdings betrifft dies nur isolierte Stellen der BO 1936 mit dem Klang nach einer fast "interesselosen" End-Ordnung.

  21. Ebd.

  22. A. a. O., 578, Hervorh. v. Verf.; die Frage darf gestellt werden, ob die Maßnahmen des "Ständestaates" dem entsprochen haben. Messner nannte mindestens in seinem Dollfußbuch keine Fehler.

  23. A. a. O., 592; 1938 hieß es "Staatsraison", vgl. ders., Die soziale Frage. Eine Einführung von Dr. Johannes Meßner/Professor an der Universität Wien, Innsbruck - Wien - München 1938 (fünfte, durchgearbeitete und erweiterte Auflage), 630.

  24. A. a. O., 581.

  25. A. a. O., 583; hier steht Gesellschaft, und nicht Staat - Messner hielt diese für ihn hochbedeutsame Unterscheidung durch, sie ist wesentlich für die berufsständische Ordnung!

  26. A. a. O., 526; vgl. zum "Sozialrecht" den Hauptteil (IV. 5.2.4) dieser Arbeit.

  27. A. a. O., 543; der Verf. hat das fehlerhafte Wort "Bildung" durch "Bindung" ersetzt, wie es in ders., Die soziale Frage der Gegenwart. Eine Einführung von Dr. Johannes Meßner/Privatdozent an der Universität Wien, Innsbruck - Wien - München 1934 (vierte, im wesentlichen unveränderte Auflage), 543, dann hieß.

  28. A. a. O., 639 f.

  29. Vgl. a. a. O., 568 f. Zu seinen Bedenken vgl. ders., Dollfuß in den geistigen Entscheidungen der Zeit, in: "Volkswohl". Katholische Monatsschrift für Volksbildung, Kultur- und Gesellschaftsreform, XXVI. Jg., Nr. 3 (Dez. 1934) 63.

  30. Vgl. ders. (BO 1936) 84 ff. und in dieser Arbeit den entsprechenden Abschnitt (IV. 5.4.5). Die diesbezüglich geringen Formulierungsänderungen von der SFÊ2/31934 hin zur SFÊ5/1938 zeigen Kontinuität und Spannung bei Messner selbst und seinen bleibenden Vorbehalt gegenüber dem Begriff.

  31. So schrieb ders. (SF 2/31934) 172 unter dem Titel "Die Form des Rechtsstaates: Die mechanistische Demokratie" im Kapitalismus-Teil.

  32. A. a. O., 391.

  33. A. a. O., 612; vgl. ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke. Bericht über die katholisch-soziale Tagung der Zentralstelle des Volksbundes der Katholiken Österreichs am 29. und 30. April 1934 in Wien, Wien 1934, 5 - 15.

  34. A. a. O., 614.

  35. Die bisher behandelten wurden in der vierten Aufl. ident übernommen.

  36. Ders. (SF 4/1934) V (Vorwort zur vierten Aufl. vom 20. Mai 1934).

  37. Ders. (SF 2/31934) 643 f. (= letzter Absatz des genannten § 3). Messner betonte in der BO 1936, daß große wirtschaftliche Fragen letztlich alle angingen. Das österreichische Modell wurde für ihn diesbezüglich fast ein Vorbild.

  38. Ders. (SF 4/1934) 644 (= ebenso letzter Absatz), Fettdruck v. Verf.; Messner schien sich nach der Verfassungsänderung nicht ganz sicher zu sein - die Rede von "Zweckmäßigkeit" oder von "Umständen" (in der SFÊ5/1938) ließ größere Schwankungen zu.

  39. Ders. (SF 2/31934) 596 f.

  40. Ders. (SF 4/1934) 596 f., Fettdruck v. Verf. Hier haben wir zum ersten Mal die berühmte, von Messner dann immer wieder verwendete Augustinus-Stelle (vgl. De libero arbitrio, L. I. cap. VI. 14).

  41. für Meßner (SF 2/31934) 417 ff. zum damaligen Zeitpunkt Dietrich Klagge.

  42. A. a. O., 422, Hervorh. v. Verf.

  43. Ders. (SF 4/1934) 422.

  44. A. a. O., 414 = ders. (SF 2/31934) 414.

  45. Vgl. Kindermann G.-K., Hitlers Niederlage in Österreich. Bewaffneter NS-Putsch, Kanzlermord und Österreichs Abwehrsieg 1934, 1984; davon eine Kurzfassung: Zur Rolle Österreichs im Widerstand europäischer Staaten gegen Nationalsozialismus und Drittes Reich, in: Facit Nr. 4/93 (= Festschrift 60 Jahre ÖCV. Rückblick und Auftrag), 15 - 21.

  46. Vgl. den sehr sachlichen und ausgewogenen Beitrag: Hauer N., Verdrängung und ideologische Fixierung. Bürgerkrieg und Naziputsch überschatten die Bewertung Engelbert Dollfuß', der jetzt 100 wäre, in: Die Furche. Die österreichische Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion, Nr. 41 (8. Okt. 1992) 9. Dort sind angeführt für Deutschland: Kluge U., Bauern, Agrarkrise und Volksernährung in der europäischen Zwischenkriegszeit, 1988, und für England: Miller J. W., Engelbert Dollfuß als Agrarfachmann, 1989. - Am 9. Okt. 1992 fand übrigens ein vom ÖVP-Parlamentsklub und vom Vogelsang-Institut veranstaltetes wissenschaftliches Symposium anläßlich des 100. Geburtstages des Kanzlers statt.

  47. Vgl. Wohnout (1993) 22, Anm. 9; (vgl. Jagschitz G., Die Jugend des Bundeskanzlers Dr. Engelbert Dollfuß. Ein Beitrag zur geistig-politischen Situation der sogenannten "Kriegsgeneration des 1. Weltkrieges", Wien 1967 [= phil. Diss.], 186 - 189).

  48. Vgl. Reichhold L. (1984) 376; 413, Anm. 18.

  49. A. a. O., 413, Anm. 18 (Interview Reichholds mit Messner). Vgl. auch Pribyl (1991) 86 (Anm. 71), der sich auf Wiltschegg W., Die Heimwehr. Eine unwiderstehliche Volksbewegung?, Wien 1985, 91 und 318, stützt. - Ein übermäßig großer Einfluß Messners wird aber nach Meinung d. Verf. relativiert durch seine Nichterwähnung in Schuschnigg K., Im Kampf gegen Hitler. Die Überwindung der Anschlußidee. Mit einem Vorwort von Fritz Molden, Wien - München 2/1988 (Neuaufl.; 1/1969).

  50. So der Sekretär (bis 1938) des christlichen Gewerkschaftsführers Johann Staud und spätere Bundeskanzler Klaus J., Engelbert Dollfuß. Zum hundertsten Geburtstag des großen Bundeskanzlers, in: DIE WEISSE ROSE. Zeitschrift gegen den Zeitgeist, Nr. 3 (1992) 3.

  51. Meßner (1935) 147.

  52. Vgl. ders., Der Staatswille des katholischen Oesterreich. Im Auftrage von Bundeskanzler Dr. Dollfuß, dargelegt von Dr. Johannes Meßner, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 100 - 105; Dollfuß war natürlich durch die letzten Vorbereitungsarbeiten für die neue Verfassung sowie die Ratifizierung des Konkordates verhindert, den zugesagten Vortrag zu halten. - Das Referat ist im Abschnitt über das Dollfußbuch eingearbeitet.

  53. Vgl. Ender O., Berufständische Ordnung und Maiverfassung, in: "Volkswohl". Monatsschrift für Volksbildung, Kultur- und Gesellschaftsreform, XXVI. Jg., Nr. 11/12 (Aug./Sep. 1935), Sonderheft: Die internationale Konferenz über die berufsständische Ordnung, 16

  54. Vgl. Reichhold (1984) 377; vgl. auch Wohnout (1993) 60: für den autoritären Weg war jedenfalls die NS-Machtergreifung in Deutschland ein mitentscheidender Faktor; (vgl. Stourzh G., Die Außenpolitik der österreichischen Bundesregierung gegenüber der nationalsozialistischen Bedrohung, in: Stourzh G./Zaar B. [Hrsg.], Österreich, Deutschland und die Mächte. Internationale und österreichische Aspekte des "Anschlusses" vom März 1938, Wien 1990 [= Österr. Akademie der Wissenschaften, Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs, Bd. 16], 321 f.)

  55. Kindermann, in: Facit (4/93) 18.

  56. Vgl. Liebmann M., "... gewissenlose Elemente". Wer hat am 12. Februar 1934 gegen wen wofür revoltiert?, in: Academia, 40. Jg., 1. H. (1989) 23; (vgl. Jänner-Heft 1934 der sozialdemokratischen Monatsschrift "Der Kampf"). Der Historiker wiederholte 1992 seine Forschungsergebnisse, vgl. Hauer, in: Die Furche (8. Okt. 1992) 9.

  57. A. a. O., 24; dabei stützt sich Liebmann auch auf Kautzky K.

  58. Ebd.

  59. Vgl. Hauer, in: Die Furche (8. Okt. 1992) 9: Auch der VF-Mann und spätere Vizekanzler Fritz Bock bezeichnete die politischen Todesurteile als großen Fehler.

  60. Simon W. B., Die verirrte Erste Republik. Eine Korrektur österreichischer Geschichtsbilder, Wien 1988, 130, Wegfall des Kursivdruckes v. Verf; Prof. Simon wuchs in einer von den Nazis vertriebenen jüdischen Familie in Österreich auf, die sich der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung verbunden fühlte. Er kehrte erstmals 1960 in sein Heimatland zurück.

  61. Vgl. Wohnout (1993) 29 f.

  62. Vgl. a. a. O., 77.

  63. A. a. O., 151.

  64. Spann O., Kämpfende Wissenschaft, Graz 2/1969 (= Othmar Spann, Gesamtausgabe, Bd. 7), 5; zit. nach a. O., 182.

  65. Vgl. Wohnout (1993) 185 ff. und Pelinka (1972) 274, Anm. 28.

  66. Bei Hauer, in: Die Furche (8. Okt. 1992) 9: "Der Ständestaat war ein autoritäres Regime wie das von Miklós Horthy in Ungarn oder Pilsudski in Polen (...) Dollfuß ist als 'Halbdiktator' in der österreichisch-josefinistischen, beamtenstaatlichen Tradition steckengeblieben." Vgl. ein weiteres historisch beurteilendes Zitat bei Böhm W., Die Konservativen in Österreich, in: Kaltenbrunner G.-K., Rekonstruktion des Konservativismus, Stuttgart 1978, 211: "Es handelt sich dabei weder um Faschismus noch um Diktatur im totalitären Sinne, sondern um einen Versuch, die Katholische Sozialreform von oben zu verwirklichen, im Kampf sowohl gegen den Nationalsozialismus und Marxismus wie gegen die Verfallserscheinungen der parlamentarischen Demokratie." Dies traf zumindest die historischen Umstände Messners.

  67. Vgl. Kindermann, in: Facit (4/93) 18. Vgl. Wiener Zeitung, 11. Jänner 1934; nach Wohnout (1993) 133: In einem Aufruf am 10. Jänner 1934 formulierte Starhemberg als Kampfziel des Heimatschutzes die "uneingeschränkte Durchsetzung der faschistischen Ideenwelt".

  68. Schuschnigg (2/1988) 85.

  69. Wohnout (1993) 434; er fährt auch die meisten Zeithistoriker wie Botz G. und Bracher K. D. für seine Position an. Vgl. aber z. B. Tálos E., Sozialpartnerschaft: Zur Entwicklung und Entwicklungsdynamik kooperativ-konzertierter Politik in Österreich, in: Gerlich P./Grande E./Müller W. C. (Hrsg.), Sozialpartnerschaft in der Krise. Leistungen und Grenzen des Neokorporatismus in Österreich, Wien - Köln - Graz 1985, 44 ff.

  70. A. a. O., 236.

  71. Meßner (1935) 47.

  72. Vgl. Rauscher, in: Aretz/Morsey/Rauscher (Hrsg.; 1984) 256: "In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 verbrannte er (Messner, Anm. v. Verf.) alle Briefe und Manuskripte."

  73. Meßner (1935) Vorwort.

  74. Vgl. a. a. O., 102 - 111.

  75. Dafür verwendete er vor allem die Abzüge des später erschienenen Buches von Weber E. (Dollfuß an Österreich. Eines Mannes Wort und Ziel, Wien - Leipzig 1935) und ansonsten die "Reichspost" (Herold, Wien).

  76. Vgl. a. a. O., 142 - 149: "Heldenhaftes Führertum"

  77. A. a. O., 144 f.

  78. A. a. O., 130.

  79. A. a. O., 145.

  80. A. a. O., 156.

  81. A. a. O., 70.

  82. A. a. O., 142.

  83. A. a. O., 4.

  84. A. a. O., 9.

  85. Im März 1931 wurde Dollfuß Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

  86. Z. B. a. a. O., 16: Wenn "er vor den Tausenden, die Kopf an Kopf standen, für die österreichische Idee warb, dann war es die bittende Art, mit der er überzeugen wollte ... der sich schließlich niemand versagen konnte, der ihm einmal Aug' in Aug' gegenüberstand. Es war der innere Adel seines Wesens, aus dem sein begnadetes Führertum zu seiner ganzen Kraft emporwuchs."

  87. Vgl. a. a. O., 16 ff.

  88. Vgl. a. a. O., 21 ff.

  89. A. a. O., 22; eine solche "Entschuldigung" für Dollfuß steht in Einklang mit allen Aussagen Messners bis 1938.

  90. A. a. O., 24.

  91. A. a. O., 26. Die "deutsche" Sicht Österreichs mit unterschiedlichen Nuancen war damals (im "Ständestaat") Allgemeingut, jedoch bei Dollfuß, Messner und anderen nicht ohne Betonung der staatlichen Eigenständigkeit. Es handelte sich also nie um eine NS-Terminologie; vgl. Pelinka (1972) 203 - 212.

  92. A. a. O., 89.

  93. A. a. O., 29, Hervorh. v. Verf.; er sah sich in seiner Ansicht vom Bericht des Finanzkomitees des Völkerbundrates (Ende Sep. 1932) über die bedenkliche Lage Österreichs bestätigt. - Unter dem Titel "Konjunkturpolitik" erhärtete Messner in seinem wissenschaftlichen Hauptwerk unserer Thematik (BO 1936), 153 f., die Berechtigung für eine Anwendung des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes: "Man muß sich klar darüber sein, daß die Nachkriegskrise der Wirtschaft nur zum geringsten Teile auf wirtschaftliche Ursachen zurückgeht. Ihre entscheidenden Ursachen sind anderer Art: die ungeheure Kapitalvernichtung im Weltkriege; die durch den Weltkrieg bedingte Desorganisation der Volkswirtschaften; die Reparationsleistungen; die Vernichtung des Goldwährungsmechanismus; die Zerstörung des Vertrauens in eine geordnete Entwicklung zufolge der immer neu hervortretenden politischen Gegensätze. Nichts wäre verfehlter, als diese (!) Krisenursachen durch eine berufständische Konjunkturpolitik beseitigen zu wollen. Es hieße dies ... der berufsständischen Ordnung etwas Unmögliches zumuten".

  94. A. a. O., 30.

  95. A. a. O., 32 f., Hervorh. v. Verf.; im wissenschaftlichen Hauptwerk über unsere Thematik ließ Messner aus Zweckmäßigkeitsgründen und lokalen Bedingungen heraus auch "demokratischere" berufsständische Versuche mit Parlamentsbeibehaltung gelten. In Österreich stand Messner also hinter der nichtparlamentarischen Regierungsführung.

  96. A. a. O., 33. Diese Worte - für sich allein genommen - lassen es offen, ob für Messner ein solcher Ausbau der Volksvertretung notwendig die Ausschaltung eines Parteien-Parlamentes mit Verhältnis-Wahlrecht bedeuten mußte. Angesichts der Notlage für Messner mindestens kurzfristig sehr wohl. Vgl. zur Thematik auch Hasiba G. D., Der berufsständische Gedanke in der österreichischen Verfassungsentwicklung (1918 - 1929), in: Liebmann M./Binder D. A. (Hrsg.), Festgabe des Hauses Styria. Hans Sassmann zum 60. Geburtstag, Graz - Wien - Köln 1984, 114 ff.

  97. Ebd.

  98. A. a. O., 34.

  99. A. a. O., 35.

  100. A. a. O., 38, Hervorh. v. Verf.

  101. A. a. O., 41; das Vorwort der ersten SF-Aufl. datiert übrigens vom 12. September 1933, vgl. ders. (SF 2/31934) V. Leichte Kritik Messners ([1935] 43) an der bis zum Ende des Jahres 1933 von Dollfuß beobachteten Politik der Zurückhaltung gegen die Nationalsozialisten könnte man herauslesen, weil sie "sogar die Auswirkung der österreichischen Bewegung, die mit der Kundgebung am Trabrennplatze während des Katholikentages neue gewaltige Antriebe erhalten hatte, außerordentlich beeinträchtigte."

  102. A. a. O., 44.

  103. A. a. O., 45; ob das Verhalten der Regierung wirklich ohne Beispiel in der Geschichte war, kann von den Fakten her eher bezweifelt werden. Messner vertrat aber die allgemeine kirchliche Beurteilung, vgl. Liebmann, in: Academia (1/1989) 24.

  104. A. a. O., 46.

  105. Ebd.

  106. A. a. O., 47 f.

  107. A. a. O., 85 f.

  108. A. a. O., 119.

  109. A. a. O., 48; wiederum ein makelloses Zeugnis Messners für Dollfuß' Weg und Einzelhandlungen! Hat Messner nicht an längerfristige Folgen einer solchen Gewaltenteilung gedacht?

  110. A. a. O., 57.

  111. A. a. O., 58.

  112. Zit. nach a. O., 58 f.

  113. A. a. O., 59, Hervorh. v. Verf. Die historische Lage dürfen wir nicht übersehen.

  114. A. a. O., 60, Hervorh. v. Verf. Vgl. Wohnout (1993) 33: natürlich muß das Faktum zugegeben werden, daß die harte Oppositionspolitik angesichts generell unterentwickelter parlamentarischer Kultur in Österreich "mitunter obstruktionsähnliche Formen annahm".

  115. A. a. O., 61; hier zitierte Messner Dollfuß (Feldkirch, 29. Juni 1934): "Der Marxismus wird nur überwunden werden, wenn das Bewußtsein der berufständischen Zusammengehörigkeit lebendig wird".

  116. A. a. O., 100 f., Fettdruck v. Verf. Der genannte Kontakt steht sicher auch in Zusammenhang mit der katholisch-sozialen Tagung (29./30. April 1934), bei der Messner den Bundeskanzler persönlich vertreten mußte. über dasselbe Gespräch vgl. auch ders., Das Sozialproblem im berufständischen Aufbau des neuen Oesterreich, in: "Volkswohl" (Aug./Sep. 1935) Sonderheft: Die internationale Konferenz, 23 f.

  117. A. a. O., 102, Wegfall des Fettdruckes v. Verf.

  118. Ebd.

  119. A. a. O., 103, Hervorh. v. Verf.; ausgefaltet im wissenschaftlichen Hauptwerk Messners, das in Grundlinien im Dollfußbuch eingeschlossen war.

  120. Ebd.; Dollfuß stellte sich besonders in seiner 1.-Mai-Rede selbst als Vermächtniserfüller der genannten Sozialpolitiker dar.

  121. A. a. O., 104; vgl. die von Messner ebd. zitierte Rede Dollfuß' vom 2. April 1933 (Wien), auf die er sich positiv stützte: "Es wird sich dabei auch darum handeln, eine geeignete Form zu finden, und den Gedanken der ständischen Gesellschaftsordnung, der durch Jahrhunderte die Grundlage unseres staatlichen Lebens gewesen ist und der in der Enzyklika 'Quadragesimo anno' vom Heiligen Vater gefordert wird, in unserer Verfassung zur Geltung zu bringen." Weiters a. a. O., 104 f., zitierte Messner noch den Kanzler vom 29. Mai 1933 (Wien): "Wir sind auf dem Gebiete der Verfassungsreform daran, in unser öffentliches Leben wieder das Berufs- und Standesbewußtsein einzubauen im Sinne der Enzyklika 'Quadragesimo anno', die uns neue Wege zum Wiederaufbau der Gesellschaft gewiesen hat. Wir wollen los vom Klassenkampf (...) Die Idee, daß Herr und Knecht, daß der sogenannte Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gegensatz zueinander stehen, muß verschwinden. Sie müssen wieder lernen, daß sie zusammengehören, daß sie eine Harmonie in der menschlichen Gemeinschaft zum beiderseitigen Wohl und zum Wohle der Gesamtheit bilden müssen."

  122. A. a. O., 105; dort Redeauszug Dollfuß' vom 11. Sep. 1933 in Wien.

  123. Zit. nach a. O., 105 f.

  124. A. a. O., 106, Fettdruck v. Verf. Ebd. zitierte Messner als Beleg zwei Zitate aus der Rede Dollfuß' vom 6. April 1934 (Wien) und eines aus der Rede am 1. Mai 1934 (Wien). - Die genannten drei Grundsätze Dollfuß' entsprachen voll Messners Auffassung, wenn sie auch in der kurzen christlich-"ständestaatlichen" Zeit Österreichs nicht wirklich bewiesen werden konnten.

  125. A. a. O., 96.

  126. A. a. O., 107.

  127. A. a. O., 108.

  128. Zit. nach a. O., 109.

  129. A. a. O., 109 f.; "gestützt" durch die Rede Dollfuß' vom 3. Juni 1934 in Wr. Neustadt.

  130. A. a. O., 110.

  131. A. a. O., 125.

  132. A. a. O., 126 f.; Messner war also bezüglich der berufsständischen Ordnung, die an sich ja gesellschaftlicher Natur ist, für staatliche Vorbereitungsmaßnahmen von oben.

  133. A. a. O., 111.

  134. Ders. (SF 2/31934) 568.

  135. Vgl. Wohnout (1993) 48 ff.; vgl. auch den obigen Exkurs zu QA sowie Reichhold (1984) 378 ff. und Wallraff H. J., <Quadragesimo Anno>, in: Kath. Soziallex. (2/1980) 2309 f.

  136. Vgl. Meßner (1935) 112 - 122 (= Kapitel nach der berufsständischen Ordnung).

  137. A. a. O., 112 (= fettgedrucktes Anfangszitat des Kapitels).

  138. Ders., Der Staatswille, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 100.

  139. A. a. O., 102.

  140. Ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 5.

  141. A. a. O., 6 f.

  142. A. a. O., 11.

  143. A. a. O., 13.

  144. Ders. (1935) 112. Diese Auffassung Messners wird in der BO 1936 konkret "autoritär" von "totalitär" (wie in Italien) abgrenzen. Zum Notlösungsargument ist zu sagen: Selbst wenn Messner den österreichischen Weg nach der "Selbstausschaltung" so einschätzte (oder eingeschätzt hätte?), längerfristig ging es ihm ebenso wie Dollfuß um ein echtes Fundament für die neue Gesellschaft und den neuen Staat. Offensichtlich scheint Messner die Seipelsche QA-Interpretation übernommen zu haben.

  145. A. a. O., 113; 112 zitierte Messner die hier kommentierten einleitenden Worte der neuen österreichischen Verfassung: "Die Verfassung wird im Namen Gottes als der Quelle allen Rechtes für das österreichische Bundesvolk zur ständischen Gliederung in seinem auf den Ländern aufgebauten christlichen deutschen Bundesstaat erlassen."

  146. A. a. O., 68; belegt mit einem Zitat von Dollfuß am 30. Apr. 1933 in Wien.

  147. A. a. O., 74.

  148. A. a. O., 83.

  149. A. a. O., 84.

  150. A. a. O., 88.

  151. A. a. O., 113, Fettdruck v. Verf.

  152. A. a. O., 47.

  153. Vgl. Seipel I., Die neue Gesellschaftsordnung nach der Enzyklika "Quadragesimo anno", in: Waitz S. u. a., Die soziale Botschaft des Papstes, Vorträge über "Quadragesimo anno", Wien 1931, 89; nach Meßner (BO 1936) 279, Anm. 14.

  154. Zit. nach Meßner (1935) 113, Hervorh. v. Verf.; vgl. auch den Hauptteil über die BO 1936 in dieser Arbeit (IV. 5.4.4 a).

  155. Zit. nach Meßner (BO 1936) 279, Anm. 14, Hervorh. v. Verf.

  156. Zit. nach a. O., 280, Anm. 14, Hervorh. v. Verf.; die Auslassungen sind einleuchtenderweise im Kontext der Zeit für Dollfuß geschehen.

  157. Zit. nach a. O., 280, Anm. 14.

  158. Zit. nach Meßner (1935) 114.

  159. A. a. O., 114 f.

  160. Vgl. a. a. O., 115 f.: "Der Grundsatz der autoritären Staatsführung ist in der Maiverfassung 1934 in folgender Weise verwirklicht: Die Bundesregierung ist vom Vertrauen gesetzgebender Organe unabhängig, einer politischen Kontrolle solcher Körperschaften nicht unterworfen, sie hat ein Notverordnungsrecht, von dem nur die Änderung von Verfassungsbestimmungen ausgenommen ist (Notrecht der Bundesregierung), und hat allein das Recht der Einbringung von Gesetzesvorlagen. Der Bundeskanzler bestimmt die Richtung der Staatsführung, an die die Bundesminister in ihrer im übrigen selbständigen Geschäftsführung gebunden sind; an seine Zustimmung ist auch die Kundmachung aller Landesgesetze gebunden. Der Bundespräsident, der auf sieben Jahre gewählt wird, ist unabsetzbar und bestimmt die Zahl und den Wirkungsbereich der Ministerien, wie er auch die Regierung bestellt und abberuft. Er ernennt die Landeshauptleute nach einem von den Landtagen erbrachten Dreiervorschlag. Er hat ein Notverordnungsrecht (Notrecht des Bundespräsidenten), durch das auch einzelne Bestimmungen der Verfassung abgeändert werden können." (Fettdruck v. Verf.) Wurde wohl eine solche extrem starke Stellung des Kanzlers und des Präsidenten der naturrechtlichen Auffassung Messners nach dem II. WK gerecht?

  161. A. a. O., 116, Hervorh. v. Verf. Messner konnte natürlich im Okt. 1934 noch nicht voraussehen, daß zwischen den konstituierenden Sitzungen der vorberatenden Organe und dem 11. März 1938 von 532 Gesetzen 367 per Ermächtigungsgesetz (vom 30. Apr. 1934) von der Bundesregierung erlassen werden sollten. Nur 165 passierten den Bundestag; vgl. Wohnout H. (1993) 305 ff. Ob das alte Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz durch die neue Verfassung derogiert wurde, war nie ganz geklärt; vgl. a. a. O., 159.

  162. A. a. O., 117: Staatsrat, Bundeskulturrat, Bundeswirtschaftsrat, Länderrat. Aus diesen "Räten" wurde der Bundestag beschickt, dem viele Gesetzesvorlagen vorgelegt wurden. Er hatte jedoch meistens nur das Recht, Gesetzesvorlagen ohne Änderung anzunehmen oder abzulehnen. Vgl. auch Wohnout (1993), der die Angaben bestätigt und zu einer reichhaltig fundierten Bewertung gelangt.

  163. A. a. O., 118.

  164. A. a. O., 120.

  165. A. a. O., 121.

  166. Zit. nach a. O., 127.

  167. A. a. O., 132.

  168. Ders., Dollfuß in den geistigen Entscheidungen, in: "Volkswohl", XXVI. Jg., Nr. 3 (Dez. 1934) 63.

  169. A. a. O., 64.

  170. Weiss K., Walter Mehring als Mitarbeiter der Wochenschrift "Der Christliche Ständestaat". Ein Beitrag zur Literatur des Exils, in: Liebmann/Binder (Hrsg.; 1984) 382.

  171. A. a. O., 382 f.; (vgl. Ebneth R., Die österreichische Wochenschrift "Der Christliche Ständestaat". Deutsche Emigration in Österreich 1933 - 1938, Mainz 1976 [= Repgen K. {Hrsg.} Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B: Forschungen, Bd. 19], 15).

  172. Vgl. Hofmann P., Die internationale Konferenz über die berufständische Ordnung, in: "Volkswohl" (Aug./Sep. 1935) Sonderheft: Die internationale Konferenz, 3.

  173. Kozlowski E. (Sekretär des Sozialrates beim Kardinal-Primas von Polen, Posen), in: "Volkswohl" (Aug./Sep. 1935) Sonderheft: Die internationale Konferenz, 12.

  174. Hackhofer K. (Basel), in: "Volkswohl" (Aug./Sep. 1935) Sonderheft: Die internationale Konferenz, 13.

  175. Bei Meßner J., Das Sozialproblem im berufständischen Aufbau, in: "Volkswohl" (Aug./Sep. 1935) Sonderheft: Die internationale Konferenz, 23 f.

  176. A. a. O., 24. Die Leser kennen diese wichtige Passage mit dem Dollfuß-Gespräch bereits, allerdings wurde sie aufgrund der Schweizerischen Kritik hier ausgebauter dargestellt.

  177. A. a. O., 26. Messner erwähnte für seine Position den anwesenden Muller A., La politique corporative. Essais d'organisation corporative, Brüssel 1935.

  178. Klose A., Berufsständische Ordnung und Sozialpartnerschaft, in: Klose A./Schambeck H./Weiler R. (Hrsg.), Das Neue Naturrecht. Die Erneuerung der Naturrechtslehre durch Johannes Messner. Gedächtnisschrift für Johannes Messner (+ 12. Februar 1984), Berlin 1985, 200; (vgl. Die Industrie, Wien, 20. Dez. 1935).

  179. Meßner (BO 1936) V.

  180. Vgl. ders., Volk, Staat und berufständische Ordnung, in: Monatsschrift für Kultur und Politik, I. Jg., H. 1 (Jänner 1936) 7 - 20, und ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: a. a. O., H. 10 (Okt. 1936) 869 - 880.

  181. Ders. (BO 1936) V (Vorwort).

  182. A. a. O., 40.

  183. A. a. O., 4.

  184. Wie anders wäre es zu erklären, daß gerade bei Meßner, Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 869, zu lesen war: "Die folgenden Ausführungen sind zum Teil dem demnächst erscheinenden Buch des Verfassers über 'Die berufständische Ordnung' (Verlagsanstalt Tyrolia) entnommen."

  185. Ders. (BO 1936) 6.

  186. A. a. O., 7, Hervorh. v. Verf.

  187. A. a. O., 8; vgl. 64.

  188. Ebd., Hervorh. v. Verf.

  189. A. a. O., 8 f.

  190. A. a. O., 9: Der wahre Inhalt des Berufsgedankens finde sich noch beim Soldaten, Lehrer, Arzt und Rechtsanwalt.

  191. A. a. O., 10, Fettdruck v. Verf.

  192. A. a. O., 12.

  193. Vgl. a. a. O., 15.

  194. A. a. O., 12 f. Der berufliche Lebensbereich des staatlichen Verwaltungsdienstes gliedere sich wiederum in die besonderen Leistungen der einzelnen Verwaltungszweige, der des Rechtslebens in den Richter-, Anwalts- und Strafvollzugsdienst, der des Wirtschaftslebens in Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und Bankwesen usw.

  195. A. a. O., 13.

  196. A. a. O., 250 f., Anm. 23: Es könne jedoch zweckmäßig sein, wie die österreichische Verfassung einzelne wirtschaftliche Berufsstände organisatorisch zu "Berufständischen Hauptgruppen" zusammenzufassen. Vgl. auch a. a. O., 252, Anm. 30.

  197. A. a. O., 13; vgl. auch 251, Anm. 24 f.; das bekannte Werk Manoilescus heißt "Le siècle du corporatisme", 1934.

  198. Ebd.

  199. A. a. O., 18; vgl. auch das nachfolgende Kapitel über die Organisationsgesetze (5.3.2).

  200. A. a. O., 16.

  201. Vgl. a. a. O., 52: Man "darf sich das Gemeinwohl weder als eine gleichförmige, unteilbare Größe vorstellen noch als eine abstrakte Ordnungsidee. Das Gemeinwohl umfaßt in seinen Voraussetzungen die Einrichtungen der Gesellschaft (einschließlich der Rechtsordnung), die zur Erreichung der gesellschaftlichen Gesamtzwecke und der einzelmenschlichen Lebens- und Kulturzwecke erforderlich sind; es schließt in seiner Verwirklichung einen Zustand der Gesellschaft in sich, in dem diese Gesamt- und Sonderzwecke ihrer Bedeutung gemäß und nach allen Seiten so verwirklicht sind, daß die Gesellschaft als Ganzes, aber auch alle Glieder (Gruppen) sich 'wohl' befinden."

  202. A. a. O., 14.

  203. A. a. O., 15; vgl. 251 f., Anm. 29.

  204. A. a. O., 17. Die österreichische "Sozialpartnerschaft" hat sich zweifelsohne an einer friedlichen Ausgleichung bewährt.

  205. A. a. O., 18.

  206. A. a. O., 19.

  207. Ja und Nein (Glosse: Berufständische Ordnung ohne Berufstände), in: Monatsschrift für Kultur und Politik, II. Jg., H. 7 (Juli 1937) 648 f.

  208. Meßner (BO 1936) 20.

  209. A. a. O., 21: Auch die Zweckbetrachtung ergebe: Gesellschaftliche Eigenständigkeit "ist Begründetsein auf einen eigenen Zweck, der Zweck ist aber in der Gesellschaft der Schöpfer des Rechtes, auch des Selbstbestimmungsrechtes des Standes."

  210. A. a. O., 25.

  211. Vgl. a. a. O., 253 ff., Anm. 38.

  212. A. a. O., 21 f.

  213. A. a. O., 255, Anm. 40.

  214. A. a. O., 22.

  215. Vgl. Texte zur katholischen Soziallehre (61985) 120: Dort wurde übersetzt "jener höchst gewichtige sozialphilosophische Grundsatz". Zu diesbezüglichen Übersetzungsmißverständnissen vgl. a. a. O., 151, und dazu Messner J., Das Naturrecht. Handbuch der Gesellschaftsethik, Staatsethik und Wirtschaftsethik, Berlin 1984 (siebente, unveränderte Gedächtnisauflage der sechsten Auflage 1966), 295, Anm. 1!

  216. Meßner (BO 1936) 23.

  217. A. a. O., 28; vgl. 258, Anm. 10.

  218. A. a. O., 32; vgl. 262 f., Anm. 24 f.

  219. A. a. O., 33: Vor allem die deutsche Rechtswissenschaft und -philosophie sollten sich angesichts der neuen Aufgaben bei der berufsständischen Rechtsbildung und der gängigen positivistischen Verengung auf das reiche Erbe Otto v. Gierkes besinnen; vgl. a. a. O., 264, Anm. 29 f.

  220. A. a. O., 37: Bei einem Scheitern dieser Aufgabe würde "ein verwirrendes Durcheinander den ganzen Gesellschaftsorganismus" lähmen; vgl. auch a. a. O., 266, Anm. 39.

  221. Vgl. a. a. O., 38.

  222. Wörtlich schrieb Meßner a. a. O., 39: "Sozialpolitik ... wird ... ganz allgemein darauf abgestellt sein, daß alle Standesglieder bei entsprechender Leistung 'gut bestehen können', ihre 'Nahrung' haben, wie es die mittelalterlichen Zunftordnungen ausdrücken." Mit diesem Verweis auf die Zunftordnungen dachte der Realist Messner keinen Augenblick an eine "reaktionäre" Ständeordnung-Rückkehr, wie wir bereits gesehen haben - vgl. a. a. O., 16; 18 u. v. a.

  223. Ebd.: Dies werde von der Entwicklung ihres inneres Lebens abhängen. Sehr bald konnte sich Messner die Übertragung der auf die Einhaltung der Arbeiterschutzgesetze gerichtete Gewerbeaufsicht vorstellen.

  224. Ebd. warnend: "Kaum etwas würde den berufständischen Gedanken so sehr in Verruf bringen wie eine teure Verbandsbärokratie, die als Parasit erscheinen und die besten Kräfte der Gemeinschaft lähmen müßte." Messner warnte immer wieder vor Bürokratie und Überorganisation!

  225. A. a. O., 39 f.

  226. A. a. O., 37 f.

  227. A. a. O., 29.

  228. A. a. O., 260, Anm. 16; vgl. 33.

  229. A. a. O., 30.

  230. A. a. O., 31.

  231. A. a. O., 33.

  232. A. a. O., 34.

  233. A. a. O., 35. In Österreich und Italien waren die korporativen und ständischen Verbände (mit wenigen Ausnahmen) tatsächlich keine Zwangsorganisationen in diesem Sinn; vgl. a. a. O., 265, Anm. 34. Ob jedoch der Unterschied zwischen dem für Messner zwar möglichen, aber nicht notwendigen direkten Beitrittszwang und dem legitimen und nötigen Beitragszwang so groß ist, darf wohl gefragt werden. Heute würde wohl ein Beitragszwang einfachhin als Beitrittszwang bezeichnet werden. Vgl. ders. (SF 2/31934) 572.

  234. A. a. O., 36: Erstarrungsvorwürfe an eine "berufständische Neuordnung" seien nur dann berechtigt, wenn sie mißverständlich mit einem System monopolistischer, sich abschließender Zwangsorganisationen gleichgesetzt würde.

  235. Ebd.: Z. B. müsse ein Arzt, der zugleich Universitätslehrer sei und Hilfsmittel der Heilbehandlung eigener Erfindung in einem ihm gehörenden Unternehmen herstellen ließe, drei verschiedenen Korporationen angehören können.

  236. A. a. O., 40. Messner blieb also flexibel. natürlich könnten Leistungen nach ihren vornehmlichen Wertgehalten klassifiziert werden, z. B. sei zu denken an die Werte des Heiligen (Kirche), des Wahren (Wissenschaft), des Guten (Erziehung), an die vitalen Werte usw. (a. a. O., 41). Es gebe aber wichtige Berufszweige, die sich nicht in diese Gliederung einreihen ließen, wie etwa Presse, Theater usw.

  237. Ebd.: Wehrstand, Lehrstand und Nährstand.

  238. A. a. O., 41; vgl. 267, Anm. 47: Der Spannsche Universalismus kenne nur die drei "Vollstände" Kirche, Staat und Wirtschaft, mit dem Staat als "Höchststand".

  239. Vgl. vor allem a. a. O., 42 f.

  240. A. a. O., 49.

  241. Ebd.: Z. B. Filmwesen: Herstellung -> Vertrieb -> Theater.

  242. Hier warnte Messner (erstmals im Hauptwerk) vor staatlich-planwirtschaftlich bestimmten Organisationsformen, die auf Kosten der Bedarfsdeckung erfolgten; ebenso sei es mit dem Ausgehen von der betrieblichen Organisation.

  243. Und hier meinte Messner wohl auch Österreich!

  244. A. a. O., 50.

  245. A. a. O., 35. Die Überbewertung der Organisation führe zwangsläufig zu einer Bevorrechtung der organisierenden Macht und in letzter Linie der Staatsgewalt. Damit sei sowohl der wesenhafte Körperschaftsgedanke als auch der wahre Ordnungsgedanke verlassen. Alle Theorien mit Organisationsprimat kämen bedenklich der mechanistischen Gesellschaftslehre nahe, wenn auch mit dem Gesellschaftsganzen als Mittelpunkt. Vgl. a. a. O., 29: "Zwangsläufig kommen solche Theorien des Korporativismus zu einer Überbetonung der organisatorischen staatlichen und korporativen Gewalt unter Verkürzung der gesamt- und einzelpersönlichen Freiheitsrechte."

  246. A. a. O., 18 f.: "Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß in dieser Hinsicht erst eine grundlegende Wandlung im ganzen Denken der heutigen Gesellschaft erfolgen muß. Es wird heute der ständische Gedanke noch viel zu sehr als Mittel zur Vertretung 'ständischer Interessen' aufgefaßt. Die Blickrichtung auf das Gemeinwohl muß für alle Stände maßgebend sein, von bloß äußeren ständischen Einrichtungen kann eine Gesundung der Gesellschaft nicht erwartet werden."

  247. Vgl. a. a. O., 43 - 50; der Verf. hat sich um Übersichtlichkeit der Darstellung bemüht.

  248. Es gehe um die Erfüllung der Ordnungs- und Sicherheitsaufgabe. Stark sei das Bewußtsein einer Gesamtehre ausgebildet. Nur dem Staat stehe es gemäß Gemeinwesenerfordernis zu, die Leistungskraft des Standes zu ergänzen.

  249. A. a. O., 267, Anm. 49; vgl. 44. Folgerichtig sei es ebenso wie das Heerwesen ein Berufsstand. Auch dieser stehe mit seiner Leistung unmittelbar dem Staat gegenüber, und aus diesem Grunde sei der Selbstverwaltungsbereich wesentlich eingeschränkt, was jedoch für eine körperschaftliche Organisation noch ausreiche: Ehrengerichtsbarkeit, Teile der Disziplinargerichtsbarkeit, ständisches Bildungswesen, die Vertretung gegenüber dem Staat gehörten in seinen eigenen Wirkungsbereich. Vgl. aber z. B. Bayer H., Was jeder vom berufständischen Aufbau in Österreich wissen soll, Wien 1936 (= Sonderabdruck aus dem "Jahrbuch des Österreichischen Gewerbebundes 1937"), 7, zur Einrichtung des Berufstandes "Öffentlicher Dienst": "Da es sich hier aber um einen 'unechten' Berufstand handelt, Fehlen der Unternehmerseite, kann diese Organisation nicht für die übrigen Berufstände als Vorbild dienen."

  250. Es sei jedoch eine Zweckmäßigkeitsfrage, ob eine eigene Körperschaft einzurichten sei oder die Organisation im Rahmen des Berufsstandes des öffentlichen Beamtentums erfolge.

  251. Bezüglich des staatlichen Auftrages des allgemeinen Erziehungs- und Unterrichtswesens vgl. das Beamtentum. Vgl. a. a. O., 268, Anm. 51: Auch in der ständischen Gesellschaft, die immer bedroht sei von Egoismen der einzelnen Gruppen, müsse es die verbindenden Kräfte einer gemeinsamen, allgemeinen Bildung und Erziehung geben.

  252. Vgl. a. a. O., 45: Staatliche Universitäten müßten erhalten bleiben. Die übrigen Hochschulen jedoch könnten in den Selbstverwaltungsbereich des jeweiligen Berufsstandes fallen, z. B. die Hochschule für Bodenkultur in den Berufsstand Land- und Forstwirtschaft oder die Handelshochschulen in den Berufsstand Handel.

  253. Bei der Musik sei z. B. der Abstand Konzertmusik - Unterhaltungsmusik gegeben. Weiters sei bei den bildenden Künsten die Eingliederung des Kunstgewerbes, der Architektur und des Kunsthandels zu entscheiden. Ebenso kenne das dichterische Schaffen mehrfache Grenzübergänge.

  254. A. a. O., 44, Hervorh. v. Verf.

  255. Dazu brachte Messner ein österreichisches Beispiel: Eine Pressekammer unter Einbeziehung der Verleger, Schriftleiter und Druckereiarbeiter werde errichtet.

  256. Die durchgehende Gleichartigkeit erleichtere die Organisation. In einer obersten Kammer seien die Unternehmungen für die Produktion und den Vertrieb von Filmen, alle an der Herstellung Beteiligten und die Lichtspieltheater zu vereinigen.

  257. Trotz staatlichen Einflusses bleibe eine große Eigenverantwortung. Die Gesamtorganisation müsse zudem die Rundfunkindustrie, den Funkgerätehandel, das leitende und technische Sendepersonal umfassen.

  258. A. a. O., 49.

  259. A. a. O., 268, Anm. 52.

  260. A. a. O., 48, Hervorh. v. Verf.

  261. A. a. O., 55.

  262. Vgl. a. a. O., 50 ff.

  263. Vgl. a. a. O., 51: In der berufsständischen Landeskammer der Industrie gäbe es beim Mehrheitsprinzip eine erdrückende Arbeitermehrheit, und das Ergebnis wäre das Organ einer "Wirtschaftsdemokratie" vom marxistischen Sozialismus her.

  264. A. a. O., 51 f.

  265. Vgl. a. a. O., 52; eine Interessenunterdrückung von oben durch das berufsständische Aufbauwerk fand sich bei Messner also nicht! - für die Verwirklichung der Gemeinwohlordnung werde die Teilleistung insofern maßgebend, als sie eine Gemeinsamkeit der Interessen in der Leistungsgemeinschaft bewirke, ob diese Gemeinsamkeit bedingt sei durch die Größen- und Artverhältnisse der Leistungen selbst (Mittel- oder Kleinbetriebe, Viehwirtschaft oder Getreideanbau in der Landwirtschaft usw.) oder durch das notwendige Zusammenwirken leitender und abhängiger Arbeit als den Teilen einer Leistungseinheit (Unternehmer und Arbeiter in den Betrieben einer wirtschaftlichen Fachgruppe usw.)

  266. A. a. O., 52 f.: Bei einem Kartellvertrag einer Unternehmergruppe beispielsweise hätten die Arbeiterschaft und Konsumentenschaft vom Gemeinwohl her also nur das Recht einer Kontrolle. - Vgl. auch Bayer (1936) 6: "Die volle Gleichberechtigung der Unternehmer und Arbeitnehmer ist im Wesen der berufständischen Ordnung verankert."

  267. Vgl. a. a. O., 53 f.

  268. A. a. O., 54, Hervorh. v. Verf.

  269. Vgl. a. a. O., 55.

  270. A. a. O., 79 f.

  271. Vgl. a. a. O, 80: Ein Teil der geschulten staatlichen Verwaltungsbeamten müsse aber mit Verbürgung ihrer Rechte in das berufsständische Beamtentum überführt werden.

  272. A. a. O., 59.

  273. A. a. O., 57; vgl. 218.

  274. A. a. O., 58, nur Fettdruck vom Verf.; Messner stand zweifelsfrei auf dem Boden des Dollfuß-Staates.

  275. Vgl. a. a. O., 269, Anm. 55.

  276. A. a. O., 56 f.; vgl. 270, Anm. 56: Die Mitwirkung der Berufsstände bei der staatlichen Gesetzgebung sei nur z. T. eine Frage der Theorie der berufsständischen Ordnung, mindestens ebenso eine solche der Staatstheorie und nicht zuletzt eine Frage der Zweckmäßigkeit. Es gebe somit keine Ideallösung für alle Länder. In Österreich hatten der Bundeswirtschaftsrat und der Bundeskulturrat rein beratende Funktion, von beiden werde aber auch jeweils eine Anzahl von Vertretern in den Bundestag geschickt, der die gesetzgebende Körperschaft darstellen sollte.

  277. A. a. O., 270, Anm. 57; diese Kritik an der parlamentarischen Parteiendemokratie bewegte sich im Rahmen der europaweiten Demokratiemüdigkeit.

  278. A. a. O., 59. Messner zeigte hier immer mehr seine generelle Haltung für einen Staat ohne Parteien im alten Sinne. Es handelt sich an dieser Stelle kaum um eine Notfalltheorie nach dem Parlaments-Zusammenbruch.

  279. A. a. O., 59 f., Hervorh. v. Verf.

  280. A. a. O., 60; echt ständisches Denken könnte von politisch Verantwortlichen des "Ständestaates" verengt mißverstanden worden sein als Mitgliedschaft bei der VF oder unkritische Bejahung des Ist-Zustandes Österreichs 1936. - für Funktionäre innerhalb der heutigen "Sozialpartnerschaft" ist ebd. zeitlos gesagt: "Jedenfalls dürfen sich diese Führer nicht bloß als Interessenvertreter betrachten, sondern müssen als Anwälte des berufständischen und gesamtgesellschaftlichen Gemeinwohls handeln."

  281. A. a. O., 61.

  282. A. a. O., 62: "Jede Vergötzung des Staates in dem Sinne des Totalitätsanspruches fährt zur Götterdämmerung des Staates. Davon gibt die ganze Geschichte eindringlich Zeugnis." Immer wieder zeigte sich hier die Unverführbarkeit des naturrechtlichen Ansatzes Messners für einen totalitären Super-Staat. Die Grenzen wollte er klar abstecken.

  283. Vgl. a. a. O., 271 f., Anm. 1 f.; 62 schrieb Messner, daß dies einen Abfall von einer der Ideen, die das Abendland über die Antike kulturerhebend hinausgeführt hätten, bedeute. Vgl. auch a. a. O., 283 f, Anm. 19: Gegen die faschistische Begründung der menschlichen Freiheit, die nicht als der auszeichnende Vorzug der Persönlichkeit betrachtet werde, sondern nur zum Staat, für den Staat und mit dem Staat und somit in der Teilnahme an der Macht des Staates bestehe, bestanden für Messner indessen nichtstaatliche Rechte in dem Sinne, daß es eine Freiheit des Menschen gebe, die vor- und überstaatlich sei und sich nicht auf staatliche Verleihung gründe, sondern vom Staat selbst anzuerkennen und zu schätzen sei. "Die menschliche Freiheit ist allerdings auch staatsgebunden in dem Sinne, als sie nicht unbeschränkt, sondern gemäß der ganzen Natur des Menschen der staatlichen Gemeinschaft eingeordnet ist. Demnach muß der Rechtsstaat zwar bürgerliche Grundrechte der Einzelnen anerkennen, aber diese Grundrechte dürfen nicht im liberalistischen Sinne verstanden werden, als würde es eine unbeschränkte Freiheit geben, die sich auch gegen die wesenhafte Ordnung des Staates wenden dürfte."

  284. Dazu zitierte Meßner a. a. O., 273, Anm. 3, selbst Gemelli A. (Rektor der kath. Universität Mailand), Problemi fondamentali dello stato corporativo, Mailand 1935, VIII f.: "daß tatsächlich das ernsteste Problem für ein System, das den Individualismus überwindet und auf ihn folgt, darin besteht, festzusetzen, bis zu welchem Punkt an Stelle des liberalen Systems ein organisches System treten kann und muß".

  285. A. a. O., 63; vgl. a. a. O., 70: "Der Staat soll Verantwortung in weitem Umfange abgeben, die er bisher, einspringend für den zerfallenen Stufenbau der gesellschaftlichen Ordnungen, auf sich nehmen mußte und soll dadurch frei und stark werden zur neuen Übernahme der vollen Verantwortung für das Ganze und für das Gemeinwohl der Gesamtgesellschaft." Messner sah sich auch an dieser Stelle gezwungen, gegen Zeitströmungen den Vorwurf der Schwächung des Staates durch das Subsidiaritätsprinzip (Entstaatlichung der Gesellschaft) Stellung zu beziehen: "Ganz im Gegenteil: ... seine Herrschaftsmacht, seine Souveränität soll sich wieder zu der vollen Hoheit und Kraft erheben, wie es in der natürlichen, ungeschriebenen Verfassung des Staates als der tragenden gesellschaftlichen Ordnung begründet ist, aber allerdings auch sich ganz ihres Gebundenseins an diese Verfassung bewußt werden." Auch im Blick auf das Dollfußbuch muß gesagt werden, daß Messner die österreichische Maiverfassung in dieser seiner Sicht eingebunden sah.

  286. A. a. O., 274, Anm. 7: Diese Formel drücke den absoluten Primat des Staates aus und hätte nur dann begrenzte Berechtigung, wenn damit die rechte Einordnung der "Gesellschaft" in die Ordnung des Staates als der Gesamtgemeinschaft des Staatsvolkes benannt würde. - Ideengeschichtlich werde die faschistische Staatstheorie zum Teil auch verstanden werden müssen als Reaktion gegen die liberalistische Staatstheorie, die nicht nur bezüglich des Staates zur individualistischen Auflösung der Gemeinschaftsordnungen geführt habe, sondern auch bezüglich der übrigen Gemeinschaftsverbände.

  287. Vgl. a. a. O., 64.

  288. A. a. O., 65 f., Hervorh. v. Verf.; was Messner hier konkret meinte, vor allem bezüglich der genannten Parteien, Kartelle und Gewerkschaften (in der Erfahrung auch der 1. Republik), wird noch klarer werden. Nach dem II. WK ergibt sich eine fortentwickelte Sicht. - Ob die hier genannte Sicht angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung usw. nicht schon utopisch klang? Diese "utopischen" Stellen Messners sind jedoch mit jenen zu lesen, in denen er realistisch und äußerst klar auf die entscheidende Gesinnungsreform und Verwirklichungsgefahren usw. hinwies.

  289. A. a. O., 66. Hier kritisierte Messner sehr fundiert auch den Universalismus Spannscher Prägung, weil Spann in seiner "Gesellschaftslehre" von der Behauptung "Staat ist vor Familie" ausgehe im Gegensatz zur ganzen organischen Staatslehre (Aristoteles, Augustinus, Thomas v. Aquin, Leo XIII.); vgl. a. a. O., 275, Anm. 8: An der Stellung der Familie erkenne man unträglich den Wahrheitsgehalt einer Staats- und Gesellschaftslehre.

  290. A. a. O., 67.

  291. Vgl. a. a. O., 275 f., Anm. 9.

  292. A. a. O., 68.

  293. A. a. O., 69 f.; wiederum können wir die naturrechtliche Begrenzung des Staates gut erkennen. Kritisch zu fragen ist jedoch, wieweit ein Staat mit ganzer Machtfälle zum Ordnungsaufbau nicht längerfristig zum "totalen" Staat hintendiert und schließlich auch das "Gemeinwohl" totalitär festlegt. Somit ist die Frage, ob sich die Unterscheidung "autoritär" und "totalitär" auch in der Praxis bewähren kann, besser gesagt, ob z. B. die Forderung für die Zukunft, die Gesellschaft wieder von der staatlichen Totalität zu entbinden, auch schon oder noch auf den "Ständestaat" österreichischer Art zutraf. Insgesamt wird Messner davon ausgegangen sein, daß Österreich eher auf dem guten Weg des autoritären und nicht totalitären Staates liege. Jedenfalls kann Messner schon wegen der immer wiederholten Begrenzung der staatlichen Gewalt nicht als "Austrofaschist" bezeichnet werden, gerade weil er gewissermaßen bei der Apologie "autoritär - gut (Dollfuß u. a.)" gegen "totalitär - böse (Hitler u. a.)" mitgewirkt hat.

  294. A. a. O., 277, Anm. 10. Messner setzte sich hier klar von jenen Mussolini-Freunden ab, die auch seinen "Faschismus" übernehmen und nicht nur taktisch die Eigenständigkeit Österreichs sichern wollten.

  295. A. a. O., 278, Anm. 11; (vgl. wiederum Augustinus, De libero arbitrio, L. I. cap. VI. 14.)

  296. A. a. O., 70; der letzte Teil klingt fast planwirtschaftlich, wird aber mit einigen anti-planwirtschaftlichen Stellen genauer geklärt.

  297. Vgl. a. a. O., 70 f.: "Sache der staatlichen Gesetzgebung ist es ja überhaupt, die allgemeinen Rechtssätze der Naturrechtsordnung gesetzgeberisch in Anwendung auf die besonderen Verhältnisse zu konkretisieren ... Deshalb gehören auch die Grundlinien der berufständischen Ordnung des Staatsvolkes notwendigerweise der Staatsverfassung selbst an".

  298. A. a. O., 278, Anm. 12. Die Frage ist, ob diese zum Teil überklaren staatsautoritären Aussagen Messners zur Beugung unter das Gemeinwohl nicht in einer Spannung zu einigen anderen Stellen in der BO 1936 stehen, besonders im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Ordnung. Die Texte zur katholischen Soziallehre (6/1985) 121 geben QA 80 wie folgt wieder: "Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung, die nur zur Abhaltung von wichtigeren Aufgaben führen müßten, soll die Staatsgewalt also den kleineren Gemeinwesen überlassen. Sie selbst steht dadurch nur um so freier, stärker und schlagfertiger da für diejenigen Aufgaben, die in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, weil sie allein ihnen gewachsen ist: durch Leitung, Überwachung, Nachdruck und Zügelung, je nach Umständen und Erfordernis. Darum mögen die staatlichen Machthaber sich überzeugt halten: je besser durch strenge Beobachtung des Prinzips der Subsidiarität die Stufenordnung der verschiedenen Vergesellschaftungen innegehalten wird, um so stärker stehen gesellschaftliche Autorität und gesellschaftliche Wirkkraft da, um so besser und glücklicher ist es auch um dem Staat bestellt."

  299. A. a. O., 71.

  300. A. a. O., 74 f.

  301. A. a. O., 75.

  302. A. a. O., 2.

  303. A. a. O., 72.

  304. Ebd.; beim letzten Satz ist zu fragen, wieweit bei Vorhandensein der fehlenden organischen Glieder die Parteiengruppierungen überhaupt noch gebildet werden (müßten). Es geht also darum, ob dieser letzte Satz wirklich-historisch oder "Ständestaat"-stützend gebracht wurde. Mit den nachfolgend behandelten Anmerkungen zu Dr. Seipel klärt sich einiges.

  305. A. a. O., 279, Anm. 14; Messner ist für die Ausschaltung gewesen, aber um den demokratischen Gedanken zu retten.

  306. für Messner selbst hieß dies vielleicht: Solche Voraussetzungen in Österreich hätten sich erst nach Beseitigung des Einflusses der Staatsfeinde (SP/NS) ergeben? Er zitierte a. a. O., 279 f., Anm. 14, aus Seipel, in: Waitz (1931) 89: "Es wird wahrscheinlich auch in der neuen Ordnung Parteien geben, denn auch innerhalb der Stände und auf den sie alle gemeinsam berührenden Gebieten werden verschiedene Meinungen über das, was dem Gemeinwohl dient, miteinander ringen. Aber die Parteien werden in der neuen Gesellschaftsordnung nicht so überragenden Einfluß haben wie im Parteienstaat." Parteien erschienen hier als künstliche Gebilde. Im Dollfußbuch wurden die Seipelpassagen durch Verkürzung noch klarer gegen Parteien gerichtet; vgl. in dieser Arbeit den entsprechenden Abschnitt oben (IV. 3.4.2).

  307. Vgl. a. a. O., 280, Anm. 15: Messner zitierte hier aus Gentile G., Grundlagen des Faschismus, 1936, 43: Der "Staat existiert, insofern ihn der Bürger existieren läßt. Seine Formung ist also Formung des Bewußtseins der Einzelnen, das heißt der Masse ... Daher die Notwendigkeit der Partei und aller ... Erziehungseinrichtungen..., die der Faschismus ins Werk setzt, um zu erreichen, daß Denken und Wollen des Duce zum Denken und Wollen der Masse werden." Vgl. ders. (SF 5/1938) 635: "Der Volksstaat im Sinne dieser ... Staatsauffassungen ist somit Demokratie mit umgekehrten Vorzeichen: Die politische Willensbildung geht nicht vom unten nach oben, sondern von oben nach unten." - Auch der Spannsche Universalismus lehne die Demokratie schlechthin ab.

  308. A. a. O., 73. In dieser Erklärung ist kurz die Messnersche Konzeption enthalten, die wohl mehr oder weniger mit der Maiverfassung übereinstimmen dürfte, welche gewissermaßen in der Praxis einen Mittelweg zwischen einer allein parlamentarischer Parteiendemokratie und einem totalen Diktatorenstaat bedeuten könnte.

  309. A. a. O., 276 f., Anm. 9; hier argumentierte Messner unmißverständlich gegen falsche Ansätze eines aufzubauenden "Ständestaates", gegen einen falsch verstandenen autoritären und vor allem einseitigen Führerstaat (Deutschland!). Bei diesen eher allgemeinen Feststellungen ist bereits längst klar, daß Messner kein "faschistischer" Verfechter einer Demokratie allein durch Selbstverwaltung der Stände war!

  310. A. a. O., 74, Hervorh. v. Verf.; vgl. 281, Anm. 16: für den Spannschen Universalismus widerspreche aber die mitbestimmende Anteilnahme des Volkes dem universalistischen Begriff des Staates. Denn für ihn sei der Staat nur ein Stand besonderer Art, dessen Aufgaben ausschließlich Sache der staatstragenden Schichte seien. Messner zitierte Heinrich (2/1934) 41: "Der ständische Gedanke steht im Gegensatz zur Demokratie (...) Da ... der Staat ein eigenwurzeliger Stand mit arteigener Verrichtung ist, erweist sich die Anteilnahme aller als unmöglich." für Messner bedeuteten diese Aussagen nicht nur die Ablehnung der individualistischen Auffassung der Demokratie, sondern jeder mitbestimmenden Teilnahme des Volkes an der Gestaltung seines staatlichen Gemeinwesens, die bei Heinrich dem staatstragenden Standen vorbehalten bleibe. Vgl. auch ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 876 f.

  311. A. a. O., 281, Anm. 17.

  312. A. a. O., 75.

  313. Ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 877.

  314. Ders. (BO 1936) 76, Hervorh. v. Verf.; angesprochen wurde damit die "Vaterländische Front"!

  315. A. a. O., 75.

  316. A. a. O., 284, Anm. 21: Messner stellte sich hier voll hinter die aktuelle Verfassung. Diese habe eine ganz neue Form des Zusammenwirkens beratender und beschließender Körperschaften geschaffen. Gesetzgebendes Organ sei neben Regierung (!) der Bundestag, der über Gesetzesvorlagen der Regierung zustimmend oder ablehnend beschließe (Art. 51). Vorgeordnet seien dem Bundestag vier beratende Körperschaften: Staatsrat, Bundeskulturrat, Bundeswirtschaftsrat (Vertreter der Berufstände), Länderrat. Diese beratenden Körperschaften hätten Gutachten zu erstatten über die Gesetzesvorlagen der Regierung, in staats-, kultur-, wirtschaftspolitischer Hinsicht sowie in Hinsicht auf die Interessen der Bundesländer. Der Bundestag werde gebildet durch Vertreter, welche die vorberatenden Körperschaften entsendeten.

  317. Ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 880.

  318. A. a. O., 879 f.; 880: Die Überlegungen zur VF betrafen jedoch einen "wichtigen Punkt der österreichischen Staatsideologie, von dem her das Gesicht des Ständestaates österreichischer Prägung entscheidend mitgeformt sein wird."

  319. Vgl. ders. (BO 1936) 282, Anm. 18; (vgl. Brauweiler, Berufstand und Staat, 1925, 242); zum ersten Mal verwendete Messner in seinem Hauptwerk zur Neuordnung den Begriff "Ideologie", der für ihn wohl vor allem dann zutreffend erschien, wenn die naturrechtliche und naturgebotene Ordnung übersehen wurde.

  320. A. a. O., 77, Hervorh. v. Verf.

  321. A. a. O., 76 f.

  322. A. a. O., 77.

  323. A. a. O., 78; vgl. a. a. O., 285 f., Anm. 22: "Die Form der Staatsvertretung ist nach Frantz der 'Staatsrat', welcher zufolge des Ansehens seiner Mitglieder und kraft seiner Befugnisse die notwendige Autorität gegenüber der Volksvertretung besitzen, der Verwaltung Einheit und Festigkeit und der Gesetzgebung die im parlamentarischen System der Parteiendemokratie so sehr vermißte Gründlichkeit geben soll". Hier bezog sich Messner auf Frantz C. (Naturlehre des Staates als Grundlage aller Staatswissenschaften, 1870, 359 f.)

  324. Vgl. a. a. O., 286, Anm. 22: "In den Staatsrat beruft der Bundespräsident auf die Dauer von zehn Jahren verdiente, charaktervolle Bundesbürger, von denen nach ihrem bisherigen Verhalten und nach ihren bisherigen Leistungen volles Verständnis für die Bedürfnisse und für die Aufgaben des Staates zu erwarten ist." (Art. 46)

  325. A. a. O., 260, Anm. 15.

  326. A. a. O., 68; in den letzten Worten dachte Messner wahrscheinlich an das Gegensatzpaar Dollfuß (Schuschnigg) - Hitler.

  327. Interessant ist diesbezüglich eine CA-Stelle (Nr. 46; 1991!) in deutscher Sprache; zit. nach der Verlautbarung des Apostolischen Stuhls 101 durch das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 53 f. (Hervorh. v. Verf.): "Eine wahre Demokratie ist nur in einem Rechtsstaat und auf der Grundlage einer richtigen Auffassung vom Menschen möglich. Sie erfordert die Erstellung der notwendigen Vorbedingungen für die Förderung sowohl der einzelnen Menschen durch die Erziehung und die Heranbildung zu den echten Idealen als auch der 'Subjektivität' der Gesellschaft durch die Schaffung von Strukturen der Beteiligung und Mitverantwortung (...) In diesem Zusammenhang muß gesagt werden, daß dann, wenn es keine letzte Wahrheit gibt, die das politische Handeln leitet und ihm Orientierung gibt, die Ideen und Überzeugungen leicht für Machtzwecke mißbraucht werden können. Eine Demokratie ohne Werte verwandelt sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder hinterhältigen Totalitarismus (...) Der christliche Glaube, der keine Ideologie ist, maßt sich nicht an, die bunte sozio-politische Wirklichkeit in ein strenges Schema einzuzwängen."

  328. Meßner, Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 869.

  329. Kundgebung der österr. Bischöfe über die soziale Gerechtigkeit. (Verlautbart in der Tagespresse am 7. Dezember 1935), in: St. Pöltner Diözesanblatt, Nr. I (1936) 1.

  330. Meßner, Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 880.

  331. Vgl. ders. (BO 1936) 84 - 87.

  332. Vgl. ders., Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 873: "Mussolini selbst hat sich freilich nie auf die Formeln der Literatur zur faschistischen Staatstheorie festgelegt." Als faschistische Theoretiker kamen Spirito U., Gentile G., Costamagna C. und Bottai G. zu Wort.

  333. Vgl. ders. (BO 1936) 289, Anm. 32: "Naturgemäß sind die nationalen Werte in die des Gemeinwohls einbezogen, aber sie sind Teil desselben. Das Gemeinwohl selbst ist oberster Zweck und höchste Norm des Staates. In seiner Gemeinwohlaufgabe ist es nun allerdings begründet, daß der Staat 'Dienstwert' ist, aber ebenso, daß er ein kultureller und sittlicher Wert ganz hohen Ranges ist. Die nationalistische Staatstheorie sucht dagegen die sittliche Rechtfertigung des Staates außerhalb seines engeren Wesens, in den nationalen Zwecken, für die er das Mittel sein soll."

  334. A. a. O., 86; vgl. 31: "Ein solcher Korporativismus verfällt, nachdem der Individualismus überhaupt kein Zwischenglied zwischen Individuum und Staat als Rechtsträger anerkannt hatte, ins andere Extrem: Diese Zwischenglieder, die Korporationen, werden nun zu den alleinigen ursprünglichen Rechtsträgern."

  335. Vgl. Manoilescu (1934) 163 ff.; nach a. O., 290, Anm. 5.

  336. Meßner (BO 1936) 86 f., Hervorh. v. Verf.

  337. A. a. O., 290, Anm. 36; dabei verwies Messner zum Vgl. u. a. auf Merkl A., Der staatsrechtliche Gehalt der Enzyklika "Quadragesimo anno", in: Zeitschrift für öffentliches Recht Bd. XIV, H. 2. 1934.

  338. Ebd.: Es war die berufsständische Ordnung als Verfassungsgrundsatz festgelegt (Art. 2), das Selbstverwaltungsrecht der Berufsstände als öffentlich-rechtlicher Körperschaften in ihren berufseigenen Angelegenheiten vorgesehen (Art. 32), und es war die Gliederung in sieben berufsständische Hauptgruppen ausgesprochen (Art. 48).

  339. Zum ersten Mal bezog sich Messner übrigens in seiner BO 1936, 266, Anm. 42, auf die österreichische Verfassung (als Beispiel einer Berücksichtigung des Dreiteilungsgedankens: Staatsrat, Bundeskulturrat und Bundeswirtschaftsrat).

  340. Vgl. a. a. O., 54!

  341. A. a. O., 87.

  342. A. a. O., 88.

  343. A. a. O., 89, Hervorh. v. Verf.; das Beiwort "wirklich" beim Totalitätsanspruch scheint darauf hinzudeuten, daß der österreichische Weg mit seiner Verfassung vorläufig mit einem Totalitätssystem verwechselt werden konnte und wurde, aber nicht sollte, wie Messner später auch offensichtlich mit folgenden Stellen schrieb: Das Naturrecht. Handbuch der Gesellschaftsethik Staatsethik und Wirtschaftsethik, Innsbruck - Wien 1950, 529, und bis zuletzt ders. (NR 71984 = Gedächtnisaufl. des NR 61966) 835: "Einzelne bloß äußerliche Ähnlichkeiten berechtigen nicht zur Einreihung eines 'autoritären' Staates unter die totalitären Staaten, solange nicht seine Praxis eine Interpretation des autoritären Prinzips im Sinne der staatstotalitären Wertung des Menschen beweist."

  344. A. a. O., 89 f.

  345. Im September 1933 wurde nämlich unter Zustimmung des portugiesischen Nationalrates der Artikel 14 geändert, der ursprünglich dem Staat nur die Anerkennung der Korporationen sowie die Anregung und Förderung ihrer Bildung vorbehielt, im übrigen aber der Privatinitiative freien Raum ließ.

  346. Vgl. a. a. O., 291, Anm. 38.

  347. Ebd.; (vgl. Pereira dos Santos, Un État Corporatif. La Constitution sociale et politique Portugaise, Paris 1935, 72 f.) Haben solche für Portugal äußerst positive Stellungnahmen Messners die Rezeption seines Buches BO 1936 in Brasilien bei der Staatsreform gefördert? Vgl. einen kleinen Beitrag "Totalitärer oder autoritärer Staat in Brasilien?" unter der Rubrik Weltschau (Politik) in: Monatsschrift für Kultur und Politik, III. Jg., H. 1 (Jänner 1938) 92.

  348. A. a. O., 91. Messners Konzeption (aber auch QA) war kein eigentlicher dritter Weg zwischen herkömmlichen Systemen.

  349. A. a. O., 92.

  350. Vgl. a. a. O., 292, Anm. 1: Besonders auf wirtschaftlichen Gebiet hätten einige korporativen Theoretiker große Bereiche viel zu schnell fertiggeschrieben, der Begriff einer "korporativen Wirtschaft" sei aber zu wenig geklärt. - Messner sprach sich a. a. O., 144 f., klar gegen jeden (versteckten) Sozialismus aus: "Denn jede planwirtschaftliche Regelung, nenne man sie auch berufständisch, um die sozialistische Prägung, die ihr innerstes Wesen ist, zu verschleieren, behält ihre Schwerkraft zu der Richtung auf die staatlich-zentrale Reglementierung der Wirtschaft, das heißt auf den Staatssozialismus hin, mag man auch die Planung vor allem den Ständen zuweisen."

  351. Vgl. a. a. O., 94 - 100.

  352. Vgl. a. a. O., 293, Anm. 4.

  353. Vgl. a. a. O., 297, Anm. 7.

  354. A. a. O., 126.

  355. A. a. O., 98, auch Fettdruck von Messner.

  356. Vgl. a. a. O., 300, Anm. 10.

  357. A. a. O., 100; 300 f., Anm. 11, bezeichnete Messner den Begriff der sozialen Gerechtigkeit als wissenschaftlich nicht endgültig geklärt. Es handelte sich aber um bedeutungslose Meinungsverschiedenheiten; vgl. a. a. O., 302, Anm. 13: Die kollektivistischen Bewegungen seiner Zeit jedoch übersahen für Messner den ganzen Inhalt des Begriffs der sozialen Gerechtigkeit. Er bedeute nicht nur ein Prinzip der Verteilung. Messner sah sich durch QA gestützt; vgl. ders., <Soziale Gerechtigkeit>, in: StL (4. Bd. - 5/1931) 1664 - 1669.

  358. Vgl. a. a. O., 305, Anm. 17.

  359. Vgl. a. a. O., 101; vgl. 301, Anm. 12: Das Rentabilitätsprinzip wirke sich dort leicht nach dem Gesetze der Grenzmoral aus. Dieses Gesetz wirke in anderer Form (z. B. durch Korruption) auch in der kollektivistischen Wirtschaft; vgl. ders. (SF 2/31934) 78: Unter der Grenzmoral versteht Götz Briefs "die Moral der am wenigsten durch moralische Hemmungen im Konkurrenzkampfe behinderten Wirtschaften, die auf Grund ihrer Mindestmoral unter übrigens gleichen Umständen die stärksten Erfolgsaussichten haben und sohin die übrigen konkurrierenden Gruppen bei Strafe der Ausschaltung vom Wettbewerb zwingen, allmählich in Kauf und Verkauf sich dem jeweilig tiefsten Stand der Wirtschaftsmoral ... anzugleichen".

  360. Ebd., Fettdruck v. Verf.

  361. Ebd.; a. a. O., 170: "Das heißt nichts anderes, als daß jede fortschreitende berufständische Planwirtschaft zu staatlicher Planwirtschaft und zuletzt zu einer Form des Staatssozialismus führen muß, also zu einer Form der gesellschaftlichen Wirtschaft, die gerade durch den berufständischen Gedanken verhindert werden soll. Denn dies ist seine historische Aufgabe auf dem Gebiete der Volkswirtschaft: über Individualismus und Kollektivismus hinauszuführen, die darin gelegenen Gefahren für die gesellschaftliche Kultur endgültig auszuschalten und damit die Menschheit vor einem der tragischesten Irrtümer zu bewahren." Die Aussage "endgültig ausschalten" darf nicht isoliert gelesen werden, sondern muß u. a. aus der Zeit heraus verstanden werden.

  362. A. a. O., 102.

  363. A. a. O., 302, Anm. 14; (vgl. Weber A., über die berufsständische Idee in Deutschland, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 1936, 152).

  364. A. a. O., 102 f.

  365. A. a. O., 103, auch Fettdruck wiederum von Messner selbst!

  366. Vgl. a. a. O., 103 - 136.

  367. A. a. O., 304, Anm. 16, Hervorh. v. Verf.

  368. A. a. O., 105.

  369. A. a. O., 114.

  370. A. a. O., 115.

  371. A. a. O., 119.

  372. Wobei die letzte Garantie doch der autoritäre Staat sein sollte?

  373. A. a. O., 120 f., Fettdruck v. Verf.; Messner sah wohl im berufsständischen Aufbauwerk die ideale Kombination von Gesinnungs- und Zuständereform, noch dazu in realistischer Gleichzeitigkeit. Zu bedenken ist hier ders., Der katholische Staat, in: Der katholische Staatsgedanke (Volksbund; 1934) 11: Der Mensch ist "durch die Erbschuld in seinen natürlichen Kräften wohl geschwächt, aber zur Verwirklichung der sittlichen Ordnung nicht unfähig gemacht".

  374. A. a. O., 107.

  375. Vgl. a. a. O., 122.

  376. A. a. O., 124; vgl. 125: Messner sah beim Einreißen solcher Reglementierung in einem "Ständestaat" oder "Korporativstaat" eine Gefahr für den Ruf dieser Staatsbenennungen (wie es ja in ähnlicher Weise heute wirklich der Fall zu sein scheint!): Aber "sicher werden dann diese Bezeichnungen für alle spätere Zeit ebenso den Beigeschmack des Fragwürdigen haben, den für das neunzehnte Jahrhundert der Ausdruck Polizeistaat hatte."

  377. A. a. O., 125.

  378. A. a. O., 127.

  379. A. a. O., 128: Hier hatte Messner auch ein Beispiel für eine solche Zusammensetzung anzubieten: "Ein Unternehmer- und Arbeitervertreter der Fachgruppe, in deren Bereich die Verhältnisse, die einer Kontrolle unterzogen werden sollen, fallen ...; dazu ein Unternehmer- und ein Arbeitervertreter des übergeordneten ständischen Verbandes; außerdem Vertreter der vor- oder nachgeordneten (weiterverarbeitenden) Wirtschaftsbereiche, die an der zu treffenden Regelung unmittelbares Interesse haben; schließlich mindestens zwei Konsumentenvertreter, wobei vor allem an die Konsumgenossenschaften, an Beamtenorganisationen, an die gesamtgewerkschaftlichen Verbände der Arbeiter und Angestellten zu denken ist. Tatsächlich ist die Konsumentenschaft nicht nur durch die letztgenannten vertreten, auch der Unternehmer- und Arbeitervertreter des übergeordneten ständischen Verbandes ist meist auch als Konsument an der Regelung interessiert."

  380. A. a. O., 128 f.

  381. A. a. O., 132.

  382. A. a. O., 133.

  383. A. a. O., 134.

  384. A. a. O., 126. Im ganzen Wettbewerbsteil hat Messner übrigens vergleichsweise wenig Anmerkungen vorgenommen, was auf die besondere Eigenständigkeit seines Ansatzes bezüglich der wirtschaftlichen Ordnung schließen läßt.

  385. A. a. O., 182; neuerlich wichtiges Zitat eindeutig gegen die These eines Alternativweges der berufsständischen Ordnung.

  386. A. a. O., 182 f., Hervorh. v. Verf.

  387. A. a. O., 183; dieses entscheidende Zitat fährt schon in Kontinuität zur sog. "Sozialpartnerschaft" - vgl. den Abschnitt über die soziale Ordnung im engeren Sinn in dieser Arbeit (IV. 5.6).

  388. A. a. O., 184, Hervorh. v. Verf.

  389. Ebd.

  390. A. a. O., 185.

  391. Vgl. a. a. O., 136 f.

  392. Vgl. a. a. O., 317, Anm. 39: Messner zitierte hier Marco Fanno (Introduzione allo studio della teoria economica del corporativismo, Padua 1935, 163), der von Kostenersparnissen für die Volkswirtschaft durch die berufsständische Ordnung sprach, z. B. "der Kosten, die durch die Interessenkämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entstehen", was wohl in der Zweiten Republik (Österreichs) für die gelungene "Sozialpartnerschaft" in der Streikstatistik seine Bestätigung fand.

  393. A. a. O., 317, Anm. 40; die letzten Sätze sind in der Reaktion sehr optimistisch. Konkret griff Messner wieder Manoilescu an.

  394. A. a. O., 157.

  395. A. a. O., 137; er zitierte hier stützend QA 132, daß nämlich für die "Berechnungen ernster Wirtschafter" die besseren Voraussetzungen gegeben seien. Nochmals sah sich Messner a. a. O., 138, (Hervorh. v. Verf.) gezwungen, antiromantisch zu sagen, "daß es der ganzen Natur berufständischer Wirtschaftspolitik widersprechen würde, wollte man an die Stelle der Ordnung der Wirtschaft die bloße Organisation setzen und demgemäß mit wettbewerbswidrigen Marktordnungen, mit Produktionskontingentierungen, Investitionsverboten, Preistaxen, Mindestpreisen, Gewerbesperre und was sonst an Formen zünftlerischer Wirtschaftspolitik in der letzten Zeit sichtbar geworden ist, arbeiten." Vgl. a. a. O., 287, Anm. 27: Auch in der berufsständischen Ordnung habe der Markt weiter seine Funktion auszuüben. Die Erträge seien daher durch die Preisentwicklung mitbestimmt. Es müsse "außerdem im Auge behalten werden, daß auch die berufständische Ordnung die Schwankungen im Wirtschaftsverlauf mit ihren Auswirkungen auf die Ertragsfähigkeit der Wirtschaft nicht wird beseitigen können."

  396. A. a. O., 139.

  397. A. a. O., 139 f., Hervorh. v. Verf.

  398. A. a. O., 140: für Messner war selbstverständlich, daß der größere Betrieb dann die Möglichkeit haben müsse, sich durchzusetzen, wenn er eine wirtschaftlich so hohe Leistung aufweise, daß die Vorübergehenden Nachteile der damit verbundenen sozialen Umschichtungen mit in Kauf genommen werden könnten. Diesen sozialen Folgewirkungen unter Vermeidung nachhaltiger wirtschaftlicher und sozialer Schäden für den Gesellschaftskörper soweit als möglich zu begegnen, sei in besonderer Weise eine Aufgabe berufsständischer Wirtschaftspolitik.

  399. A. a. O., 141.

  400. A. a. O., 143.

  401. A. a. O., 145.

  402. A. a. O., 146.

  403. A. a. O., 147.

  404. A. a. O., 148.

  405. A. a. O., 151.

  406. A. a. O., 154.

  407. A. a. O., 155.

  408. A. a. O., 157, Hervorh. v. Verf.

  409. Ebd.; "können gar nicht" klingt nach Zwang - werden (hätten) sich die Arbeiter wirklich viel zu sehr an das Schicksal des ganzen Berufsstandes gebunden (ge)sehen? Handelt es sich um einen "utopischen Zwangssolidarismus"? Wie wir bisher sehen konnten, sicher nicht.

  410. A. a. O., 169.

  411. A. a. O., 171.

  412. A. a. O., 172.

  413. A. a. O., 173.

  414. A. a. O., 176.

  415. Ebd.

  416. A. a. O., 177.

  417. A. a. O., 177 f.

  418. A. a. O., 178.

  419. A. a. O., 179; der erste Teil verwies auf die "Sozialpartnerschaft".

  420. A. a. O., 180.

  421. A. a. O., 181. Vgl. 182: Die berufsständische Ordnung ermöglichte aber immerhin für Messner nach seiner Entwicklung des standesgemäßen Unterhaltes eine so weite Bestimmung durch objektive Maßstäbe, als es für die Lösung der so wichtigen Lohnfrage nach den Forderungen der sozialen Gerechtigkeit notwendig sei. - "Alles, was vom Lohne gesagt wurde, gilt naturgemäß auch für die Angestelltengehälter, die ja nur eine besondere Erscheinungsform des Arbeitsentgeltes sind."

  422. A. a. O., 186.

  423. A. a. O., 187.

  424. A. a. O., 188 f.

  425. A. a. O., 190.

  426. A. a. O., 191.

  427. A. a. O., 192.

  428. Ebd.; "In diesem Tatbestande" bezog sich auf den ersten Punkt.

  429. A. a. O., 193: Messner schrieb unter diesem Punkt wieder gegen die Formaldemokratie, welche die zahlenmäßig überlegene Arbeiterschaft durch ihre Organisierung immer mehr zu nutzen gewußt und so den Klassenkampf in den politischen Bereich getragen hätte.

  430. A. a. O., 194.

  431. Vgl. a. a. O., 194 f.: "Gemeinschaft ist ... nicht die individualistisch-kollektivistisch geartete, gleichheitliche Gesellschaft, sondern ist gegliederte Gesellschaft, gegliedert nach den durch Lebensaufgaben und Lebensordnungen verbundenen Menschheitskreisen."

  432. A. a. O., 195.

  433. A. a. O., 196.

  434. A. a. O., 197, Fettdruck v. Verf.

  435. A. a. O., 200; vgl. 320, Anm. 6: Besondere Beachtung schenkte Messner bei seinen Darlegungen QA 74, die für ihn eine entscheidend Stelle bezüglich der Lohnfrage mit ihren Grenzen nach oben und nach unten und im Hinblick auf die Frage der Existenzsicherung; vgl. a. a. O., 202: "Eine Umschichtung der Einkommen und weiterhin auch der Verteilung der materiellen Guter im Sinne einer größeren Verhältnismäßigkeit gemäß dem Gemeinwohlprinzip und dem Leistungsprinzip, und zwar im Zuge einer Hebung des Volkswohlstandes im ganzen: das ist das Ziel der Lohnpolitik nach dem berufständischen Gedanken"

  436. A. a. O., 203.

  437. A. a. O., 207.

  438. A. a. O., 208; wiederum erkennen wir darin den Weg zur "Sozialpartnerschaft".

  439. A. a. O., 209.

  440. Freilich entstände dabei gleich die Schwierigkeit, welche Vereinigung delegationsberechtigt sei in dem Falle, daß auf einer Seite mehrere bestehen, z. B. mehrere Richtungsgewerkschaften.

  441. A. a. O., 210, Hervorh. v. Verf.

  442. A. a. O., 210 f.; komme dabei eine Einigung nicht zustande, dann trete das Einigungsverfahren vor dem berufsständischen Schlichtungsausschuß ein, bei dem ebenso die oben beschriebene qualifizierte Mehrheit notwendig sei.

  443. A. a. O., 211.

  444. A. a. O., 212.

  445. Vgl. a. a. O., 214: Messner verwies auf die 1896 in Österreich begründete Buchdruckergewerbe-Tarifgemeinschaft mit einem Tarifamt als erstem Einigungsamt und mit Tarifschiedsgerichten in den einzelnen Ländern. Diese waren paritätisch besetzt, das Klagerecht hätten Arbeiter sowie die Unternehmer besessen.

  446. Ebd.; es handelte sich um den Mittelweg Messners zwischen voller Gewerkschaftsmacht und vollem Gewerkschaftsverbot in der Endphase einer berufsständischen Ordnung. Den entscheidenden Schritt sah er a. a. O., 324, Anm. 16, mit Brauer Th. (Sozialpolitik und Sozialreform, 1931, 91 ff.) also im Übergang vom syndikalen Tarifvertrag zum berufsständischen Tarifbeschluß.

  447. A. a. O., 215, Hervorh. v. Verf.

  448. A. a. O., 216 f.

  449. A. a. O., 218, Fettdruck v. Verf.; natürlich handelte es sich um eine Stellungnahme für die Endphase des berufsständischen Aufbaus; aber ob Messner hier nicht schon das Mißverständnis eines Rückfalls hinter seine eigenen naturrechtlichen Prinzipien provozierte? Was heißt "unvereinbar" - es muß mit einigen anderen bereits angeführten und noch anzuführenden Stellen in dieser Arbeit gesagt werden, daß Messner Streik und Aussperrung als allerletztes Mittel selbst für einen "Endzustand" nicht absolut ausschloß, weil er die Interessengegensätze nie geleugnet hat. Mit dem Hintergrund eines starken Staates vermittelten aber solche Stellen wie die soeben zitierte wohl den Eindruck einer berufsständischen Ordnung von oben.

  450. A. a. O., 218 f.; vgl. 325, Anm. 18: "In Österreich wurden die Zuständigkeiten zum Abschluß der Gesamtarbeitsverträge geregelt in den Verordnungen und Gesetzen zur Vorbereitung des berufständischen Aufbaues (...) In dem Gesetzentwurf über die berufständischen Ausschüsse und über die Schlichtung von Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen werden (einstweilen im Bereiche von Gewerbe, Handel, Industrie und Bergbau) die berufständischen Ausschüsse unter anderem betraut mit der Förderung des Abschlusses von Gesamtarbeitsverträgen und mit der Schlichtung von Gesamtstreitigkeiten nach einer Schlichtungsordnung, welche die berufständischen Hauptgruppen zu beschließen haben; dabei ist den Berufständen die Einrichtung mehrerer Instanzen vom Gesetz überlassen; vorgesehen ist unter bestimmten Voraussetzungen auch die Schlichtung von Einzelstreitigkeiten durch berufständischen Ausschüsse; die Zuständigkeit der Gerichte bleibt unberührt."

  451. A. a. O., 220, Fettdruck v. Verf.; immer wieder betonte Messner den Rechtsgedanken.

  452. A. a. O., 220 f.; die russische Entwicklung gab Messner als abschreckendes Beispiel an.

  453. A. a. O., 223; das klingt für heutige Ohren etwas unrealistisch.

  454. A. a. O., 326, Anm. 19; (vgl. Brauer [1931] 104).

  455. A. a. O., 225.

  456. Vgl. a. a. O., 326, Anm. 20.

  457. A. a. O., 227 f.

  458. A. a. O., 229 f.; vgl. auch 216: "In der Tat müssen den berufständischen Organen solche polizeilichen Befugnisse zukommen, wenn sie ihre wirtschaftlichen und sozialen Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen sollen. Diese Organe könnten dann auch den größten Teil der Aufgaben der Gewerbeinspektoren übernehmen".

  459. A. a. O., 230.

  460. A. a. a. O., 231; vgl. Kapitel über das Sozialrecht (zu Beginn).

  461. Vgl. a. a. O., 327, Anm. 24: Das gängige Arbeitsrecht in gesetzlichen Normen sei der Intention nach im Bereich des Individualrechtes und halte sich im übrigen ängstlich im Rahmen formalistischer Jurisprudenz. "Wirkliches Sozialrecht dagegen wächst aus der lebendigen Betätigung der gemeinschaftlich vorgehenden Gruppen heraus und gestaltet sich auf der Grundlage des Schichtenbedürfnisses. (...) Beim bisher ausgearbeiteten Arbeitsrecht ... tritt der Einzelne doch immer wieder als ein für sich stehendes Individuum auf". (Hervorh. v. Verf.; Zitat Messners aus Brauer [1931] 90.)

  462. A. a. O., 158; von einem "dritten" Weg konnte keine Rede sein.

  463. Ebd.; die berufsständische Ordnung war somit "nur" Ordnungsmodell.

  464. A. a. O., 158 f., Hervorh. v. Verf.

  465. A. a. O., 231: "Behaupteten die einen, die gewerkschaftlichen Organisationen seien wie auch die der Unternehmer unerläßlich für den Aufbau der korporativen Ordnung, so leugneten die anderen überhaupt die Existenzberechtigung der Gewerkschaften in der berufständisch neugestalteten Gesellschaft. Beide Anschauungen haben eine Verwirklichung erfahren: die erstere in Italien, wo im syndikalen Aufbau des Korporativismus den Arbeitergewerkschaften eine wesenhafte Rolle zufiel; die letztere in Deutschland, wo die Gewerkschaften aller Richtungen beseitigt und in die Deutsche Arbeitsfront überführt wurden, der gewerkschaftliche Aufgaben nicht zukommen."

  466. Ebd., Hervorh. v. Verf.

  467. A. a. O., 232 f.; Österreich war noch in einer Übergangszeit, wobei der Einheitsgewerkschaftsbund in Zusammenhang mit den freien Vereinigungsrechten zu untersuchen wäre.

  468. A. a. O., 233, Hervorh. v. Verf.; Österreich wurde in diesen Ausführungen als nicht mehr parlamentarische Demokratie relativ normal hingestellt (gewissermaßen: es gibt eben solche mit Parlament und solche ohne herkömmliches Parlament ...). Hier aber setzte Messner in einer bestimmten Frage ausnahmsweise Österreich mit Italien gleich, was sonst allgemein bei der Heimwehr üblich war.

  469. A. a. O., 233 f., Hervorh. v. Verf.; zu betonen ist Messners ehrliches Wollen für die Arbeiter und ihre Sache, doch handelte es sich bei dieser Argumentation nicht doch um eine Naturrecht-Verkürzung, wenn auch mitbedingt durch die Bindung an die damalige "Ständestaat"-Situation? Fast möchte man meinen, es wurde hier "dollfußbuchartig". - Messner schrieb außerdem so, als ob in der Praxis die Illegalität der Sozialisten und ihre Auswirkung auf eine echte Stärkung der Arbeiterinteressen in einer Einheitsgewerkschaft nicht relevant gewesen sei; vgl. dazu Pelinka (1972) 143 ff.

  470. A. a. O., 234 f.

  471. A. a. O., 236.

  472. A. a. O., 309, Anm. 26.

  473. A. a. O., 161.

  474. A. a. O., 309, Anm. 27.

  475. A. a. O., 162 f.

  476. A. a. O., 164.

  477. A. a. O., 165; vgl. die oben behandelte Frage der "Zwangsgemeinschaft".

  478. Ebd.

  479. A. a. O., 166 f.

  480. A. a. O., 313, Anm. 30.

  481. A. a. O., 237 f.

  482. A. a. O., 329, Anm. 27, schrieb Messner über das österreichische Werksgemeinschaftsgesetz vom 12. Juli 1934, welches die Werksgemeinschaft, gebildet von dem Betriebsinhaber und den Vertrauensmännern der Arbeiter und Angestellten vorsah. Die Vertrauensmänner wurden in geheimer Wahl von der Belegschaft entsandt mit einigen Aufgaben, allerdings wurden vor der geheimen Wahl die Wahlvorschläge durch die Vaterländische Front genehmigt. Also gab es auch in Österreich (aus den bekannten angegebenen innen- und außenpolitischen Gründen) eine letztlich "nationale", genauer österreichisch-ständisch ausgerichtete Zensur, die zumindest für Normalzeiten unzulässig erscheinen mußte!

  483. Ders. (SF 2/31934) 575.

  484. Unverändert galt auch ders. (1927) 66 weiter: "Denn die Arbeitsgemeinschaft als sittliche Idee muß praktische Gestalt annehmen zunächst im Betriebe, da die Arbeitskooperation von den darin Stehenden nur als Arbeitsgemeinschaft gelebt werden kann in dem Wirtschaftsbereiche, der ihnen sichtbar ist, den sie überblicken können. Aus solchen Zellen lebendiger Arbeitsgemeinschaft nur kann die Volkswirtschaft selber zur großen Arbeitsgemeinschaft als Verwirklichung eines sittlichen Ideals emporwachsen."

  485. Ders. (SF 5/1938) 610 = (SF 4/1934) 574 f.

  486. Ders. (BO 1936) 242.

  487. A. a. O., 243, Hervorh. v. Verf.; Messner bezog sich hier abschließend auf den für ihn bedeutsamen Schindler M., Die soziale Frage vom Standpunkt des Christentums, 4/1908, 70 ff. Vgl. auch Meßner J., Volk, Staat und berufständische Ordnung, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Jänner 1936) 20: "Wie so oft in der Geschichte zeigt es sich wieder, wie völlig sich deutsches und christliches Denken in den wichtigsten Gesellschafts- und Kulturfragen decken."

  488. Vgl. Ja und Nein (Glossen: Zwischen den Klassenfronten; "Die Industrie" und der Liberalismus; Die "Österreichische Arbeiterzeitung" und die Arbeiterbewegung), in: Monatsschrift für Kultur und Politik, II. Jg., H. 2 (Feb. 1937) 166 - 170.

  489. A. a. O. (Glosse: Zwischen den Klassenfronten), 167.

  490. Österreichische Arbeiterzeitung, 6. Feb. 1937, 4 f.; zit. nach Pelinka (1972) 193 (Anm. 33).

  491. Ja und Nein (Glosse: Die "Österreichische Arbeiterzeitung" und die Arbeiterbewegung), in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Feb. 1937) 170.

  492. Vgl. Ender O., Gedanken zur Vollendung der Verfassung, in: a. a. O. (Nov. 1937) 965 - 968.

  493. Radioansprache, in: Politische Korrespondenz, 4. Mai 1937, Ausgabe B, 1 f.; nach Wohnout (1993) 359.

  494. Ender O., Die neue berufständische Ordnung - Zum neuesten Werk des Univ. Prof. Dr. Johannes Meßner, in: Reichspost, 43. Jg., Nr. 314 (13. Nov. 1936) 3; zit. nach dem Umschlagblatt der Monatsschrift für Kultur und Politik (Apr. 1937).

  495. Röpke W., Die Neuordnung von Gesellschaft und Wirtschaft. Betrachtungen zu Meßners "Die berufständische Ordnung", in: a. a. O., 326.

  496. A. a. O., 327.

  497. A. a. O., 329.

  498. Ebd.

  499. A. a. O., 330.

  500. A. a. O., 331.

  501. Meßner (SF 5/1938) V (Vorwort zur fünften Aufl.)

  502. A. a. O., 4 (Einleitung): Außerdem "wird gerade dieser Teil auch Gelegenheit bieten, von diesen Sozialprinzipien her auf die Lehren und Programme zeitgenössischer Theorien und Bewegungen einzugehen." (Hervorh. v. Verf.); vgl. ders. (SF 4/1934) 2.

  503. A. a. O., 605; die §§ 9 - 13, die sich näher mit der berufsständischen Ordnung auseinandersetzten, benötigten daher in der fünften Aufl. nur noch 605 - 612; vgl. ders. (SF 4/1934) 567 - 579.

  504. Vgl. a. a. O., 685 - 688, genauer 685; vgl. ders. (SF 4/1934) 640 - 644.

  505. Ders. (SF 4/1934) 640.

  506. Ders. (SF 5/1938) 479; vgl. ders. (SF 4/1934) 472 ff.

  507. A. a. O., 614; vgl. ders. (SF 4/1934) 579.

  508. A. a. O., 637.

  509. Vgl. a. a. O., 482 ff; vgl. 615 f.

  510. Vgl. a. a. O., 623.

  511. Vgl. a. a. O., 515 - 517; entsprach thematisch dem § 13 in ders. (SFÊ4/1934) 492 - 494.

  512. A. a. O., 515, Fettdruck v. Verf.; vgl. ders. (SF 4/1934) 493, wo überhaupt noch allgemeiner "nur" von "Korporationen" (also in diesem einen Abschnitt nicht von Berufsständen) die Rede gewesen war: "Diese Glieder sind als gesellschaftliche Teilorganismen selbst wieder Gesamtpersonen, Gliederkörper, die man als 'Korporationen' bezeichnet, um ihre Art als wahre Gesellschaften wie als Gliedgesellschaften zum Ausdruck zu bringen."

  513. A. a. O., 517.

  514. Vgl. a. a. O., 543 - 546; vgl. ders. (SF 4/1934) 516 - 518.

  515. A. a. O., 545.

  516. Vgl. a. a. O., 546, nämlich auf die BO 1936, 31 ff.

  517. Nämlich ders. (SF 4/1934) 575 f. (Hervorh. v. Verf.): "Beruht der Berufsstand als Berufsgemeinschaft auf der freien Verwirklichung sittlicher Gemeinschaftsverpflichtungen, so erfüllt er seine Aufgabe im Gesellschaftsganzen um so mehr, je mehr die Einigung aller Angehörigen des Berufsstandes in Freiheit zustande kommt. Damit ist nicht gesagt, daß nicht wirksame Antriebe zur berufsständischen Einigung nach einem Jahrhunderte individualistischer Zersetzung vom Staate ausgehen können und daß nicht vom Staate entsprechend der besonderen Umstände jedes Landes gewisse Rechtsgehäuse für die berufsständische Verbundenheits- und Aufgabenabgrenzung geschaffen werden müßten. Aber die berufsständische Ordnung nur als Zwangsorganisation errichten zu wollen, widerspricht ihrer sittlich-organischen Natur und verhindert die Verwirklichung ihres wesenhaften Zieles, die Gesellschaft zu ihrer naturgemäßen Ordnung zurückzuführen."

  518. Vgl. a. a. O., 576.

  519. A. a. O., 572.

  520. Ders. (SF 5/1938) 607.

  521. A. a. O., 612; vgl. ders. (SF 4/1934) 577.

  522. Vgl. a. a. O., 502 - 515; vgl. ders. (SF 4/1934) 490 - 492.

  523. Vgl. a. a. O., 510 - 515.

  524. A. a. O., 513 f.; "Augenbick" vom Verf. auf "Augenblick" korrigiert.

  525. A. a. O., 551.

  526. Ders. (SF 4/1934) 543.

  527. Ders. (SF 5/1938) 575; u. U. könnte es sich auch um eine Platzfrage gehandelt haben, weil ebd. neu in Klammern hinzugefügt wurde: "im Gegensatz zur staatlichen und staatssozialistischen Planwirtschaft".

  528. A. a. O., 685, Hervorh. v. Verf.; vgl. ders. (SF 4/1934) 640.

  529. Ders. (SF 4/1934) 139.

  530. Ders. (SF 5/1938) 143.

  531. A. a. O., 144 (Verweis auf BO 1936, 172 ff.)

  532. Ders. (SF 4/1934) 80 = ders. (SF 5/1938) 84.

  533. Ebd.

  534. Ders. (SF 5/1938) 84.

  535. Ders. (SF 4/1934) 81, Hervorh. v. Verf.

  536. Ders. (SF 5/1938) 85, Hervorh. v. Verf.

  537. A. a. O., 74 (unter dem 3. Abschnitt: Die Wirtschaft/§ 5 Überproduktion, Technisierung, Rationalisierung); vgl. ders. (SF 4/1934) 70 f.

  538. Vgl. a. a. O., 83 (Verweis auf die BO 1936, 103 - 136); vgl. ders. (SF 4/1934) 70 f.

  539. A. a. O., 687; vgl. ders. (SF 4/1934) 643.

  540. Ders. (SF 4/1934) 128.

  541. Ders. (SF 5/1938) 132. - An dieser Stelle soll als gute Zusammenfassung der BO 1936 die von 1934 - 38 fast unverändert stehengebliebene Passage gebracht werden, ders. (SF 4/1934) 643: "Steuerrechtlich werden die Berufsstände nicht nur mitzuwirken haben an der Veranlagung und Einhebung der Steuern, sondern selbst ein Besteuerungs- oder wenigstens ein Umlagenrecht haben müssen, um die Mittel für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu besitzen. Allerdings müssen sich in einer wahrhaft berufsständisch aufgebauten Gesellschaft bedeutende Ersparnisse an öffentlichen Mitteln ergeben. Denn die heute vielfach bestehende Doppelgeleisigkeit eines bürokratischen Apparates der Wirtschaftsverbände und des staatlichen Verwaltungsapparates wird zum Teile wegfallen können. Außerdem wird der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit soweit als möglich gelten müssen. Wohl wird aber Auslagenersatz für die Glieder in den einzelnen Vertretungskörpern geboten werden müssen, damit nicht die weniger begüterten Berufsgenossen von der Mitwirkung an den berufsständischen Aufgaben ausgeschlossen sind." Ders. (SF 5/1938) 688 änderte sich wesentlich nur folgender Satz: "Denn die heute vielfach bestehende Doppelgeleisigkeit eines bürokratischen Apparates der Wirtschaftsverbände und des staatlichen Verwaltungsapparates wird großenteils wegfallen können." (Hervorh. v. Verf.)

  542. Ders. (SF 4/1934) 222.

  543. Ders. (SF 5/1938) 226.

  544. A. a. O., 227.

  545. Vgl. a. a. O., 546 - 552; vgl. ders. (SF 4/1934) 519 - 524.

  546. Vgl. a. a. O., 548 f.: "Das Schwergewicht berufsständischer Wirksamkeit liegt aber in der geeigneten Kontrolle, das heißt in der Überwachung der Erfüllung der Verantwortungsverpflichtungen, die durch das allgemeine Wirtschaftsrecht und die guten Sitten begründet sind. Diese Kontrolle wird durch berufsständische Ausschüsse ausgeübt. (über alles Einzelne ist zu vergleichen: Meßner, Die berufständische Ordnung, S. 103 - 136.)"

  547. Vgl. a. a. O., 556 - 561; vgl. ders. (SF 4/1934) 528 - 531.

  548. A. a. O., 556.

  549. A. a. O., 558.

  550. A. a. O., 560 f.

  551. Ders. (SF 4/1934) 160.

  552. Ders. (SF 5/1938) 164, Hervorh. v. Verf.

  553. Vgl. a. a. O., 165.

  554. Vgl. a. a. O., 240; vgl. ders. (SF 4/1934) 236.

  555. Vgl. a. a. O., 240 f.; vgl. ders. (SF 4/1934) 237.

  556. Ders. (SF 4/1934) 236 f., Hervorh. v. Verf.

  557. Ders. (SF 5/1938) 240, Hervorh. v. Verf.

  558. Vgl. a. a. O., 241, nämlich zur besonderen Mitwirkung der Gewerkschaften bei der berufsständischen Gesellschaftsreform (vgl. BOÊ1936, 231 - 236) und zum Problem der Betriebsordnung und Betriebsverwurzelung (vgl. 236 - 240).

  559. Vgl. a. a. O., 609 f.; vgl. ders. (SF 4/1934) 573 (nur einmalige Begriffs-Nennung).

  560. Ebd., Fettdruck v. Verf.

  561. Ders. (SF 4/1934) 574, Fettdruck v. Verf.

  562. Ders. (SF 5/1938) 687 f.; also gewissermaßen nicht nur eine informelle Sozialpartnerschaft, sondern eine gesetzlich vorgesehene Wirtschaftskammer als Rechtsorgan der Sozialpartnerschaft auf höchster Ebene.

  563. A. a. O., 687.

  564. Ders. (SF 4/1934) 642.

  565. Ders. (SF 5/1938) 687; vgl. ders. (SF 4/1934) 643.

  566. Vgl. a. a. O., 688 - 692; vgl. ders. (SF 4/1934) 644 - 646.

  567. A. a. O., 689.

  568. Vgl. a. a. O., 679 - 694, genauer 683: Verweis auf ders. (BO 1936) 186 - 243; vgl. ders. (SF 4/1934) 634 - 648.

  569. A. a. O., 638, Hervorh. v. Verf.; vgl. 688 als weiteren Vorbildhinweis auf die österreichische Verfassung und weiter unten!

  570. A. a. O., 606 f.; vgl. ders. (SF 4/1934) 568 f.

  571. A. a. O., 688; vgl. ders. (SF 4/1934) 644.

  572. Ders. (SF 4/1934) 644, Fettdruck jeweils v. Verf.

  573. Ders. (SF 5/1938) 640 f. Die regelmäßig von Messner verwendete Augustinus-Stelle wurde ausführlich dargeboten.

  574. Vgl. a. a. O., 641 f.

  575. Vgl. a. a. O., 501 f.

  576. A. a. O., 636 = ders. (SF 4/1934) 594.

  577. Ders. (SF 4/1934) 594 f.

  578. Zu den Werksgemeinschaften auf Betriebsebene (Bundesgesetz vom 12. Juli 1934) und zu den berufsständischen Ausschüssen bei einem Teil der berufsständischen Hauptgruppen (Bundesgesetz vom 24. Nov. 1936) in Österreich vor dem II. WK vgl. Pribyl (1991) 102. für den Weg zur Sozialpartnerschaft in Österreich vgl. Klose A., Ein Weg zur Sozialpartnerschaft. Das österreichische Modell, Wien 1970, 20 ff.

  579. So Weiler, in: Schambeck/Weiler (Hrsg.; 1992) 133, Anm. 49, nach Prälat Dr. Karl Rudolf und Messner selbst.

  580. Zit. nach a. O., 133; (im Diözesanarchiv in Wien aufbewahrt [Nachlaß Prälat Dr. Karl Rudolf]). Das Institut wurde 1936 gegründet.

  581. Meßner, Zur österreichischen Staatsideologie, in: Monatsschrift für Kultur und Politik (Okt. 1936) 878.

  582. A. a. O., 877.


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(Padre Alex)